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KuSa und Soziologie – Was macht man da eigentlich?

Eine kleine Einführung
| Jasmin Larisch |

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Jasmin Larisch

KuSA – was ist das denn?“, war gefolgt von „…und was macht man dann damit?“, die häufigste Frage, die sich durch mein gesamtes erstes Semester hindurchzog. Da ist schon etwas dran: Was genau macht man in diesen Fächern? Die beiden Fächer, die ich im 2-Fach Bachelor studiere, gehören eher zu den sogenannten „Orchideen-Fächern“: seltener, exotischer und vielleicht auch „unantastbarer“, aber eben auch schwieriger in ein paar Sätzen zu umreißen. Damit ihr einen kleinen Einblick in diese Fächer bekommen könnt, versuche ich diesen oben genannten Fragen so kurz wie möglich, aber ausführlich wie nötig auf den Grund zu gehen.

Beginnen wir mit der mythischen Abkürzung „KuSA“:
Ich studiere seit Oktober 2015 KuSA, das heißt „Kultur- und Sozialanthropologie“, an der WWU Münster – ein Studienfach, welches sich aus der europäischen Ethnologie/Volkskunde und der Ethnologie/Völkerkunde im Allgemeinen zusammensetzt. Europäische Ethnologie, auch Volkskunde genannt, so könnte man kurz summieren, „beschreibt die verschiedenen Kulturströmungen und Ethnien innerhalb Europas, also auch diejenigen von Deutschland“ und die Ethnologie, auch Völkerkunde genannt, erforscht und vergleicht die weltweit über hundertfach verschiedenen Ethnien-Gruppen. Hauptmerkmale, die erkundet und untersucht werden, sind neben Wirtschaftswesen, Religionszugehörigkeit, Organisations- und Medizinkenntnissen und Rechtsverhältnissen, auch die unzähligen „unsichtbareren“ Kultur-, Moral- und Lebensentwürfe der verschiedenen Gruppen.
Es ist erst einmal schwierig, den Überblick zu bekommen – wenn ich ehrlich bin, kann ich auch erst jetzt von mir behaupten, diese ganzen Begriffe miteinander verknüpfen zu können. Das liegt auch daran, dass sich viele der oben genannten Fächer nur leicht voneinander abheben und inhaltlich viele methodische und methodologische Schnittstellen beinhalten. KuSA lässt sich den Kultur- und Geisteswissenschaften zuordnen und gehört in Münster dem Fachbereich Nr.8 an: Philosophie/Geschichte. Neben Vorlesungen, Seminaren und Lektürekursen, muss man auch Fächer wie „Übung des wissenschaftlichen Arbeitens“ belegen.

KuSA ist eine Wissenschaft; ein Zweig der Anthropologie, in der es um „die Wissenschaft des Menschen“ geht. Regionale Schwerpunkte in dem Fach sind an jeder Uni unterschiedlich, in Münster sind es folgende: „Deutschland und seine kulturellen Binnengliederungen, Europa und seine regionalen Kulturen sowie Südasien und Südostasien“. Einen Link zu der kompletten Studienordnung in Münster findest du hier.
KuSA, als ein Fach der Anthropologie könnte man in der Definition erweitern: „Eine Wissenschaft vom Menschen in der Gesellschaft“. Es beinhaltet somit ein sehr breites inhaltliches Spektrum. Es geht primär um die Kultur, mit all ihren verschiedenen Facetten und dementsprechenden Fragen: Was ist Kultur? Und warum ist jeder einzelne Mensch kulturgeprägt? Wie manifestiert sich Kultur? Was macht sie in unserer heutigen Zeit, die von Migration, Flüchtlingsfragen, Integration und Multikulturalität geprägt ist, so wichtig?

In meinen Augen ist es ein sehr interessantes und vielfältiges Fach, welches aber auch viel mit einem selbst macht, wenn man es studiert: Man setzt sich automatisch mit den eigenen Hintergründen und Ethnien auseinander, mit seiner Identität in Zeit und Raum, mit seinem Glauben, aber auch mit ganz alltäglichen Ritualen. Ob auch nur das tägliche Zähneputzen, der Kirchgang am Sonntag, das morgendliche Meditieren, kulinarische Vorlieben, das Pflegen vom Grab eines geliebten Verstorbenen, aber auch das Herrichten seiner selbst zu (religiösen) Hochfesten und generell die Kleiderwahl – alles eine Form von entweder Ritual, Tradition und Symbol. Und das ist das Tolle an KuSA: irgendwie hat es immer einen Bezug zum eigenen Leben und den eigenen Sinnes- und Lebensvorstellungen.

Das erleichtert in vieler Hinsicht auch die Aussicht auf einen späteren Job: Wenn ich mich ständig mit solchen Inhalten beschäftige, kann ich besser abwägen, als was ich mit KuSA später arbeiten möchte. Interessiere ich mich nun eher für Entwicklungs- oder Migrationshilfe, um dort Menschen gezielt zu helfen? Möchte ich lieber selbst forschen und dann sogenannte Feldforschungen in entfernten Ländern betreiben? Strebe ich vielleicht eine journalistische Arbeit oder einen Job im öffentlichen Sektor an, in dem mein ethnologisches Wissen gefragt ist? Oder möchte ich vielleicht beruflich auch ganz woanders hin und probiere mich daher erst einmal in verschiedenen Disziplinen aus? Möchte ich später auch in verschiedenen Bereichen arbeiten? Fragen, die vielfältig und komplex sind, und sich doch mit KuSA und allen anderen Geistes- und Sozialwissenschaften vereinbaren lassen.

 

Schloss von Münster
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Das Schloss, in dem die Universitätsverwaltung untergebracht ist. (Foto: Jasmin Larisch)

 

Zur Soziologie

Daher ergänzt sich KusA sehr gut mit meinem Zweitfach: Soziologie. In der Tat wählen viele diese Fächerkombination; Sozial- und Geisteswissenschaften verstehen sich (meist) gut. Soziologie könnte man beschrieben: als „Wissenschaft, die soziales Handeln deuten, verstehen und ursächlich in seinem Ablauf und seinen Wirkungen erklären will“, wie der deutsche Soziologe und Ökonom Max Weber es formulierte. Es geht um das Verstehen von Interaktion und Kommunikation zwischen Menschen als Angehörige einer Gruppe, Beziehung oder als Rollenträger. Methoden der Sozialforschung, komplexes Denken, das Hinterfragen von Systemen, aber auch viel theoretisches Wissen bilden Kernkompetenzen des Studienganges. Neben Fächern wie „Statistik“ und „Methoden der empirischen Sozialforschung“, belegt man auch eine Vorlesung, welche die verschiedenen soziologischen Theorien, wie die von Max Weber, George H. Mead, Pierre Bourdieu, und auch Schlüsselthemen und Herausforderungen der Soziologie, wie Familie im Wandel der Zeit, Individuum und Individualisierung oder Globalisierung beinhaltet und durcharbeitet.

Ebenso wie KuSA, ist auch die Soziologie sehr vielfältig – sowohl inhaltlich und methodisch, als auch jobtechnisch gesehen. Und hier fangen viele Wissenslücken, Vorurteile, und auch Unsicherheiten seitens der Studierenden an: „Damit wirst Du akademischer Taxifahrer“, „Damit findest Du doch nie einen Job“, „Du chillst doch eh nur im Studium“. Das sind dabei die härtesten Urteile. Viele davon sind nicht weiter gedacht und nicht gerechtfertigt – ganz davon abgesehen, dass dadurch Begriffe wie „Taxifahrer“, negativ konnotiert werden. Siehe dazu diese Artikel hier. Das finde ich persönlich nicht nur schade, sondern auch gefährlich: denn damit schwindet nicht nur das Ansehen dieser wissenschaftlichen Disziplinen selbst, sondern auch das Vertrauen und Selbstbewusstsein in die eigenen Fähigkeiten – bei mir trifft dies zumindest in einigen Punkten zu.
Eines steht fest, und damit muss ich einigen dieser Vorurteile nachgeben: Die Geistes- und Sozialwissenschaftler haben es, sofern sie nicht Lehramt studieren, vielleicht schwieriger sich für einen Berufswunsch zu entscheiden, eben weil es so viele vielfältige und auch spannende und abwechslungsreiche Berufe gibt, die sich in dieses Feld einbetten lassen. Das trifft auf mich übrigens auch noch zu. Kernqualifikationen wie statistisches und empirisches Arbeiten, das Erkennen von Strukturen und dessen Anwendung auf Gesellschaften und Gruppen sowie das Organisieren von Forschungsprojekten; dabei stets Sachverhalte hinterfragen und hinter Fassaden schauen zu können, sind nur einige von vielen Qualifikationen, welcher ein oder eine, natürlich möglichst interessierte(r) und fleißige(r), SoWi (SozialwissenschafterIn) oder KuWi (Kulturwissenschaftler) mitbringt.

Mit einem abgeschlossenen Soziologiestudium kann man beispielsweise als (Nachrichten-)RedakteurIn, JournalistIn oder auch im Verlagswesen tätig werden. Möchte man als JournalistIn arbeiten, sollte man seine Fremdsprachenkenntnisse verbessern und möglichst viele verschiedene Praktika gemacht haben. Neben der Aussicht auf das Lehramt, welches in Münster die meisten Studierenden in Soziologie anlockt, bleiben viele der Absolvierenden auch in der Universität: als HilfswissenschaftlerIn oder WissenschaftlerIn. Man kann natürlich auch promovieren und als DozentIn tätig sein und-/oder innerhalb der Uni mehrere Felder miteinander kombinieren. Dies sind nur einige von vielen Beispielen – jede/r muss für sich herausfinden, wo und wie man hinterher nach dem Bachelor arbeiten möchte.

Jedoch gilt: egal ob KuSa oder Soziologie, das Wichtigste in diesen Studiengängen ist es, Praxiserfahrung zu sammeln. Dazu zählt z.B Praktika zu machen, ein Auslandssemester zu absolvieren, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern, sich zu engagieren – und das nicht nur, um einen vollen Lebenslauf zu haben! Verschiedene Dinge ausprobieren, sich austesten, dabei auch Fehler machen oder scheitern – das gehört immer im Leben dazu. Und in Wissenschaften, in denen man sich mit ganz verschiedenen Kulturen, Milieus, Personengruppen, Interessen und Lebensentwürfen beschäftigt, helfen solche praktischen Erfahrungen ungemein.

 

Hier könnt ihr von meinen persönlichen Erfahrungen im ersten Semester lesen.

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Jasmin Larisch

Hej! Ich bin Jasmin, von meinen Freunden meist 'Mini' genannt, bin 21 Jahre alt und studiere seit Herbst 2015, Soziologie und Kultur-und Sozialanthropologie (=KuSA) an der WWU. Münster hat es mir sehr angetan- Unileben, Kultur, Kunst, junge interessante Leute überall! Das Leben als Studierender ist aufregend, bunt, vielseitig und manchmal echt tricky- so hoffe ich, zusammen mit meinem Team, euch ein paar Tipps und Anstöße geben zu können. Seit 2015 bin ich deshalb als freie Autorin bei seitenwaelzer.de und habe nach wie vor viel Freude daran. Viel Spaß beim Lesen!

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