Gesellschaft und Lifestyle

Leben retten – Wunsch und Wirklichkeit in Sachen Organspende

Wie sieht es in der Bundespublik in Sache Organspende aus? Welche Informationen fehlen potenziellen Spender*innen? Die wichtigsten Antworten.
| Lotte Jäger |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Zu sehen ist ein menschliches HerzmodellJesse Orrico | Unsplash

Am 04. Juni findet der Deutsche Aktionstag der Organspende statt. Anlass genug, einen Blick auf die aktuelle Situation in der Republik zu werfen: Können wir unsere in vielen anderen medizinischen Fragen unbestritten vorhandene hohe Qualität auch hier bieten und – was vielleicht noch wichtiger ist – ist auch die Quantität ausreichend, können wir den Bedarf decken und rechtzeitig helfen? 

Für Menschen in Not und mit lebensbedrohenden Erkrankungen stellt eine Organ- oder Gewebespende oft die einzige Chance auf ein Weiterleben dar. Diese Menschen warten darauf, dass ein passender Spender oder eine passende Spenderin für sie gefunden wird. Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitlichen Aufklärung stehen die Menschen in Deutschland einer Organ- oder Gewebespende in den letzten Jahren konstant positiv entgegen, Tendenz steigend. Auch die Zahl der Personen, die einen Organspendeausweis besitzen, ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen.

Eigentlich positive Zeichen, jedoch warten trotz der Rekordzahlen derzeit immer noch mehrere Tausend Menschen in Deutschland auf eine lebensrettende Spende. Das Bundesministerium für Gesundheit berichtet, dass im April 2022 etwa 9.400 Patientinnen und Patienten aus Deutschland auf den Wartelisten der europäischen Vermittlungsstelle Eurotransplant stehen. Augenscheinlich existiert zwischen der mehrheitlich positiven Grundhaltung der Bevölkerung und der tatsächlichen Umsetzung ein Widerspruch. Oberflächlichkeit? Desinformation? Mangelnde Courage? Zu wenig Aufklärung? Keine persönliche Betroffenheit? Die Gründe sind sicher vielfältig, Information tut Not. 

Es kann jeden treffen

Für viele Menschen ist die Auseinandersetzung mit Themen wie Tod und Krankheit sehr schwer und beängstigend. Das ist zwar verständlich, jedoch sollte man sich bewusst machen, dass es jederzeit einen selbst oder einen geliebten Menschen treffen kann. Ob durch Krankheit oder einen Unfall, jede/r kann in die Situation kommen, auf eine lebenserhaltende Organ- oder Gewebespende angewiesen zu sein. Aus diesen Gründen sollte das Thema möglichst viele Leute erreichen, um so eine hohe Sensibilisierung in der Bevölkerung zu schaffen und Menschen zu erreichen, die zwar gerne spenden würden, aber die zu viele Fragen haben.

Welche Organe kann ich spenden?

Ein Mensch kann nach bestätigtem Hirntod Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Darm spenden. Außerdem können Leber und Nieren gespendet werden. Bei diesen beiden Organen sind jedoch auch Lebensspenden möglich. Das bedeutet ein gesunder Mensch kann eine Niere beziehungsweise ein Teil seiner Leber ohne größere Beeinträchtigung der eigenen Lebensqualität spenden.

An Geweben lassen sich Folgendes spenden: Horn- und Lederhaut der Augen, Herzklappen, Haut, Blutgefäße, Knochen-, Knorpel- und Weichteilgewebe sowie Gewebe, die aus Bauchspeicheldrüse oder Leber gewonnen werden. Interessant dabei ist, dass Gewebe, anders als Organe, in der Regel nicht direkt übertragen werden können. Daher werden sie in Gewebebanken konserviert und so lange zwischengelagert, bis sich ein geeigneter Empfänger gefunden hat.

Eine Person darf für ein Organ oder Gewebeteilspenden nicht entgeltlich belohnt werden. Gemäß Paragraf 18 des Transplantationsgesetzes ist der Handel mit Organen in Deutschland verboten. Daher darf der Spender oder die Spenderin keine wirtschaftlichen Vorteile von der Spende ziehen.

Gibt es eine Altersgrenze für Organspenden?

In Deutschland dürfen Minderjährige mit Vollendung des 16. Lebensjahr ihren Willen zur Organ- oder Gewebespende eigenständig erklären. Dabei ist eine Einwilligung der Erziehungsberechtigten nicht notwendig. Widersprechen darf man einer Organspende bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahres. Möglichkeiten, seinen Willen zu dokumentieren, hat man in einem Organspendeausweis oder einer gültigen Patientenverfügung. Mehr zu der richtigen Dokumentation findest du im weiter unten.

Für die Spende selbst gibt es kein Mindest- oder Höchstalter, da es in jedem Alter Patientinnen und Patienten gibt, die auf ein lebensrettendes Organ angewiesen sind.

Können Raucher Spender werden?

Das wichtigste zuerst: Raucher können prinzipiell Organspender sein. Das gleiche gilt für Personen mit Vorerkrankungen oder besonderen Krankheitsbildern. Vor jeder Spende werden die Organe aus derartigen Gründen zunächst akribisch auf Eignung und Funktionsfähigkeit untersucht. Bei Rauchern kann es sein, dass die Lunge zwar nicht mehr vollständig funktionstüchtig ist, andere Organe wie Herz, Nieren oder Leber aber hingegen schon. Jedoch gibt es auch Personen, die zwar jahrelang rauchen, deren Lunge aber dennoch als Spenderorgan in Frage kommt. 

Die richtige Dokumentation

Um den eigenen Willen zur oder gegen eine Organspende festzulegen, wird eine schriftliche Erklärung des möglichen Spenders benötigt. In Frage kommen dafür der offizielle Organspendeausweis der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder eine gültige Patientenverfügung. 

Einen Organspendeausweis kann man auf der offiziellen Seite zur Organspende der BZgA ausfüllen und im Anschluss selbst ausdrucken oder man kann kostenlos eine Plastikkarte bestellen.

Falls die verstorbene Person seinen oder ihren Willen weder in einer Verfügung noch auf einem Ausweis dokumentiert hat, werden zunächst die engsten Angehörigen gebeten, im Sinne des oder der Verstorbenen zu handeln. Rechtlich gesehen sind die nächsten Angehörigen die Ehe- beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner, volljährige Kinder, Eltern, Geschwister oder Großeltern. Diese Personen werden gebeten, den mutmaßlichen Willen des Toten zu befolgen. Dabei soll die persönliche Meinung des Angehörigen keine Rolle spielen. Wenn diese Aufgabe für die Angehörigen nicht zu erfüllen ist, weil der mutmaßliche Wille der verstorbenen Person nicht ermittelbar ist, werden die Angehörigen dazu angehalten, nach persönlichen Vorstellungen zu entscheiden.

Aus diesen Gründen ist es für alle Personen ratsam, den eigenen Willen rechtlich bindend zu dokumentieren. Für nahestehende Personen sind die Umstände, in denen eine solche Entscheidung getroffen werden muss, sicherlich schwer genug. Eine solche Entscheidung treffen zu müssen, ist lediglich eine zusätzliche Belastung in der schweren Zeit.

Ist mein festgelegter Wille für medizinisches Personal verpflichtend?

Die behandelnden Ärzte müssen den auf dem Organspendeausweis festgelegten Willen des Verstorbenen in allen Fällen Folge leisten. Wenn auf dem Ausweis eingetragen ist, dass eine Person nicht spenden möchte, dann muss dieser Wille vom medizinischen Personal so akzeptiert werden.

Alles in allem sind Aktionstage wie der 04. Juni eine gute Sache für eine breit angelegte Kampagne und um eine noch größere Akzeptanz in der Gesellschaft zu schaffen. Damit ließe sich vielleicht der eingangs beschriebene Widerspruch (hohe Umfragezustimmung, aber zu geringe Spenderzahl) bald erfolgreich auflösen. Wichtig zu sagen ist, dass eine Spende immer auf Überzeugung und Freiwilligkeit basieren sollte. Den Entschluss für oder gegen eine Organspende sollte jede Person alleine treffen. Niemand sollte zu einer Spende gezwungen werden, geschweige denn sollte eine Person für ihren Willen verurteilt werden. Dennoch, an die Leute, die sich vielleicht noch nicht so weit trauen gilt folgender Appell: Die große Chance, tatsächlich Lebensretter zu werden, sollte Ansporn genug sein, den notwendigen Mut aufzubringen und sich registrieren zu lassen – es lohnt sich!

Noch nicht wirklich überzeugt? Oder du möchtest einen tieferen Einblick in das Thema gewinnen? Auf der Seite der BZga zur Organspende teilen Privatpersonen ihre Ansichten zu diesem Thema: Was spricht laut ihnen dafür, was dagegen? Falls du verschiedene Blickwindel kennenlernen oder mitdiskutieren möchtest, folge gerne dem Link.

Quellen: 

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/organspende/faqs.html
https://www.n-tv.de/wissen/frageantwort/Koennen-Raucher-ihre-Organe-spenden-article327227.html

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Lotte Jäger

Kindheitsheldin Karla Kolumna und tonnenweise Kassetten auf dem Kinderzimmerboden ebneten den Weg in das Studium der Kommunikationswissenschaft. Wenn es mal nicht um Medien geht, ist sie Fan von Städtetrips, Sonnenuntergängen am Strand und allen Hunden dieser Welt - am liebsten hat sie Elo Emil. Außerdem die größte Italien-Liebhaberin links des Niederrheins!

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