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Die grüne Null – Zero Waste in Münster

Keinen Müll mehr produzieren? Verpackungsfreie Supermärkte helfen bei diesem Vorhaben. Wir haben mit der Inhaberin des "Einzelhandel" in Münster gesprochen.
| Joshua Sans |

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Joshua Sans

Warum müssen Obst und Gemüse in Plastikfolie gewickelt werden und warum müssen sich in der Plastikpackung Gummibärchen noch 20 weitere, kleinere Plastikpackungen Gummibärchen befinden? Diese und ähnliche Fragen stehen im Raum, wenn man sich mit der Verpackungsfreude der Lebensmittelindustrie beschäftigt. Doch gibt es zu dieser umweltbelastenden Praxis auch Alternativen? Ja, die gibt es! Unter dem Titel Zero Waste findet man sie. Eine Frau, die sich besonders gut mit dem Thema Zero Waste auskennt, ist Meike Schulzik, die Inhaberin des Ladens Einzelhandel, der sich im Südviertel Münsters befindet und unverpackte Lebensmittel, sowie weitere Produkte, die einen nachhaltigen Lebensstil ermöglichen sollen, im Sortiment hat.

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Vor Gründung ihres Ladens, so sagt sie, hätten sie die herkömmlichen Packungsgrößen aus den Supermärkten gestört. Diese passten nicht zu jeder Haushaltsgröße bzw. zu jedem Konsumverhalten und das Einkaufen von losen Lebensmitteln sei in Supermärkten auch nur begrenzt möglich. Also eröffnete sie 2015 den Laden Einzelhandel, dessen Slogan passenderweise „zum Wohlfüllen“ heißt. Dort können ihre Kundinnen und Kunden unverpackte Lebensmittel zum Abfüllen, wie etwa Getreide, Nüsse oder Nudeln kaufen. Aber auch Seifen und Waschmitteln lassen sich in selbstbestimmten Mengen bei Einzelhandel kaufen. Außerdem wird eine Reihe von praktischen Utensilien für den umweltschonenden Alltag angeboten, wie nachhaltig produzierte Beutel und andere Behältnisse zum selbst Abfüllen von Lebensmitteln. Das wohl ungewöhnlichste Produkt aus dem Sortiment ist eine Po-Dusche, welche die Verwendung von Klopapier überflüssig machen soll. Aber auch sonst finden sich allerlei nützliche Alltagsgüter, wie zum Beispiel ein Frischhaltefolienersatz aus Bienenwachs, der sich mehrfach verwenden lässt. Trotz des Bemühens, auf Verpackungsmaterial zu verzichten, befinden sich auch Waren aus Plastik im Sortiment. Dabei handelt es sich allerdings nur um recyceltes Plastik, das zudem nach der Verwendung nicht weggeworfen wird, wie es zum Beispiel bei Plastikverpackungen der Fall wäre. An dem immer breiter werdenden Sortiment lässt sich die wachsende Beliebtheit von umweltschonenden Produkten beobachten und messen. Während das Sortiment zur Eröffnung des Ladens ca. 350 Produkte zählte, sind es mittlerweile über 1200 Produkte.

Lies auch: Nur mal kurz die Welt retten – wie man auch mit kleinen Dingen nachhaltiger leben kann

Wie Meike Schulzik zugibt, funktioniert das Konzept eines unverpackt Ladens nicht in jeder Stadt. Für den Erfolg des Konzepts ist ein bestimmtes Konsumentenbewusstsein vonnöten. In Münster findet sich dieses Bewusstsein offensichtlich, da ein zweiter Einzelhandel im Kreuzviertel seit April dieses Jahres seine Türen für umweltbewusstes Einkaufen geöffnet hat. Der Erfolg des Ladens zeigt, wie sehr umweltbewusstes Handeln seinen Weg in den Alltag findet. Die wachsende Bedeutung der Protestbewegung um Fridays for Future und der Erfolg der Partei Bündnis 90/Die Grünen bei der letzten Europawahl sind weitere aktuelle Anzeichen dafür, dass das Thema Klimaschutz weitere Teile der Gesellschaft erreicht als noch vor ein paar Jahren.

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Um das Bewusstsein für die Thematik Zero-Waste zusätzlich zu steigern, bietet das Team von Einzelhandel regelmäßig Workshops an, in denen man unter anderem lernt, wie man Kosmetikprodukte selbst herstellen kann. Mit dem steigenden Interesse wächst nicht nur die Anzahl der Produkte im Sortiment, auch das Beschaffen der einzelnen Waren wird leichter. So gibt es mittlerweile einen Großhändler in Deutschland, der sich auf unverpackte Produkte spezialisiert hat. Anfangs, so Schulzik, sei es aufwendiger gewesen, das Sortiment auszubauen, da jede Menge Eigenrecherche nötig war.


„Jeder Schritt zählt, muss aber auch vereinbar mit eigenem Leben sein.“

Meike Schulzik

Für alle, die selbst gerne weniger Müll produzieren würden, hat Meike Schulzik ein paar Tipps. Zunächst solle man sich nicht stressen bzw. zu viel von sich erwarten. Für eine Familie mit Kindern kann eine Umstellung beispielsweise viel schwieriger sein, als für eine alleinlebende Person. Jeder Schritt könne aber bereits etwas bewirken und bei einigen Produkten sei es auch gar nicht schwer, auf Zero Waste umzusteigen. So könne man etwa einen Stoffbeutel mit zum Bäcker nehmen und seine Brötchen darin einpacken lassen und damit auf die Papiertüte verzichten, die später wieder im Müll landen würde. Auch Gemüse lässt sich in vielen Fällen problemlos lose kaufen und in Stoffbeuteln transportieren. Preislich können unverpackt-Läden in den meisten Fällen allerdings nicht mit Discountern mithalten. Wie Meike Schulzik verrät, liege der Einzelhandel aber preislich mit vielen Bioläden auf einer Linie, was angesichts der Tatsache, dass diese oft größere Mengen abnehmen können und damit auch bessere Einkaufspreise erhalten, verwunderlich ist.

So wichtig es ist, dass Konsumenten sich eigenverantwortlich mit der Vermeidung von unnötiger Müllproduktion auseinandersetzen und versuchen, ihr Konsumverhalten zu ändern, so wichtig ist es auch, dass auf der politischen Ebene gehandelt wird. Einige Sorten von Gemüse kann man in gewissen Supermärkten zum Beispiel gar nicht unverpackt kaufen. Hier könnte die Politik den Weg für nachhaltigere Lösungen frei machen. Die Richtlinie der Europäischen Union, die gewisse Plastikprodukte wie Strohhalme verbietet und bis 2021 von den einzelnen Mitgliedsstaaten in ein nationales Gesetz überführt werden soll, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Schon direkt nach der Gründung haben wir mit der Inhaberin des „Einzelhandel“ gesprochen. Lies hier das komplette Interview

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Joshua Sans

Während meines Politik- und Islamwissenschaftsstudium arbeite ich nebenbei daran, aus dem Interesse am Schreiben Kapital zu schlagen, um so die Leiden der Lohnabhängigkeit etwas erträglicher zu machen. Neben pseudointellektueller Kapitalismuskritik interessiere ich mich vor allem für Sprachen, politische Theorie und Musik in (fast) all ihren Erscheinungsformen.

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