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Podcast Empfehlung: Inn Between
Ellenlange Geschichten, in die man tief eintauchen kann. Stundenlanges Hörvergnügen und komplexe Narration und Handlungen. Das ist Inn Between nicht. […]
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Ellenlange Geschichten, in die man tief eintauchen kann. Stundenlanges Hörvergnügen und komplexe Narration und Handlungen. Das ist Inn Between nicht. Und das muss es auch gar nicht sein. Inn Between ist ein erfrischender, überraschender Twist, was fiktionale Podcasts angeht. Mit kurzen, knackigen Episoden, die mit Intro- und Outro kaum mehr als 15 Minuten dauern, ist Inn Between ein Kontrast zu den üblichen Hörspielen und High-Fantasy-Abenteuern. Wie das Wortspiel bereits nahe legt, kennzeichnet sich der englischsprachige Podcast durch zwei Kernelemente: 1. Er spielt in einem Inn, also in einer Taverne, in der sich liebenswerte, lustige Abenteurer*innen Woche für Woche um einen rustikalen Holztisch versammeln. 2. Statt die Gruppe akustisch auf ihren Abenteuern zu begleiten, handelt der Podcast bloß von allem „dazwischen“. Die Charaktere erzählen sich von ihren Erlebnissen und bringen die Zuhörenden und einander auf den neusten Stand. Doch die Serie ist nicht bloß ein einziges Missachten der „Show Don’t Tell“ Regel, ganz im Gegenteil: Inn Between glänzt mit sich entwickelnden Charakterbeziehungen und unterhaltsamen Handlungen, die sich in der Taverne abspielen. So lernen sich die Figuren nach und nach kennen und lieben und werden von Nebencharakteren herausgefordert oder unterstützt.
Unter den Charakteren sind unter anderem ein noch junger und zurückhaltender Zauberer, eine nicht-binäre Geistliche mit einer geheimnisvollen Vergangenheit und eine Halborkin, deren Axt genauso groß ist wie ihr Herz. Zu Beginn spielt der Podcast sehr mit Archetypen des High-Fantasy-Genres. Insbesondere der hochnäsige, prinzipientreue Prinz, der stets seine Ritterlichkeit unter Beweis stellen muss, ist ein wandelndes Klischee. Doch genau dieses erste Bild soll trügen und die Hörenden begeben sich mit der zusammengewürfelten Truppe auf eine kurzweilige Reise, in der so einige Geheimnisse gelüftet werden und in der die Charaktere in Situationen versetzt werden, in denen sie sich beweisen und wachsen müssen. Die Show ist dabei sowohl vor als auch hinter „der Bühne“ um facettenreiche Diversität bemüht.
Hinzu kommt, dass die Serie komplett transkribiert ist, und die Transskripte für alle verfügbar gemacht werden. Auch sonst arbeitet die Show kontinuierlich an Niedrigschwelligkeit und glänzt in diesem Streben. Außerdem handelt es sich bei Inn Between um eine Serie, die prinzipiell für alle Altersstufen geeignet ist. Entsprechend verzichtet sie auch auf grafische Beschreibungen und Schimpfwörter. Wenn potenziell retraumatisierende Themen angesprochen werden, gibt es zudem Contentwarnungen, die am Anfang der jeweiligen Folge vorab angesprochen werden.
Was die erzählerische Struktur und auch das Voice-Acting angeht findet definitiv ein Wandel innerhalb der ersten Staffel statt. Die Qualität steigert sich mit jeder Folge. Besonders ansprechend sind die bunten, unterhaltsamen und teilweise bewusst schrullig bis ulkigen Charaktere sowie die sich in kleinen Happen vernetzenden Charakterbeziehungen und die Handlungsstränge, die das ein oder andere Geheimnis lüften.
Der Podcast mag kurz und sprunghaft sein, aber genau das macht seinen Charme aus. Es lohnt sich allerdings, falls mehrere Folgen am Stück gehört werden, die Recaps, die am Anfang einiger Episoden angehängt werden, zu überspringen. In Between ist ein Podcast, der noch immer fleißig neue Folgen produziert. Es folgt ein kleiner Spoiler, der auf die veränderte Struktur des Podcasts der neusten Staffel eingeht: Viele Serien leiden darunter, wenn sie ewig lange Staffeln haben, obwohl die Geschichten der Hauptcharaktere de facto auserzählt sind. Inn Between allerdings hat rechtzeitig einen Cut gesetzt und hat bewusst in der aktuellen Staffel neue Charaktere ausgewählt, die tangentiell mit den alten Charakteren zusammenhängen und die sich nach demselben Schema im gleichen Inn versammeln. Dadurch bewahrt sich die Show ihre Frische und Dynamik.
Abschließend gilt: Inn Between hat eine gute Länge für Gute-Nacht-Geschichten oder ein kurzes Reinhören beim Geschirrspülen oder Kochen. Das Fazit liegt im Titel: ein solider und mit Wortwitzen gespickter Tavernenpodcast für zwischendurch.
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Alex Schmiedel
Seit 2019 unterstütze ich das Team mit Illustrationen, Gestaltung, Artikeln und einer stets schwingenden intersektionaler Feminismus-Keule. Ursprünglich bin ich jedoch als Fan des Heldenpicknicks auf Seitenwaelzer gestoßen. Meinen Bachelor habe ich in Mediendesign in Münster absolviert und nun studiere ich Medienwissenschaft im Master in Bochum und arbeite im Bereich Mediendesign. Für Interactive Fiction, Podcasts, Animation und Musik schlägt mein Herz, ebenso wie für Aufklärung über diverse politische Themen, insbesondere Geschlechterdiversität und medizinische sowie antiableistische Gleichberechtigung.
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