Jurastudium in Münster I – Der tägliche Platzkampf
Ich studiere Jura. Den ein, oder anderen mag das jetzt wundern, da ihr meine Texte bisher nur aus den Bereichen „Philosophie“ und „Biologie“ lesen durftet, doch bereits im letzten Beitrag zur Philosophie habe ich angedeutet, dass ich möglicherweise mein Fach wechseln würde und dies ist jetzt geschehen. Weitere Infos, wie es dazu kam und warum ich ausgerechnet Jura wählte, findet ihr am Ende dieses Posts.
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Ich studiere Jura. Den ein, oder anderen mag das jetzt wundern, da ihr meine Texte bisher nur aus den Bereichen „Philosophie“ und „Biologie“ lesen durftet, doch bereits im letzten Beitrag zur Philosophie habe ich angedeutet, dass ich möglicherweise mein Fach wechseln würde und dies ist jetzt geschehen. Weitere Infos, wie es dazu kam und warum ich ausgerechnet Jura wählte, findet ihr am Ende dieses Posts.
Nun gehöre ich also erneut zu den Erstis und bin mir der Bedeutung des Wortes „Massenstudiengang“ bereits in den ersten Tagen sehr bewusst geworden. Der Grund dafür ist, dass die Verwaltung des Studienganges Rechtswissenschaften mit falschen Zahlen operierte und somit die ganzen Hörsäle und Räume für etwa hundert Studierende zu wenig einkalkulierte. Die Folge: Schon am ersten Tag der O-Woche (Orientierungswoche) passte ich nicht mehr in den Hörsaal und seit dem Beginn der Vorlesungszeit muss ein guter Anteil der Studierenden auf dem Boden sitzen – eine sehr unbequeme Möglichkeit dem Vorlesungsstoff zu lauschen, wie ich bereits ein paar Mal feststellen durfte. Leider kommen die ersten, etwas übereifrigen Studenten bereits so früh, dass es für Pendler wie mich, die erst z.B. um 9:50 Uhr vor Ort sind (man bemerke: die Vorlesung beginnt um 10:15 Uhr) fast unmöglich ist dann noch einen der wenigen verbliebenen Plätze zu ergattern. Doch die Dozenten machen Hoffnung:
In spätestens drei Wochen bekommt jeder einen Sitzplatz
predigen sie. Ich bin auf jeden Fall auf den Tag gespannt, an dem keiner mehr auf dem Boden hocken oder am Rand stehen muss.
Zur Orientierungswoche kann ich nicht allzu viel sagen, da ich nur bei wenigen Veranstaltungen zugeben war, da ich sowohl die Uni, als auch die Stadt bereits kenne und in der Woche auch noch Geburtstag hatte, da waren andere Dinge wichtiger… Aus diesem Grund gehe ich mit meiner Erzählung sofort zu den ersten beiden Vorlesungswochen über, und für alle die es interessiert auch zum grundsätzlichen Aufbau des Fachs sowie seiner Abgrenzung zu anderen geisteswissenschaftlichen Studiengängen.
Zunächst einmal fällt auf, dass die Art der Verteilung des Uni-Angebotes eine andere ist. Aus meiner Zeit als Philosophie-Student war ich es gewohnt, dass man pro Woche vielleicht zwei Vorlesungen hat (á 90 min) und den Rest der der Zeit in Seminaren verbringt, in denen man, ähnlich wie in einer Schulklasse, mit einem Dozenten über Themen spricht und mit Kommilitonen darüber diskutiert. In Jura hingegen hat man ein Übermaß an Vorlesungen, im ersten Semester sind das vier bis fünf, welche jedoch nicht nur 90 Minuten pro Woche stattfinden, sondern jeweils vier oder fünf Stunden in der Woche belegen. Hinzu kommen noch drei Arbeitsgemeinschaften, welche dem Tutorium in anderen Studiengängen entsprechen. Hier soll für die Praxis geprobt und das in der Vorlesung erworbene Wissen angewandt werden. Die Tutoren sind dabei oft bereits etwas erfahrenere Juristen, die zumindest ihr erstes Staatsexamen bereits abgeschlossen haben, einige haben auch schon ihr zweites.
Im ersten Semester beschäftigt man sich als angehender Jurist mit den drei Fächern „Staatsrecht“, „Strafrecht“ und „Zivilrecht“ und muss zusätzlich bis zum vierten Semester auch jeweils eines der sogenannten Grundlagenfächer aus den Bereichen „Rechtsphilosophie“ und „Rechtsgeschichte“ belegen und mit dem Bestehen einer Klausur am Semesterende abschließen.
Die Klausur, es sind noch einige Monate bis dahin, wirft jetzt schon ihre Schatten voraus, zumindest hat man das Gefühl, denn die Fragen bezüglich Klausuren, Probeklausuren etc. sind mit die häufigsten, die man so mitbekommt. Irgendwie schade, denn man lernt doch für sich selbst und nicht nur für die Klausur am Ende des Semesters- doch scheinbar haben noch nicht alle diese Haltung gegenüber dem Fach.
Was mir auf jeden Fall positiv auffällt ist die Qualität der Rhetorik unserer Professoren. Sicherlich, in Philosophie gab es auch gute Redner (gerade meine Dozenten im ersten Semester sind hier zu nennen), aber auch solche, denen man nicht lange zuhören konnte. Also gut vortragen, das können sie, die Juristen!
Ich möchte sie hier nicht zu kleinkarierten Hobbyklägern ausbilden!
Wieso der Wechsel von Philosophie zu Jura?
Zwei Fächer, die scheinbar nicht viel miteinander zu tun haben und wo ich vermutlich in ersterem einen leichteren Weg zu einem Abschluss haben würde. Wieso also der Wechsel?
Ich muss sagen, es tut mir richtig leid, dass ich Philosophie hinter mir lasse – denn wo sonst hat man die Möglichkeit sich nur die Fächer zu wählen, die einen interessieren, egal, wie abgefahren sie auch sein mögen. Außerdem kenne ich dort natürlich schon eine Menge Leute. Aber das Problem war mein Zweitfach und der Wunsch, bevor ich ein Zweitfach wähle, welches mir keinen Spaß macht, etwas zu tun, was vielleicht Philosophie nahe kommt und etwas bessere Berufschancen bietet. Ich selbst wäre am Anfang nicht auf Jura gekommen, wären da nicht einige Gespräche mit June gewesen, sowie ein paar Internet-Recherchen und es stellte sich heraus: Die Rechtswissenschaft scheint methodisch über das Auswendiglernen von Paragraphen hinaus zu gehen. Noch spezieller: Sie setzen vielfach dieselben Techniken ein, wie in der Philosophie. Aus diesem Grund kann ich nicht nur jedem Naturwissenschaftler oder Geisteswissenschaftler ans Herz legen, einmal einen Kurs „Logik“ mitzumachen, sondern auch jedem Juristen. Denn es ist bei einem Fallgutachten derselbe Weg, den man auch bei der Analyse eines philosophischen Arguments einschlagen würde.
Diese Beobachtung, sowie ein allgemeines Interesse für den Rahmen des Rechts in Deutschland und (auch schwierige) ethische Fragen, brachten mich schließlich in den Studiengang, welchen ich jetzt seit gut zwei Wochen studiere. Ob es wirklich „das Richtige“ für mich ist, bleibt abzuwarten, doch ich habe bisher ein gutes Gefühl bei der Sache.
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Robin Thier
Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.
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