Kino & Serie / Kultur und Medien

Criminal Squad – Review

Sehen wir aus, als würden wir dich verhaften? Wir erschießen dich einfach!
| Daniel Rublack |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Los Angeles. Stadt der Engel und Stadt der Banküberfälle. Früher Morgen. Der Geldtransporter fährt auf einen Parkplatz und einige Wachleute steigen aus. Wie aus dem Nichts tauchen die schwer bewaffneten Räuber auf. Bisher läuft der Coup reibungslos. Doch die Polizei ist schneller da als erwartet und einem der Gangster reißen die Nerven, er eröffnet das Feuer. Das Rattern der Gewehrsalven hallt durch den Raum, das Blut in den Adern rast und mir wird bewusst: Das wird richtig gutes Entertainment.

Ehrlich gesagt, meine Erwartungen an Criminal Squad waren eher mäßig. Ein aggressiver Gerard Butler als Bad-Cop, etliche Action und Gangster-Musik. Zudem 50 Cent, dessen Künstlername ungefähr die Wertigkeit seines Talents widerspiegelt. Ach ja, und natürlich das Gefühl, einen Abklatsch von Heat zu schauen. Der Streifen schlägt daher umso härter ein: Eine spannende, intensive und clevere Geschichte; Gerard Butler nur als 2. Hauptrolle neben dem genialen Pablo Schreiber; stark inszenierte und gut dosierte Action; ein extrem wuchtiger, sehr passender Soundtrack. Und trotz der Laufzeit von stolzen 124 Minuten keine Längen! *Hut zieh*

Auf die Story werde ich nicht näher eingehen. Bankräuber gegen Cops. Taktik gegen Taktik. Die Geschichte ist gut geschrieben, plausibel und nicht um die ein oder andere Wendung verlegen. Mancher Twist ist vielleicht erahnbar, andere wiederum kommen wie ein Hammerschlag. Langweilig wird´s auf jeden Fall nie. Dabei liegt der Hauptfokus des Films nicht, wie zunächst gedacht, auf den Ermittlern, sondern den Verbrechern. Beide Seiten werden beleuchtet und so entsteht ein Katz-und-Maus-Spiel, bei welchem die Rollen nie so ganz eindeutig verteilt sind. Eine lange Suche nach den Tätern müssen die Polizisten eh nicht betreiben, die Fronten sind schnell geklärt. So bleibt Zeit für bissige Dialoge, scharfe Machtdemonstrationen beider Seiten und jede Menge Spannung. Exemplarisch sei hier das Schießtraining erwähnt. Kaum Dialog, kein direkter Kontakt. Das Duell wird nur über das Tempo der Pistolensalven geführt. Badass!

Grundlage für diese Konflikte bietet der Cast. Ja, Gerard Butler ist wohl der bekannteste Schauspieler dieses Films. Seine Rolle des kompromisslosen, regelverletzenden Spezialcops von Major Crimes passt natürlich wie angegossen. Ein ruppiges Auftreten, derbe Sprüche und ein verbrauchtes Äußeres tun ihr Übriges. Over-Acting und Unglaubwürdigket würde der Vorwurf an viele andere Kollegen lauten, die solch eine Rolle übernehmen würden. Again: Es passt einfach perfekt zu Butler. Physisch fit und professionell im Umgang mit Waffen ist der Kerl sowieso.

Die größten Lorbeeren gebühren allerdings Pablo Schreiber. Merrimen ist der Anführer der Räuber, Ex-Militär und verdammt clever. Seine Besonnenheit, seine Professionalität und sein unbändiger Wille halten das Team zusammen und beeindrucken den Zuschauer. So erhält der Bösewicht genügend Hintergrund, um auf individuelle Art und Weise Sympathien zu gewinnen. Hey, so macht der Konflikt von Gut & Böse richtig Laune! Faszinierender Grau-Charakter und ein schwierig einzuschätzender Gegner. Die dritte Hauptfigur wird von O´Shea Jackson Jr. gespielt. Kein übertriebener Killer, eher ein schwächerer Mitläufer. War mir von Anfang an sympathisch und wird im Laufe des Films immer wichtiger. Schließlich verfolgt er ganz eigene Interessen, selbst wenn die Polizei ihn eigentlich simpel für ihre Zwecke missbrauchen will. 50 Cent, bürgerlich Curtis James Jackson III gerufen, gefiel mir ebenfalls überraschend gut. Aus dem Jungen wird in Zukunft weder ein Oscar-Kandidat noch ein ordentlicher Schauspieler. In einer aktiven Nebenrolle ohne viel Gequatsche, denn Dialoge sind seine Schwäche, macht der Mann seinen Job allerdings ziemlich akzeptabel.

Dumpfes Bassgrollen. Eine Gruppe Jäger, eine Gruppe Gejagter. Stau. Raus aus den Fahrzeugen, langsam nach vorne arbeiten. Immer schön den Feind im Auge behalten. Zivilisten flüchten panisch aus der Szene, aber noch ist kein Schuss gefallen. Die Kamera geht dynamisch mit, ist sehr nah an den Personen dran. Immer öfter wechselt die Perspektive zwischen beiden Gruppen hin und her. Blicke in Gewehrläufe. Das Bassgrollen verheißt Eskalation. Die erste Salve geht durch Mark und Bein. Jetzt eröffnet auch die andere Seite das Feuer.

Sahne auf der Torte von Story und Cast ist definitiv die Inszenierung! Der Film hat einen rauen, coolen Look. Wackelkamera? Fehlanzeige! Trotz ihrer Dynamik und der Integration des Zuschauers in die Situation, trotz vieler Perspektivwechsel und unzähliger Beteiligter behält sie die Übersicht. Dazu gibt es viele kreative und erfrische Bilder, nicht nur den standardisierten 0815-Unfug. Lange Fahrten, hautnahe Emotionen oder L. A. bei Nacht. Dass das Setting eigentlich auch jede andere Großstadt in den Staaten sein könnte, stört nicht. Das Flair zählt. Vorhandene Effekte sind handgemachter Natur. Hart, aber nicht zu hart. Wirst du im Kugelhagel erwischt, trittst du entweder sofort ab oder verblutest eine gefühlte Ewigkeit. Nicht schön, aber nah an der Realität.

Was gehört noch auf die Sahne? Richtig, die Kirsche. In diesem Fall die musikalische Untermalung. Der Soundtrack ist eine Mischung aus erwarteter Gangstermusik, welche jedoch weder dumm noch plump wirkt, und einfachen Bassklängen. Wie simples Grollen Szenen perfekt unterlegen kann, hat bereits das obige Beispiel gezeigt. Dabei wird die Musik nie aufdringlich oder gar aggressiv. Treibend, ja. Nervig, nein. Einziges Problem ist an manchen Stellen die Abmischung. Der Sound von Schüssen ist sehr laut. Ja, Heat war hier wohl Vorbild. In den ersten Minuten einer Schießerei ist diese Intensität und Nähe zur Realität auch noch schön, auf Dauer wird es allerdings etwas anstrengend. Es gibt tatsächlich auch ein „zu laut“. Subwoofer haben bei dem Streifen wirklich Schwerstarbeit zu verrichten!

Bleibt am Ende nur noch ein Punkt offen, die Heat-Frage. Zunächst: Der Originaltitel Den of Thieves (zu Deutsch etwa „Höhle der Diebe“) gefällt mir besser, einfach weil der Fokus nicht unbedingt auf dem Criminal Squad liegt. Folgend: Ich spare mir die Floskeln von wegen schlechter Vergleichbarkeit und Klassiker. Meine ehrliche Meinung: Heat ist gut, für mich aber nicht mehr. Mit Michael Mann habe ich nie den großen Vertrag geschlossen und insbesondere sein Klassiker von 1995 ist stellenweise trotz vieler Vorzüge zäh. Der 2018er ist einfach leichter verdaulich und reißt insgesamt mehr mit. Allerdings stammt diese ganz individuelle Einschätzung vom „Entertainment“-Spezialisten, die Gewichtung sollte deswegen klar sein.

In dieser Rolle spreche ich eine dicke Empfehlung aus. Criminal Squad ist: Spannend. Wendungsreich. Stark besetzt. Inszenatorischer Zucker. Massiv vom Ton. Einfach perfekte Unterhaltung.

8/10 Subwoofern ;)

 

Unterstützen

Wenn dir der Beitrag gefallen hat, würden wir uns über eine kleine Spende freuen.



Noch mehr Stories? Folge seitenwaelzer:

Daniel Rublack

Wollte abends mit einem Kollegen nur kurz über Filme reden und wurde am nächsten Morgen vom Wecker ans Aufhören erinnert. Besonders stolz auf seine eigene Filmsammlung und zudem passionierter Doppelkopf-Veteran.

Sandra Hein | seitenwaelzer.de

Tatsächlich gelesen: Paddington Bear (Michael Bond)

Bild zeigt Luca auf der BühneDavid Hinkel

„Wenn ich’s jetzt nicht probiere, dann nie“ – Stand-Up-Comedian Luca Jonjic im Interview

Inga Nelges | seitenwaelzer.de

Vom männlichen und weiblichen Blick – Ein Gang durch die „Nudes“-Ausstellung des LWL-Museums in Münster

Sandra Hein

Tatsächlich gelesen: The Wonderful Wizard of Oz (L. Frank Baum)

Tags:

1 Antworten zu “Criminal Squad – Review”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir benutzen Cookies, mit der Nutzung unserer Webseite erklärst du dich damit einverstanden. Hier gibt's weitere Infos.