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Wie wichtig sind eigentlich Auslandserfahrungen?

Das Lebenslauf-Argument
| Amelie Haupt |

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Lucas Wesney | Unsplash

Praktika, Erasmussemester oder Trainee-Programme – Es gibt zahlreiche Möglichkeiten Erfahrungen im Ausland zu sammeln und das allgegenwärtige Totschlagargument scheint zu sein: „Das macht sich immer gut auf dem Lebenslauf!“
Ein Argument, welches mir persönlich Kopfzerbrechen bereitet.

Diesen Artikel gibt es auch als Hörversion: Jetzt reinhören!

https://soundcloud.com/seitenwaelzer/auslandserfahrungen-das-lebenslauf-argument-von-amelie-haupt

 

Wieso? Spinnen wir das ganze Mal weiter: Die 19 jährige BWL-Studentin macht ein Auslandssemester in England, weil das ja heutzutage jeder macht und sonst hat man angeblich überhaupt keine Chancen auf einen anständigen Job. 5 Jahre später hat sie Bachelor und Master in der Tasche und beginnt sich auf verschiedene Jobs zu bewerben. In jedem Vorstellungsgespräch sagt sie natürlich immer, wie flexibel und offen sie ist und dass sie drei Sprachen spricht. Damit erhöht sie schließlich ihre Chancen auf den Job. Und tatsächlich: Sie wird von der Firma übernommen und noch viel besser: Die Firma versetzt sie kurzerhand nach Vietnam, weil sie dort eine Stelle mit einer deutschen Muttersprachlerin besetzen wollen. Die mittlerweile 24 jährige BWL Absolventin, erinnert sich an das Heimweh, das sie damals in ihrem Erasmus-Semester in England hatte und dass ihr die 4 Monate ziemlich lang vorkamen. Eigentlich hatte sie bei ihrer Jobsuche auch genauestens darauf geachtet, dass die Firmen alle im Umkreis ihrer Stadt waren, da sie doch gerade erst mit ihrem Freund zusammengezogen ist. Und jetzt soll es für wer weiß wie lange auf die andere Seite des Planeten gehen?
So hatte sie sich ihr Leben nicht vorgestellt.

Die Moral dieser Geschichte ist alt und wir haben sie hundert Mal in der Bravo gelesen. „Sei Du selbst und verstelle dich nicht.“ Auch wenn meine unerfreuliche Erzählung frei erfunden ist, ist sie nicht völlig aus der Luft gegriffen.
Ich persönlich unterteile Menschen bezüglich dieses Themas in zwei Kategorien: Reisende und Urlauber.

Auch wenn wir diese Worte im deutschen meist synonym verwenden, ist der Unterschied jedoch klar ersichtlich. Urlaub ist meist reine Entspannung und zeitlich begrenzt. Dagegen ist Reisen Teil des Lebensstils und ein beständiges Bedürfnis.
Für längere oder unbestimmte Zeit im Ausland zu arbeiten und auf Geschäftsreise durch die Welt zu pilgern, ist definitiv kein Urlaub. Es ist zum einen natürlich Arbeit und zum anderen eine beständige Herausforderung an die Anpassungsfähigkeit. Wer also im Vorstellungsgespräch nach der örtlichen Flexibilität gefragt wird, sollte sich die Antwort gut überlegen und dabei nicht an den letzten Toscana-Urlaub mit der Familie denken. Kannst Du dir überhaupt vorstellen, Deutschland oder deine Stadt zu verlassen? Welche Länder würden dich reizen und welche würden dich absolut abschrecken? Wie lange würdest Du maximal im Ausland leben wollen? Du hilfst dir selbst und auch deinem potenziellen neuen Arbeitgeber viel mehr, wenn Du dazu konkrete Aussagen machen kannst. Denn in Wirklichkeit brauchst Du nicht möglichst viele Chancen auf Jobangebote, sondern nur das eine, zu dir passende Jobangebot.
Aus diesem Grund – und nicht, weil Auslandserfahrungen sich gut auf dem Lebenslauf machen (!) – kann ich nur jedem empfehlen, seine Reiselust zu testen.

Diese interaktive Karte von GetYourGuide zeigt euch mögliche Erasmus-Länder, sortiert nach den Lebenserhaltungskosten, dem Ruf der Unis oder der Infrastruktur an.

Ganz gleich ob Work & Travel, ein Au-Pair-Job, ein Praktikum oder ein Semester im Ausland. Verbringe mal mindestens 6 Monate außerhalb des Landes und werte die Erfahrungen für dich aus. Hast Du dich schnell eingelebt? Hattest Du Heimweh? Wie oft bist Du nach Hause gefahren oder hast Besuch bekommen? War dir die Kultur eher fremd oder eher vertraut? Wirst Du das Land vermissen? Was war für dich sehr schwierig? Was war für dich sehr einfach? Was hat dir am meisten Freude bereitet?

Stelle dir selbst Fragen über deine Zeit im Ausland und wie Du sie erlebt hast. Es gibt keine falschen oder richtigen Antworten, solange Du ehrlich zu dir selbst bist.

Was ich von vielen Reisenden gehört habe und auch selbst für absolut wahr empfinde: Auf Reisen lernt man sich selbst am Besten kennen. Und das ist was ziemlich Beeindruckendes.

 

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