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„Herr Alexander“ – Die Reise eines magischen Hörspiel-Podcasts

Behind the Scenes: Hier gibt es einen spannenden Einblick über den Weg unseres Hörspiel-Podcasts. Von der Idee über die Produktion bis zur Premiere – alle Schritte einmal genauer erklärt.
| Daniel Rublack |

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Collage: Klappkatapult / © Stadtmuseum Münster | Andreas Reimer / Isabel Schmiedel

Einige Monate zuvor. Noch während „Björn“ auf seinem Törn die Welt umsegelt, beginnt die Produktion zu unserem neuen Projekt: dem bis dato aufwendigsten, zeitraubendsten und fordernsten.

Recherche & Script

Die Idee, einen historischen Podcast zu produzieren, stand bereits länger im Raum. Aufgrund einiger Kontakte und dem Zugriff auf Materialien sollte es schließlich die Geschichte um „Herrn Alexander“ werden: Einen heutzutage vergessenen Bühnenmagier, der seinerzeit ein Pionier und Visionär der Magie war. Er machte das Zaubern salonfähig, holte das bisher Straßenkünstlern und Gauklern vorbehaltene Handwerk auf die große Bühne und füllte im 19. Jahrhundert ganze Säle.

Mit diesem Ansatz ging es los. Eine Technik zur Entwicklung eines Drehbuchs ist die sogenannte Storyclock. Dieses Konstrukt, das ihr unten seht, wurde von uns liebevoll Storyblumenkohl getauft, denn für acht Folgen und mehr als 35 Figuren ist der ganze Spaß mehr als komplex. Bevor man allerdings seine Ideen zu einem Konzept einer Hörserie zusammenfassen kann, benötigt man entsprechendes Grundlagenwissen. In unserem Fall bedeutete dies: Recherche, Recherche, Recherche. Robin Thier und Michael Cremann führten sich die Autobiografie des Protagonisten Johann Friedrich Alexander Heimbürger, sowie unzählige weitere Texte, zu Gemüte. Eine Mammutaufgabe! Zudem schrieben sie das 180 Seiten starke Drehbuch– Szene für Szene, Dialog für Dialog. Bestimmt habt ihr ein Buch mit solcher Länge schon häufiger gelesen. Aber geschrieben, in weniger als sechs Wochen, vermutlich noch nicht!

Klappkatapult Unser Storyblumenkohl. Ganz schön komplex.

Aufnahme

Wer jetzt denkt, dass man mit seinem Drehbuch einfach so ins Aufnahmestudio marschiert: Weit gefehlt. Zunächst organisiert man Sprecherinnen und Sprecher, deren Stimmen jeweils gut zu einer Rolle passen. Allerdings treibt man auch normalerweise nicht mit einem Fingerschnippen über 30 Menschen auf, die a) Lust b) Zeit und c) eine geeignete Stimme haben. Wir verfügen jedoch mittlerweile über eine große Anzahl von Kontakten und Freiwilligen, sodass wir zeitig ein entsprechendes Ensemble zur Verfügung hatten. Danke dafür nochmal an jede und jeden Einzelne/n!

Die Organisation eines Tonstudios war indes keine Hürde. Kontakte zum Institut für Kommunikationswissenschaft (IfK) Münster und begeisterte sowie kooperative Mitarbeiter waren eine große Hilfe. Und so wurden binnen 14 Tagen alle Texte eingesprochen. Oftmals vom Nachmittag bis in die späten Abendstunden, schließlich gehen wir alle noch anderen Haupttätigkeiten nach. Während einige Leute nur zu einzelnen Terminen vor Ort waren, mussten Hauptsprecher Moritz Janowsky und Robin Thier sowie Aufnahmeleiterin Lena Hortian einen Großteil ihrer Zeit im Studio verbringen.

Sound Design

Schon während eine Idee entwickelt wird, sollte man alle notwendigen Arbeitsschritte im Kopf haben. Parallel zur Aufnahme wurde bereits mit der Vertonung der mehr als 600 benötigten Sounds begonnen. Das heißt: Türen müssen geschlagen, Klamotten geraschelt oder Kisten verschoben werden. Allein das Erstellen einer entsprechenden Tabelle, welche alle Inhalte auflistet, dauert einige Stunden. Mit Mikrofonen bewaffnet – teilweise an die Ghostbusters erinnernd – sind einige Crew-Mitglieder bei Wind und Wetter durch die Gegend gelaufen. Immer auf der Suche nach dem perfekten Geräusch. Wie klingt eigentlich das 19. Jahrhundert? Allzu oft stellten Laubbläser, Polizeisirenen oder Autos die Geduld auf eine harte Probe.

Neben den Einzelsounds bedarf es allerdings auch sogenannter Soundscapes (bzw. Geräuschkulissen). Diese sorgen für ein immersives Gefühl während des Hörens, etwa, um Räume klanglich zu simulieren. Das Plätschern einer Mühle ist dabei deutlich einfacher zu realisieren als ein komplettes Orchester oder eine Straße, Mitte der 1840er-Jahre. Und manche Sounds entstehen komplett anders als sie später klingen. Ein Beispiel gefällig? Unsere Taschenuhr ist in Wahrheit ein Kompass, auf dem eine kleine Kette bewegt wird. Kreativität ist gefragt.

Am Ende werden im Schnitt alle Sounds geschnitten und zusammengemixt. Der Begriff „Mixen“ ist hier durchaus treffend, denn neben Dialogfragmenten – vielfach aus verschiedenen Takes von verschiedenen Tagen zusammengesetzt – werden Soundscapes und Einzelsounds eingebunden. Unsere Cutter Robin Thier, Michael Cremann, Anna Gierke und Daniel Rublack haben dafür einige Stunden Schlaf geopfert.

Erst spät gesellte sich noch ein eigener Soundtrack dazu. Eigenes Projekt, eigene Musik – so zumindest der Plan. Aber wer komponiert einem kleinen Podcast-Label denn schon einen eigenen Score? Julian Mann. Unser Virtuose der Töne hat in wenigen Tagen einen wahrhaft magischen Soundtrack gebastelt. Einfach, weil er es mal probieren wollte. Und, weil er es kann!

Illustration

Das Auge isst bekanntlich mit. Und so hört ihr unseren Podcast letztendlich zwar, werdet dabei aber von Bildern visuell unterstützt. Personen und Schauplätze erscheinen viel realer, wenn ihr sie mittels Illustrationen sehen könnt. Isabel Schmiedel hat etliche Stunden in ihre liebevollen und detailreichen Grafiken investiert. Das Ergebnis lässt sich definitiv sehen!

Ein gutes Produkt benötigt natürlich auch ein ansprechendes Logo. Wir haben uns dabei für eine magische Komposition entschieden, welche unsere beiden Protagonisten bei ihrer Arbeit zeigt. Die Konturen des echten Herrn Alexander überwachen dabei im Hintergrund das rege Treiben. Etwas mystische Farbe rundet das Ganze zu einem kleinen Kunstwerk ab. Guten Appetit!

Promotion

All die Mühe bringt jedoch nichts, wenn am Ende niemand etwas von dem Produkt weiß. Mundpropaganda ist ja schön und gut, aber wir streben etwas mehr Publicity an. Deswegen wurde auch das Marketing sorgfältig geplant.

Eine eigene Webseite sollte es geben, die als Anlaufstelle für Interessierte dienen soll, zum Podcast verlinkt und zudem spannende Informationen zur Produktion liefert. Dafür wird designed, getextet und programmiert. Des Weitern wird mit Plakaten geworben, welche an den Stil eines echten Alexander-Plakats angelehnt sind. Vergangenheit trifft Gegenwart.

Um die Bekanntheit des Projekts zu steigern, agiert man natürlich auch in Bereichen des klassischen Marketings. Pressemeldungen werden verfasst, Einladungen verschickt und als Pressesprecher steht Daniel Rublack zudem während des Projekts als Kontaktperson zur Verfügung. Etwa für die Medien, wenn Interviews mit der Presse geführt werden.

Premiere

Auch eine magische Premiere erschien uns angemessen – und welcher Termin hätte besser gepasst als der 200. Geburtstag von Herrn Alexander selbst? Dieser fand am 4. Dezember 2019 statt. Also etwa zwei Monate nach den ersten Planungen zum Projekt. Doch dafür musste eine Location organisiert werden, was gar nicht so einfach war. Gelandet sind wir schließlich im Stadtmuseum Münster: Magie? Denn schon 2009 gab es hier eine Ausstellung zu Johann Friedrich Alexander Heimbürger.

Langweiliges Gesülze und stundenlange Danksagungen möchte auf einer Premiere aber keiner hören. Also sollte es interaktiv und frisch werden. Neben zwei Folgen des Hörspiels, sollte ein Zauberer auftreten, damit das Publikum auch sieht, was es teilweise hört. Fündig wurden wir mit Magic Freddi, einem der jüngsten Mitglieder des „Magischen Zirkels“ und einem echten Bühnentalent. Unsere Moderatoren Michael Cremann und Robin Thier konnten sich einen kleinen Redeanteil natürlich trotzdem nicht verkneifen: Einerseits wurde das spannende Leben des Herrn Alexander samt lustiger Anekdoten vorgestellt, andererseits gab es interessante Einblicke zur Produktion des Podcasts.

Das Ergebnis all der Mühen – hier gibt’s Folge 1:

Ihr könnt den Podcast jetzt entweder bei uns auf der Seite anhören oder auf Apple Podcasts oder Spotify oder YouTube.

Mitmachen

Die Produktion eines Hörspiel-Podcasts war ein großes Erlebnis. Zusammen haben wir gelacht, gearbeitet und stellenweise unsere eigenen Ansprüche verflucht. Wir danken allen Beteiligten für ihre Hingabe und ihre Leidenschaft. Wir danken auch allen Hörer/innen, deren Konsum unser Projekt erst so richtig zum Leben erweckt.

Neugierig geworden? Wir suchen immer kreative Menschen: Autoren, Sprecher, Cutter oder sonstige Fähigkeiten für zukünftige Projekte – schickt uns doch einfach eine E-Mail an mitmachen@klappkatapult.de

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… schreibt vor allem über Filme. Arbeitet in der „Presse und Kommunikation“ und unterstützt daher mit entsprechendem Know-how.

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