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Kinokritik: It Follows

Ein Wahnsinnsfilm! Geradezu begeistert saß ich im Kino und hatte alle paar Minuten ein Grinsen im Gesicht, als ich wieder irgendetwas Tolles aufseiten der Filmtechnik entdeckte. Aber lasst mich von vorn beginnen, warum ich „It Follows“ so gut finde.
| Robin Thier |

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

©It Follows | Radius-TWC

Ein Wahnsinnsfilm! Geradezu begeistert saß ich im Kino und hatte alle paar Minuten ein Grinsen im Gesicht, als ich wieder irgendetwas Tolles aufseiten der Filmtechnik entdeckte. Aber lasst mich von vorn beginnen, warum ich „It Follows“ so gut finde.

Als ich mitbekam, dass der Thriller „It Follows“ im Rahmen des Filmfestivals in Münster gezeigt werden sollte, ware meine Vorfreude groß und meine Erwartungen gigantisch. Ich hatte schon viel von dem Film gehört, diverse Trailer gesehen und mich eigentlich darauf gefreut, aber natürlich lief er im vergangenen Sommer in Deutschland nur in ausgewählten Kinos, natürlich keines in meiner Nähe. Umso cooler war also, dass er zum Festivalprogramm gehörte und ich so die Chance bekam, mir endlich selbst eine Meinung vom Publikums- und Kritikerliebling des Jahres zu machen. Ein großes Dankeschön an die Organisatoren des Festivals, dass sie „It Follows“ ins Programm aufnahmen. Aber jetzt mal zum Inhalt.

Die Handlung ist recht speziell und macht einen großen Bestandteil der Atmosphäre und des Aufbaus des Filmes aus, wenn man sie akzeptiert. Es geht um einige Teenager in einer typischen amerikanischen Vorstadt. Unter ihnen ist Jay, 19 Jahre alt, die sich Hals über Kopf in den verwegenen Hugh verliebt hat. Nach einer romantischen Nacht haben sie auf der Rückbank des Autos Sex miteinander. Das Glück für Jay ist perfekt, als alles plötzlich eine Kehrtwende macht und Hugh ihr eröffnet, dass er ihr etwas „angehängt“ habe und sie von nun an verfolgt werde. Tatsächlich hat sie plötzlich sehr furchteinflößende Begegnungen und „etwas“ folgt ihr stets überall hin und ES ist gefährlich.

Bereits die ersten Minuten des Filmes ziehen einen in seinen Bann, wenn man ohne Einleitung in die Story geworfen wird und in einer ungeschnittenen und mehrere Minuten andauernden Sequenz einem verängstigten Mädchen durch die Vorstadt folgt, die scheinbar vor etwas wegzulaufen scheint. Was dieses „etwas“ ist, sieht man nicht – und genau das ist einer der besten Punkte des ganzen Filmes. Ähnlich wie in dem recht ähnlichen „ES“ des Horrormeisters „Stephen King“ hat das Böse, oder was es auch ist, in diesem Film keine bleibende Gestalt. Man weiß nie, wie es aussieht und es kann jede und jeder in der Nähe sein. Das erzeugt natürlich eine paranoide Stimmung und nicht nur einmal fragt man sich, ob die Protagonistin vielleicht geisteskrank wird, oder ob alles eine logische Erklärung hat. Der Zuschauer wird lange Zeit komplett im Dunkeln gelassen und von da an lichtet sich der Vorhang nur langsam. Die Atmosphäre in diesem Film, dass aus Normalität ganz schnell etwas Böses werden kann, brennt sich in die Gefühlswelt des Zuschauers und macht „It Follows“ zu einem wirklich atmosphärischen Gruselthriller, der nicht in irgendwelchen Wäldern spielt, sondern zu Hause, an der Uni, mit Freunden im Park.

Unterstützt wird das mulmige Gefühl des Zuschauers durch diverse perfekt und wirkungsvoll eingesetzte filmische Mittel, wobei der ganze Film eher minimalistisch gehalten ist. Weder gibt es riesige Effektschlachten, noch große Buh-Effekte. Was ich meine sind zum einen eine perfekt geführte Kamera, die stets zwischen einer ruhigen und bedrohlichen Art und Weise, sowie einer spielerischen und erkundungsfreudigen Art hin und herwechselt, sowie dem einzigartigen Soundtrack. Man könnte meinen, die Musik passe absolut nicht zum Film, denn es handelt sich um einen Synthesizer-Soundtrack, der ein wenig an die Filme aus den 80ern erinnert, Beispiele sind „Blade Runner“ oder „The Thing“, doch dieses Gefühl, dass die Musik stets fehl am Platz ist, aber dennoch perfekt zur Szene passt, steigert die Atmosphäre noch mehr und ich muss sagen, er ist die perfekte Ergänzung zum Film.

Man kann es kaum fassen, dass der Regisseur vorher erst einen Film drehte, denn neben einem guten Casting, die jungen Schauspieler spielen alle exzellent, schafft er diese Art von Realitätsnähe, die ich gerade schon ansprach, vor allem dadurch, dass das Leben der Teenager, bzw. jungen Erwachsenen so unaufregend dargestellt wird. Es werden nicht nur wahllose Szenen aus der Schule gezeigt, oder gemeinsame Ausflüge etc. Die Protagonisten hängen herum, treffen sich zum Filmeschauen oder Kartenspielen und benehmen sich im Großen und Ganzen wie normale Menschen. Ich kenne diese Art der Atmosphäre von „Normalität“ sonst nur aus Kurzfilmen – in Hollywood trifft man sie schon lange nicht mehr an, denn dort findet sich stets eine überhöhte Form der „Normalität“.

Was der Film sein möchte und was er ist: Wer einen Horrorfilm erwartet, mag vielleicht falsch am Platze sein. Ich würde den Film eher als düsteren Thriller betiteln, der vielleicht sogar gruseliger ist, als so mancher klassische Horrorfilm. Von diesem Genre setzt sich „It Follows“ in absolut erfrischender Weise ab und spielt mit den Regeln des Genres. Jump-Scares bleiben in den Szenen, wo man sie erwartet, aus, während sie in anderen Szenen dann gänzlich ohne Vorwarnung gezündet werden. Außerdem gibt es etliche Anspielungen an Genreklassiker, die dem aufmerksamen Betrachter auffallen können.

Ich könnte noch ewig über diesen Film sprechen und werde nicht umhinkommen, ihn mir noch ein zweites Mal anzusehen. Mein Fazit dazu wäre jedoch, dass er für mich zu den besten Filmen des Jahres zählt und ich mich wirklich freue, dass jemand die alten Grusel/Thriller-Genres mal von den Toten aufwecken konnte. Zudem liebe ich die paranoide Atmosphäre des Filmes, die man erst einmal erzeugen muss. So gut hat mir schon lange kein Film mehr gefallen – schaut ihn euch, trotz der schrägen Story, an, und wenn ihr auf Filme steht, die nicht ganz dem Actionblockbuster des Jahres entsprechen, werdet ihr nicht enttäuscht sein!

 

https://www.youtube.com/watch?v=K_zZSNB2_8w

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Robin Thier

Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.

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