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Krieg gegen alle – Kinoreview Sicario 2

Diesmal keine Regeln! Josh Brolin & Benicio del Toro unterwegs in Mexiko. Es wird spannend, brutal und verdammt unschön!
| Daniel Rublack |

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Über Mexiko hängt ein Schleier aus Gewalt, Verrat & menschlichen Tragödien. Nachdem die CIA einen Krieg zwischen Drogenkartellen losgetreten hat, stehen Kindesentführungen und Hinrichtungen auf der Tagesordnung. Mittendrin in diesem blutigen Sumpf sind Alejandro – der Spezialist aus Kolumbien – und Matt Graver – der Mann für´s Unschöne.

2018 folgt mit Sicario 2 (OT: Sicario: Day of the Soldado) das nächste Kapitel der Sicario-Saga. Der Erstling von 2015 überzeugt vor allem mit einer tollen Inszenierung, enormen Spannungsspitzen und einem starken Cast. Jedoch ist die Grundstory recht simpel gehalten und der Film hat ein wenig Probleme mit seinem Tempo. Für mich persönlich war es zudem schwierig, mit der Hauptfigur Kate Macer zu connecten.

Um es vorwegzunehmen: Der Nachfolger teilt Licht & Schatten ähnlich wie sein Vorgänger auf.

Die Geschichte in Sicario 2 ist deutlich komplexer und tiefgehender als in Teil 1. Zunächst geht es rund um den Globus. Dabei demonstriert der Film schon zu Beginn, dass hier wenig Gefangene gemacht werden und letztere keinerlei Ansprüche auf irgendwelche Rechte stellen können. Verschiedenste Ereignisse bilden schließlich die Grundlage für die entscheidende Veränderung: Drogenkartelle werden als terroristische Vereinigungen eingestuft. Dementsprechend werden auch die Maßnahmen ihrer Bekämpfung angepasst – Krieg. Und wer könnte besser einen inoffiziellen, eingefädelten Krieg losbrechen als CIA-Mann Matt Graver mit seinem Handlanger Alejandro?! So nimmt der Abwärtsstrudel langsam an Fahrt auf, Menschen sterben und die Moral jedes Einzelnen wird auf eine harte Probe gestellt.

Insgesamt hat der Streifen dabei ein ähnliches Problem mit dem Tempo wie sein Vorgänger. Die 123 Minuten Laufzeit sind gerade bis zum ersten Auftritt von Alejandro ein wenig zäh und der Start etwas zu unstrukturiert, um direkt mitzureißen. Generell merkt man dem Film seine über zwei Stunden an, mancher 170-Minüter schaut sich wesentlich flüssiger. Dies liegt auch an den stellenweise unnötig erscheinenden Subplots. Schönerweise bietet die Geschichte aber etliche Wendungen, bei denen selbst ich als Vielseher nicht auf die richtige Lösung getippt habe. Trotzdem bleibt die Story stets plausibel und setzt weder auf dumme Zufälle noch unnötige Effekthascherei. Die cleveren Aktionen der Protagonisten sind zwischendurch fast mit Applaus zu honorieren, ihre Art und Weise zu belügen, betrügen und diesen Krieg zu inszenieren, ist verdammt schlau und extrem faszinierend.

Diesmal ohne Emily Blunt, dreht sich die Story rund um den Auftrag von Matt Graver. Josh Brolin ist die ideale Besetzung für die Rolle des harten, abgestumpften, jedoch sehr klugen CIA-Mannes, der die Dinge hässlich und doch mit Stil erledigt. Wie er Kaugummi kauend in seinem Sessel lümmelt und anmerkt, dass solche Aufträge dreckig erledigt werden – Badass! Er scheut sich auch nicht davor, selbst eine Waffe in die Hand zu nehmen und inmitten des feindlichen Territoriums Blut zu vergießen. Ihn verbindet eine merkwürdige Freundschaft mit Alejandro, dem Söldner aus Kolumbien. Benicio del Toro ist ebenfalls das Optimum für seine Figur: kampferprobt, clever und trotzdem irgendwie menschlich. Sein oftmals ruhiges Auftreten sollte jedoch nicht täuschen, dieser Mann ist definitiv eine Gefahr für Alles & Jeden! Er erhält in der Fortsetzung ein wenig mehr Hintergrund und obwohl er schlimme Dinge tut, kann man ihn kaum den Bösen zuordnen.

Dies ist ein wirklich interessanter Faktor innerhalb von Sicario 2. Es gibt vielleicht eine vordergründige Einteilung in Gut & Böse, aber die Grenzen verschwimmen sehr stark. Aktion folgert Reaktion, Gewalt führt zu Gegengewalt, der Fleischwolf dreht sich immer weiter. So ist das Werk eher Kriegs- als Actionstreifen, wobei „düsterer Thriller mit harschen Gewalteruptionen“ es wohl am ehesten trifft.

Inszenatorisch legt die Fortsetzung noch eine Schippe drauf. Die enthaltenen Actionszenen sind teilweise recht kurz, dafür umso heftiger in ihrer Wucht. Genaues Gegenteil davon sind die minutenlangen Spannungsmomente, die sich immer weiter aufbauen und am Ende in brutalen Auseinandersetzungen entladen. Spazierfahrt durch die Wüste – Hammergeil! Das Finale zieht sich – diesmal jedoch im positiven Sinne – über mehr als 25 Minuten hin und zwingt den Zuschauer auf den Rand seines Sitzes. Nägelkauen garantiert!

Eingefangen werden die Bilder von einer ruhigen, übersichtlichen Kamera. Lange und weite Aufnahmen dominieren die Leinwand, wie schon im Vorgänger gibt es Nightvision und dazu gesellen sich Nachrichtenbilder und Drohnenaufnahmen. Trotz wechselnder Schauplätze und teilweise reicher Innenstädte bleibt der Film aber stets dreckig. An keinem Ort fühlt man sich so richtig wohl. Dieser Eindruck wird durch den donnernden Sound verstärkt, der mit ordentlich Druck durch den Saal fegt. An sich ist die Musik von Sicario 2 ziemlich simpel, doch genau diese Einfachheit und Redundanz machen den gewissen Reiz aus. Die Bassdrops sitzen und wenn die Helis oder Kugeln fliegen, knallt es heftig.

Effekte sind allesamt handgemachter Natur, hier suppen noch echte Blutpakete und es explodieren richtige Fahrzeuge. Die Altersfreigabe von 18 Jahren setzt sich allerdings eher aus der düsteren Atmosphäre und moralisch fragwürdigen Aktionen zusammen, der Härtegrad ist nämlich wie in Teil 1 und hätte durchaus noch drastischer ausfallen dürfen. Trotz allem hat die „Keine Jugendfreigabe“ hier ihre Berechtigung.

Mir persönlich hat Sicario 2 noch etwas besser gefallen als sein Vorgänger, was an der komplexeren Geschichte und dem Fokus auf anderen Hauptfiguren liegt. Zwar hat der Film Probleme, vor allem mit seinem Tempo und teilweise mit seiner Handlung, überzeugt jedoch durch zahlreiche Wendungen, einen starken Cast und die tolle Inszenierung. Besonders zu loben ist die immense Spannung, das Ding zerrt echt an den Nerven! Der Kinobesuch lohnt sich auf jeden Fall.

7,5/10 Auftragskillern.

 

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Daniel Rublack

… schreibt vor allem über Filme. Arbeitet in der „Presse und Kommunikation“ und unterstützt daher mit entsprechendem Know-how.

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