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Von Luftfahrt zur Energietechnik – über die Vielfalt der Ingenieurwissenschaften Teil 2

Hier folgt Teil 2 des spannenden Interviews mit Prof. Dr. Goebel von der Hochschule Hamm-Lippstadt, der dort den Schwerpunkt "Erneuerbare Energien" lehrt. In Teil 1 ging es um seinen persönlichen und beruflichen Werdegang.
| Patrick Schuster |

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Ausschnitt: Margaux Olverd | Unsplash

Hier folgt Teil 2 des spannenden Interviews mit Prof. Dr. Goebel von der Hochschule Hamm-Lippstadt, der dort den Schwerpunkt „Erneuerbare Energien“ lehrt.  In Teil 1 ging es um seinen persönlichen und beruflichen Werdegang.

 

Wie kommt man dazu bei so viel Herumreisen eine Familie zu gründen?

Prof. Dr. Goebel: Das geht tatsächlich leichter als in Deutschland. Meine Frau lerne ich damals auf einer Dienstreise kennen. Und wenn ich mich so umgucke, z.B. in Abu Dhabi, wo fast 80% der Einwohner Ausländer sind, wohnten wir auch im Viertel ausschließlich mit Ausländern zusammen, die alle mehr Kinder haben als wir in Deutschland. Wir waren damals mit unseren 2 Kindern noch mit eine der kleinsten Familien. Die Leute, die flexibel genug sind, sich viel zu bewegen, viel zu Reisen, die sind auch flexibel genug, eine Familie zu gründen.

 

Und was hat Sie von dort aus zurück nach Deutschland verschlagen?

Prof. Dr. Goebel: Ich wollte immer Erneuerbare-Energie-Projekte machen, und hatte das zum damaligen Zeitpunkt schon sehr lange gemacht, bei Lahmeyer, bei Masdar, und hatte dann mit 50 etwas mehr als die Hälfte meiner aktiven Berufszeit rum und dann fragt man sich natürlich: Was will man jetzt noch machen? Und fast überall wo ich gearbeitet hatte fehlte es an gut ausgebildeten Ingenieuren. Was man findet, man muss es zwar suchen, aber man findet es, sind tolle junge Leute mit einer super Motivation, welche sich formen und so einbinden lassen, dass sie innerhalb eines Jahres gut im Team funktionieren können. Was ich immer wieder festgestellt habe, ist, dass die Ausbildung oft schlecht ist oder, wenn sie gut ist, auch oft an der Praxis vorbeigeht. Ich selbst hatte damals sehr viele theoretisch orientierte Professoren, von denen ich nicht viel Brauchbares gelernt habe. Ich würde sagen, 80% meines Wissens, das relevant für die Praxis ist, habe ich mir später selbst angeeignet und erst im Nachhinein vieles von dem, was ich an der Uni hätte verstehen sollen, endlich verstanden. Und da dachte ich mir, irgendwie will ich mal versuchen, es anders zu machen, sodass die Leute auch schon in der Uni verstehen, wofür sie das Wissen später brauchen. Ich hatte da dann so eine Lust drauf, dass ich mir selbst sagte: Du machst das jetzt. Und nachdem meine Frau auch ihr Einverständnis gegeben hatte, sind wir dann zurück nach Deutschland gezogen. Und auch wenn das Leben in Abu Dhabi sehr schön war, haben wir den Umzug nicht bereut. Wenn ich jetzt sehe, wie Studenten, die hier vor drei Jahren angefangen, in ihren Bachelorarbeiten super Arbeit abliefern, dann macht das einfach Spaß.

 

Wie sieht es denn mit ihrer Freizeit aus, wie begleiten Sie da die „Erneuerbaren Energien“?

Prof. Dr. Goebel: Ich kriege oft noch Anfragen, diverse Nebentätigkeiten zu machen, durch mein Netzwerk, durch frühere Kollegen. Es ist heutzutage sehr üblich, besonders in Beratungsunternehmen, Spitzen abzudecken mit Leuten, die als selbstständige dazukommen, denn man hat häufig das Problem als Firma, dass man z.B. 100 Ingenieure hat, aber zeitweise 150 benötigt. Deshalb würde man sich aber nicht 150 Ingenieure einstellen sondern man stellt einen Mittelwert ein, und holt sich bei Bedarf Außenstehende ins Boot. Oft muss ich solche Angebote aus Zeitgründen ablehnen, aber z.B. letzten Sommer in den Sommersemesterferien habe ich ein Projekt in China bearbeitet.

 

Man muss kein Experte sein um zu wissen, dass ihr Schritt vom Ingenieur in Abu Dhabi zum Dozenten in Deutschland sich finanziell stark niederschlägt, wie empfinden sie das?

Prof. Dr. Goebel: Es gibt ja diesen tollen Spruch „Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt“. Für mich ist es jetzt eine ganz neue Fragestellung: Fahren wir dieses Jahr in den Urlaub oder kaufen wir ein neues Auto? In Abu Dhabi ging immer beides. Hier in Deutschland ist man dann natürlich mit den Füßen wieder auf der Erde angekommen. So ein Nebenjob in den Semesterferien kommt da ganz gelegen, wobei Geld für mich dabei nicht der Hauptbeweggrund ist. Viel wichtiger ist mir, dass ich drin bleibe. Ich gehe erst in einigen Jahren in Rente und möchte nicht nur Lehren, sonst bin ich später nicht mehr aktuell im Geschehen und kann das Wissen nicht mehr mit dem Praxisbezug vermitteln, den ich mir aktuell zu erhalten versuche.

 

Was sind ihrer Meinung nach die wichtigsten Eigenschaften, die besonders junge Ingenieure brauchen, um erfolgreich zu werden?

Prof. Dr. Goebel: Ich würde sagen: Neugier und Verstehen-wollen. Ich trenne „Neugier“ und „Verstehen-wollen“ bewusst, denn es gibt Leute die sind neugierig, aber wenn sie sehen, dass die Lösung ein bisschen kompliziert ist, dann haben sie keine Lust mehr, weiterzumachen. Dieses Oberflächliche ist heutzutage auch ein bisschen im Zeitgeist, aber das reicht einfach nicht. Es muss auch mit dem „Verstehen-wollen“ gekoppelt sein.

Bis heute sehr wichtig ist auch immer noch die Disziplin, alt und abgegriffen, aber man muss sich einfach manchmal selber in den Hintern treten und dazu gehört Disziplin, ohne die geht Garnichts. Besonders im Ingenieurwesen wichtig und zu oft unterschätzt ist das „Wissen aneignen und behalten“. Dies ist natürlich eng an das „Verstehen-wollen“ und an die Disziplin gekoppelt. Das betrachte ich gerade in der aktuellen Generation der Jung-Ingenieure mit großer Sorge, dass Leute immer sagen: „Wenn ich es nicht weiß, kann ich es ja jederzeit googeln.“ Das ist nicht das gleiche. Der Kopf ist wie ein Werkzeugkasten, wenn sie zum Beispiel irgendwo stehen und etwas reparieren müssen. Sie sehen das Problem, erkennen das es etwas komplex ist und schauen in ihren Werkzeugkasten: Was brauche ich? Brauche ich eine Zange? Einen Schraubenschlüssel? Einen Bohrer? Und alles was sie an Werkzeugen haben gehen sie in Gedanken durch und merken: Gut, ich brauche dieses und jenes Werkzeug und fange an. Aber wenn sie die Werkzeuge nicht an Bord haben und dann erst einmal anfangen müssen, in einem Buch nachzuschlagen, was sie alles brauchen könnten und was es gibt, dann werden sie nicht fertig.

Ein letzter Faktor, den ich mir an vielen Absolventen mehr wünschen würde, wäre das Selbstvertrauen und den Mut, das Gelernte auch anzuwenden. Ich beobachte das sehr oft: Die jungen Absolventen wurden gut ausgebildet, stehen dann vor ihrer ersten Aufgabe im Berufsleben und trauen sich nicht das Wissen anzuwenden weil sie Angst haben, dass sie in eine falsche Richtung marschieren und fragen dann lieber immer nach. Anfangs ist das auch noch ok, aber irgendwann muss dann auch der Punkt kommen, wo man es dann auch selber weiß. Es gibt Leute, die bleiben über Jahre in diesem Stadium, dass sie nur ausführen, die nur unter Anleitung arbeiten können. Wenn man diesen Mut schnell entwickelt, dann wird man auch ein fähiger Ingenieur.

 

Wir bedanken uns für das Interview und hoffen, dass es einen guten Einblick in das Leben und die Karriere eines Ingenieurs mit dem Schwerpunkt „Regenerative Energien“ bieten konnte.

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