Gesellschaft und Lifestyle / Meinung

Nur mal kurz die Welt retten… Nachhaltigkeit und so.

Ich gebe es ehrlich zu: Nachhaltigkeit überfordert mich, irgendwas macht man ja immer falsch. Aber wenn man klein anfängt, kann daraus Großes werden und wir bekommen die Welt doch gerettet.
| Gastbeitrag |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Verändert nach Hans Braxmeier | Pixabay

Ich gebe es ehrlich zu: Nachhaltigkeit überfordert mich. Egal was man macht, man macht was falsch. Ob es das Klima ist, das leidet, die Artenvielfalt, der Regenwald, die Menschen in Südostasien oder Afrika, der Ozean oder die Bauern in Deutschland – irgendwas läuft immer schief.

Ich gebe auch zu: Ich esse gerne Fleisch, fahre gerne Auto und fliege regelmäßig in den Urlaub. Mittlerweile kann ich aber nichts mehr davon mit gutem Gewissen tun. Dabei bin ich nicht mal zu bequem für Alternativen! Ich würde gerne wissen, wie ich am effektivsten meinen Plastikverbrauch verringern und wo ich nachhaltig produzierte Kleidung kaufen kann und trotzdem noch Geld zum Leben habe. Was mich aber stört, wenn man dann mal wen fragt: Da ist dann oft so ein unterschwelliger Vorwurf, dass man überhaupt noch Fisch und Fleisch essen möchte, nicht längst alle Lebensmittel vom Direktvermarkter bezieht und ernsthaft verbrecherische Telekommunikationsanbieter wie Google und Whatsapp nutzt. So etwas macht mich wütend, da bin ich empfindlich. Immerhin möchte ich etwas tun, obwohl sich doch ohnehin die Frage stellt: Was soll denn mein Beitrag bringen? Wenn ich auf meine Flugreise verzichte und mein Nachbar trotzdem fleißig Meilen sammelt, dann bin ich doch die Doofe! Aber irgendwie habe ich das Gefühl: So einfach ist das nicht.

Ich habe letztens erfahren, dass ich Tante werde. Mit 22 Jahren, mitten im Studium und gefühlt noch meilenweit entfernt vom Ernst des Lebens, wird man auf einmal mit einer so großen Verantwortung konfrontiert. Und dann kommt man ans Denken. Es wäre ja eigentlich ganz schön und auch nur fair, wenn die nächste Generation auf diesem Planeten auch noch gut leben könnte. Und dann kommt man ans Rechnen. Das Jahr 2050, von dem viele Klimaforscher sagen, dass es uns mit gravierenden Auswirkungen des Klimawandels konfrontieren wird, macht mich 56 Jahre alt. Das ist gar nicht so alt. Da hat man theoretisch noch was vom Leben. Da kann man theoretisch noch Pläne machen. Also ist Klimaschutz nicht nur ein Gefallen für die nächste Generation, sondern Altersvorsorge für mich. Um dieselbe Zeit sollen uns viele wichtige Rohstoffe ausgehen. Das heißt, wir bekommen nicht nur neues Wetter, sondern alles andere muss auch irgendwie anders. Und damit stellt sich mir die Frage: Wenn sowieso alles neu muss, wo dann anfangen?

Da ich mehr der geisteswissenschaftliche Typ bin und mir über meine Qualifikationen generell nicht so recht im Klaren, habe ich mir etwas Kleines vorgenommen: Ich kaufe immer noch beim Rewe um die Ecke ein, aber nehme das Obst ohne unnötige Plastikverpackungen, aus der Region oder zumindest aus Deutschland, und lieber aus konventioneller Produktion als ein Bio-Import aus Israel. Ich versuche Kosmetikprodukte und Hygieneartikel ohne Silikon und mit Inhaltsstoffen aus nachhaltigem Anbau zu kaufen. Ich gönne mir lieber ein teures Kleidungsstück aus verantwortungsbewusster Herstellung, als mein Geld in die herkömmliche Textilproduktion zu investieren. Und ich habe einen Ökostromvertrag bei den Stadtwerken. Das klingt alles nach verdammt wenig, aber ich habe schon bei diesen kleinen Dingen eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Ich muss mich selbst nicht mehr daran erinnern. Ich achte automatisch auf Herkunft und Verpackung. Es ist irgendwann einfach zur Routine geworden. Genauso passiert ist es mir mit dem Fleischkonsum: Nur noch zweimal die Woche Fleisch zu essen, ist kein Verzicht mehr. Das ist jetzt einfach Gewohnheit. Mein nächster Schritt ist, öfter auf den Markt zu gehen. Denn so viel teurer ist das gar nicht. Nur beim Urlaub habe ich noch keine Alternative gefunden. Ich bin nicht so der Typ für Camping.

Aber der Anfang ist gemacht! Und wenn du irgendwo den Anpack gefunden hast, dann fängst du an es auszubauen, dir höhere Ziele zu stecken. Du bekommst Routine, lernst neue spannende Dinge, hast Spaß und kannst stolz sein, auf das, was du erreicht hast. Und das ist der Beitrag, den jeder leisten kann und der so wichtig ist: Spaß an der ganzen Sache zu bekommen. Mitmachen, weil es eben doch irgendwo sinnvoll ist, und dann merken: Das ist nicht (nur) Verzicht. Das hat ganz viele unerwartete Vorteile: ich lerne viele neue Gerichte, weil ich das saisonale und regionale Gemüse kaufe. Mein Kleiderschrank ist nicht mehr überfüllt mit billigen Fehlkäufen, sondern bestückt mit individuellen und wunderschönen Kleidungsstücken, die lange halten. Das Gefühl, etwas Gutes für sich und letztendlich auch für diesen Planeten zu tun, ist unschlagbar. Und es ist leichter als man denkt, denn irgendwann ist es Alltag. Und dann wundert man sich. Über sich selbst, über seine Mitmenschen und über die primitive Sinnhaftigkeit des Ganzen. Deswegen ist das Anfangen im Kleinen so wichtig. Da hat man kaum Raum zum Scheitern aber ganz viel Potenzial zu gewinnen, Dinge zu erreichen und schnell besser zu werden. So gehen Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Kleinen. So bekommen wir die Welt noch gerettet.

Hier ein paar Hilfestellungen für den Einstieg:

Praktische Tipps aus meiner Studienstadt:

Filme und Berichte:

Und was macht die Politik?

Ein Gastbeitrag von Vera Struß

Dieser Artikel stellt nur die Meinung der AutorInnen dar und spiegelt nicht unbedingt die Ansichten der Redaktion von seitenwaelzer wider.

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