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Wie werde ich eigentlich Meeresbiolog:in?
Was beinhaltet das Berufsfeld der Meeresbiologie, was muss ich dafür studieren und wie sehen die Berufschancen aus?
Geschätzte Lesezeit: 14 Minuten
Wenn schon Lohnarbeit, dann wenigstens etwas, was Spaß macht, oder? Jeden Tag Sonne und Meer, barfuß am Strand, tauchen, schnorcheln, spannende Lebewesen unter Wasser entdecken. So oder so ähnlich stellen sich die meisten Menschen das Leben als Meeresbiolog:in vor. Was es wirklich damit auf sich hat und was sich alles hinter dem Begriff der Meeresbiologie versteckt, das erfahrt ihr hier. Wer lieber durchs Hören lernt, kann sich dazu auch unsere Podcast-Folge anhören: Die drei Meerjungfrauen Adventskalender 2020 Tür 24.
Die Motivation dahinter, Meeresbiolog:in zu werden
Jeder Weg in die Meeresbiologie ist unterschiedlich. Einige kommen über spannende Vorlesungen, die sie im Bachelorstudium besucht haben, zu einem meeresbiologischen Aufbaustudium. Andere wiederum erst später durch eine Spezialisierung außerhalb des Studiums. Einige kommen über eine interessante Arbeitsstelle dort an. Viele finden den Weg auch schon vor dem Studium, durch Hobbys, die mit dem Meer zu tun haben oder dadurch, dass sie sich im Meeresschutz engagieren wollen. Einige anstrebende Meeresbiolog:innen haben einen inneren Drang, sich Fragestellungen zum Klimawandel, und wie dieser unsere Meere beeinflusst, zu widmen. Ich kenne einige Menschen, die während des Studiums angefangen haben zu tauchen und dann durch diese Leidenschaft in der Meeresforschung gelandet sind. Wiederum andere erfreuen sich insbesondere der Datenanalyse oder Statistik und wenden diese dann an meeresspezifischen Fragestellungen an. Ein anderer Weg kann auch sein, sich in einem physikalischen, chemischen oder biologischen Bereich an Land zu spezialisieren und die dadurch gewonnen Kenntnisse später dann an Fragestellungen im Ozean anzuwenden. Für mich persönlich war es der Wunsch, etwas zu bewirken; einen kleinen Beitrag zu leisten, um die Auswirkungen des Klimawandels aufzudecken. Später im Studium habe ich dann gemerkt, dass ich Spaß am Schreiben habe sowie daran, vom Praktischen (Feldarbeit und Experimente) ins Theoretische (Datenanalyse, Ergebnisse zusammenfassen) überzugehen. Ich habe gemerkt, dass mir wissenschaftliches Arbeiten liegt und ich Erkenntnisse, die ich sammle, gern nach außen hin kommuniziere.
Egal welcher Weg, egal aus welchem Fachbereich Menschen ihren Weg in der Meeresforschung beginnen, die meisten eint die Faszination für unsere Ozeane. Farbenfrohe Korallenriffe, schillernd bunte Fische, Camouflage beherrschende Tintenfische, Würmer, die an Tiefseeschloten leben und Chemosynthese betreiben, Tiefseeanglerfische, die sich parasitär an ein Weibchen heften und mit diesem verschmelzen, Krebstiere, die Anemonen als Pom Poms verwenden, um Feinde abzuwehren – ich habe nie verstanden, wie man nicht fasziniert sein kann von unseren Meeren. Insbesondere in Sachen unerforschter Phänomene und Organismen. Es gibt noch so viele unentdeckte Arten, so viele Prozesse, die unter Wasser stattfinden, die wir nicht verstehen, von denen wir noch gar nichts wissen. Was man sich jedoch bewusst machen muss, ist, dass der Wissenschaftsapparat ein hochkomplexes System ist. Wissenschaftliche Forschung ist viel mehr als allein im eigenen dunklen Kämmerlein zu forschen. Um in der Wissenschaft erfolgreich zu sein – wie du Erfolg definierst, ist dir selbstverständlich freigestellt – bedarf es Ausdauer, Kreativität, aber auch einer Prise Kommunikationsfähigkeit. Denn in der akademischen Karriere arbeitet man oftmals an größeren Projekten mit anderen Wissenschaftler:innen zusammen, bei denen es heißt, sich gut mit allen verständigen zu können und auch Probleme gut zu navigieren. Nicht selten muss man sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten hangeln. Und die Kreativität darf auch nicht fehlen, denn zu einem eigenständigen Arbeiten gehört auch, neue Ideen für Projekte zu entwickeln. Als Meeresbiolog:in ist man nicht zwangsläufig an die akademische Laufbahn gebunden und es gibt viele Möglichkeiten, sich außerhalb der universitären Forschung und Lehre zu entfalten. Die Fachbereiche in den Meereswissenschaften sind so vielfältig, wie sie es auch an Land sind. Beispielsweise beschäftigen sich Ozeanograph:innen mit den physikalischen und chemischen Erscheinungen im Meer. Meeresbiolog:innen hingegen schauen sich das Leben im Meer an, also vorrangig alle biologischen Prozessen und Phänomene unter Wasser. In einem meeresbiologischen Studium gibt es verschiedene Schwerpunkte, aber häufig stehen folgende Inhalte auf dem Stundenplan: Allgemeine Biologie, Mikrobiologie, Ökologie, Biochemie, (Biologische) Ozeanographie, Einführungen in Physik und Chemie, Mathematik, Statistik sowie Datenanalyse. Des Weiteren kann man sich darauf einstellen, eine abwechslungsreiche Mischung aus Labor- und Feldarbeit, Experimenten sowie wissenschaftlichem Schreiben und dem Verfassen von Artikeln für Fachzeitschriften zu erleben. Im Folgenden möchte ich auf den Unterschied zwischen einer akademischen Laufbahn (also der Weg hin zum Doktortitel und später dann möglicherweise auch zu einer Professur) und einer nicht-akademischen Karriere eingehen. Denn die Qualifikationen, die Tätigkeiten und teilweise auch die Karrierechancen sind da sehr verschieden. Um es zu vereinfachen: Beim akademischen Weg ist die Promotion notwendig als Einstieg in die Laufbahn. Wählt man Berufe außerhalb des akademischen Weges, so ist der Berufseinstieg meist schon mit einem Bachelor, aber spätestens mit einem Master sowie bei einigen Berufen mit einer Ausbildung möglich. Mehr dazu im Folgenden.
Die akademische Ausbildung
Der akademische Weg, der Weg in die wissenschaftliche Forschung, ist meist ein langer. Vom Studium über die Promotion über befristete Arbeitsverträge bis hin zur Professur – so ist die akademische Laufbahn „gedacht“. Wobei die Professur nicht immer das endgame sein muss. Kurz zusammengefasst lässt sich sagen, dass sich die akademische Laufbahn je nach Land und dem jeweiligen universitären System sehr unterscheidet und es sich lohnt, sich frühzeitig darüber zu informieren, wenn man beispielsweise mit dem Gedanken spielt im Ausland zu studieren oder zu promovieren. In Deutschland ist es, bis auf einige wenige Ausnahmen, nicht möglich, Meeresbiologie im Bachelor zu studieren. Und auch die Ausnahmen sind zwar meereswissenschaftliche Studiengänge, aber keine „reine“ Meeresbiologie: An der Universität Duisburg-Essen gibt es den Bachelorstudiengang „Aquatische Biologie“, an der Uni Hamburg ist es möglich, einen Bachelor of Science „Marine Ökosystem- und Fischereiwissenschaften“ zu studieren. Im europäischen Ausland sieht es ähnlich aus: Auch hier lassen sich wenig meeresbiologische Bachelorstudiengänge finden (einige Ausnahmen: „Marine Biology“ an der Universität Barcelona, „Coastal and Marine Management“ an der VHL University of Applied Sciences in Leeuwarden in den Niederlanden oder „Marine Sciences“ an der Universität in Vigo, Spanien). So muss also der „Umweg“ über ein allgemeines Biologiestudium oder eine andere, benachbarte Wissenschaft gegangen werden. Das könnte zum Beispiel Umweltwissenschaften oder Geoökologie sein. Auch ein Einstieg über einen anderen Fachbereich ist möglich, wie Physik oder Chemie. Selbstverständlich kann man auch im Geographie- oder Geologiestudium das Interesse an Meeresforschung finden und sich dort spezialisieren. Es kann von Vorteil sein, die Bachelorarbeit in einem marinen Themenbereich zu schreiben, um bessere Chancen auf einen Studienplatz für einen meeresbiologischen Master zu haben. Wenn eine meeresspezifische Weiterbildung im Bachelor noch nicht möglich ist, dann ist es das spätestens im Master. In Deutschland gibt es beispielsweise die bekannteren Studiengänge „Meeresbiologie“ in Rostock oder Bremen oder „Biologische Ozeanographie“ in Kiel. Auch in Oldenburg ist es möglich, in die Meeresforschung einzusteigen, mit dem Master „Marine Umweltwissenschaften“.
Ein naturwissenschaftliches Studium hat es meist in sich. Oft erhalten wir in unserem Podcast Fragen dazu, wie hoch der Mathematikanteil im Biologiestudium ist und ob man Meeresbiologie:in werden kann, wenn man kein Ass in Mathe ist. Dazu ist meine ehrliche Antwort: Mathe ist leider bis zu einem bestimmten Grad notwendig. Biologische Prozesse zu verstehen und einzuordnen bedarf bestimmter statistischer Mittel, um herauszufinden, wie signifikant die Ergebnisse einer Studie sind. Dafür sind Grundkenntnisse in Statistik und Datenanalyse vonnöten. Aber diese lernt man im Studium und es gibt viele Hilfestellungen – Tutorien, geleitete Übungen, etc. -, sodass man auch mit wenig Vorkenntnissen und ohne Affinität für Mathematik durch ein Biologie- oder Umweltwissenschaftsstudium durchkommt. Weiterhin kann man sich darauf einstellen, dass auch in einem Biologiestudium Module vorkommen, die eine Einführung in chemische und physikalische Prozesse geben. Im Bachelor Umweltwissenschaften oder Geoökologie stehen insbesondere im ersten Jahr auch Vorlesungen im Bereich der Geowissenschaften auf dem Plan. Einen weiteren Anteil am Studium machen praktische Übungen aus, sei es Laborarbeit – ob Chemie, Physik oder Biologie -, Feldexkursionen oder sogar Ausfahrten mit Forschungsschiffen. Letzteres passiert meist erst im Master, wo der Fokus ja bereits auf Meeresbiologie liegt, aber auch Bachelorstudiengänge an Universitäten mit meereswissenschaftlichem Bezug bieten manchmal Forschungsausfahrten an. Zu guter Letzt ist erwähnenswert, dass der direkte Bezug zur Forschung auch oft bereits im Studium gegeben ist und auch danach ein Studienplatz ausgesucht werden kann. Wer beispielsweise vor dem Bachelor- und/oder Masterstudium bereits weiß, dass er:sie eine Affinität für Polarforschung hat, ist am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven gut aufgehoben. Durch die geographische Nähe bieten sich dann beispielsweise Studiengänge in Oldenburg oder Bremen an. Wer andererseits eher im Bereich der Tropen forschen möchte, kann ebenfalls mit der Nähe zum Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen punkten.
Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Studium folgt dann die Promotion. In Deutschland sowie in den meisten europäischen Ländern ist die Voraussetzung für eine Promotion ein erfolgreicher Masterabschluss, ein Staatsexamen oder Diplom. Das heißt, hier ist es nicht möglich, lediglich mit einem Bachelorabschluss in die Promotion zu starten, wie es in anderen Ländern der Fall ist. Es gibt aber eine Möglichkeit, das eigene Studium zu beschleunigen, der sogenannte fast track. Hierbei werden beispielsweise Kurse beschleunigt oder parallel absolviert oder das Pensum des Studiums erhöht sich, wodurch der Abschluss schneller absolviert werden kann. Der fast track ist jedoch eher der Ausnahmefall und die entsprechenden Regelungen variieren von Universität zu Universität. Die Voraussetzung sind in jedem Fall herausragende Noten. Der Doktor gilt als „wissenschaftliche Befähigung“, ist somit in einigen Fachbereichen die Voraussetzung für einen Berufseinstieg. Im Deutschen wird als akademischer Grad in naturwissenschaftlichen Fächern der Dr. rer. nat. verliehen. Er bezeugt, dass eine umfassende Forschungsarbeit sowie eine erfolgreich abgeschlossene Verteidigung der Arbeit erfolgt sind. Es ist ein anspruchsvoller Grad, der zeigen soll, dass der:die Promovend:in ein hohes Maß an Kompetenz im jeweiligen Fachgebiet aufweist. In anderen universitären Systemen außerhalb Deutschlands wird meist der Ph.D. als Doktorgrad verliehen. Der philosophiae doctor hat seinen Ursprung im 19. Jahrhundert, im damaligen Preußen. Im Zuge der Staatsreformen ab 1807 wurde ebenfalls das Bildungswesen neu gestaltet. Damals galt der wissenschaftliche Grad des Doktors der Philosophie für alle Wissenschaften, frei dem Motto: „Die Philosophie ist die Mutter aller Wissenschaften.“ Erst später, als die philosophische Fakultät geteilt wurde, begann man im deutschsprachigen Raum die Titel des Dr. rer. nat. und Dr. phil. zu verleihen und später noch viele mehr. Außerhalb des deutschsprachigen Raumes behielt man jedoch größtenteils den Ph.D. für alle Disziplinen bei.
Endlich promoviert – und jetzt?
Nach erfolgreich abgeschlossener Promotion beginnt nun der Prozess der akademischen Laufbahn mit dem Endziel der Professur. Deutschland ist dafür bekannt, einen der langwierigeren Professurprozesse aufzuweisen. Das „Besondere“ am deutschen System ist, dass eine volle Professor:innen-Stelle mit einer Verbeamtung einhergeht. Nach der Promotion werden in der Regel Postdoc-Stellen (engl. postdoctoral researcher) oder eine Anstellung als wissenschaftliche:r Mitarbeiter:in angestrebt. Diese Verträge sind befristet, meist auf einige Jahre. Als Postdoktorand:in hat man dann die Möglichkeit, eigene Forschungsprojekte durchzuführen, in Fachzeitschriften zu publizieren und Lehrerfahrung zu sammeln. Um eine Professur zu erreichen, ist es schließlich wichtig, eine starke wissenschaftliche Reputation aufzubauen, die einhergeht mit Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften sowie dem erfolgreichen Einholen von Drittmitteln für eigene Forschungsprojekte. Wichtig sind auch der Aufbau von Beziehungen zu anderen Fachexpert:innen und Kollaborationen mit (internationalen) wissenschaftlichen Instituten. Im deutschen universitären System ist der klassische Weg zur Professur die Habilitation. Dank (und der Dank ist hier ironisch gemeint) des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) dürfen promovierte Wissenschaftler:innen sechs Jahre im wissenschaftlichen Bereich angestellt sein. Die sogenannte Zwölf-Jahre-Regel resultiert daraus, dass Wissenschaftler:innen ohne abgeschlossene Promotion sechs Jahre lang wissenschaftliche Tätigkeiten ausüben dürfen, bevor sie die Promotion abschließen. Braucht man weniger Zeit für die Promotion, werden die Jahre auf die sechs Jahre nach dem Erhalt der Doktorarbeit (also auf die Postdoktorand:innen-Phase) angerechnet. Die Phase nach der Promotion können also in befristeten Arbeitsverträgen zur Verfassung der Habilitationsschrift genutzt werden. Eine Novellierung des WissZeitVG, die noch Ende 2023 oder Anfang 2024 beschlossen werden soll, möchte die Postdoktorand:innen-Phase jedoch auf drei statt sechs Jahre verkürzen, um mehr „Planbarkeit von Karrierewegen in der Post-Doc-Phase [zu] erhöhen“ und „Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft [zu] verbessern“. Ohne zugehörige Aufstockung von Professuren oder unbefristeten wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen-Stellen stellt sich jedoch die Frage, ob es möglich ist, innerhalb on drei Jahren die nötige Expertise und Reputation für eine Professur zu erwerben. Zum WissZeitVG gibt es eine hörenswerte Folge vom seitenwaelzer Podcast „Das akademische Viertel“. Alternativ gibt es seit 2002 die Möglichkeit, eine Juniorprofessur zu absolvieren. Juniorprofessor:innen können bis zu sechs Jahre selbständig forschen, sind prüfungsberechtigt und können ihre eigene Junior-Research Group leiten. Der erfolgreiche Abschluss einer Juniorprofessur ermöglicht somit zur Ernennung einer Vollprofessur ohne Habilitationsschrift. Wie oben erwähnt, muss man selbstverständlich nicht nach einer Professur streben. Es gibt auch andere – teilweise sogar unbefristete – Arbeitsstellen innerhalb der wissenschaftlichen Forschung.
Die nicht-akademische Laufbahn
Selbstverständlich ist der akademische Weg nicht der einzig Wahre. Meeresbiologische Berufsbilder sind vielfältig, ob innerhalb wissenschaftlicher Institute und Hochschulen oder außerhalb. Zum Beispiel heißt an Instituten oder Hochschulen als Meeresbiolog:in zu arbeiten nicht unbedingt, dass man im akademischen Hamsterrad gefangen sein muss. Beispielsweise sind innerhalb einer Arbeitsgruppe – eine Gruppe innerhalb eines Instituts oder an einer Universität, die an ähnlichen Fragestellungen arbeiten; meist mit einem:r Professor:in als Leiter:in – auch Technische Assistent:innen angestellt oder Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen (engl. Research Assistant oder Research Scientist). Diese Stellen sind oftmals an die Arbeitsgruppen oder an spezifische Projekte gebunden, sodass man die Möglichkeit hat, im Labor oder im Feld handfeste Arbeit zu erledigen. In Deutschland ist der Job der Technischen Assistenz ein Ausbildungsberuf. Um in einer meeresbiologischen Arbeitsstelle zu landen, bietet sich hier also die Ausbildung zur Biologisch-Technischen Assistenz oder zur Biologisch-Chemisch-Technischen Assistenz an. In anderen Ländern sind Technische Assistenz-Stellen überwiegend mit Absolvent:innen besetzt, das heißt man benötigt mindestens einen Bachelor oder äquivalenten Abschluss, um an einem Forschungsinstitut oder einer Universität tätig zu sein.
Zu guter Letzt kommen wir zu denjenigen Jobs, die man sich so vorstellt, wenn man an Meeresbiologie und Meeresschutz denkt – Kategorie „David Attenborough-Doku“. Auch hier ist alles möglich, je nach abgeschlossenem Studium, Ausbildung oder zusätzlicher Qualifikation. Beispielsweise gibt es im Bereich Meeresschutz viele Stellen, die einen wissenschaftlichen oder zumindest biologisch praxisbezogenen Hintergrund benötigen. Als Mensch mit Taucherfahrungen ist es beispielsweise möglich, an Schutz- und Restaurationsprogrammen in Korallenriffen oder Seegraswiesen tätig zu werden. Wobei auch das selbstverständlich ohne Tauchscheine möglich ist, denn nicht nur im Feld muss angepackt werden. Wichtig ist hier nämlich zu verstehen: Meeresschutz hat unendlich viele Facetten. Wenn man mit anpacken möchte, im Feld tätig und unterwegs sein mag, dann ist es sicherlich von Vorteil, sich nach Jobs mit praktischer Umsetzung umzuschauen. Für weniger abenteuerlustige Menschen wäre vielleicht ein Job in einem Planungsunternehmen, welches sich mit Meeresschutzgebieten beschäftigt, interessant. Viele NGOs bieten solche Stellen an, aber oft auch solche, die aktiv für die Umsetzung verschiedenster Projekte zuständig sind. Auch Regierungsorganisationen bieten die Möglichkeit, aktiv an der Umsetzung von Meeresschutzprogrammen tätig zu sein, in den USA bieten sich da beispielsweise Behörden wie die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) oder die Environmental Protection Agency (EPA) an. In Deutschland käme da beispielsweise das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) infrage, das Umweltbundesamt oder eine Naturschutzbehörde auf Landes- oder Kommunalebene. Auch private Unternehmen, die sich auf Aquakultur, Meeresschutz oder marine Biotechnologie spezialisiert haben, sind mögliche Arbeitgebende. Weiterhin kann man als meeresbiologische:r Berater:in tätig werden, um für Behörden oder Unternehmen Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen oder zu der Bewirtschaftung von Meeresressourcen zu beraten. Alternativ kommen auch Berufe im Bereich Umweltrecht und -politik infrage, sofern man die nötigen Qualifikationen dafür mitbringt. Interessant könnten auch Stellen im Bildungswesen und der Öffentlichkeitsarbeit sein, beispielsweise für Aquarien, Museen oder Meereszentren, um somit die Öffentlichkeit über den Ozean und dessen Bewohner aufzuklären. Des Weiteren kann auch eine Karriere im Wissenschaftsjournalismus angestrebt werden. Hier ist es wichtig, den Unterschied zwischen Wissenschaftskommunikation und -journalismus zu erwähnen: Wissenschaftskommunikation ist das, was Wissenschaftler:innen selbst von ihrer Forschung nach außen hin tragen oder was wissenschaftliche Institute und Universitäten als Öffentlichkeitsarbeit machen. Im Vergleich dazu ist der Wissenschaftsjournalismus ein Zweig von journalistischer Arbeit, also die Anfertigung von Berichten, Artikeln und Reportagen für Zeitungen, Online-Magazine, Fernsehen oder Radio. Hierfür sind zusätzliche journalistische Fähigkeiten notwendig. Und letztlich, wie ein Robert Marc Lehmann es vormacht, ist es auch möglich – schwierig, aber möglich – seiner Leidenschaft Ozean durchs Tauchen, Filmen und Fotografieren Ausdruck zu verleihen.
Last but not least – Was ist der richtige Weg für mich?
Erst kürzlich führte ich ein Gespräch mit einer befreundeten Meeresbiologin, in dem es darum ging, dass der Wissenschaftsapparat der Forschung den Spaß und die Faszination raubt. Durch das Monetarisieren von wissenschaftlicher Arbeit wurden Universitäten zu wirtschaftlichen Apparaten und die wissenschaftliche Forschung zu einem Wettkampf um Fördermittel und Anerkennung. Wer den Weg in die wissenschaftliche Forschung antreten möchte, sollte sich dessen also bewusst sein. Und ein weiterer Punkt, der mir zuletzt noch wichtig ist zu erwähnen: Wie in jedem anderen Sektor auch ist der Wissenschaftsapparat auf Hierarchien aufgebaut. Je weiter unten in der Nahrungskette, desto größer die Ausbeutung.
Die Fragen, die ich mir also unbedingt stellen sollte, wenn ich Meeresbiolog:in werden möchte, sind: Was sind meine Stärken, wo will ich hin und wo sehe ich mich? Die wichtigste Erkenntnis, die meist erst im Studium und durch praktische Erfahrung kommt, ist, ob der akademische Weg der richtige ist für mich. Ich muss mich fragen, ob die anstrengende Laufbahn – mindestens fünf Jahre Studium, drei Jahre Doktorarbeit und bis zu sechs Jahre befristete Arbeitsverträge als Postdoktorand:in – es wert ist, zu meinem Ziel zu kommen, in der meeresbiologischen Forschung tätig zu sein. Für all diejenigen, die nie auslernen, Spaß daran haben, sich wissenschaftlichen Fragen zu stellen und denen die Abwechslung gefällt zwischen praktischer Arbeit (Feldarbeit, Experimente, Laborarbeit), Datenanalyse (sehr viel Zeit am Laptop) sowie dem Zusammentragen der wissenschaftlichen Erkenntnisse, für diejenigen könnte die akademische Laufbahn die richtige sein. Wenn ich jedoch keinen Spaß an oben Genanntem habe und/oder mich die systemischen Umstände stören, muss ich mich fragen, ob der Weg nicht zu mühsam ist, um ihn einzuschlagen. Denn wie oben bereits erwähnt, gibt es viele, ganz verschiedene Jobs im Bereich der Meeresbiologie oder des Meeresschutzes, die alle ihre unterschiedlichen Reize haben. Von Vorteil kann es also sein, sich frühzeitig darüber zu informieren, was für Qualifikationen ich im jeweiligen Bereich, für den ich mich interessierte, benötige und welche Abschlüsse jeweils relevant sind, um später die bestmöglichen Berufseinstiegschancen zu haben.
Quellen
https://www.hochschulkompass.de/
https://www.academics.de/
https://www.bmuv.de/
https://www.noaa.gov/
https://www.educations.com/
https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/de/2023/230317-wisszeitvg.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Georg Kotowski: Wilhelm von Humboldt und die deutsche Universität. In: Otto Büsch, Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): Moderne Preußische Geschichte. deGruyter, Berlin, 1981. Bd.3, S. 1351.
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Anna ist angehende Meeresbiologin. In ihrer Doktorarbeit beschäftigt sie sich mit der Frage, ob bestimmte Gene dafür verantwortlich sind, dass die Korallen im Persischen Golf so hitzebeständig sind, dass sie Temperaturen aushalten können, von denen ihre Geschwisterarten am Great Barrier Reef in Australien nur träumen können. Zu einem guten Leben gehören ihrer Meinung nach viel Kaffee, Gin und Kuchen. Und eine (ziemlich große) Prise Gesellschaftskritik.
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