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Der gläserne Mensch

Die Welt spricht von nichts anderem mehr, als von der totalen Überwachung – kein Wunder, wenn jeden Tag neue Datenskandale […]
| Robin Thier |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Marten Newhall | Unsplash

Die Welt spricht von nichts anderem mehr, als von der totalen Überwachung – kein Wunder, wenn jeden Tag neue Datenskandale und Überwachungsprogramme diverser Regierungen ans Licht kommen. Sind wir vielleicht schon gläserne Bürger? Ist die Information noch frei?Der Begriff des „gläsernen Bürgers“, wird schon lange verwendet um zu zeigen, dass Institutionen und Regierungen zu viel über den Menschen wissen und die Privatsphäre eigentlich kaum noch existiert. So spricht man zum Beispiel vom „Gläsernen Steuerzahler“, oder dem „Gläsernen Bankkunden.

Doch selten traf der Begriff so zu, wie aktuell. Dabei begann es gar nicht so überraschend: Edward Snowden, Mitarbeiter in verschiedenen US-Amerikanischen Geheimdienstabteilungen spielte der Zeitschrift „The Guardian“ Informationen zu, nach dem die NSA (National Security Agency) ein Programm namens „PRISM“ führe, das zur Überwachung und Informationsbeschaffung diene. Dabei werden, so Snowden, Private Daten gespeichert und analysiert. An diesem Programm seien auch die größten Internetkonzerne (Microsoft, Google, Facebook, Yahoo!, Apple, AOL und PalTalk) beteiligt.

Doch hieß es nicht schon lange, die NSA spioniere Menschen aus? Spätestens seit Dan Browns Roman Diabolus geht dieses Gerücht um die Welt.

Snowden gilt nun als „Whistleblower“, also eine Person, die am Arbeitsplatz von Verbrechen gegen das Volk (durch den Staat) erfuhr und die öffentlich machte, d.h. für Transparenz und Pressefreiheit sorgte.( ) Allerdings beging er damit in den USA Hochverrat und floh, unter der Vorgabe sich einer Epilepsie-Behandlung zu unterziehen, unbemerkt nach Hongkong, von wo er sich in einem Video an die Öffentlichkeit wandte. In den USA drohen ihm nun über 30 Jahre Haft. Aus diesem Grund floh er erst nach Moskau und befand sich, verschiedenen Quellen zufolge, zwischenzeitlich auf dem Weg nach Ecuador um dort um Asyl zu bitten, doch später stellte sich heraus, dass es vermutlich nur ein Bluff war und sich Snowden doch weiter in Moskau aufhielt.

Doch der Nachhall der Enthüllung ist weitaus größer. Zwar stand die NSA schon lange im Verdacht Bürger, vor allem in Amerika, zu überwachen, doch die groß angelegte Spionageaktion überraschte dann doch, auch, wenn die Regierung unter Barack Obama betont, man habe lediglich auf Verdachtsfälle reagiert und dass Programm diene dem Schutz vor Terrorismus und Verbrechen.

Kein Wunder also, dass George Orwells Roman 1984, in dem es um einen total überwachten Staat geht, in England einen Verkaufsboom erlebte. In dem Roman geht es um ein Überwachungsprogramm namens „Big Brother“, der jeden Bürger ausspioniert und beobachtet. Bekannt wurde daher der Begriff „Big Brother is watching you“. Umso größer waren die Enthüllungen, die erst seit wenigen Tagen die Runde machen. Demzufolge habe auch der britische Geheimdienst ein Überwachungsprogramm laufen. „Tempora“ heißt es, besteht bereits seit fünf Jahren und fängt deutlich mehr Informationen ab, als die NSA es tut. Aus diesem Grund wurden die Glasfaserkabel unter dem Atlantik, über den der Europäische und interkontinentale Datenstrom, also Internet, Telefon etc., läuft, angezapft. Dies sei zwar mit dem britischen Recht (unter Einbeziehung von juristischen Schlupflöchern) gewährleistet, doch es wird bezweifelt, ob sich der GCHQ (Gouvernement Communications Headquarters) auch an diese Vorgaben hält. Für dieses Programm muss Britannien nun jedoch Rechenschaft vor der Europäischen Union ablegen.

Weiterhin geht es immer um Informationsweitergabe. Der britische Geheimdienst soll die Daten abgefangen und an die NSA weitergeleitet haben. Außerdem speichert er Daten bis zu einen Monat lang. Auch die deutsche Telekom, als Betreiber eines solchen Atlantikkabels gerät zurzeit in den Verdacht, Kundendaten an britische oder amerikanische Geheimdienste weitergeleitet zu haben.

Es ist falsch von Regierungen die Daten ihrer Bürger, sei es Telefon, Internet, Post, oder ähnliches anzuzapfen. Doch zu einem gewissen Teil gibt man selbst schon so viel über sich Preis, dass es Programmen immer leichter fällt Datensammlungen über eine Person anzulegen. So ist es zum Beispiel möglich nur anhand den Angaben und „Likes“ eines Facebook-Profils mit Teilweise bis zu 95%- Trefferwahrscheinlichkeit folgendes über die Nutzer herauszufinden:

Beziehungsstatus 67%

Raucher oder Nichtraucher 73%

Trinkt Alkohol 70%

Gebrauch von Drogen 65%

Religion 82%

Politische Einstellung 85%

Sexualität 88%

Geschlecht 93%

Hinzu kommen Dinge wie das Kaufverhalten, die Finanzielle Lage und sonstige Vorlieben.

Dass Datenlecks bei Facebook, wie das vor kurzem aufgetretene, (http://www.spiegel.de/netzwelt/web/datenpanne-facebook-verraet-millionen-telefonnummern-a-907242.html) für ziemlichen Wirbel sorgen, kann man da verstehen, vor allem, da Facebook zu den Firmen gehört, die Daten an die NSA weitergaben. Doch auch von Google, YouTube und sonstigen Internetseiten kennt man es, dass Daten gesammelt werden um Individualisierte Suchanfragen, auf dem Geschmack abgestimmte Videos und Musik und personalisierte Werbung zu liefern. Wirft man all diese Daten, Profile, Nutzungsermittlungen etc. in einen Topf, so kann man ein Profil über einen Menschen erstellen, auf das jeder Psychologe stolz wäre.

Wie gruselig die Auswertung eines Facebook Profils sein kann, beweist die wissenschaftliche Suchmaschine „Wolfram Alpha“, die eine detaillierte Auswertung des Profils darstellen kann – allerdings erlaubt man damit einem weiteren Dienst den Zugriff auf die Daten.

Das Tool „Ghostery“ spürt sogenannte Tracker-Programme auf und blockiert sie, also Programme, die sich merken, welche Internetseiten man besucht. Allein auf Welt-online wurden 15 solcher Programme gefunden.

Jeden Tag sind wir also Tausenden von Programmen, Konzernen und Regierungen ausgesetzt, die Daten sammeln und auswerten. Durch die Nutzung von Smartphone und Co kommen auch noch Informationen über unsere Essgewohnheiten, Standorte und Bewegungsmuster hinzu. Man weiß also, was wir machen und wo wir sind.

Wir sind nicht allem schutzlos ausgeliefert, wer wenig Information im Internet über sich preisgibt und Programme zur Verschleierung der IP-Adresse, sowie Programme nutzt, die verhindern, dass noch mehr Daten online gesammelt werden, der kann es den Datenkraken zumindest schwerer machen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Art von Überwachung in den nächsten Jahren eher noch zunehmen wird, dank all diesen netten Diensten, die uns das Leben umso leichter zu machen scheinen.

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Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gläserner_Mensch_(Datenschutz)
http://de.wikipedia.org/wiki/PRISM_%28%C3%9Cberwachungsprogramm%29#Verfahren_der_Datensammlung
http://de.wikipedia.org/wiki/Diabolus
http://de.wikipedia.org/wiki/Whistleblower#USA_und_Gro.C3.9Fbritannien
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gespraeche-mit-merkel-obama-verteidigt-in-berlin-abhoeraktion-prism-a-906638.html
http://de.wikipedia.org/wiki/1984_%28Roman%29
http://www.welt.de/politik/ausland/article117384243/Die-Schnueffler-Ihrer-Majestaet-schalten-sich-dazu.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Tempora
http://www.guardian.co.uk/uk/2013/jun/21/legal-loopholes-gchq-spy-world
http://de.wikipedia.org/wiki/National_Security_Agency
http://de.wikipedia.org/wiki/GCHQ
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/internetueberwachung-tempora-ist-schlimmer-als-prism-a-907337.html
https://netzpolitik.org/2013/du-bist-was-du-magst-aus-facebook-likes-lassen-sich-religion-sexualitat-und-drogengebrauch-vorhersagen/
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2012-09/wolfram-alpha-facebook
http://www.wolframalpha.com/
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/kommentar-zu-tempora-ein-skandal-von-historischem-ausmass-a-907397.html
http://lifestreamblog.com/wp-content/uploads/2012/09/wolfram_facebook_activity.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d2/PRISM_logo_%28PNG%29.png
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/72/GCHQ-aerial.jpg

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Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.

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