Gesellschaft und Lifestyle / Kultur und Medien
Lese-Lust im Sommer – Empfehlungen der Redaktion
Du hast Sommerferien oder Urlaub und bist noch auf der Suche nach einem guten Buch? Die Seitenwaelzer-Redaktion hat einige Tipps zusammengestellt.
Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Sommerferien oder Urlaub? Die perfekte Zeit, um einmal durchzuatmen und sich eine Verschnaufpause zu gönnen – idealerweise bei schönem Wetter. Und was kann man in der warmen Jahreszeit am besten tun, außer sich die Sonne auf den Pelz brennen zu lassen? Genau – lesen! Für diesen wunderbar entspannenden Zeitvertreib haben wir in der Redaktion einige Empfehlungen für euch gesammelt.
That fucking bet von Fanny G. Remus (Lena)
Habt ihr euch schonmal gefragt, was passiert, wenn eine witzige Idee einfach mal konsequent verfolgt wird? Ich häufig. Eine sehr unterhaltsame Antwort darauf hat Fanny (G.) Remus mit ihrem Buch: Es geht um die schönste Nebensache der Welt – ohne cringe – und die schwierigste zwischenmenschliche Hauptsache – mit ein bisschen Zuckerguss. Wer wie ich bisher kaum spicy Literatur gelesen hat, wird zwar zügig mit der sexpositiven Grundstimmung konfrontiert, aber Remus‘ unmetaphorische, klare Art, Figuren und Setting zu setzen, lässt der eigenen Fantasie einen erfrischenden Freiraum – mal um zu schmunzeln, mal um die Augen zu verdrehen.
Jetzt aber mehr über den Inhalt zu verraten, als dass es ein wilder Ritt durch vor allem heterosexuelle Facetten ist, wäre gespoilert. Lasst euch einfach selbst überraschen! Das handliche Buch lässt sich in jedem Rucksack oder Picknickkorb unterbringen und ohne Probleme an einem Nachmittag durchbingen. Noch ein positiver Nebeneffekt: Wer während einer Zugfahrt hin und wieder laut lacht, hat möglicherweise genug Platz fürs Gepäck und während der Fahrt schon Urlaub.
Mit dem Kühlschrank durch Irland von Tony Hawks (Dominik)
In meiner Empfehlung geht es um eine besondere Wette: Der Comedian Tony Hawks erwacht eines Morgens nach einer durchzechten Nacht völlig verkatert und findet neben seinem Bett einen Zettel. Darauf steht, dass er in der vergangenen Nacht um 100 Pfund gewettet hatte, dass er mit einem Kühlschrank im Gepäck einmal um die Küste Irlands trampen könnte. Anstatt sich nun umzudrehen und zu hoffen, dass Wer-auch-immer-diese-Wette-abgeschlossen-hat sich nach dem Abend nicht daran erinnert, macht Hawks sich tatsächlich auf den Weg. Da der Kühlschrank ihn bereits mehr kostet, als die Wette ihm einbringen würde, kann er sich ganz darauf konzentrieren, zumindest zu beweisen, dass es möglich ist.
Was vielleicht nach einer netten Romanidee klingt, ist tatsächlich geschehen. Hawks hat während seiner ganzen absurden Reise fleißig Notizen gemacht und zeichnet sie in einzelnen augenzwinkernden Episoden so lebendig nach, dass man mehrfach laut auflachen muss. Es geht nicht nur um die Erlebnisse in Hostels, es wird auch ein liebevolles Bild der Iren gezeichnet, die umso eifriger und hilfsbereiter zu sein scheinen, je nutzloser und verschrobener eine Angelegenheit ist. Als bekennender Irland-Fan kann ich das Buch nur jedem ans Herz legen, der vorab wissen möchte, was auf einer Reise zur grünen Insel so passieren kann – mit oder ohne Kühlschrank im Gepäck.
Funny story von Emily Henry (Anna)
Wer gerne Liebesromane liest, ist sicherlich an Emily Henry noch nicht vorbeigekommen. Funny Story ist nicht ihr jüngstes, aber immerhin zweitjüngstes Buch, welches letztes Jahr im Frühling erschienen ist. Das Setting – wie in Emilys Büchern eigentlich immer der Fall – ist der Sommer, diesmal am Lake Michigan in den USA. Die Prämisse: Fake Dating des Exes der neuen Freundin des eigenen Exes. Wenn da nicht genügend Fun vorprogrammiert ist…
Daphne und Miles sind zu Anfang des Buches beide verlassen worden – und ihre Ex-Partner*innen nun ein Paar. Da Daphne am Abend vor ihrer Hochzeit von ihrem Ex verlassen wurde und somit so schnell wie möglich aus dem gemeinsamen Haus rausmuss, zieht sie also bei Miles ein. Die beiden leben eine Weile aneinander vorbei, Daphne zählt schon die Tage, bis sie den Ort, an den sie nur wegen ihres Ex gezogen ist, verlassen kann – bis plötzlich eine Einladung zur Hochzeit der beiden Ex-Partner*innen in die Wohnung schneit. Ab da beginnt ein lustiger, romantischer, manchmal auch frustrierender Sommer für Daphne und Miles, Miles‘ Schwester und Daphnes neue Freundin Ashleigh. Es gibt neue Freundschaften, Familiendrama, Fake dating, echte Gefühle, einsame Strände und einen warmen und aufregenden Sommer in Michigan. Für alle Fans von Emily Henry oder für diejenigen, die es noch werden wollen – ich bin der Meinung, es ist eines ihrer bisher besten Bücher. Und am Ende wirklich eine Funny story.
Der Nachtrabe von Sarah Painter (Robin)
Band 1 einer Reihe? Wenn ich das schon lese, vergeht mir in letzter Zeit oft die Lust am Buch. Der Grund: Wenig Zeit, sich durch aberhunderte Seiten zu schleppen, ohne zu wissen, ob die Reihe ihr Versprechen aus den ersten Bänden halten kann. Aber hier braucht niemand Angst haben, sich auf eine mehrteilige Reihe einzulassen, da sich zumindest dieser erste Band der Urban-Fantasy-Reihe auch ganz wunderbar alleinstehend lesen lässt und mit knapp 280 Seiten das Reisegepäck nicht allzu sehr belastet.
Es geht um Lydia Crow, die der berüchtigten Crow-Familie angehört, einer von vier alteingesessenen Londoner Familien mit magischen Kräften. Während ihre Familie ein Untergrundnetzwerk fernab der Legalität betreibt, ist Lydia die einzige Crow, die sich ohne magische Kräfte ein neues Leben als Privatermittlerin aufgebaut hat. Als eine Reihe von Zufällen sie allerdings wieder nach London führt und ein Anschlag auf ihr Leben verübt wird, findet sie sich unerwartet im Dienst ihrer Familie wieder, denn ihre Cousine Maddie ist verschwunden und die Zeit läuft. Der Waffenstillstand zwischen den Familien ist brüchig und auf einmal ist Lydia wieder mittendrin…
Die Mischung aus Kriminalroman mit einer Prise Fantasy aus Sicht einer Außenstehenden, die alles tut, um nicht in die Machenschaften ihrer Familie reingezogen zu werden, machen das Buch zu einem interessanten Lesevergnügen. Gerade die Abwechslung zwischen Spannung und Humor durch die nicht auf den Mund gefallene Protagonistin lassen einen das Buch so schnell lesen, dass mir Der Nachtrabe am Ende dann doch Lust auf den nächsten Teil der „Crow Investigations“ gemacht hat.
Bretonische Sehnsucht von Jean-Luc Bannalec (Sandra)
Nach Robins (berechtigtem) Vorbehalten Romanreihen gegenüber, lege ich euch den – ja, ihr lest richtig – dreizehnten Band der Kommissar-Dupin-Reihe ans Herz. Denn erstens darf ein spannender Krimi bei keiner Leseempfehlung fehlen und zweitens gibt es im Hochsommer kaum etwas Schöneres, als sich eine kühle Meeresbrise um die Nase wehen zu lassen… Wer wie ich dieses Jahr leider nicht in den Genuss eines Urlaubs im Westen Frankreichs kommt, dem bietet dieser Regiokrimi ein paar Stunden Bretagne-Feeling — vollkommen unabhängig von den Vorgänger-Bänden. Wer die raue Atlantikküste, das wirklich einmalige Farbenspiel der in allen Blautönen schimmernden Meereswogen und die keltisch-mystische Kultur der liebevollen, kauzigen Einwohner bereits aus erster Hand kennt, wird begeistert sein und mit diesem Buch eine Reminiszenz an vergangene Urlaube erhalten.
Der bekennende Bretagne-Liebhaber und Autor des Romans Jean-Luc Bannalec alias Jörg Bong schafft es meisterhaft, vor dem inneren Auge die Menschen, Gepflogenheiten und die atemberaubende maritime Landschaft nachzuzeichnen. Obgleich es sich bei seinen Romanen immer um verworrene Mordfälle handelt, ist die Beschreibung des Départment (französisches Äquivalent zum Bundesland) der Bretagne die wahre Hauptfigur. Gerade dieser konkrete Band fasziniert mit dem Handlungsort, der sagenumwobenen Insel Ouessant, die inmitten des tosenden Atlantik gelegen und aus diesem Grund Anziehpunkt vieler Kunstschaffender ist. Nach dem Mord an einem Musiker, der an alte keltische Riten erinnert, muss sich der beziehungsweise die Leser*in ebenso wie der scharfsinnige und sympathische Kommissar Dupin die Frage stellen: Wie viel Wahrheit steckt auch heute noch in alten Mythen? Ein Roman, der seine Leser*innen genauso in den Bann zieht wie es die wunderschöne Nordwestküste Frankreichs tut!
How to invent everything von Ryan North (Michael)
„Wenn ich eine Zeitmaschine hätte…“ Für diesen Satz gibt es so viele Enden, wie Menschen, die ihn lesen. Viel interessanter ist aber die Frage: „Was, wenn die Zeitmaschine kaputtgeht?“ Mit der Antwort auf genau diese Frage beschäftigt sich Ryan North in seinem „survival guide for the stranded time traveller“. Nach einer kurzen Reparaturanleitung für die fiktive Zeitmaschine bringt das Buch der Leserschaft die Feinheiten der Geschichte und ihrer größten Innovationen im Stile einer Anleitung zum Nachmachen nahe.
Nachdem ich anhand eines praktischen Flowcharts geklärt habe, in welchem Zeitraum ich gestrandet bin (Gibt es Dinosaurier? – Schreiben die Menschen? – Gibt es Strom?), erfahre ich für den Rest des Buches, welche Erfindungen die Menschheit wirklich nach vorn gebracht haben und wie ich, der ich jetzt vor ihrer Erfindung in der Zeit gelandet bin, sie „zuerst“ erfinden kann. Ganz nebenbei erklärt North damit mehr über die Entwicklung der Menschheit als mein Geschichtsunterricht es in der Schule konnte. Erst wenn ich mich in die Situation versetze, sie selbst erfinden zu müssen, verstehe ich, was für eine Leistung es ist, eine Sprache zu entwickeln. Erst wenn ich darüber nachdenke, was ein Meter ist, merke ich, wie willkürlich wir Entfernung messen. How to invent everything ist ein Sachbuch über Menschheitsgeschichte, das so witzig und immersiv daherkommt, dass ich beim Lesen nicht gemerkt habe, wie mein Wissen gewachsen ist.
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Lena Hortian
Ich mag gutes Essen (wer tut das nicht?) und treibe tatsächlich gerne Sport, obwohl mein Schweinehund da auch noch ein Wörtchen mitzureden hat. Zeitgleich studiere ich Literatur und Medien. Meine Wahlheimat Münster ist für das alles und noch viel mehr zum Glück bestens geeignet, auch wenn ich mir als Rheinländerin hier noch ein paar Berge wünsche.
Dominik Schiffer
Hat Geschichte und Skandinavistik studiert und ist dennoch weiterhin wahnsinnig neugierig auf Texte aus allen Jahrhunderten. Verbringt außerdem bedenklich viel Zeit in der Küche, vor Filmen/Serien, auf der Yogamatte und mit allerlei „Nerdstuff“.
Anna Fiesinger
Anna ist angehende Meeresbiologin. In ihrer Doktorarbeit beschäftigt sie sich mit der Frage, ob bestimmte Gene dafür verantwortlich sind, dass die Korallen im Persischen Golf so hitzebeständig sind, dass sie Temperaturen aushalten können, von denen ihre Geschwisterarten am Great Barrier Reef in Australien nur träumen können. Zu einem guten Leben gehören ihrer Meinung nach viel Kaffee, Gin und Kuchen. Und eine (ziemlich große) Prise Gesellschaftskritik.
Robin Thier
Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.
Sandra Hein
Liebt und lebt ihr Studium der Kunstgeschichte und Klassischen Archäologie samt all seinen Klischees. Dazu gehört selbstverständlich Frida Kahlo und Vincent van Gogh als seine besten Freunde zu betrachten und sich in Pompeji ohne Stadtplan problemlos zurechtzufinden ;) Als kleiner Bücherdrache ernährt sie sich hauptsächlich von Abenteuern aus den Jules-Verne-Romanen oder alten schwarz-Weiß-Krimis und möchte als neue olympischen Sportart einen Besuchs-Marathon durch alle europäischen Museen vorschlagen. Sollte der Traumjob Kuratorin nicht in Erfüllung gehen, sieht sie sich als Geist in einem schottischen Castle. Freund*innen munkeln, dass sie wahrscheinlich mehr schwarzen Ostfriesentee als Blut im Körper besitzt…
Michael Cremann
Ist meist dort zu finden wo die laute Musik für andere klingt wie ein Autounfall. Wirbt Geld für den Guten Zweck ein oder gibt Führungen durch Münsters Ruine Nummer eins. Dazu wird noch getanzt und wenn dann noch Zeit ist, Geschichte und Archäologie studiert.

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