Kultur und Medien

Filmfreunde auf der Jagd – Ein Bericht von der Filmbörse Neuss

Daniel berichtet von einem ganz eigenen kleinen Universum, in dem Filmliebhaber und Schnäppchenjänger aufeinander treffen: Der Filmbörse. Hier gib's den ganzen Bericht:
| Daniel Rublack |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Dichtes Gedränge und eine kuschelige Atmosphäre ist der Filmliebhaber auf der heiligen Jagd nach dem goldenen Schnäppchen durchaus gewöhnt. Kleinere Warteschlangen vor den Ständen dagegen eher weniger. Die kleine Halle in Neuss platzt an diesem Sonntag wirklich aus allen Nähten: Menschenmassen drängen sich um die Tische der Händler, welche unter dem Angebot fast zusammenbrechen. Übertreibung? Tatsächlich nur sehr wenig.

So voll war es auf einer von mir besuchten Börse noch nie. Aber die Stimmung ist gut und das fröhliche Fachsimpeln und Stöbern lassen einen die Enge und schlechte Luft schnell vergessen.

Auf diesen Tag hatte ich mich schon seit Wochen gefreut: Endlich wieder Börse!
Zwar bin ich erst – oder schon – zum vierten Mal dabei, Spaß macht es aber immer. Diesmal bin ich mit einem Begleiter angereist, da macht schon die Zugfahrt ordentlich Laune. Von unserem kleinen Bahnhöfchen geht es mit dem RE19 bis nach Düsseldorf Hauptbahnhof. Rein in die Tram, ein wenig durch die Stadt und nach der Überquerung des Rheins folgt auch schon Neuss. Am Landestheater steigen wir aus und gehen die letzten Meter zu Fuß. Schon auf dem Parkplatz des Geländes stehen Gruppen von Menschen und diskutieren… über Filme.
Flink wird die geringe Eintrittsgebühr von 5€ bezahlt und ein Stempel mit einem alten Filmstativ ziert meine linke Hand.
Willkommen in der Gang! Und diese ist wie erwähnt heute wirklich vielzählig.

Also auf ins Getümmel und zur ersten Runde.
Schon nach wenigen Schritten fällt mir das erste Highlight ins Auge. Barry Seal im schicken Steelbook lacht mich für einen überraschend niedrigen Preis an. Gut vorbereitet habe ich als geübter Sammler eine Kaufliste mit aktuellen Marktständen der Online-Konkurrenz dabei oder google direkt vor Ort nach Preisen. Doch mit diesem Top-Angebot hatte ich tatsächlich nicht gerechnet. Also schnell im Kopf vermerkt und weiter.

Der Trick ist gleichzeitig auch die größte Gefahr. Am Besten sollte man sich zügig einen Überblick verschaffen, um nicht zu viel zu bezahlen. Allerdings auch nicht zu lange warten, denn dann sind die Wunschobjekte schon weg und du könntest dir in den Hintern beißen. Mein Begleiter hat kaum Zeit, irgendwo stehen zu bleiben und muss dem Karussell zunächst ohne Stopp folgen.
Dann ist Runde Eins vorbei.

Startschuss für das Wühlen.
Während mein Kollege also seine Hände in den Kisten vergräbt, sprinte ich flink zum Händler zurück und der Tom-Cruise-Streifen wandert in den Rucksack. Kauf 1 – Check. Als ich zurück zu meinem Freund komme, begeht dieser gerade seinen ersten Fehler. Er legt ein potenziell interessantes Objekt wieder in die Kiste. Die Reue folgt nur ein paar Minuten später.
„Daniel, weißt du wo der Film lag, den ich haben wollte?“
– „Welcher? Wie heißt der denn?“
– „Das weiß ich leider nicht mehr.“
Jaja, die Frischlinge. Kurz bevor er aufgeben will findet sich das heißbegehrte Stück Plastik dann doch noch.
Auch ich bin fündig geworden und bin nun glücklicher Besitzer von Zulu (2013). Schon seit Monaten oder sogar knapp zwei Jahren hatte ich nach der ungeschnittenen Fassung gesucht, aber entweder war sie vergriffen oder der Preis astronomisch. Kauf 2 – Erledigt.
Gegen den Uhrzeigersinn fließen wir mit der Masse von Menschen. Neben allerlei skurrilem Zeugs, entdeckt mein Kollege die komplette Edition von Harry Potter für ein paar Kröten. Allerdings nur in DVD-Form. Spoiler: Er wird sich nach etlichem Hin-und-Her dagegen entscheiden.
Es folgt der wohl genialste Moment der ganzen Veranstaltung, welchen ich in jugendfreier Form erzählen werde. Mein Begleiter meint auf einmal nur: „Da ist …“ Was ich zunächst für einen Scherz halte, ist wahre Realität. Unter einem riesigen Plakat sitzt eine – zumindest meinem Kollegen wohl nicht ganz unbekannte – Freischaffende der Erwachsenenbranche. Diese Dame kannte ich nur von einigen Alkoholbeichten meines Bekannten. Ja, in diesem Moment muss ich ihn degradieren. Für ein Autogramm scheint die Beziehung der beiden aber dann doch nicht stark genug zu sein.
Um ihm Zeit für seine Entscheidung – wir sind wieder bei Harry Potter – zu geben, geht die Reise daher nun vorerst zu einem älteren Verkäufer. Bei diesem Mann alter Schule hatte ich bereits schon einmal gute Käufe getätigt. Es wandert ein weiterer Artikel in meinen Rucksack. Nach einigem Umhergestreife fällt mir dann ein Klassiker mit Steven Seagal in die Hände. Zudem entdeckt wird die Gesamtedition einer Sci-Fi-Saga mit Jennifer Lawrence. Kurz gehandelt und sowohl der Verkäufer als auch ich sind zufrieden mit der Anzahl der Euronen. Um die Ecke wird mein Begleiter ebenfalls mal wieder fündig.

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Auch meiner Person bietet sich ein weiterer Film geradezu an, dessen geplanter Erwerb sich bisher als relativ kompliziert dargestellt hat.
Doch: Pustekuchen!
Ein anderer Filmfreund war schneller und hat sich das Ding bereits reservieren lassen.
Ich beglückwünsche ihn zu seinem Fund und frage den Händler nach weiteren Exemplaren. Während ich suche, spricht mich der Fremde noch einmal an: „Eigentlich brauche ich den Streifen doch nicht so dringend.“ Gesagt, getan und schon reicht er mir den Film. Freudig bedanke ich mich und werde nun selbst zum Käufer des Exemplars.

Ein Einzelfall? Nein. Eine Filmbörse ist eben eine Veranstaltung, welche auch nur von Filmfreunden besucht wird. Nörgelnde Mitmenschen und unentspannte Zeitgenossen sucht man hier vergebens. Trotz der Vielzahl an Personen sind fast alle höflich und zuvorkommend. So schaffen alle Platz für alle und kleine Rucksackrempler oder Ellenbogenmassagen werden dementsprechend gelassen genommen. Es wäre unnormal zu nennen, sollte man nicht mit absolut fremden Menschen ins Gespräch kommen. Zu erwähnen sei an dieser Stelle noch, dass der Besuch der meisten Filmbörsen erst ab 18 Jahren möglich ist. Dies liegt an den gesetzlichen Rahmenbedingungen beim Verkauf von Erwachsenmaterialien. Deren Erwerb ist für Volljährige auf der Börse allerdings dann auch schön einfach.

Wir treten die letzte Runde an.
Die Entscheidung fällt: Hogwarts bleibt heute in Neuss. Auch meine Wackelkandidaten fallen um und ein erhabener Rest Euros füllt noch das Portemonnaie.

Nach etwas mehr als zwei Stunden verlassen wir das Gelände und treten den Heimweg an. In der Tram wird noch über verschiedenste Angebote diskutiert, jedoch wenig bereut.
Fazit: Ein guter Tag.
Pünktlich setzt sich der Regionalexpress in Bewegung und der Lokführer begrüßt die Fahrgäste freundlich. Die Ausbeute meines Begleiters sind sieben Blu-Rays, teilweise gebraucht. Mein Mix ist ziemlich abenteuerlich geworden. Neben Zulu findet sich ein John Woo Klassiker aus den 90er-Jahren. Steven Seagal arbeitet in beiden Alarmstufe: Rot Filmen auf einem Schiff als Koch und gebraucht haben es Michael Bays Die Insel und Max Payne im Extended Director´s Cut geschafft. Die Tribute von Panem runden in ihrer Gesamtedition zu kleinem Preis die Runde ab. Alle vorherigen Filme toppen allerdings nicht das Highlight des Tages: Barry Seal grinst auf dem Cover seines Steelbooks einfach über allen.

Nun gut, was bezweckt der Mensch mit dieser Art seiner Tagesdarstellung? Euch ein paar Minuten Zeit klauen natürlich. Vielleicht habe ich aber auch das Interesse an einer Filmbörse wecken können. Es gibt unzählige davon in Deutschland und gerade der Besuch mit Freunden macht richtig Spaß. Abschließend die Worte des netten Mannes von der Bahnbandansage: Tot ziens (niederländisch: Auf Wiedersehen).

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Daniel Rublack

… schreibt vor allem über Filme. Arbeitet in der „Presse und Kommunikation“ und unterstützt daher mit entsprechendem Know-how.

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