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Fragwürdige Anti-Mobbing-Methode

Mobbing ist und bleibt ein ernstzunehmendes Thema an deutschen Schulen. Es ist dabei am belastenden für die Opfer der Attacken, […]
| Robin Thier |

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Timothy Eberly | Unsplash

Mobbing ist und bleibt ein ernstzunehmendes Thema an deutschen Schulen. Es ist dabei am belastenden für die Opfer der Attacken, die sich immer mehr auch auf das Internet ausweiten, doch auch Lehrer und Eltern sind oft in ihrer Rolle überfordert. Für harte Fälle gibt es besondere erzieherische Maßnahmen, um dem Mobbing Einhalt zu gebieten an Stellen, in denen die „Kuschelpädagogik“ nicht mehr weiterhilft. Am 26.2. berichtete die Stuttgarter Zeitung von einem Fall, in dem eine Anti-Mobbing-Methode folgenreich nach hinten losging, denn was, wenn die Täterrolle plötzlich zur Opferrolle wird und die Pädagogik eindeutig zu weit geht?

Dabei soll folgendes passiert sein: Ein Schüler der fünften Klasse eines Gymnasiums, der wiederholt durch Unaufmerksamkeit und unsoziales Verhalten aufgefallen war, wurde mitten in der Stunde ohne Begründung aus dem Unterricht geholt und musste eine Stunde allein in der Aula der Schule warten. Anschließend wurde er in einen fensterlosen Raum geführt und bekam dort von drei Lehrern, darunter der Klassenlehrer des Jungen, seine angeblichen Verfehlungen vorgeführt. Diese beschränkten sich darauf, dass er die Klasse in „cool“ und „uncool“ eingeteilt hatte und Schüler wegen ihrer Kleidung beleidigt hatte. Er sei ein Anführer des schlechten Klassenklimas gewesen. Dieses „Verhör“, indem die Lehrer mit Schulverweis und Strafen drohten und ihm vierzig Minuten lang abwechselnd seine Taten vorhielten, endete mit der Unterzeichnung eines Vertragen, in dem der Schüler sich verpflichtete sich bei seinen Mitschülern zu entschuldigen und sich gut zu verhalten. Wöchentliche Verhaltensüberprüfungen würden dafür sorgen.

Die Folge:
Der Junge befand sich nach dem „Verhör“ in einem psychischen Ausnahmezustand und bekam Medikamente verordnet. Auch später litt er an psychischen Spätfolgen wie zum Beispiel Albträumen. Erst nach und nach erfuhren die Eltern, sie waren nicht in die Sache eingeweiht gewesen, was passiert war. Die Schule hatte die sog. „Farsta-Methode“ angewandt. Die nach einem Stadtteil von Stockholm benannte Anti-Mobbing Methode.

Das Ziel der genannten Methode ist es den oder die Täter akuter Mobbingfälle einzeln aus dem Unterricht zu holen und sie mit ihren Taten zu konfrontieren. So soll die offensive Bearbeitung gewährleistet werden, dabei sollen die Täter Verantwortung für ihre Taten übernehmen und helfen die Situation des Opfers zu verbessern. Zwar ist dabei die Vorgehensweise einschüchternd gegenüber den Schülern, doch bei weitem nicht in dem Maße, wie sie an dem Stuttgarter Gymnasium durchgeführt wurde.

Denn so schlimm manche Mobbing-Fälle auch sein mögen, Methoden, die an die Verhöre der Stasi erinnern und deren unbeabsichtigtes Ziel es ist Schüler einzuschüchtern, sind kaum noch zu rechtfertigen. Diese Methode ist kein Einzelfall und wird auch in NRW und anderen Bundesländern durchgeführt. Leider ist in diesem Fall nicht ersichtlich, wie stark das Mobbing war und auch die Opfer wurden nicht befragt. Doch eine Methode, die psychische Schäden an einem Kind hinterlässt, dessen Fehlverhalten vielleicht auch anders hätte behoben werden können, ist sicher nicht der richtige Weg.
Vor allem ist es fraglich, ob diese Methode in einer fünften Klasse angewandt werden sollte. In einem Beispiel, das in der Beschreibung der Methode verwandt wird, sind die Schüler/innen zwischen 18 und 20 Jahre alt und können somit Verantwortung für ihre Taten übernehmen.   Weiterhin wird eingeräumt, dass es schon häufiger zu Beschwerden seitens der Eltern gekommen sei.

Manchmal muss durchgegriffen werden, aber es darf auf keinen Fall sein, dass Lehrer derartige pädagogische Maßnahmen nutzen um ihrem persönlichen Frust gegenüber den Schülern Lauf zu lassen.

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Quellen:
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.anti-mobbing-methode-mit-folgen-verhoer-in-der-schule-endet-beim-kinderarzt.b443b89c-8e0c-41f8-8530-e996f7d9a765.html
http://www.bpb.de/lernen/unterrichten/grafstat/46663/info-05-03-farsta-methode
http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/themen/gewaltpraevention/pdf/BB-BE_Anti-Mobbing-Fibel.pdf
Foto:
http://c257.r57.cf3.rackcdn.com/health-fitness_01_temp-1361799227-512b683b-620×348.jpg

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Robin Thier

Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.

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