Theaterkritik: Wie es euch gefällt
Von der Langeweile ins Chaos
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Neben wunderbaren Dramen wie „Othello“ oder „Romeo & Julia“ und historischen Theaterstücken wie „Richard III“ war William Shakespeare auch der Autor von zahlreichen Komödien. Eine davon, das Stück „Wie es euch gefällt“, wird zurzeit im Theater Münster aufgeführt.
Es gibt für ein junges Mädchen wahrscheinlich nicht viele Dinge, die langweiliger sind, als ein Leben am Herzogshof. Dies dürfte besonders dann zutreffen, wenn es sich um den Hof des eigenen Vaters handelt, dieser jedoch von seinem Bruder entmachtet wurde und man nun selber mehr oder weniger als „Persona non Grata“ gilt. Dies muss auch die junge Rosalind in William Shakespeares Stück „Wie es euch gefällt“ schmerzhaft erfahren. Nachdem ihr Vater mit einigen treuen Gefolgsleuten in den Wald von Arden geflohen ist, bleibt sie allein am Hof zurück. Ihre einzigen Freunde sind ihre Cousine Celia und der pessimistische Hofnarr Probstein. Die Reaktion des jungen Mädchens dürfte für die meisten Zuschauer des Theaters in Münster wohl wenig erstaunlich sein: Rosalind ist trotzig, aufmüpfig und die meiste Zeit über schlecht gelaunt. Kein Wunder: was für die meisten pubertierenden Jugendlichen ein normales Gefühlschaos darstellen dürfte, wird bei ihr noch verstärkt durch die Verbannung des eigenen Vaters durch den Onkel.
Das wirklich erstaunliche an der Inszenierung sind jedoch die schauspielerischen Leistungen der beiden Hauptdarstellerinnen. Sandra Benzlo (Rosalind) und Ulrike Knobloch (Celia) haben das eingeschnappte Davonrauschen zweier junger Mädchen mitten in der Pubertät zur Perfektion vollendet. Wenn die beiden Darstellerinnen auf dem Absatz kehrt machen und die Bühne verlassen, reicht das schon aus, um dem Publikum ein amüsiertes Lachen zu entlocken. Zu sehr ähneln die Beiden in diesem Moment jungen Mädchen mitten in der Pubertät, die jeder wohl schon einmal kennenlernen durfte.
Was aber tut man, wenn man jung ist und der Hof nichts als Langeweile zu bieten hat? Richtig: Man verliebt sich. Dies fällt Rosalind sehr leicht. Gerade, als ihre Stimmung mitten auf der Bühne den Tiefpunkt erreicht, bekommt sie die Möglichkeit, einem Ringkampf beizuwohnen. Die Kontrahenten sind der junge Orlando, der sich nicht länger von seinem Bruder maßregeln lassen will und dessen Ringkämpfer. Der Kampf, wenn auch für den Zuschauer sehr unterhaltsam inszeniert, ist für Orlando nicht gerade angenehm. Sein Gegenspieler ist ihm an Kraft und Erfahrung weit überlegen und mehr durch einen Zufall gelingt es Orlando, seinen Gegner schließlich zu Boden zu schlagen. Rosalind jedoch ist dieser Glücksfall egal. Hals über Kopf verliebt sie sich in den jungen Kämpfer. Dieser ist dem jungen Mädchen ebenfalls nicht abgeneigt, was er auch in provokativ schnulzigen Versen zum Ausdruck bringt. Die beiden werden jedoch getrennt: Rosalind wird von ihrem Onkel vom Herzoghof verbannt und schlägt sich verkleidet als Mann zusammen mit Celia und Probstein bis zum Wald von Arden durch.
Mit der Verbannung Rosalindes endet der 1. Akt und erst zu diesem Moment der Vorführung hebt sich im Theater Münster der Vorhang. Das Bühnenbild ist auf den ersten Blick in shakespearescher Tradition sehr einfach gehalten: Ein riesiger Apfel steht im Zentrum der Bühne, welche ansonsten leer ist. Die Symbolik ist relativ eindeutig: Nach dem von Zwängen erfüllten Leben am Hofe erwartet Rosalind und Ihre Gefährten nun das freie Leben im Wald, verbunden mit all seinen Versuchungen. Auch beim Thema Requisiten hält es Regisseur Christian von Treskow mit Shakespeare, indem er seinen Schauspielern kaum welche zur Verfügung stellt. Stattdessen werden Tätigkeiten wie das Auswerfen einer Angel oder das Schwimmen in einem Fluss allein durch die Gestik der Darsteller zum Ausdruck gebracht.
Bevor Rosalind jedoch im Wald dem verbannten Vater wieder begegnet, trifft sie auf allerhand andere tragisch-komische Gestalten, deren Auftritte oft von Musikeinlagen untermalt werden. Und auch Orlando verschlägt es in den Wald von Arden, nachdem er vor dem Herzog geflohen ist. Ob er und Rosalind sich wiedersehen und welche Paare im Wald von Arden noch zusammenfinden, das alles kann man noch bis zum 14.5. im Theater Münster erfahren.
Weitere Informationen gibt es hier.
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