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Anarchie in der Kleinstadt, den Medien sei Dank – Review „Assassination Nation“
Verdammt blutig treibt diese bissige Gesellschaftssatire das Horrorszenario auf die Spitze. Wenn alle Daten ins Netz geleakt werden, bleibt kein schmutziges Geheimnis mehr verborgen. Anarchie greift um sich und die Menschen drehen durch!
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Diese Geschichte enthält 0% alternative Fakten.
Tja, irgendwann musste es ja so weit kommen. Ausgerechnet in Amerika, wer hätte das gedacht, wird eine eigentlich ganz normale Kleinstadt gehackt. In Salem – passender Name – regiert fortan das Chaos! Menschen werden für ihre dunkelsten Geheimnisse an den Pranger gestellt, Hetzjagden veranstaltet und eine allgemeine Mordlust greift um sich.
Wo viele Filme ein interessantes Konzept haben, ist Assassination Nation mit seiner extrem bissigen Gesellschaftskritik einfach nur als sehr geil zu bezeichnen. Knallhart wird dem Zuschauer hier der Spiegel von Konsum, Status und Massenkompatibilität vorgehalten. Angebliche Freunde stechen dir hinterhältig dein peinliches Video in den Rücken, während einige sogar zu handfesteren Waffen greifen. Passt du nicht ins Gesamtbild der Gesellschaft, wirst du alsbald auch einfach mal gelyncht. Kein Scheiß!
Dabei teilt sich der Streifen in zwei Abschnitte auf. In der ersten Hälfte kann der Zuschauer beobachten, wie das ach so geregelte Leben nach und nach aus den Fugen gerät. Einzelne Personen werden gehackt, von der Gesellschaft fallen gelassen und höhnisch verspottet. Aber wer gerade noch harsch urteilt, wird im nächsten Moment selbst Opfer des Systems. Dieses mies-fiese, aber irgendwie leider auch sehr vertraute Anprangern ist ein faszinierend satirischer Blick auf unsere ‚gebildete und gesittete‘ Gesellschaft. Nach einem kurzen Zeitsprung zeigt uns dann Part Nummer Zwei, was passiert, wenn gefühlt alle moralischen und sozialen Regeln außer Kraft gesetzt werden. Einzelne Menschen werden zu Sündenböcken erkoren und krasser als bei der Purge gejagt. Aber weil dies nicht so einfach funktioniert, zieht sich bald eine Blutspur durch die eigentlich ganz normale Kleinstadt.
Erzählt wird die verrückte Geschichte von der Highschool-Schülerin Lily Colson. Mittendrin in sozialem Gehabe, Media-Content & Co. hat auch sie dunkle Geheimnisse, welche lieber verborgen geblieben wären. Statt auf Partys ist sie mit ihren Mädels plötzlich auf der Flucht vor dem wütenden, blutrünstigen Mob. Trotz mangelnder Tiefe einiger Figuren funktioniert dabei das Gespann der Damen inklusive eines homosexuellen Mannes – interessante Charakterwahl – als Bindeglied zum Zuschauer. So entstehen einige sehr intensive Momente, etwa, wenn Lily sich vor ihren Eltern für ihre Taten verantworten muss. Einfach nur unangenehm! Besonders erwähnenswert ist zudem die phänomenal inszenierte Home-Invasion-Szene, welche neben unfassbarer Spannung auch eine fantastische One-Take-Scene beinhaltet.
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Allgemein hat man bei Assassination Nation das Gefühl, einen sehr künstlerischen Film zu sehen. Zugegeben, manchmal übertreibt es der Streifen auch einfach, wenn er eine komplette Party im Split Screen zeigt. Allerdings entstehen durch diese ungewöhnliche Art auch Bilder, die verdammt kreativ und einzigartig sind. So gibt es interessant gefilmte Dialoge, natürlich die erwähnte One-Take sowie coole Nahaufnahmen oder eingebundene Videos. Die zunächst sehr satten Farben werden zudem immer kälter, was perfekt zur Veränderung der Stimmung passt. Und wenn dann erst einmal die Menschenjagd richtig losgeht, drückt der Film auch ordentlich auf die Gewaltschraube. Die Altersfreigabe ab 16 Jahren ist ziemlich gütig ausgefallen, gerade angesichts der bösartigen Thematik und einiger verstörender Momente. Die Schaufel im Gesicht ist da schon eher harmlos, wenn es körperliche Übergriffe oder extrem blutige Zwischenfälle im Badezimmer gibt. Handgemachte Effekte sorgen dafür, dass jeder Schlag, Schnitt oder Schuss auch gebührend zur Geltung kommt. Ebenso unterstützt der Score durch eine gute Auswahl an Titeln die allgemeine Stimmung. Gesondert erwähnen muss man definitiv noch den genialen Abspann. So folgt auf das grimmig-trockene Ende eine Szene, die den gesamten Film ideal wiederspiegelt. Geile Situation, geile Musik, geile Idee!
Ohne Zweifel ist Assassination Nation ein Film, den man entweder feiert oder schlicht dämlich findet. Die Geschichte ist eine bissige Satire auf unsere Gesellschaft, inszenatorisch tobt sich der Streifen vollkommen aus und gönnt sich einige schockierende Momente. Egal, ob Menschen nun sozial angeprangert werden oder ihre Kehlen aufgeschlitzt bekommen. Von mir gibt es für dieses Kunstwerk eine klare Empfehlung. Wer das System der ach so zivilisierten Menschen ebenfalls kritisch betrachtet, wird hier sicher eine sehr interessante Zeit haben.
8/10 sozial akzeptierten Punkten.
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Daniel Rublack
… schreibt vor allem über Filme. Arbeitet in der „Presse und Kommunikation“ und unterstützt daher mit entsprechendem Know-how.
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