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Bewegend, faszinierend, erhaben – Kinoreview „Ad Astra“

Diese Reise zu den Sternen sollte keiner verpassen! Denn dieses Meisterwerk bietet majestätische Bilder dank visionären Effekten, eine packende Geschichte und regt zutiefst zum Nachdenken an.
| Daniel Rublack |

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Erhaben. Das erste Wort, welches mir direkt zu Ad Astra einfällt, ist erhaben. Schon während des Kinobesuches empfinde ich ein Gefühl, dessen Wortbedeutung unser Duden als „durch seine Großartigkeit feierlich stimmend“ definiert. Und genau dies tut einer der faszinierendsten Sciene-Fictioner des bisherigen Jahrzehnts. Majestätische Bilder, unterlegt mit einem hypnotisch anmutenden Soundtack, begleiten uns auf einer Reise durch menschliche Ängste, Sorgen und Hoffnungen.

Wie so oft in Space-Filmen gibt es einen zu erfüllenden Auftrag, welcher hier die Rettung des gesamten Sonnensystems beinhaltet. Sogenannte „Wellen“ sorgen für technische Ausfälle und Chaos auf der Erde, weshalb Major Roy McBride entsandt wird. Ursache des Problems scheint nämlich sein Vater zu sein, der einst auf einer Mission im All verschwand. Aus diesem Grund ist Ad Astra eigentlich ein Vater-Sohn-Drama, welches lediglich in den Weiten des Kosmos angesiedelt ist. Wobei auch diese Bezeichnung zu beanstanden ist, denn die Reise zu den Sternen wird zu einer Reise durch die Menschheit und vor allem das eigene Selbst.

Schon zu Beginn spricht eine innere Stimme mit uns, fast wie unser eigenes Gewissen. Jene nachdenkliche Off-Voice des Protagonisten teilt immer dann ihre Gedanken mit dem Publikum, wenn andere Menschen in der Einsamkeit des Weltalls fehlen oder Dinge kritisch betrachtet werden müssen. Auf seiner Reise begleiten wir einen Mann, dem seine Passion wichtiger ist als die Liebe zu seiner eigenen Frau. Einen Mann, dessen arbeitswütiger Vater als verschollener Held niemals eine Vaterfunktion übernehmen wollte. Einen Mann, der in der Ferne nach seiner eigenen Menschlichkeit sucht. „Ich bin keine Bedrohung!“, sagt er beim Entern einer Rakete, dennoch gewillt seine Mission unter allen Umständen zu erfüllen. All diese Stärke verdeckt jedoch nicht die menschliche Seite dieses Mannes, der mit seinen Gefühlen, Ängsten und Sorgen kämpft. Eines oder besser gesagt einer ragt dabei stets heraus: Der phänomenale Brad Pitt. Einer der ganz Großen liefert hier eine der besten – und für mich die beste – Performance seiner Karriere ab. Keine Frage, Tommy Lee Jones als vereinsamter Vater ist wirklich gut, aber Brad Pitt überstrahlt in dieser größtenteils Ein-Mann-Reise wahrlich alle!

Insgesamt stimmt Ad Astra eher nachdenklich und agiert weniger emotional als etwa ein Interstellar. Muss es auf dem Mond DHL und Subway geben? Müssen die Mondkrater von greller Neonwerbung erleuchtet werden? Die Gegner in dieser Zukunftsvision sind nicht jene unbekannten Gefahren des Weltalls, sondern dieselben wie auf unserer Erde: Die Menschen selbst. Roy McBride bezeichnet unsere Spezies als „Planetenfresser“ und angesichts von Ressourcenkrieg auf fremden Sternen lässt sich diese bittere Einschätzung nur teilen. Wäre es tatsächlich so gut, außerirdisches Leben zu finden, wenn der Mensch solch ein Parasit in seiner Galaxie ist?

Trotz vieler Gedankenanstöße schaut sich Ad Astra aber keineswegs wie ein Moralapostel. Der Film zieht einen magisch in den Bann und der Zuschauer kann sich in der einzigartigen Inszenierung schlicht verlieren. Wundervolle Sets entführen uns in fremde Welten fernab des blauen Planeten. Im Verlauf der Reise betreten wir gigantische Raketen, tauschen grüne Wiesen gegen graue Mondwüsten und entdecken neue Stationen auf dem Mars und im All. Sind es oft die kleinen Details, welche Orte extrem authentisch und visionär erscheinen lassen, ist es hier die einfache und schnörkellose Gestaltung. Zwischendurch gönnt uns die Kamera in einem ihren langen, ruhigen Schwenks faszinierende Bilder der Galaxie und zeigt uns die Schönheit des Kosmos in ihrer vollsten Pracht.

In Kontrast dazu stehen die gut dosierten, sehr intensiven Actionsequenzen. Im freien Fall dreht und wendet sich die Kamera mit den Figuren, beim Start einer Rakete rappelt sie von links nach rechts und von oben nach unten. An Übersicht mangelt es uns dabei allerdings nie und schwebt Roy McBride schwerelos durch den Raum, fühlt man sich selbst etwas leichter. Eindeutiges Highlight ist für mich die Verfolgungsjagd auf dem Mond. Verschiedene Rover rasen durch das graue Nichts, Laserwaffen verursachen massiven Schaden und die Schwerelosigkeit gibt dem Ganzen eine völlig einzigartige Note. So etwas habe ich noch nie gesehen und ich liebe es! Regisseur James Gray beweist hier definitiv sein Können und streut weitere Leckerbissen in Form von cleveren Schattenspielen oder fein platzierten Rückblenden ein.

Spricht man bereits von der überwältigenden Bildsprache in Ad Astra, lassen sich besonders die Effekte nur loben, loben, loben. Absoluter Wahnsinn, was mit der Computertechnik heutzutage alles möglich ist! Ebenfalls grandios ist das Sounddesign, welches mit kräftigen Bässen daherkommt, die Off-Voice durch den eigenen Kopf schickt und genau in den richtigen Momenten auf Stille setzt. Der schon erwähnte hypnotische Soundtrack stellt dann wirklich die Kirsche auf der Sahne dar. Ich würde gerne mehr schreiben, aber so etwas kann man nur selbst erleben!

Einen Vergleich mit den größten Space-Meisterwerken der jüngeren Geschichte besteht Ad Astra mühelos. Für mich ist der Film „flawless“ – makellos. Diese Reise zu den Sternen möchte weder so unbeschwert unterhalsam sein wie Der Marsianer noch so tief emotional wie mein persönlicher Favorit Interstellar. Hier werden eigene Schwerpunkte gesetzt und dieser Science-Fictioner funktioniert genau deshalb so hervorragend, weil er weiß, was er kann, will und ist.

Ad Astra ist als faszinierende Erfahrung nur zu empfehlen! Seine Geschichte bedient so viele Ebenen, stimmt nachdenklich und begeistert mit einem galaktisch-grandiosen Brad Pitt in der Hauptrolle. Die Kombination aus Bild und Ton verschlägt einem wirklich den Atem, es ist wahrlich kaum zu beschreiben. Schaut diesen Film, schaut dieses Meisterwerk!

8,5/10 Sternen im Kosmos.

PS: Diese, auf solch eine Lobpreisung verhältnismäßig gering erscheinende Wertung, setzt sich in Bezug zu allen von mir bewerteten Filmen zusammen.

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Daniel Rublack

… schreibt vor allem über Filme. Arbeitet in der „Presse und Kommunikation“ und unterstützt daher mit entsprechendem Know-how.

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