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Erkenntnisse eines Münsteraner Studenten, den es nach Oldenburg zog

Eigentlich war es ganz simpel durchgeplant: Ich habe in Münster studiert, habe in Münster meinen Bachelor gemacht, also würde ich […]
| Lukas Klus |

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unbekannt

Eigentlich war es ganz simpel durchgeplant: Ich habe in Münster studiert, habe in Münster meinen Bachelor gemacht, also würde ich mein Studium auch in Münster weiterführen und dort den Master machen. Ganz einfach eigentlich. Aber es kam dann doch alles ganz anders als geplant.

Ein Praktikum zog mich spontan etwa zwei Stunden weiter weg in den Norden. Und irgendwie hat mir diese Stadt gut genug gefallen, um dort zu bleiben.

Wenn ich das anderen Leuten erzähle, zeigen diese sich oft verwundert. Normalerweise ist es doch schließlich umgekehrt: Viele Oldenburger scheinen geradezu nach Münster zu flüchten. Aber umso besser, dass ich die Perspektive der anderen Seite einnehmen kann. Und so bin ich seit einem halben Jahr in der schönen Stadt Oldenburg.

Oldenburg wird durch knapp 170 Kilometer von Münster getrennt und liegt im nördlichen Teil von Niedersachsen. Mit etwa 170.000 Einwohnern befindet es sich in einem ständigen Wettkampf mit dem etwa gleich großen Osnabrück, welche der beiden Städte die drittgrößte Stadt in Niedersachsen ist. Es verfügt, ebenso wie Münster, über eine Fachhochschule (Jade Hochschule) und eine Universität (Carl von Ossietzky Universität). Alles ist hier etwas kleiner, die Gesamtauswahl an Studiengängen ist nicht ganz so groß, dafür gibt es aber einiges, was sonst nur wenige Hochschulen bieten können, zum Beispiel Meerestechnik oder Nautik und Seeverkehr.

Meine erste Erkenntnis bei der Ankunft: Auf die Größe kommt es nicht an. So pauschal kann man es zwar nicht sagen, aber obwohl Münster etwa doppelt so viele Einwohner hat, fühlt es sich nicht unbedingt größer an. Beide wirken am Ende wie große Kleinstädte oder kleine Großstädte.

Wenn man so durch die Oldenburger Innenstadt schreitet, stellt man schnell fest, dass eine wirkliche Altstadt fehlt. Natürlich gibt es jene historisch geprägten Gebäude (z.B. das Schloss oder die Lambertikirche (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Gebäude in Münster)), die ein Stück weit als Wahrzeichen der Stadt herhalten müssen. Aber während diese in Münster praktisch den gesamten Stadtkern bilden, sind sie in Oldenburg nur hin und wieder über die Innenstadt verstreut.

Dennoch zieht Oldenburg einiges an Tagesbesuchern an, gerade aus der Umgebung. Zum einen haben das größere Städte irgendwie so an sich, zum anderen kann man auch einfach nicht abstreiten, dass Oldenburg eine sehr schöne Stadt ist. Alles ist hier, oder wirkt zumindest, etwas neuer als in Münster. Das nimmt der Stadt aber nichts an ihrer ganz eigenen Schönheit.

Wenn man aus Münster kommt, ist auch die Fußgängerzone im Stadtkern erst einmal eine Neuerung. Diese ist merkbar größer als die in Münster und generell sehr groß für eine relativ kleine Stadt. Vor allem besteht sie nicht nur aus einzelnen längeren Straßen, sondern ist zusammenhängend. Für jemanden wie mich reicht das schon, um mich zu verlaufen.

Wenn ich erwähne, dass ich erst kürzlich nach Oldenburg gezogen bin, kommt immer ein Hinweis: Ich solle mir ein Fahrrad besorgen, denn das sei in Oldenburg unverzichtbar. Aus Münster kommend kann ich darüber nur lachen, schließlich kenne ich das quasi gar nicht anders. Die Infrastruktur für Fahrräder mag in Oldenburg gut ausgebaut sein, wenn man vorher nur durch Münster gefahren ist, lehrt sie einen doch erst einmal etwas Verzicht. Gerade, wenn man sich vom Stadtkern entfernt.

Wenn es dann Abend wird, erwachen auch in Oldenburg die Kneipen zum Leben. Alles ist hier ein bisschen weniger studentisch. Zwar sind Studierende durchaus präsent, man hat hier jedoch nie das Gefühl, dass sie hier die dominante Kraft sind. Vielleicht ist auch das der Grund, warum die Läden hier früher schließen. Wenn überall um 2 Uhr nachts die letzte Runde ist, ist das erst einmal ungewohnt. Vor allem, weil ich in der Innenstadt auch nirgendwo einen schönen kleinen Kiosk auffinden konnte, der einen noch bis zum Morgengrauen mit Gerstensaft versorgt.

Das Unileben selbst bringt ebenso einiges Ungewohntes mit sich. Eine große Neuerung ist allein die Präsenz eines Campus. Die Institute sind nicht über die ganze Stadt verteilt, was den klaren Vorteil mit sich bringt, dass man zwischen zwei Seminaren nicht noch einmal quer durch die Stadt fahren muss. Aber irgendwie hatte auch gerade diese kleine Abenteuerfahrt durch Münster immer ihren gewissen Reiz. Jetzt bleibt man doch immer am selben Ort, einem Campus, ein wenig entfernter vom Stadtkern. Man kann hier vielleicht auch alles an einem Ort halten, weil die Uni hier einfach generell etwas kleiner ist. Nun ja, ganz so ist es doch nicht. Die Naturwissenschaftler haben ihren eigenen Campus, vom anderen Campus ist dieser jedoch auch nicht allzu weit entfernt.

Und obwohl die Uni etwas kleiner ist, ist sie im digitalen Bereich doch ziemlich fortschrittlich. Mir ist die digitale Verwaltung der Uni in Münster eigentlich nie veraltet vorgekommen, aber das hat sich schnell geändert, als ich mich erstmals in das Uni-Portal in Oldenburg eingeloggt habe. Man hat hier alles auf einem Blick und muss sich nirgendwo mehrmals ein- und ausloggen. Und überhaupt wirkt das Konzept hinter dem Oldenburger Uni-Portal irgendwie wesentlich durchdachter.

Diese Unterschiede merke ich schon, obwohl die Uni selbst für mich noch nicht einmal angefangen hat. In so fern kann sich da bald noch einiges mehr ergeben, das sich an Unterschieden zeigen kann.

Zum Schluss gibt es noch einen kleinen Hinweis für alle, die eine Reise nach Oldenburg planen. Die Oldenburger sind sehr herzliche und freundliche Menschen. Wer hier jedoch den Grünkohl kritisiert, wird auf enormes Unverständnis stoßen.

unbekannt Die Fußgängerzone
unbekannt Das Oldenburgische Staatstheater
unbekannt Der Schlossgarten
unbekannt Der Schlossplatz in der Abenddämmerung
unbekannt Kennt man auch aus Münster: Regen

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Lukas Klus

Hat Philosophie und Kultur- und Sozialanthropologie in Münster studiert und ist inzwischen in Oldenburg gelandet. Eine Vorliebe fürs Philosophieren ist ebenso vorhanden wie ein breites Interesse an kulturellen und politischen Themen.

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