Kultur und Medien / Wissenschaft und Technik

Photographie on a Budget #3

Auf den Vintage-Zug aufgesprungen
| Moritz Janowsky |

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Moritz Janowsky

In dem folgenden Teil unserer Reihe über Equipment für preisbewusste Fotografen möchten wir uns zunächst von dem bisher verwendetem und besprochenem EF-Standard von Canon verabschieden. Wir möchten nämlich mit auf den Vintage-Zug aufspringen und euch zeigen, wie ihr Objektive, welche eigentlich im vergangenen Jahrhundert für analoge Filmkameras entwickelt und gebaut wurden, an einer modernen Digitalkamera verwenden könnt und gleichzeitig richtig Geld spart.

Wie bereits erwähnt muss dafür meine geliebte Canon EOS 550D weichen, denn die Adaptierbarkeit des EF-Bajonetts hält sich in Grenzen. Das liegt vor allem daran, dass der Verschluss einen zu großen Durchmesser besitzt. Es handelt sich bei den Objektiven, die wir euch vorstellen möchten, zwar u.a. um Canon-Fabrikate, aber die damals verwendeten Verschlüsse bzw. Objektive besaßen einen wesentlich geringeren Durchmesser. Ein Adapter müsste also von großem Bajonett auf kleines Objektiv adaptieren, was technisch auf Probleme stoßen würde. Zum anderen spielt das sog. Auflagemaß eine wichtige Rolle. Beim Auflagemaß oder auch Flanschbrennweite handelt es sich um den Abstand zwischen dem Sensor und der Auflagefläche des Objektives. Da es sich bei der EOS 550D um ein System mit verbautem Spiegel handelt, kann es auch in diesem Punkt zu Schwierigkeiten kommen.

Wir suchen also zum einen ein Bajonett mit möglichst kleinem Durchmesser, zum anderen sollte die neue Kamera spiegellos funktionieren, sodass der Abstand zwischen dem Sensor und dem Objektiv durch einen Adapter möglichst variabel verändert werden kann. Am besten zu einer Adaptierung geeignet sind in diesem Fall Kameras mit einem MFT-Sensor (Micro-four-thirds), wie sie z.B. von Panasonic oder Olympus eingesetzt werden. Aber auch Sony-Kameras mit einem E-Mount-Objektivanschluss eignen sich zur Adaptierung, gehören aber sicherlich zu den teureren Modellen. In unserem Fall fiel die Wahl der Kamera auf eine Panasonic Lumix DMC-G70.

Nun stellte sich die Frage, welche Retroobjektive wir an die neue Lumix adaptieren möchten. Eine günstige Option sind in jedem Fall Canon-Objektive mit einem FD-Bajonett. Wir konnten für jeweils ca. 30€ zwei Linsen aus dieser Baureihe auf eBay erstehen, ein qualitativ hochwertiger Adapter aus Aluminium belief sich auf weitere 15€.

Neben einem Canon FD 50mm 1:1.8* als Festbrennweite, erreichte uns noch ein Canon FD 35-70mm 1:4*. Die Verarbeitungsqualität bei beiden Neuzugängen sprach neben minimalen Gebrauchsspuren für sich. Als Material kommt für die Außenhaut nur Metall zum Einsatz und das Glas ist frei von Kratzern. Besonders überzeugt hat uns jedoch die Qualität des Ringes zum Fokussieren, welcher sich butterweich drehen lässt, dabei aber eine nahezu perfekt dosierte Schwergängigkeit besitzt. Diese Bedieneinheit ist übrigens bei analogen Objektiven enorm wichtig, da diese logischerweise über keinen Autofokus verfügen und der Fotograf dies selbst übernehmen muss.  Beide Modelle wurden in Japan gefertigt.

Kommen wir nun zu der wohl wichtigsten Frage: Wie ist die Qualität der Aufnahmen und kann ein so altes Objektiv wirklich mit einem modernen Glas mithalten? Letzteres kann definitiv mit einem „ja“ beantwortet werden. Im direkten Vergleich ist zwischen dem EF 50mm 1:1.8* und seinem ca. zwanzig Jahre älterem FD-Bruder zumindest bei geöffneter Blende kein optischer Unterschied festzustellen. Selbst bei enormer Vergrößerung der Aufnahmen zeigen beide Objektive eine nahezu identische Charakteristik. Das moderne 50mm, welches wir euch bereits vorgestellt haben, wurde für den Test übrigens ebenfalls an die Lumix G70 adaptiert um möglichst gleichbleibende Testbedingungen gewährleisten zu können. Alles in allem besitzen beide Objektive eine sehr ähnliche Schärfestruktur, welche sich nur mit der Lupe unterscheiden lässt. Ebenfalls vorhanden ist der canontypische warme Farbcharakter. Da es sich bei einem MFT-Sensor wie schon beschrieben um einen sehr kleinen Sensor handelt, spielt Vignettierung selbst bei geöffneter Blende keine Rolle. Wichtig ist aber der Crop-Faktor eines solchen Sensors. Dieser liegt bei 2 und macht damit aus den 50mm-Objektiven bereits ordentlich gezoomte 100mm-Objektive.

Zusammengefasst fiel unser Vintage-Versuch also durchaus positiv aus. Für unter 100€ erhielten wir zwei sehr hochwertig verarbeitete Objektive mit einer sehr guten Darstellungsleistung, welche sich hinter ihren modernen Geschwistern in keinem Fall zu verstecken brauchen. Wer also kein Problem damit hat, beim Fokussieren selbst Hand anzulegen, dem sei ein Blick auf ein mögliches Schnäppchen durchaus empfohlen. Wir müssen an dieser Stelle aber ausdrücklich vor garantiert aufkommender Suchtgefahr warnen.  

 

 

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1 Antworten zu “Photographie on a Budget #3”

  1. Mit den alten Objektiven zu knipsen, macht echt Spaß, aber beim Kauf muss man schon etwas achtgeben: Die Teile sind eben alt, manche 30 Jahre und älter, und da können Glaspilze und wacklige Fokusringe den Spaß verderben, wenn die Anbieter keine ausführlichen Beschreibungen bzw. Fotos hinterlegen. Eine Übersicht über die alten FD-Objektive gibt die Website „Canon Classics“, auf der man auch die technischen Daten erfährt, wie etwa Gewicht und Anzahl der Linsengruppen etc. http://www.canonclassics.com/ Hilfreich für Liebhaber von FD-Altglas ist auch das Buch „Canon FD-Objektive in der Praxis“ von Günter Richter aus dem Jahr 1981 (antiquarisch erhältlich). Eine gute und oftmals preiswertere Alternative zu den Canon FD Original-Objektiven sind auch die entsprechenden von Vivitar, vor Allem im Makro-Breich: z. B. das Vivitar 70-150mm (Makro) 1:3,8 kann ich wirklich empfehlen! Viel Spaß beim Ausprobieren!

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