Kultur und Medien / Musik

Mythische Klänge und tanzende Hobbits: Eine Reise ins Auenland mit Billy Boyd und Sky Du Mont

Am Donnerstagnachmittag erhoben sich die zahlreichen Besucher, um der Nationalhymne eines Landes zu horchen, das von einem Tyrannen beherrscht wird.
| Michael Kringe |

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Michael Kringe

Am späten Donnerstagnachmittag erhoben sich die zahlreichen Besucher der ausverkauften Siegerlandhalle, um der Nationalhymne eines Landes zu horchen, das von dem wahrscheinlich grausamsten Tyrannen und gefährlichsten Kriegstreiber beherrscht wird, den man sich nur vorstellen kann. Ein furchtbarer politischer Skandal! – Wäre da nicht ein wichtiges Detail: Mordor, der Ort von dem hier die Rede ist, existiert nicht. Zumindest nicht in unserer Welt. Die von bedrohlich klingenden Pauken und Trommeln begleitete Hymne markierte den Beginn des zweistündigen „Der Herr der Ringe und Der Hobbit“-Konzerts, welches Interessierte zurzeit in verschiedenen deutschen Städten besuchen können.

Das 1954 erstmals veröffentlichte Buchepos „Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien und sein Vorläuferroman „Der Hobbit“ aus dem Jahr 1937 gelten als Gründungswerke der modernen Fantasy-Literatur. Beide gehören bis heute zu den meistverkauften Büchern der Geschichte. Knapp 100 Akteure des Tolkien-Ensembles und des Chors und Orchesters des Auenlandes entführten das Publikum an jenem Abend nach Mittelerde, Tolkiens legendärer Fantasy-Welt. Den Großteil des Konzerts bildeten natürlich die Stücke aus Howard Shores oscarprämierter Musik zur „Der Herr der Ringe“-Filmtrilogie (2001-2003) und die dazugehörigen weltbekannten Songs von Ed Sheeran, Enya und Annie Lennox. Daneben konnte auch das seit 25 Jahren auftretende Tolkien-Ensemble mit Eigenkompositionen wie „Gollum‘s Song“ oder „Treebeard‘s Song“ überzeugen.

Alle, die sich auf ein gemütliches Lauschen wohltuender Orchesterklänge eingestellt hatten, wurden jedoch von einem sehr abwechslungsreichen und kurzweiligen Programm überrascht. Hobbitmädchen in bunten Kleidern tanzten vor, zwischen und mit den Zuschauern, während an irische Volksmusik erinnernde Lieder ertönten. Manchmal wurde es hingegen ruhig und Frauen in Elbengewändern traten auf. Sie bezauberten das Publikum mit sanften, klaren Stimmen, wodurch man den Eindruck gewann, als ob sich ein magisches Tor geradewegs nach Mittelerde öffnete. Hinter diesem waren dann mit etwas Fantasie auch die heiligen Wälder der Elben, die beeindruckenden Städte der Menschen oder die kolossalen Hallen der Zwerge zu erkennen. Wie ein solches Tor nach Mittelerde wirkten auch die großen Leinwände, auf die während der Veranstaltung Zeichnungen und Gemälde bekannter Tolkien-Künstler wie Ted Nasmith projiziert wurden. 

Das Highlight des Abends waren jedoch die Auftritte des Schauspielers Billy Boyd, der in der Filmtrilogie den Hobbit Pippin verkörperte. Mit „The Edge of Night“ gab der 51-Jährige sein bekanntes Lied zum Besten, das er vor 17 Jahren in einer hochemotionalen „Der Herr der Ringe“-Szene sang: Denethor, der Statthalter von Gondor, befiehlt Pippin, ihm beim Essen etwas vorzusingen. Zuvor hatte er in seinem Wahn seinen eigenen Sohn gegen eine Übermacht in die Schlacht geschickt. Während draußen die tapferen Soldaten von scheußlichen Orks aus der Ferne niedergeschossen werden, spritzt der Saft der zerplatzender Tomaten aus Denethors Mund- ein Symbol für seine Schuld und das vergossene Blut seiner Männer. Pippin gehorcht seinem Herrn, doch am Ende kann er seine Tränen nicht mehr zurückhalten.  Wer bei Boyds junggebliebener Stimme die Augen schloss, konnte sich mühelos den gleichen Hobbit vorstellen, der mit seiner witzigen und neugierigen Art damals die Zuschauerherzen eroberte. Weiterhin überraschte er mit dem munteren Kneipen-Song „Hey Ho! To the Bottle I Go“ aus dem ersten Film der Reihe und brillierte zum Abschluss des Konzerts mit „The Last Goodbye“ aus „Der Hobbit – Die Schlacht der Fünf Heere“.

Die Erwartungen der Zuschauer wurden allerdings ein wenig von der Tatsache überschattet, dass dieser Song auch der einzige blieb, der aus der „Der Hobbit“-Filmtrilogie stammte. Wer beispielsweise mit dem Zwergensong „Far Over the Misty Mountains Cold“ gerechnet hatte, wurde enttäuscht, denn die übrigen filmbezogenen Lieder und Musikstücke stammten alle aus „Der Herr der Ringe“. Ein wenig entschädigt wurden die Besucher jedoch durch Schauspieler Sky Du Mont, der in kleinen Passagen während des Konzertes Die Handlung der Geschichte schilderte, während im Hintergrund zarte Flötentöne die Sehnsucht nach dem Auenland weckten oder tiefe Hörner die Menschen mit den mutigen Kriegern Rohans mitfiebern ließen.

Zur Verabschiedung der Zuschauer erschien, wie schon zur Begrüßung, das Gesicht des 2015 verstorbenen Sir Christopher Lee als Videobotschaft auf der Leinwand. Die Schauspielikone verkörperte in beiden Filmtrilogien den Zauberer Saruman den Weißen. Seit 2001 trat er regelmäßig mit dem Tolkien-Ensemble auf den Events der Konzert-Tournee auf. „May the Force… of the Hobbits be with you.“ witzelte Lee in Anspielung auf seine Rolle des Count Dooku in „Star Wars“. Abschließend wünschte er den Besuchern in verblüffend akzentfreiem Deutsch noch einen schönen Abend.

Für die Musiker führt die Reise nun weiter in den hohen Norden, wo sie in Skandinavien auftreten werden. Bis zum 19. April haben Fans und Interessierte noch die Möglichkeit, Billy Boyd und das Tolkien-Ensemble an verschiedenen Orten in Deutschland und Europa live zu erleben. Näheres dazu erfahrt ihr auf der Facebook-Seite zu „Der Herr der Ringe Und Der Hobbit – Das Konzert“. Schaut gerne mal dort vorbei! Ich zumindest finde: Der Konzertbesuch hat sich gelohnt.

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Michael Kringe

Hat in Siegen Geschichte und Medienwissenschaft studiert. Der Baumjäger und Frühaufsteher schreibt gelegentlich den ein oder anderen Artikel auf seitenwaelzer. Beschäftigt sich in seiner freien Zeit außerdem gerne mit Psychologie, Evolution und Photoshop.

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