Folge 3 Der Hexer von Ploen Ton einer Kutsche mit trabenden Pferden (Hufgetrappel, Quietschen, Eisenbeschlagene Räder auf der schlammigen Straße etc.) August Au! Das war jetzt schon das vierte Schlagloch in wenigen Minuten, das macht der doch mit Absicht!! Alexander Also August, jetzt pass mal auf, der nächste Schritt auf dem Weg nach ganz oben, ist die Bekanntschaft mit einem Großherzog! August Ein echter Großherzog? Alexander Ja, der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin um genau zu sein. Du erinnerst dich an diesen Herrn Salomon Heine? August Jaha. Alexander Er hat mir dieses Empfehlungsschreiben hier aufgesetzt. Guckst du August? Dieses hier! Damit werden wir direkt zum Herzog vorgelassen! Stell dir nur vor, bald spielen wir vor einem wichtigen Mann, einem echten Herzog! August Das ist ja große Klasse! Aber warum fahren wir denn dann nach Ploen? Das klingt ja nicht so, als würde dort ein Fürst wohnen… Alexander Du hast doch selbst in unsere Kasse geschaut, oder? Wir haben kein Geld für eine neue Garderobe. Ja selbst die Überfahrt würde knapp. Aber lass Ploen nur meine Sorge sein, wenn du nur machst was ich sage, werden wir bald genug zusammenhaben. August Aber wie … au - schon wieder ein Schlagloch?! Alexander Ja,also so langsam schmerzt mir der Steiß - (verschmitzt sinnend) Dem werde ich das Gerappel heimzahlen - Und von wegen Großherzog … warts nur ab! Nun setz dich mal hier rüber. Ich muss mir dem Kutscher sprechen. Klopft an die Klappe zum Kutscher. Die Geräusche der Kutsche werden lauter als dieser sie öffnet. Kutscher Ja? Alexander Guter Mann, ich brauche ihre Uhr. Kutscher Wozu? Alexander Nun weil meine eigene Uhr beim letzten Schlagloch wohl runtergefallen ist und stehen blieb. Ich möchte sie nur wieder richtig einstellen! Kutscher Na gut, aber Wiedersehen macht Freude! Alexander Ja selbstverständlich, was denkt ihr von mir?! Die Kette der Taschenuhr klappert gegen das Holz, die Klappe wird geschlossen, Außenton wird wieder leiser. Alexander Hier, August steck sie in deine Tasche. August Aber willst du nicht deine Uhr stellen? Alexander Warts ab kleiner Bruder. August Na gut. August steckt die Uhr ein. August Aber wann sind wir denn da? Alexander Also ich glaube weit ist’s nicht mehr. Wir sollten noch vor dem Abend in Ploen angekommen sein. INTRO Eine Kutsche fährt vor, die Pferde wiehern und kommen klappernd zum Stillstand. Die Tür wird geöffnet, als der Kutscher vom Bock steigt. Alexander (streckt sich) Ahhhh. Nun, das hier ist also Ploen - ich habe es mir größer vorgestellt, muss ich sagen. He Kutscher, ist das hier das einzige Hotel? Kutscher Ja ist es. August Sieht ja aus wie irgend so ein Bauernhaus. Der Kutscher klappert an der Kutsche herum. Alexander Bitte, ich werd beim Ausladen des Wagens selbst mithelfen - die Apparate sind empfindlich, müsst ihr wissen. August, geh doch schonmal rein und kündige uns an. August Mach ich. Der Kutscher beginnt zusammen mit Alexander, den Wagen auszuladen. August nähert sich dem Haus und betritt es durch die Vordertür. August Hallo? Im Haus ist es still. August tappt durch die Diele, bei jedem Schritt knarrt das alte Holz. August Guten Tag? Wir sind auf der Durchreise, wir wollen ein Zimmer mieten. Stille. August Halloooo? Mit einem lauten Geräusch stößt der Knecht die Tür vom Weinkeller auf, mit einer Kiste Flaschen in der Hand und tritt in den Flur. August erschrickt August Waahh! Knecht Hä? Was willst du hier? August Ähm, wir - wir wollen ein Zimmer mieten. Knecht Aso. Komm. Er geht weiter ins Innere des Hauses, bis zu einem Tisch. Dort stellt er die Kiste mit den Flaschen ab. Knecht Zimmer sin 20 Groschen. August Sehr wohl. Ein Doppelzimmer auf den Namen Herr Alexander dann. Knecht Alexander un weiter? August Nur Alexander. Der berühmte Magier! Knecht (irritiert) Wie jetzt? n Hexer? (mürrisch) Na wenn's beliebt. August Genau. Und nun wäre eure Hilfe vonnöten. Die magischen Apparate sind schwer! Die beiden tappen unter knarzen durch die Diele. Die Tür öffnet sich mit Schwung und scheppert gegen die Außenwand des Hauses Alexander Von welcher Uhr reden Sie? Kutscher Nun, von meiner, die ich Ihnen kurz vor Koppelsberg auf Ihre Bitte hin geliehen habe. Alexander Kurz vor Koppelsberg? Daran erinnere ich mich nicht guter Mann! Kutscher Wollen sie mich verarschen?! Das ist ja geradezu Diebstahl. (ruft) Sie haben meine Uhr gestohlen!! Knecht Junge, ich glaube dein Hexenmeister landet gleich mal im Bau. Warte nur … (ruft) Ilse Magd (=Ilse) Jaaa? Knecht Ilse! Hol mal den Constabler, ich halte den diebischen Hexer so lange fest. Magd (beinahe hysterisch) Ähm? Hexer? Was? Dieb? Was ist hier los? Knecht Hol einfach den Constabler! Magd Ist ja gut, ist ja gut! Die Magd rafft die Röcke und geht schnellen Schrittes ab. August (verwirrt) Aber… Alexander (lauthals) Werter Herr, sie mögen den vier Pferden die Richtung weisen können, aber ich muss wirklich festhalten von Kriminalistik, also von Kriminalistik haben Sie nicht die Spur einer Ahnung! Kutscher Hören Sie mal, Sie aufgeblasener Irrer! Sie geben mir gefälligst sofort meine Uhr zurück, oder sie können sehen, wie sie jemals wieder von hier weg kommen! Knecht Oder wo se schlafen! Ich kanns nich leiden, wenn Diebe im gleichen Haus schlafen wie ich. Un Hexer noch dazu! Alexander Ich darf doch sehr bitten! Constabler kommt angelaufen, im Schlepptau die Magd. Constabler Die Herren! Beruhigen Sie sich bitte! Alexander Aha, endlich! Die Staatsgewalt. Kutscher Dieser Mann dort hat meine Uhr gestohlen! Magd (schwer außer Atem) Das’ ‘n Hexer und n’ Dieb noch dazu! Ja und sowas hier in Ploen! Nehmen sie den Hexer doch einfach fest Herr Constabler! Alexander Dann führe man mich ab. Constabler (überrascht) Ähm ja. Wenn ich dann bitten darf. Viele Schritte über den fest gestampften Erdboden. Raumton eines verschlafenen Dorfes. Kühe, Hühner, Schweine, Schafe, Pferdefuhrwerke (nicht besonders viele). Irgendwo bellt ein Hund. Alexander (flüstert) August. August (flüstert) Ja? Alexander (flüstert) In welcher Tasche? August (flüstert) Ähm … Hier. (klopft auf seinen Mantel, ein ganz leises Klimpern ist zu hören) Constabler Bitte sehr, hier entlang! Eine Tür wird geöffnet. Constabler Die Treppe hinauf ins Dienstzimmer des Herrn Bürgermeister. Er wird die Sache klären können. Alexander Nun nach Ihnen! Abtreten von Schuhen, Schritte über Holzdielen und dann eine Treppe hoch. Eine weitere Tür. Der Constabler klopft an. Bürgermeister Herein! Die Tür wird geöffnet, vier Personen treten ein. Bürgermeister Herr Constabler, was ist hier los? Kutscher (aufgebracht) Dieser aufgeblasene Gecke hat meine Uhr geklaut! Hat sie sich geliehen und will sie nicht wieder rausrücken! August Das ist kein Gecke, das ist der weltberüh… Kutscher Schnauze Kleiner! August Ich glaub es ja wohl! Mein Name ist August Heimbürger und ich bin der Diener des großen… Kutscher Ist mir scheißegal, ich will meine Uhr. Constabler Bitte! Bitte! Man hört wie die Leute sich durch den Raum bewegen. Bürgermeister Ich bitte Sie! Werter Herr, ähm, können Sie uns das erklären? Alexander (verschmitzt) Nun selbstverständlich, Herr Bürgermeister! Zum Beweise, daß ich keine Uhr von diesem Postillon besitze, mag ihnen der Umstand genügen, dass Sie selbst die Uhr dort in Ihrem Schreibtisch haben. Wollen Sie freundlichst nachsehen? Bürgermeister Glauben Sie, sie können sich hier solche Späße mit uns erlauben? Constabler… Alexander Noch ein Wort, Herr Bürgermeister. Sehen Sie in dem Fach unter dem Deckel ihres Schreibpultes nach. Sollten Sie die gesuchte Uhr nicht genau dort auffinden, so stehe ich ihnen selbstverständlich zu Befehl. Bürgermeister Dort befindet sich nur mein… Das Scharnier öffnet sich knarzend. Bürgermeister Da tritt mich doch ein … Ist das die…? Die Kette der Uhr rasselt. Kutscher Deubelschlach! Dat is meine Uhr! Alexander Nun wie ich sagte. Und nun Herr Bürgermeister erlauben Sie mir Ihnen ein Empfehlungsschreiben von einem guten Freund in Itzehoe zu überreichen. Sein Inhalt wird ihnen über das Vorgefallene einige Erklärung geben. Kutscher Jaja natürlich, mit mir kann mans ja machen! Der Kutscher entfernt sich kopfschüttelnd und fluchend, hinter ihm knallt die Tür zu. währenddessen: Papier raschelt, wird aufgefaltet. Der Bürgermeister liest murmelnd. Bürgermeister lacht. Bürgermeister Ihr scheint euer Fach ja in weiser Voraussicht ausgewählt zu haben, die Uhr lag direkt beim Dienstcognac! Darf ich Sie mit einem guten Tropfen in unserer Stadt willkommen heißen? Alexander Aber Herr Bürgermeister, sehr gerne doch! Eine Flasche und zwei Gläser werden klirrend aufgestellt, (Ploppen eines Korken aus einer Flasche) und eingegossen. Dann Anstoßen. Bürgermeister Ihre Kunst soll leben, mein lieber Herr Alexander, obgleich ich mich ärgern muss, den Zusammenhang nicht gleich erraten zu haben, zumal ich ja aus den Zeitungen bereits erfahren habe, dass wir Sie hier demnächst zu erwarten hätten. Constabler Ähm … Herr Bürgermeister, wer ist Herr Alexander? Bürgermeister (lacht) Der berühmte Magier! Im Hotel: August rennt die Treppe zum Zimmer hinauf, reißt die Tür auf und macht sie schnell hinter sich zu. August Fr-Alexander, diese Magd verbreitet üble Lügengeschichten über uns! Sie hat gerade dem Koch erzählt… Alexander Haha, ich kann mir schon denken, was sie gesagt hat … (zu sich selbst) Ich habs mir doch gedacht. So schnell hat man ein Opfer für seine Reclamestückchen! August Aber sie war wirklich garstig, sie erzählte von Teufelszeug und schwarzer Magie und vom Leibhaftigen, der hier wohnen würde … so können wir doch nirgends irgendwo auftreten… Alexander Haha, das passt ja! Keine Angst Brüderchen, die kriegen ihr Fett noch weg. August Aber wie? Alexander Morgen früh besorgst du mir noch vor Sonnenaufgang ein hübsches Paar Kuhbeine! August (entgeistert und angeekelt) WAS?! Alexander (lacht) Kuhbeine. Die Beine einer Kuh - einer toten, wenn es geht. August Äuaahh?!!! Alexander Alles für die Kunst, Brüderchen! Vertrau mir einfach! Überblendung, nächster Morgen: Schleifendes Geräusch - Kuhbeine in Papier über Kies - Die Tür des Gasthause geht. Ilse Ah der junge Hexenmeister, so früh schon wach? August Ja, ich hatte noch Besorgungen zu machen. Ilse Haha, ja sicher, was hast du so dabei? Froschschleim, getrocknete Spinnenbeine? (spuckt hörbar vor dem Jungen aus) August Ihh, nein! Ilse Ja was denn? Was denn? Lass doch mal sehen, kleiner Zauberzwerg! August Tut mir leid, aber ich muss… August rennt weg die Treppe hoch … mit den Kuhbeinen. Man hört das Schleifen und dann das Poltern die Treppe rauf. Eine Tür geht. Alexander (schelmisch) Ah, meine Prothesen! Leg sie mal aufs Bett, unter meine Decke. Aber gut verstecken… A ugust(schimpft rum) Das ist so widerlich - warum muss ich sowas eigentlich immer machen?! Und dann noch… Alexander August ich fände es sehr erfreulich wenn du dich nicht immer beschweren würdest, stell dich nicht so an. Hilf mir hier lieber kurz. Rascheln des Papiers und dann der Decke. August Na gut, und was jetzt? Alexander Gib mir mal die Zeitung da vorne! August Die? Alexander Ja genau und versteck dich im Schrank und sei still, und du wartest ab! August Ja gut. August klettert in den Schank, gleichzeitig raschelt Alexander mit einer Zeitung. Die Tür quietscht und der Raumton wird dumpf. Der Ton aus dem Zimmer auch. Man hört jemanden die Treppe hinauftappen. - Es klopft. Ilse Herr - äh - Alexander? Alexander Herein! Die Tür geht auf. Alexander nimmt die Zeitung runter. Ilse Morgen der Herr. Frühstück? Alexander Aber selbstverständlich. Ich wünsche Kaffee mit Butter und Brot. Ilse Gut gut, kommt gleich. Die Tür geht hinter Ilse zu. Sie tappt hörbar die Treppe hinunter. Alexander senkt die Zeitung. Alexander (halblaut) August, schnell, die Beine! August öffnet die Schranktür, die Decke raschelt. August Hihi, die wird sich zu Tode erschrecken. Man hört die Treppe erneut. Diesmal klappert auch ein Tablett dazu. Alexander Schnell, versteck dich wieder! August Jaja! Man hört August in den Schrank zurückklettern und der Raumton wird wieder dumpf. Ilse (genervt) Früühstück! Die Zeitung raschelt. Alexander Wunderbar, herein damit. Man hört die Tür, dann einen schrillen Schrei und das Scheppern des (guten) Porzellans auf dem Boden. Ilse rennt die Treppe herunter. Ilse (schrill, hysterisch) Hiiilfe, Hiiilfe! Himmelherrgott er ist der Leibhaftige! Hiilfe! Alexander August! Die Beine. August kommt wieder aus dem Schrank und man hört die Decken rascheln. August Haha, der hast du's aber schön gezeigt! Alexander Na, wer mich einen Teufel nennt, der soll mich kennenlernen. Schh und jetzt geh zurück. Man hört zwei Personen die Treppe hinaufrennen. August in den Schrank Knecht (außer Atem) Was’s hier los? Alexander Nun scheinbar hat ihre Magd ihre eigenen Geschichten etwas zu wörtlich genommen. - Wie auch immer - Mir wurde Frühstück versprochen. Kaffee, Brot und Butter hätte ich gern! Ilse (außer Atem) Aber … aber … seine Beine -oh- Knecht (wütend) Einfältiges Frauenzimmer! S gute Geschirr! Es klatscht und zwar nicht Beifall. Knecht Marsch inne Küche und mach dem Herrn ein neues Frühstück! Zack Zack! Ilse (eingeschüchtert) Ja … ja … Jawohl Knecht - Verzeihen’ Sie die Störung Herr Alexander! Die Zwei gehen die Treppe wieder herunter. August klettert aus dem Schrank. August Na also wirklich, sie hat sich erschreckt, da muss man doch nicht gleich so vom Leder ziehen. Alexander (verschmitzt, sinnend) Na warte nur. Gleich nach dem Frühstück machst du die große Kerze da vorne an. Und hol die lange Zange aus dem Koffer. Ach und ‘ne Münze bring auch mit, wo du schonmal dabei bist. Aber warte bitte bis wir ungestört sind… Später, als es Zeit zur Abfahrt ist: Man hört August mit Metall klappern. August Au! Heiß! Alexander Du musst geschickter sein, gib schon her. Siehst du. Immer schön in der Luft halten.(flippt die Münze) August Du hast leicht reden, du musstest den Taler ja auch nicht die letzte halbe Stunde in die Flamme halten. Alexander Jetzt mach die Kerze aus und komm, die Kutsche wartet doch schon! August Ja gut. August pustet die Kerze aus und greift sich einen Koffer. Die Tür geht, die beiden tappen eine Treppe herunter, währenddessen hört man Alexander mit einer Münze jonglieren. Dann draußen: Alexander August lad du schonmal den Koffer ein. Ich komme sofort. August Ist gut. Alexander (zum Knecht) Sie haben Ihre Sache gut gemacht; hier, das ist für Sie. (schnippt die Münze klingend herüber - dann ein Geräusch wie Fett auf der Herdplatte) Knecht(lässt die Münze fallen) Donnerwetter! - SIE! Ich habe ihre Stücke gesehen, das ist diese ElektiziziziDINgs! August(klappt die Tür die Kutsche auf) Herr Alexander, darf ich bitten! Die zwei steigen ein, die Tür klappt zu. Die Kutsche fährt ab. Knecht (von außen, leiser werdend) Ha, da sachter nix! Durchschaut hab ich ‘en! Elektrisch! So nämlich! Alexander Siehst du August, ich hab dir doch gesagt er bekommt sein Fett noch weg. August (weinerlich) Ja, aber dafür habe ich jetzt Brandblasen! Alexander Na von der elektrischen Kerze halt! August Haha, stimmt! Alexander Ich habs dir ja gesagt: Was man… August (leichter Singsang) Was man sich nicht erklären kann, das sieht man als elektrisch an. Alexander So ist es. Beide lachen sich kaputt darüber und die Musik blendet ein.