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Wo ist SCH 121.5? – Ersti, Soziologie und Spanisch

Über das erste Semester an der Universität Münster, warum man manchmal fast verzweifelt, das Studium aber dennoch zu einem der interessantesten Lebensabschnitte zählt.
| Stefanie Wollweber |

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Stephanie Wollweber

Studium: Soziologie und Spanisch – Semester Nr. 1

„Noch einen Karton, dann haben wir es geschafft“ rief ich meiner Schwester, während des anstrengenden Umzugs von der Küstenstadt Kiel nach Münster, triumphierend zu. Wer hätte gedacht, dass man so viel Zeug ansammeln kann? Irgendwann war es dann aber doch geschafft und am nächsten Morgen fuhr meine Familie mitsamt des dicken Transporters wieder gen Norden.

Ich blickte ihnen mit gemischten Gefühlen hinterher und musste mich in meiner ersten eigenen Wohnung erstmal ein wenig ablenken. Anfangs ist es allein in einer neuen Stadt nicht ganz leicht.

Die Qual der Wahl

Das gleiche gilt wohl auch für den Anfang des Studiums; das erste Semester ist für viele das schwerste. Und da ist sicher etwas dran. Man muss alles selbst organisieren (vorausgesetzt man studiert kein stark verschultes Fach, bei dem alles vorausgeplant ist), vom Stundenplan bis zum eigenen Haushalt. Wäsche waschen, Geschirr abwaschen, selbst einkaufen und dabei auch noch die Finanzen im Blick haben. Und als ob das noch nicht genug wäre, muss man natürlich auch viel (je nach Geschmack, es interessiert ja niemanden an der Universität, wie man sich so macht) in das Studium investieren.

Einige Wochen bevor ich mein Abitur abgeschlossen hatte, entschloss ich mich dazu, Soziologie zu studieren. Da ich ein Studium suchte, nach dem man danach gut in den Journalismus einsteigen konnte, schien die Soziologie ein willkommener Wegbereiter zu sein. Ich konnte mir gut vorstellen, Neues über die unterschiedlichen Interaktionen der Gesellschaft zu lernen und mich mit verschiedenen Auswirkungen dieser zu beschäftigen. Nach einigen Überlegungen entschied ich mich dazu, noch eine Sprache in mein Studium einzubeziehen. Da ich immer großes Interesse an der spanischen und lateinamerikanischen Kultur hatte, fiel letztlich die Wahl auf das Spanischstudium. Die nächste Hürde war dann die Wahl des Studienortes. Ich schwankte einige Wochen zwischen Münster und Köln; letzendlich entschied ich mich dann aber doch für die studentische, überschaubare und grüne Stadt Münster.

Was mir anfangs nicht klar war (und mir während des Semesters immer mehr dämmerte), war, dass in Münster das Studium der Sprachen im Zwei-Fach-Bachelor meist auf den Lehramtsberuf hinauslief. Schätzungsweise 80% meines Semesters wollten Lehrer*innen werden; ich fühlte mich in der Hinsicht also etwas allein. Auch von den Dozenten*innen wurde oft signalisiert, dass sie in den Hörsälen vor allem Lehramtsstudierende erwarteten. Das war wohl unter anderem der Impuls für mich, dass ich mit der Wahl meines zweiten Faches nicht ganz zufrieden war.

Und dann ging es plötzlich los

Es fing mit den Orientierungswochen an, die von den Fachschaften organisiert wurden. Dazu zählten Informationsveranstaltungen von den Instituten aber genauso Touren durch die vielfältige Kneipenlandschaft Münsters sowie diverse Flunkyballturniere und Grillabende. Eigentlich sind die Orientierungswochen aber wohl nur dazu gedacht, neue Bekanntschaften zu schließen, erste Kontaktpersonen zu finden, an die man sich gewissenhaft in den ersten Wochen des Semesters wenden konnte. Das ist zu Beginn nicht einfach, man muss sich teilweise überwinden, die neuen Leute anzusprechen. Ich kann nur jedem ängstlichen Ersti raten, sich zu merken, dass alle neu und aufgeregt sind. Man ist also nicht der oder die einzige mit rasenden Gedanken!

In den ersten Wochen habe ich tatsächlich schon viele liebe Menschen kennengelernt, mit denen ich auch jetzt noch viel unternehme. Es hilft definitiv auch direkt mal mit denen, die einem sympathisch erscheinen, etwas zu unternehmen. Ob ein kleiner Kaffee oder vielleicht schon ein Spieleabend – das stärkt die Bekanntschaft und man wird nicht schnell wieder vergessen. Andererseits ist es aber auch überhaupt nicht schlimm, wenn man anfangs noch keine Leute gefunden hat, mit denen man sich gut versteht. Das entwickelt sich im Laufe des Semesters von ganz alleine! Gut ist es auch, beim Hochschulsport mitzumachen oder in andere Freizeitgruppen beizutreten. Beim Volleyballspielen, Salsatanzen oder im Chor lernt man sich doch leichter kennen als in der riesigen Gruppe bei der Orientierungswoche.

Was das Studium anbelangte, war ich in den ersten Wochen des Semesters tagtäglich aufs Neue aufgeregt. Würde ich alle Räume finden? Was würde ich heute Neues lernen? Und wen würde ich neu kennenlernen?

In beiden Fächern war ich anfangs begeistert dabei, schrieb fleißig mit (so wie man sich das als Ersti eben vorstellt) und nahm in den Seminaren auch oft aktiv teil (kleiner Tipp: wenn man sich viel meldet, geht die Zeit schneller rum). Das Seminar zur Literaturwissenschaft in Spanisch und die Einführungsvorlesung in Soziologie waren meine Highlights der Woche, zu denen ich immer gerne hinging. Andere Veranstaltungen stellten dagegen einen hohen Anspruch an mein Durchhaltevermögen.

Meine absoluten Horrorerlebnisse waren die zwei Referate, die ich in zwei Seminaren halten musste. Das eine handelte von der Barockepoche in Spanien, das andere von der eigenständigen Literaturrecherche in Soziologie. Bei dem Referat zur Literaturrecherche bin ich, während ich die Fachdatenbanken zur Informationsbeschaffung vorstellte, knallrot wie eine Tomate geworden und plötzlich war der Raum gefühlt auf 40°C aufgewärmt. Der Raum war natürlich wohltemperiert, ich war schlichtweg unglaublich nervös. Dazu muss man sagen, dass ich von Natur aus eigentlich eine aufgeschlossene und offene Person bin; bei Referaten dagegen würde ich allerdings komischerweise am liebsten im Boden versinken. Aber auch da muss man leider durch.

Das Aufkommen von Zweifeln

Im Laufe des Semesters gab es natürlich so einige Hochs und Tiefs. Ich hatte mehrere Male Heimweh nach der Ostsee und wollte meine Familie und alten Freunde wieder bei mir haben. Dagegen verordnete ich mir Besuche in der Heimat an, was die mulmigen Gefühle wieder verschwinden ließ. Außerdem hatte ich des öfteren Zweifel, ob das Studium überhaupt etwas für mich sei, ob ich das alles könne (wer kann schon alles?!) und ob meine Fächerwahl überhaupt in irgendeiner Weise sinnvoll sei. Diese Zweifel sind aber völlig normal, denke ich.

Bestimmte Zweifel sind mir allerdings während des Semesters immer wieder im Kopf herumgegeistert. Ich wurde einfach nicht so richtig warm mit meinem Zweitfach Spanisch. Mir gefiel der stark am Lehramt orientierte Aufbau nicht, ich hatte nicht richtig Anschluss gefunden und 90 % der Veranstaltungen waren bei mir durch Antriebslosigkeit charakterisiert. Anders in Soziologie.

Ich fragte mich immer wieder, ob etwas anderes nicht sinnvoller für mich wäre, sprach mit mehreren Studierenden, die ein anderes Fach begleitend zu Soziologie hatten und entschied dann eines Tages, dass das Spanischstudium für mich einfach nicht das richtige war (und das ist auch vollkommen in Ordnung! Wer will schon sein Studium in Regelstudienzeit abschließen?, Achtung: das war Ironie). Also brauchte ich eine Alternative.

Ich ließ mich beraten und stehe jetzt zwischen den Alternativen Ökonomik und Geographie. Im nächsten Semester werde ich mich dann noch genauer informieren und muss dann im Sommer eine erneute Entscheidung treffen (yay!).

Aber das Semester lief trotz der Zweifel weiter. Vorlesung folgte auf Vorlesung. Seminar folgte auf Seminar.

Aber da war ja noch die Soziologie

Als Studierende der Soziologie wird man merken, dass man im Hinblick auf Veranstaltungen viel Zeit zur Verfügung hat (im Vergleich zu anderen Studienfächern; meine Schwester studiert zum Beispiel Medizin. Eine Studie zu den Arbeitszeiten verschiedener Fächer findet man hier.). Dennoch ist die Vor- und Nachbereitung in diesem Fach wirklich nicht zu unterschätzen. Man muss sehr viel lesen und in viele Veranstaltungen, wie z.B. Statistik oder Methoden der empirischen Sozialforschung, viel Zeit privat investieren. Dafür eröffnet dieses Fach einem aber auch eine Menge interessante Fragen und neue Perspektiven, die man vorher nie für möglich gehalten hätte. Soziologie schult das kritische Hinterfragen von bestehenden Tatsachen, die in unserer Gesellschaft als statisch und unveränderbar angesehen werden. Deswegen empfahl und empfehle ich jedem, mindestens einmal sich in eine Soziologievorlesung zu setzen. Mein Freund musste und muss wohl auch weiterhin sich mehrere Male anhören, was ich Neues von meinem Soziologieprofessor gelernt hatte.

Letztendlich kam es zur Klausurenphase, die ich mir schlimmer vorgestellt hatte, als sie tatsächlich war. Für mich selbst habe ich für die meisten Klausuren die Karteikartenmethode wieder neu entdeckt. Es bedeutet zwar viel Arbeit, dafür lernt man aber während des Kartenschreibens direkt mit. Die Klausuren in Spanisch und die Statistikklausur in Soziologie wirkten auf mich persönlich mehr wie ein stumpf abfragender Test, der beinahe nur die Reproduktion erwartet. Man muss tatsächlich viel auswendig lernen können. Erst das Verfassen eines Essays für die Einführungsvorlesung in Soziologie forderte das eigenständige Denken. Auch dafür kann ich empfehlen, sich daran zu setzen, wenn man die Motivation aufbringen kann. Künstlich aufgebauter Druck ist dabei eher hinderlich.Falls es gerade einfach nicht lief, strich ich stattdessen eine Wand grün, danach klappte das Tastaturhauen deutlich besser! Natürlich hilft es ungemein, sich ein Thema auszusuchen, das einen auch wirklich interessiert. Ich habe meine Essay zum Beispiel über Probleme des Kulturbegriffes im Multikulturalimus geschrieben.

Was habe ich gelernt?

Rückblickend war das Semester auf jeden Fall etwas turbulent, aufregend, interessant, bestärkend und in vielen Situationen auch lustig (ja, Professor*innen machen auch mal Witze!). Ich habe viel Neues in den beiden Studienfächern gelernt, ich habe mich für die Soziologie begeistern lassen und ich habe gelernt, mit schwierigen Situationen und Entscheidungen umzugehen. Obwohl es schwierig war, meine Heimat zu verlassen und in eine neue Stadt zu ziehen, habe ich tolle Menschen kennengelernt und mich so langsam in meinem zweiten Zuhause eingelebt. Durch den Umzug schätze ich meine Heimat jetzt noch mehr und freue mich immer wie verrückt, wenn ich wieder in der fabelhaften Küstenstadt ankomme.

Achja und als Tipp für alle, die nach Münster umziehen, guckt euch bei Fahrradwegen immer um und fahrt bloß nicht auf der falschen Straßenseite! Ansonsten wird euch schnell mal das monatliche Budget von den netten blau gekleideten Menschen geschmälert…

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Stefanie Wollweber

Moin, Moin, ich bin Steffi und komme aus dem schönen Norden. Ich studiere seit Oktober 2015 Soziologie und Spanisch an der Uni Münster und erfreue mich jetzt meines Studentenlebens. In meiner Freizeit reise, koche, schreibe ich gerne und halte viel davon mit meiner Kamera fest.

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