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Genauso ´n Much wie beim letzten Mal – Review „Venom: Let There Be Carnage“
Das Ergebnis einer eher sinnbefreiten Aneinanderreihung von Wörtern in 97 Minuten zu einem Film mit der Optik einer Betonwand. Und mit Uwe.
Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten
Das Bild ist nur da, weil mit Bild ist dann doch besser als ohne Bild.
Rückblende, 2018: Venom ist, wenn zwei Kollegen sich nen Ast ab lachen und der andere Kumpel und ich uns fragen: Was ist ‘n das für ‘n Scheiß?
Gegenwart, 2021: Ich sitze wieder im Kino, dieses Mal alleine. Zwar habe ich keinen Parasiten wie Hauptfigur Eddie Brock, aber meine innere Stimme Uwe fragt doch vehement: Ist der echt so doof, denselben Fehler noch mal zu machen?
Ja, ist er. Zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass ich hier eher so als Notlösung sitze. Der Winter naht und ich besitze exakt 0 Paar brauchbare Winterschuhe. Nur so zum Shoppen in die Mall zu fahren habe ich aber gar keinen Bock drauf. Der Weg, die Zeit und der grau-graue Himmel sind da auch keine Hilfe. Gut, dass ich den neuen Bond sehen möchte, da kann ich das vorher erledigen. Der Öffentliche Personennahverkehr – Abkürzung: zu spät – torpediert aber meine Pläne. In der Zeit wo sonst drei Busse kommen sollen, kommt keiner. Um Keine Zeit zu Sterben pünktlich zu starten, bleibt keine Zeit zum Shoppen.
Egal, zwei Wochen später läuft ja der neue Streifen von Ridley Scott an, schön mit Matt Damon und Adam Driver. Angefixt davon schaue ich dann zum ersten Mal Königreich der Himmel – macht Laune. Also Ticket für The Last Duel buchen: Läuft in dem Kino nicht. Während ich in jubelnde Ekstase verfalle, macht sich der Winter wieder bemerkbar. Also schön, was läuft denn alternativ? Eine Woche später, Venom: Let There Be Carnage. Der erste Teil war mieser Much und der Trailer von der Fortsetzung sah genauso aus. Was soll´s, vielleicht wird es ja dieses Mal besser, rede ich mir ein.
Ab geht er der Peter
Wer an dieser Stelle noch erwartet eine halbwegs seriöse Review zu erhalten, wird enttäuscht werden. Wie hat Peter Lustig immer gesagt: Und jetzt, abschalten. Eigentlich wollte ich ja über den neuen Bond schreiben, aber irgendwie will die Review einfach nicht so, wie ich will. An der S-Bahn überkommen mich am Abend nach dem Kino dann nicht nur Sturm Ignatz – jetzt muss ich an Lissi und der wilde Kaiser denken – und eisiger Wind, sondern auch die famose Idee: Schreib doch mal wieder eine Kritik über schlechtes Kino. Und zwar in der Lebenszeit, welche dir von jenem Meisterwerk geraubt wurde.
Dieser Text ist also das Ergebnis von maximal 97 Minuten. Und irgendwie klatsche ich einfach nur Zeilen auf das digitale Blatt Papier, die mich selbst amüsieren. Sei´s drum, du kannst ja jederzeit mit dem Lesen aufhören. Wobei jetzt ja der Teil kommt, wo ich noch über das Meisterwerk Venom: Let There Be Schwachsinn reden möchte.
Kein echter Brocken
Na, den Witz mit Bezug auf die Hauptfigur Eddie Brock verstanden? Ach, ist ja auch egal. Eddie und Venom leben also nach den Abenteuern des ersten Teils weiter zusammen in einem, in zweien … Symbiose halt. Zanken sich die beiden ist das doch ganz lustig, an ein paar Stellen wurde im Saal sogar gelacht. Venom will mehr Gehirne fressen, Eddie will das nicht. Streit, Regeln und das Übliche halt.
Eddie ist Single, denn seine Ex hat einen Neuen, der aber irgendwie eine ziemliche Lusche ist. Oh, sie will ihn heiraten, findet Eddie doof. Einzige emotionale Szene im Film, da war ich fast ergriffen. Fast, bis wieder irgendeine dumme Motorrad-springt-über-Huckel-Szene kommt. Was auch immer das soll. Tom Hardy hat einige gute Streifen gemacht und einige coole Figuren gespielt. Der Mann kann schauspielern, beispielsweise als Bane in The Dark Knight Rises oder als Mad Max auf der Gestörten-Straße (so nenne ich den Film liebevoll). Bei Venom wirkt die ganze Sache eher wie eine Laien-Stand-up-Comedy-Nummer: Zu schlecht zum Lachen, aber zu gut zum Buhen. Dabei ist er trotzdem mit Abstand noch das Beste am ganzen Film.
Woody Harrelson hat aktuell – wie eigentlich schon immer – nur zwei Modi drauf: Entweder volle Lotte Valium kein Bock oder gib ihm so richtig crazy LSD. Wirkt LSD eigentlich so, ach, keine Ahnung. Hier macht er letzteres, dreht als Serienmörder Cletus Kasady so richtig durch. Zumindest hat der Mann Spaß dabei. Cletus quatscht mit Eddie, Eddie ist dumm und schon hat Kasady auch einen Parasiten namens Carnage. Der will Venom killen, Kasady will Eddie killen und irgendwo treibt Mister Crazy dann auch noch seine Jugendliebe auf. Kennengelernt haben sie sich in der Klapse, wie romantisch.
Nicht schön anzusehen
Uwe meldet sich zwischendurch und fragt mich, ob irgendwer am Farbfilter gedreht hat. Ne, hat keiner, das muss einfach so schäbig aussehen. Venom und Carnage sehen noch sauber animiert aus und das Design gefällt mir, aber der Rest ist totale Grütze. Die Schauplätze sind entweder aus der Computer-Retorte von 2003 oder ihnen fehlen sämtliche Details. Hier wirkt nichts echt, ob Knast, Wohnung oder die ominöse Kathedrale.
Wir sind erst bei der Hälfte vom Film und ich weiß jetzt schon, dass das nichts mehr wird. Interessanter Weise merke ich, dass ich jetzt definitiv keine Lust mehr habe Venom Teil 1 zu schauen, dem ich eigentlich noch eine zweite Chance geben wollte. Einige Psychosprüche von Kasady später, die vollkommen bescheuerte Geschichte mit dem Polizisten ignoriert und dann hat Kasady die Herzdame von Eddie entführt. Normalerweise recherchiere ich Namen und auch, was die werten Damen und Herren sonst noch so gedreht haben, aber da habe ich dieses Mal echt keine Lust drauf. Ist auch total egal, weil hier sowohl Charaktere als Schauspieler absolut beliebig austauschbar sind.
Nachdem sich Eddie und Venom mal kurz getrennt hatten und Venom mit dem besten Kostüm auf einer Party eine fantastische Rede über Diversität gehalten hat – da werden wieder einige Bevölkerungsminderlautheiten ganz kräftig applaudieren – vertragen sie sich und retten die Herzdame, wobei das Vertragen vorher kam. Sorry für den langen Satz, aber 97 Minuten Limit halt.
Das Finale kommt dann ohne Wucht daher, was A) am schlechten CGI-Setting liegt, B) weil sich keine Sau um die Figuren schert, C) die Musik mal wieder absolut drüber ist und D) noch 20 weitere Gründe vorliegen. Venom und Carnage kloppen sich durch das Gebäude, für das menschliche Auge dank wackeligem Schnitt-Stakkato kaum zu erkennen. Regisseur Andy Serkis mag ja top in seinem Motion-Capture-Anzug sein, Gollum und Caesar, und auch einige andere ordentliche Schauspielleistungen erbracht haben, aber als Regisseur ist das hier gar nichts.
Nicht schön anzuhören
Von der nervigen, ständig alles übertönenden Musik habe ich schon berichtet. Was einem aber so richtig auf den Sack geht ist die Perle von Kasady, die aus unerfindlichen Gründen die Superkraft hat, ohrenbetäubende Schallwellen einzusetzen. War schon bei Black Canary im schlechten Birds of Prey nicht geil, hier zerfetzt es dir einfach nur dein Trommelfell. Vielleicht soll der Zuschauer aber auch nur den Schmerz von Venom und Carnage fühlen, deren einzige Schwächen Feuer und – Überraschung – Lärm sind. Zumindest wenn Carnage mal ordentlich in die Kamera brüllt rüttelt es einen dafür mal mit ein wenig Power gut durch.
Zurück zum Finale. Es geht hoch hinaus, wer jetzt wen wie verletzten kann erschließt sich mir nicht und dann ist der Bumms vorbei. Stimmt, die Möglichkeit für eine weitere Fortsetzung wird noch eingebaut.
Uwe und ich strecken uns kurz, eine Post-Credit-Szene ist zwar zu erwarten, aber mein Bedarf ist gedeckt. Immerhin habe ich einige gute Schuhe bekommen, denke ich noch auf dem Weg zum Ausgang. Der Winter kann kommen. Ob der Streifen jetzt 13 Flocken wert war hinterfrage ich nicht, da würde ich nur in echte Melancholie verfallen.
Wir fassen zusammen
Bei Venom: Let There Be Carnage ist das Ganze genau wie beim Vorgänger. Wer den mochte, bekommt hier noch mal die gleiche Kiste und wird dann auch wohl wieder seine Freude haben. Wer Teil 1 dumm fand, wird auch dieses Ding hier als Käse identifizieren. Zwar ist der Quatsch im Vergleich zum Ersten etwas besser, weil hier der Bösewicht als Psychopath einfach mehr mit seinem Parasiten funktioniert als der schleimige Business-Lappen im Vorgänger, aber so richtig interessant wird es nie.
Schon auf dem Weg zum Ausgang sind die Namen der Nebenfiguren vergessen, wahrscheinlich sogar die Hälfte dieses ganze Meisterwerks. Es gab ein paar nette Slow-Mos, ein paar Gags zünden und ich mag Tom Hardy. Und Venom hat ein cooles Design. Dem gegenüber steht eine Geschichte aus dem Paulanergarten mit öden Charakteren in einem Streifen, der optisch den Anspruch einer Betonwand hat. Und wie gesagt, die Perle von Kasady zersägt einem den Gehörgang – geht ins Ohr, bleibt im Kopf.
Das waren jetzt weniger als 97 Minuten, aber noch irgendwo Bilder aufzutreiben ist echt nicht mehr drin. Trailer könnte ihr ja bei Bedarf selber suchen. Also den Text hochladen, mag das Lektorat noch den ein oder anderen Tippfehler korrigieren und raus kann der Ratz.
Ich hoffe ihr hattet zumindest etwas Spaß beim Lesen und Uwe weist mich grade darauf hin, dass jeder selbst entscheiden kann, ob er seine Lebenszeit für so etwas vergeuden möchte. Erinnert mich daran, wenn ich bei Teil 3 aus welchem Grund auch immer wieder im Kino sitzen sollte.
Demnächst dann mal wieder was über bessere Filme. Und mit gewählterer Ausdrucksweise. So, reicht jetzt auch.
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Daniel Rublack
… schreibt vor allem über Filme. Arbeitet in der „Presse und Kommunikation“ und unterstützt daher mit entsprechendem Know-how.
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