Folge 5 - Mit klingender Münze Eine Gesellschaft beim Essen, in der Ecke spielt ein kleines Kammerorchester. Die Damen und Herren speisen mit großem Appetit. Gastgeber ist der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, anwesend ist auch der Münzmeister Franz Nübell. Großherzog Paul Nun Herr Alexander, ich hörte, ihr seid ein großer Falschmünzer?! Alexander Ah, ich verstehe, Königliche Hoheit haben erfahren… Großherzog Paul …dass Sie mit großer Leichtigkeit Geld zu machen verstehen. Möchten Sie mir wohl sagen, wie sie das bewerkstelligen? Alexander Aber natürlich: Darf ich Königliche Hoheit um einen Teller und einen Louisdo’r (sprich LOIDOR) bitten? Beides wird angereicht. Alexander August, machst du etwas Platz? Jemand schiebt hörbar einen Teller über den Tisch und kratzt mit dem Stuhl. August (mit vollem Mund) Ähm ja, hier. Alexander (zischt) Benimm dich! So, hier seht ihr eure Münze. Alexander lässt eine Münze auf den Teller fallen. Alexander Und dann erfordert es nur ein wenig Konzentration und… Dann hört man noch ein Plirrr. und noch eines und noch eines, bis der Teller voll ist. Alexander Das ist nun wirklich keine Mühe… Großherzog Paul (lacht dröhnend) So eine Falschmünzerei könnte ich mir gefallen lassen. Ihr solltet neuer Ober-Münzmeister werden und unseren Herrn Nübel hier am Tisch ablösen! Münzmeister Das würde euch wohl so passen… Großherzog Paul (lacht) Und jetzt greift reichlich zu - der junge Mann hat gewiss noch etwas Appetit. August Oh ja! Das Orchester wird lauter und schafft damit einen Szenenübergang. Etwas später hat sich die Gesellschaft verlaufen und im Salon bilden sich kleine Grüppchen. Es wird laut geredet und gelacht - Diener eilen mit Tabletts durch die Menge und im Kamin prasselt ein Feuer. Alexander August, wenn du noch länger zu dem Mädchen dort herüberschaust, wird sie noch tot umfallen, bevor du sie ansprichst. August Hä was? Äh ich hab nicht geschaut, ich hab mich nur umgesehen. Alexander August komm mit! August Du kannst doch nicht… (flüstert) Fritz!! Alexander geht durch die Menge auf das Mädchen zu. Alexander Guten Abend. Darf ich eure Bekanntschaft machen, werte Dame? Alexander, der Magier mein Name und das ist mein Bruder und Assistent August. Wilhelmine (macht einen Knicks) Wilhelmine Nübell - Einen schönen Abend Herr Magier - erfreut Sie kennenzulernen. Alexander Wenn ich euch darauf aufmerksam machen darf - ihr habt dort etwas im Haar. Wilhelmine Wie? Oh Je! (Streicht sich durch die Haare) August Ich seh nix. Alexander (zunächst leise) August! (wieder normal laut) Doch da, zwischen euren Locken, eine Rose. Schaut! Das Mädchen applaudiert. Wilhelmine Oh Herr Alexander, wie wundervoll! Für so eine Galanterie muss ich meinem Vater wohl ein wenig in die Parade fahren! August Deinem Vater? Warum das? Wilhelmine Dein Bruder hat ihn vorhin doch sehr in Verlegenheit gebracht mit seinem Trick. August Och Alexander?! Alexander Ich weiß nicht, wovon sie redet. Wilhelmine Mein Vater ist der Münzmeister… Alexander Oh. Ich verstehe. Das bedeutet wohl, er plant, sich an mir für den kleinen Schabernack zu rächen? Wilhelmine (flüstert) Ich darf es euch nicht sagen, aber ja - er fühlt sich wohl in seiner Ehre verletzt. August Oh, das tut uns natürlich leid. Alexander Na, nur ein fairer Wettbewerb des Schabernacks, das ist doch genau das Richtige. Wilhelmine Er wird euch einladen und dann in Verlegenheit bringen. August Na das werden wir schon sehen. Wir sind schließlich Magier! Nicht wahr großer Bruder? Alexander (lächelt) Wir werden sehen, was wir da tun können. August Und dann machen wir irgendwas großartiges - mit einem Knall. Oder mit Blitzen - wir konnten mal Blitze erzeugen mit einem Gerät, das sich Elektrisiermaschine nennt. Alexander August… August Und dann schlagen armlange Blitze ein - wirklich - Also das musst du dir ansehen, da wirst du staunen. Alexander Ich werd mir dann wohl nochmal was zu trinken holen… Die Musik verklingt und man hört eine Kutsche vorfahren. Im hintergrund hört man das Schlagen von Metall auf Metall. Außerdem das fallen von Münzen in Truhen voller Münzen. Dazu das Geräusch heißer Öfen, in denen zischend Metall geschmolzen wird. Das Metall wird dann hörbar in Formen gegossen. Vier Personen steigen aus der Kutsche aus. Der Großherzog, Münzmeister Nübell und die beiden Heimbürger. Münzmeister Herzlich Willkommen hier in der Großherzoglichen Münze von Mecklenburg-Schwerin. Hier prägen wir unsere neuen Schillinge, die die alten Louis d’ors, die Pfennige, die Groschen und die Taler ersetzen. Großherzog Paul Und sie werden alle mein Konterfei tragen! August Wahnsinn, so viel Silber! Und da klaut keiner etwas? Alexander (zischt) August, benimm dich! Münzmeister Keineswegs! Meine Männer sind alle handverlesen und auf den Großherzog eingeschworen! Und jeder der hier etwas stiehlt, dem droht der Galgen! Alexander Wahrlich, das nenne ich Sicherheit! Münzmeister Aber nun folgen Sie mir, ich zeige ihnen die Feinheiten des Münzwesens. Alexander Nach euch, königliche Hoheit! Großherzog Paul Nach ihnen, Herr Alexander! Das Schlagen, Hämmern und gießen wird deutlich lauter, als sich eine Holztür öffent. August Uii! Alexander Also da muss ich meinem Bruder zustimmen. Ich habe noch nie eine Münzprägung so hautnah erlebt. Münzmeister Draußen haben Sie gesehen, wie das Metall in Barren ankommt. Silber in unserem Fall. Dieses wird dann eingeschmolzen und zu Blechen gewalzt. August Was für eine riesige Maschine. Alexander Wirklich beeindruckend Hoheit! Paul Ach ja, ihr solltet erst einmal meine Kanonengießerei sehen! Münzmeister Und hier sehen Sie wie aus diesen Blechen die Münzen ausgestanzt werden. August Da bleibt aber viel übrig. Münzmeister Allerdings, das schmelzen wir wieder ein und machen weitere Bleche. Und immer so weiter. Man kommt dem Schlagen immer näher. Alle müssen rufen! Münzmeister(ruft) Hier, das Herzstück der Münze! Diese feinen Herren hier schlagen unsere Münzen. Alexander (ruft) Wirklich sehr beeindruckend! Münzmeister (ruft) Und nun Hoheit, der große Moment! Eure eigenen Schillinge! Bitte sehr! Nübell greift sich einige Münzen aus einer Truhe und reicht sie dem Großfürsten. Diese fallen klimpernd in seine Hand. Paul(ruft) Sehr schön. Ich bin wirklich gut zu erkennen. Ihr seid ein Künstler Nübell! Münzmeister(ruft)(verlegen) Habt Dank königliche Hoheit! Paul(ruft) Seht Herr Alexander! Meine Münzen. Lässt ein paar Münzen in Alexanders offene Hand fallen. Alexander (ruft) Oh, wundervoll eure Hoheit! Wirklich sehr gut getroffen! August, schau mal. Die Münzen klimpern weiter. August Joa - (ruft) Sehr schön Hoheit… Münzmeister(ruft) Darf ich? August(ruft) Ähm, Ja. Die Münzen klimpern in Nübells Hand. Dann zurück in die Kiste. Münzmeister(ruft) Wir wollen ja nicht, dass am Ende eine fehlt! Hoheit, darf ich euch noch kurz ins Separee bitten. Auf ein Wort zum Münzfuß eures Pfennigs… Das Gespräch der beiden wird leiser, als sie sich in ein Büro begeben, dessen Tür gut zu hören ist. Alexander und August stehen wie bestellt und nicht abgeholt in der Gegend herum. Entfernen sich ein wenig von dem Schlagen. August Das war beeindruckend,oder? Alexander Ähm August, was hat die Tochter des Münzmeisters noch gleich gesagt? August Wilhelmine. Alexander Genau, ihr Vater will mich reinlegen? Na, dem werde ich's zeigen! August Aber wie das? Alexander (raunt verschwörerisch) Pass auf, gleich wenn der Herzog und der … dieser Nübell wieder da sind - du weißt schon - dann lenkst du die beiden und mit ihnen die ganze Bagage hier ab. August Oh, mir schwant nichts Gutes! Alexander (immernoch leise) Und ich klaue ein paar von den frischen Münzen. August (jetzt auch leise, sarkastisch) Das mit dem Galgen hast du aber schon gehört, oder? Alexander Pappalapapp! Den Schein wahren August! Wenn du so ein schmuckes Ablenkungsmanöver wie damals bei dem Bürgermeister von Ploen startest, dann kann das nur gut werden! August Oh, du bist doch verrückt. Erst die Nummer mit dem Ruderboot auf dem Offenen Meer. Dann gibst du gleich eine ganze Gesandtschaft und jetzt willst du unter die Strauchdiebe fallen? Alexander Herrgott, es ist doch für einen guten Zweck. Außerdem bekommt der Herr Großherzog seine Münzen ja zurück. Nur eben wann anders … August Das kannst du doch nicht ernst meinen?! Alexander August, ich kann nicht vor dem Münzmeister kuschen! Du musst mir helfen. August Fritz, das ist gefährlich! Alexander Ach komm … Bitte, kleiner Bruder, ohne dich schaffe ich es nicht! August (grummelnd) Na gut. Alexander Wusste ich's doch, mit dir bleibt die Magie am Leben! Die Tür des Separees geht. August (raunt durch die Zähne) Aber lass dich nur nicht erwischen. Münzmeister So meine Herren, leider müssen wir uns nun auf den Weg machen. Das Bankett ist sicher schon angerichtet. Alexander Zu schade! Wirklich interessant, ihre Arbeit! Paul Haha, interessant, wenn er so arbeiten würde wie Sie Herr Alexander, dann wäre das noch interessanter. Und bei weitem nicht so umständlich! Münzmeister Eure Hoheit dürfen versichert sein… Paul (unterbricht den Münzmeister) Keine Entschuldigungen, mein Lieber! Ich habe mich überzeugt, dass das Geld auf einfacherem Wege beschafft werden kann. Der Herr Alexander versteht es, in wenigen Augenblicken, aus einem einzigen Goldstück ohne weitere Anstrengung eine beliebige Menge gleicher Stücke hervorzubringen. Man hört Holz knarren, ohne das Geräusch zuordnen zu können. Alexander Eure Hoheit, das ist zu viel der Ehre! (dann ruft irritiert) Äh August, was machst du da? August (ruft von weitem) Ich wollte nur mal sehen wie die Münze von oben aussieht! Alexander (ruft) Komm sofort da runter! Münzmeister (ruft) Junge! Du brichst dir noch den Hals! Paul (lacht vergnügt) Ach lassen sie den Jungen doch durch das Gebälk klettern. Münzmeister Aber Hoheit, wenn er fällt. Man hört einige Schritte, dann den Griff in die Münzen und das Charakteristische Klimpern von Münzen. Als die Münzen in Alexanders Tasche klimpern, gibt es einen harten Cut. Die Abendgesellschaft beginnt ohne dass man Alex und August hört, bis der Münzmeister an sein Glas klopft. Münzmeister Ich möchte gerne eine kleine Geschichte zum Besten geben. Vor einigen Tagen besichtigte seine königliche Hoheit die Münze. Gewohnt, ihn ab und an hier zu sehen, fand ich in seinem Erscheinen nichts Auffälliges. Doch - Schon im Gehen äußerte er dann mit ernster Miene, dass das Münzverfahren sehr umständlich sei und einiges zu wünschen übrig ließe. Ich versuchte seiner königlichen Hoheit untertänigst zu versichern, dass unser Verfahren dem Stand der Technik entspräche und er ein besseres Verfahren - vielleicht in Nürnberg oder Wien - doch auf keinen Fall in Norddeutschland finden werde. Doch seiner königlichen Hoheit beliebte es mich wie folgt zu unterbrechen: „Keine Entschuldigungen, mein Lieber! ich habe mich überzeugt, dass das Geld auf einfacherem Wege beschafft werden kann. Der Herr Alexander versteht es, in wenigen Augenblicken, aus einem einzigen Goldstück ohne weitere Anstrengung eine beliebige Menge gleicher Stücke hervorzubringen.” Es ging mir ein Licht auf; der Großherzog hatte mich in Verlegenheit bringen wollen. Mit lautem Lachen und dem gelungenen Scherz stieg er in den Wagen. - Nun mein lieber Herr Alexander, für die Verlegenheit, die sie mir nun also mehrfach - allerdings unabsichtlich - bereitet haben, werden sie mir die Bitte nicht abschlagen, uns heute Abend ebenfalls mit diesem Kunststückchen zu unterhalten. Alexander Aber werter Herr Münzmeister. Niemals war es meine Absicht Ihnen die Stellung streitig zu machen. Um ehrlich zu sein, hatte ich nie geplant Sie in Verlegenheit zu bringen. Da dies doch geschehen zu sein scheint werde ich - selbstverständlich - und zwar mit größtem Vergnügen - erneut einige Münzen erscheinen lassen! Ich bitte, mir einen Louisdor zu leihen. August Hier, der Herr auf der Ecke hat einen parat. Münzmeister Nicht doch, wir begnügen uns doch nicht mit irgendeinem alten Goldstück! Dass Sie dieses Geld beschaffen können, dass haben wir ja bereits gesehen. Seine königliche Hoheit hat heute höhere Ansprüche! Holt neuen Schilling aus der Tasche und lässt den auf den Teller fallen. Münzmeister Wenn Sie aus diesem Schilling hier, einer völlig neuen Prägung, einige andere, ja nur einen einzigen gleichen hervorzaubern, so gebe ich zu, dass Sie der größte Zauberer sind, der je gelebt hat. Schaffen sie es jedoch nicht, so sind Sie verpflichtet uns den ersten Trick mit dem Louis d’or zu offenbaren! August Ach, das schafft er bestimmt. Alexander Selbstverständlich! Einer guten Wette bin ich niemals abgeneigt. Doch werden Sie verstehen, dass ich einen kleinen Moment benötige um mich auf diesen - natürlich ungleich schwereren - Trick vorzubereiten! Alexander hebt den Schilling hörbar vom Teller auf. Klingend spielt er mit dem Geldstück zwischen den Fingern herum. Münzmeister Naja jetzt bin ich aber gespannt! August Ich bitte um absolute Ruhe! Eine lange Pause entsteht, jemand hüstelt. Alexander (erleichtert) Ein wirklich nervenaufreibender Trick! (dann das Pling) Alexander zaubert zweiten Schilling auf Teller. Münzmeister Oh! (Pause) August Das ist Herr Alexander! Münzmeister Aber … Das kann doch nicht sein! Jetzt produzieren sie noch einen weiteren! August (ruft) Hey, das ist unfair! Alexander Ach was August, alles was der Herr Münzmeister verlangt! Alexander zaubert weitere Münze, dann klimpern weitere auf den Teller und die Anwesenden applaudieren. August Ha, hab ichs doch gewusst, dass er's kann. Alexander Bitte sehr! Münzmeister Sie! Siee! Wie haben Sie das gemacht? Alexander Magie … Was sonst? Münzmeister Aber wie kann das sein?! Also … Nein!! Woher sie das Geld haben, weiß ich! - Das müssen Sie beim Besuch der Münze geklaut haben! Aber wie sie es geschafft haben, einen meiner Leute zu bestechen ist mir unbegreiflich. August Sie werfen Herrn Alexander Diebstahl und Bestechung vor, wo sie ihn doch nun rechtmäßig den „größten Zauberer, der je gelebt hat” nennen wollten? Alexander Ach August, lass ihn doch grübeln! So hat halt jeder „seinen” Spaß an meiner Zauberei. Münzmeister (hat nicht richtig zugehört und grübelt) Oder Sie haben es geschafft meine Wachen des Nachts zu umgehen … Nein unmöglich! Niemand hat die Schlösser der Truhen angetastet. August Da kommen Sie sowieso nicht dahinter! Die Gesellschaft wendet sich eigenen Gesprächen zu, auch Alexander und August unterhalten sich mit anderen anwesenden. - Überblendung in die lauter werdende Musik des abends. Nach einigen Takten: Münzmeister Herr Alexander, bitte verzeihen Sie mein aufbrausendes und ungläubiges Verhalten vorhin. Sie sind wahrhaftig der größte Zauberer! Alexander Ach, zu viel des Lobes! Jeder von uns versteht es in seinem Fach wahre Wunder zu vollbringen. Münzmeister(belustigt) Naja, doch bei meinen Wundern geht es immer mit rechten Dingen zu. - Im Vertrauen, Herr Alexander. Wie haben Sie es geschafft unsere neuen Münzen aus der Münze hier auf den Teller zu zaubern? Alexander Verzeihen Sie, doch das werde ich Ihnen nicht verraten! Ich kann Ihnen aber versichern, dass Sie all ihren eingeschworenen Männern, ihren Wächtern und natürlich ihren Schlössern trauen können. Münzmeister Aber warum wollen sie nicht damit herausrücken? Der Zauber ist doch schon längst geglückt und der Ruhm schon geerntet. Alexander (grinsend, mit erhobenem Zeigefinger) Wissen Sie, Herr Nübell, im Geheimnis, da liegt der größte Zauber.