Gesellschaft und Lifestyle / Meinung

Gott und die Welt und das Dekolleté

Was haben Glaube und Respekt mit Kleidung zu tun? In der Kolumne "Gott und die Welt" geht es um Glaube in der modernen Welt.
| December |

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Robin Thier

Letztens habe ich ein interessantes Gespräch belauscht. Ich weiß, man sollte nicht lauschen, aber ich konnte quasi gar nicht weghören, denn es ging um die Kirche. Gut, zuerst unterhielt sich die Gruppe hinter mir über warme Urlaubsziele und dann über Kirchen. Denn in warmen Urlaubsländern muss man wohl für das gute Gewissen zumindest an einem Tag irgendetwas „kulturell wertvolles“ gemacht haben. Da bietet sich natürlich die Besichtigung einer alten Kirche an, denn dort ist es kühl und schattig und man ist auch schnell wieder damit fertig und hat sein schlechtes Gewissen befriedigt. Das damit einhergehende Problem wurde danach ausschweifend erörtert: Man ist natürlich im Sommer, wenn es draußen warm ist, knapp angezogen und zeigt mehr Haut, als im Winter. Und mit entblößten Beinen kann man schließlich unmöglich in die Kirche gehen.

„Ich kann doch nicht in die Kirche gehen wie eine Nutte!“

Bäm. Dieser Satz hat sich angefühlt, wie ein sauberer Schlag in den Magen. Denn die oben beschriebene Gruppe bestand ausschließlich aus Frauen und das stößt mir sowieso sauer auf, dass Frauen sich auch noch gegenseitig als Nutten bezeichnen, nur weil die eine vielleicht etwas mehr Haut zeigt, als die andere. Jeder sollte sich so anziehen, wie es ihm gefällt und gerade Frauen sollten sich gegenseitig unterstützen – anstatt frauenfeindliche Männer mit solchen Aussagen auch noch zu unterstützen.

„Das hat was mit Respekt zu tun.“

Respekt vor wem denn zum grüngetupften Meerschweinchen? Vor Gott? Wohl kaum, denn was sollte ihm an einem weiblichen Körper missfallen, wenn er uns Frauen so gemacht hat, wie er sich das vorgestellt hat. Außerdem weiß ich zufällig, dass von den christlichen Frauen dieser Runde keine einzige aktiv glaubt. Warum fängt der Glaube dann ausgerechnet beim Sommerkleid an?

Beide Sätze beinhalten ein sehr konservatives Frauenbild, in dem Frauen sich bedecken müssen, weil sie sonst die armen Männer mit ihren Brüsten und halbnackten Beinen und der Haut an ihren Schultern und Ellenbogen vollkommen verrückt machen. Und ich frage mich, woher dieses Frauenbild noch immer kommt – wir haben schließlich das Jahr 2019!

Ich fürchte, viele nichtchristliche Menschen halten das Christentum für eine frauenfeindliche Religion und das finde ich sehr schade! Denn für die evangelische Kirche in Deutschland kann ich sagen, das Frauen hier genauso viel Wert haben, wie Männer. Frauen dürfen Pfarrerin sein, bis hinauf zu den höchsten Kirchenämtern. Frauen sind selbstverständlich vollkommen gleichberechtigt neben den Männern.

Im Ergebnis kann ich eigentlich nur folgenden Appell dalassen: Wer sich an nackter Frauenhaut stört, der sollte dringend seine Meinung zu Frauen überdenken! Denn Frauen können Gott im Rollkragenpullover und im Bikini respektieren. Und wer sich an nackter Frauenhaut stört, weil Männer das angucken könnten und dann aber in der Kirche an Sex denken, hat eigentlich kein Problem mit Frauen oder Gott, sondern mit Männern. Bitte zieht euch an, wie ihr euch wohlfühlt, denn Gott hat in meinem Verständnis den Menschen so gemacht, wie er ist. Und so darf sich jeder Mensch auch zeigen!

Dürfen Christen Sex vor der Ehe haben? Lies Decembers Kolumne „Gott und die Welt“

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