Gesellschaft und Lifestyle / Meinung

WHAT ARE THOSE? – Über Menschen, die auf Schuhe starren

Sind das nicht Schwimmschuhe? Hast du nur Socken an? Was sind das denn für Schuhe? Patrick ist 30 Tage lang mit Barfußschuhen herumgelaufen und zieht nun das Fazit: Lohnt es sich?
| Patrick Schuster |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Patrick Schuster

Sind das nicht Schwimmschuhe? Hast du nur Socken an? Was sind das denn für Schuhe? Fragen, die mir im Laufe des Monats (Vorsicht, der kam flach) öfter gestellt wurden. Ich wurde sowohl belächelt, angeglotzt als auch interessiert gefragt, was es mit meiner neuen Fußbekleidung auf sich hat. Die Antwort: Barfußschuhe.

Zugegeben, es ist kein total neues Phänomen, aber trotzdem noch ein recht junges. Barfußschuhe, oder auch Minimalschuhe genannt, sind Schuhe mit einer sehr dünnen, gleichmäßigen Sohle. Dabei wird auf sämtliche Polsterung verzichtet, was sich besonders im Bereich der Ferse bemerkbar macht.

Unterschiedliche Lauf-/Gangarten

Tritt man in einem Barfußschuh mit der Ferse zuerst auf und rollt dann über den Mittelfuß zum Fußballen hin ab, bezeichnet man dies als Fersengang bzw. Rückfußgang.

Vom Ballengang oder Vorderfußlauf spricht man, wenn man zuerst mit dem Fußballen auftritt und dann nach hinten abrollt.

Über die Richtigkeit, die natürliche Präferenz oder die Energieeffizienz dieser beiden Gang- bzw. Laufstile möchte ich hierbei kein Urteil fällen, da ich kein Mediziner mit entsprechenden Fachkenntnissen bin. Soviel sei aber gesagt: in den angesprochenen Themenbereichen teilen sich die Meinungen im Internet. Am Rande sei noch erwähnt, dass noch das Konzept des Mittelfußlaufes existiert, welches für meinen Erfahrungsbericht jedoch keine große Rolle spielt.

Jedoch ist es wichtig zu vermerken, dass für den Vorderfußlauf Schuhe mit einer Fersenpolsterung eher ungeeignet sind, da es hierdurch erschwert wird, mit dem Fußballen zuerst aufzusetzen. Daher kommen hierbei oft Barfußschuhe oder zumindest Laufschuhe mit geringer Polsterung zum Einsatz.

Der Vorderfußlauf soll dabei gegenüber dem Fersenlauf einige Vorteile bringen, beispielsweise deutlich gelenkschonender für Fuß-, Knie- und Hüftgelenke sein. Dies ist darauf zurückzuführen, dass man zuerst mit dem von Natur aus stärker gepolsterten Fußballen auftritt. Nachteil ist jedoch, dass es für den gelernten Fersengänger einiges an Übung braucht und man am Anfang mit Muskelkater rechnen darf.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal wiederholen, dass ich kein Mediziner bin und ich auch nicht beabsichtige, hier alle Vor- und Nachteile beider Gangarten aufzuführen, ebensowenig wie die Risiken beider und welche Gangart für wen geeignet ist. Deshalb nun wieder zu meinen eigenen Erfahrungen:

Das erste Mal war irgendwie seltsam. Das sollte für die meisten von euch nichts Neues sein. (; Als ich meine Barfußschuhe im Laden das erste Mal angezogen hatte, hat es sich angefühlt, als würde ich eigentlich nur dünne Socken mit dicken Stoppern drunter tragen. Ich durfte während der Anprobe über Rindenmulch, groben Kies und LEGO© gehen. Kein stechendes Gefühl (nicht mal beim LEGO© !!!), nur Bodenunebenheiten. Surreal wurde es erst, als ich mit den Schuhen den Laden verlassen hatte. In dieser gewohnten Innenstadtumgebung hatte ich auf einmal ein ganz anderes Gefühl für den Boden unter mir. Beispielsweise ist der Unterschied zwischen Schotter, Asphalt und Kopfsteinpflaster jetzt x-Mal stärker bemerkbar als vorher. Gras gibt im Park auf einmal unterschiedlich unter den einzelnen Fußsegmenten nach. Man geht auch viel achtsamer durch die Stadt. Prinzipiell ist die Sohle ähnlich undurchlässig für Scherben und ähnliches, jedoch merkt man diese natürlich deutlich stärker, was dann keinen Spaß macht.

Der Vorderfußlauf

Wie beabsichtigt, habe ich in den Barfußschuhen natürlich den Vorderfußlauf geübt. Auf Anraten einer Freundin von mir erst nur wenige Stunden am Tag. Das kann ich auch nur jedem empfehlen, denn nach 3h durch die Stadt laufen hatte ich am nächsten Tag schon ordentlich Muskelkater. Danach wurde es aber schnell besser. Man geht etwas langsamer, da man die Schritte nicht so weit machen kann wie im Fersenlauf und anfangs fühlte sich das noch sehr gewöhnungsbedürftig an. Normalerweise gehe ich relativ schnell, aber das erfordert im Vorderfußlauf meines Gefühls nach etwas mehr Energie, und daher schwitzt man am Anfang vielleicht, wenn man versucht, das normale Tempo zu halten.

Fußgang
barefoot-academy.com

Auf der Straße…

Was mich aber am meisten überrascht hat, war nicht einmal das eigentliche Laufgefühl, sondern die Menschen um mich herum. Als jemand, der sich nicht groß für Schuh-Mode interessiert, hätte ich nicht gedacht, dass andere Menschen so sehr auf Schuhe achten. Im Zug, im Bus, beim Gang durch die Stadt: Jeder schaut mir auf die Füße. Ein absolut seltsames Gefühl. Auf der Arbeit habe ich die Schuhe gewechselt, da sie aufgrund der Dünne des Ober-Materials nicht den Sicherheitsstandards meiner Tätigkeit entsprechen. Und weil alle anderen Anzug-Schuhe tragen. Aber jeder Kollege, der mich, bevor ich in meinem Büro die Schuhe getauscht habe, erwischt hat, hat mich darauf angesprochen. Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Ich habe vorher nie gemerkt, wie sehr andere Menschen auf Schuhe achten. Das “Feet-Back”, was ich mir von den meisten anhören durfte, war aber durchweg positiv. Die meisten waren wirklich am “Was” und “Warum” interessiert, wenn mir auch wohl viele insgeheim den Modegeschmack abgesprochen haben.

Die Stilfrage

Denn sind wir mal ehrlich, es sind Socken mit Gummisohle. Die Schuhe der Marke Leguano, Modell “Sneaker” sind kein ästhetisches Meisterwerk, aber das wollen sie auch gar nicht sein. Aber da der Markt für Barfußschuhe in den letzten Jahren stark gewachsen ist, bietet die Firma selbst, und auch viele weitere Anbieter, Modelle an, die von normalen Schuhen kaum zu unterscheiden sind. Zwar haben die meisten ein eher sportliches Aussehen, es gibt aber sogar erste Lederschuhe passend zum Anzug.

Der Preis

An dieser Stelle möchte ich vermerken, dass die Preise für die meisten Barfuß-Schuhe meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt sind. Für eine bessere Socke mit Gummisohle 80€ zu verlangen, ist ein wirklich happiger Preis. Die meisten anderen Modelle sind sogar noch viel teurer und bewegen sich eher in einer Preisspanne von 120 bis 160€.

Mein Fazit

Für mich ziehe ich nach 30 Tagen die Bilanz, dass es sich gelohnt hat. 80€ sind meiner Meinung nach für Schuhe ziemlich viel Geld. Den Vorderfußlauf und den Tragekomfort habe ich als sehr angenehm empfunden. Im Vergleich zu herkömmlichen Schuhen hatten die Barfußschuhe praktisch kein Eigengewicht, was, neben der dünnen Sohle natürlich, für eine ganz andere Erfahrung des Gehens sorgt. Eben wie barfuß. Ob sich die Entscheidung für Barfußschuhe auf Dauer gesundheitlich für mich lohnt, wird sich zeigen. Aber ich hatte im letzten Monat viel Spaß – sowohl beim Tragen als auch beim Angestarrtwerden.

Noch mehr Challenges gefällig? Patrick hat 60 Tage lang jeden Tag Sport getrieben.

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