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Ein schlechter Scherz? Marokko verbietet öffentliches Zeitungslesen

Ihr findet auf einer Parkbank eine Zeitung. Dürft ihr diese Zeitung lesen? Natürlich, aber in Marokko könnte sich das nun ändern.
| Robin Thier |

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Kaboompics.com | Pexels

Ihr findet auf einer Parkbank eine Zeitung. Dürft ihr diese Zeitung lesen? Natürlich, aber in Marokko könnte sich das nun ändern.

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Ich kenne das eigentlich sehr gut, dass man, wenn man heutzutage noch eine Zeitung abonniert hat, diese auch anderen Leuten zur Verfügung stellt – sei es den WG-Mitbewohnern, Familienangehörigen oder Nachbarn – oder eben völlig Fremden. In Deutschland leiden die Verlage weniger unter dem Zeitungs-Sharing, als vielmehr unter dem stetig wachsenden Online-Journalismus. In Marokko hingehen soll ein neues Gesetz, das auf Forderungen des Verbands marokkanischer Zeitungen und Zeitschriftenherausgeber zurückgeht, dafür sorgen, dass niemand mehr in der Öffentlichkeit Zeitungen lesen darf, die er nicht selbst gekauft hat. Aber warum ist das so?

In Marokko scheinen die Zeitungsverlage sehr unter der gemeinsamen Nutzung von Magazinen und Zeitungen zu leiden. Es hat sich wohl zu einem verbreiteten Trend entwickelt, dass man eine Zeitung nach der Lektüre an einem öffentlichen Platz hinterlässt, damit auch andere diese Lesen können. Außerdem haben die Verlage mit denselben Problemen zu kämpfen, wie in Deutschland: Die jungen Leute lesen kaum Zeitung und dazu kommt, dass der Absatz für gedruckte Nachrichten sowieso schon recht eingeschränkt ist: Etwa 30% der Bevölkerung in Marokko sind Analphabeten. Den einfachen Wechsel zu Onlinejournalismus können die Zeitungen aufgrund mangelnder Verbreitung auch nicht vollziehen. Verstehen kann man dieses Gesetz aus Sicht der Verleger also, aber das bedeutet nicht, dass man es auch unbedingt gutheißen muss. Denn zum einen wird damit in gewisser Weise unterbunden, dass auch Menschen ohne Geld Zugang zu Informationen und Nachrichten bekommen können und zum anderen kann mir niemand erklären, dass der Verwaltungsaufwand die Ersparnisse der Zeitungen aufwiegen kann. Denn nun muss jeder, der in der Öffentlichkeit eine Zeitung liest, kontrolliert werden und nachweisen können, dass er seinen Lesestoff legal erworben hat. Aber das wird damit zum Problem der Regierung und liegt nicht mehr in der Verantwortung der Verlage.

Was also wie ein schlechter Scherz oder Zeitungsente klingt, ist in der Tat ein geplantes Gesetz in Marokko, so absurd es uns auch erscheinen mag. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie genau sich die Durchführung des Gesetzes gestaltet. Außerdem wurden auch Verhandlungen mit Google und Facebook angekündigt, welche den marokkanischen Medien mehr Werbeeinnahmen gewährleisten sollen.

 


Quellen:
http://www.mincom.gov.ma/fr/a-la-une/item/4119-r%C3%A9union-entre-le-ministre-de-la-communication-et-une-d%C3%A9l%C3%A9gation-de-la-f%C3%A9d%C3%A9ration-marocaine-des-editeurs-de-journaux-fmej.html
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Marokko-verbietet-Zeitunglesen-in-der-Oeffentlichkeit-3232856.html
Titelbild: https://www.pexels.com/photo/man-reading-newspaper-6053/

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Robin Thier

Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.

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