Studium

Das Wintersemester zwischen Energiekrise und Pandemie

Welche Auswirkungen haben das Hygienekonzept und die Energieeinsparung auf den Lehrbetrieb und den Lebensalltag von Studierenden?
| Moritz Flottmann, Lisanne Droste |

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Artur Lambillotte | Unsplash

Die aktuelle Energiekrise trifft Hochschulen nach den Corona-Semestern empfindlich. Wie sollen sie mit zwei Krisen gleichzeitig umgehen und den Spagat zwischen einem passenden Hygienekonzept und der Einsparung von Energie andererseits schaffen? Und danach stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die getroffenen Maßnahmen auf den Lehrbetrieb und den Lebensalltag von Studierenden und Dozierenden haben.

Hygiene- und Energiesparmaßnahmen der Uni Münster

Die Universität Münster versucht eben diesen Spagat. So formulieren Rektor und Kanzler in einem Rundschreiben an die Studierenden, dass die Universität bei allen getroffenen Maßnahmen versuche, „die Auswirkungen auf Beschäftigte und Studierende so gering wie möglich zu halten„. Doch was bedeutet das in der Realität? Lehrveranstaltungen werden im laufenden Wintersemester in Präsenz abgehalten. Selbiges gilt für den Prüfungsbetrieb im kommenden Februar. Eine hybride Unterstützung der Lehrveranstaltungen ist möglich, aber von den individuellen Überzeugungen und technischen Kompetenzen der Lehrenden abhängig. Eine rein digitale Lehre wird ausgeschlossen, es sei denn, die Prüfungsordnungen erlauben dies. Die Situation würde sich ändern, wenn Bund und Land aufgrund der Pandemie erneut weitreichende rechtliche Maßnahmen beschließen würden. Bereits hier wird deutlich, dass ein Flickenteppich an Regelungen entsteht.

Um der Energiekrise entgegenzutreten, werden die universitären Gebäude im laufenden Lehrbetrieb auf maximal 19 °C geheizt und über die Weihnachtsferien komplett geschlossen. Wo in den vergangenen Jahren noch Aufenthalte in Instituten oder Bibliotheken möglich waren, sind diese nun passé. Lediglich die zentrale Bibliothek und die Zweigstellen für Medizin und Jura werden – wenn auch kalt – geöffnet sein. So ist auch die Maskenpflicht, dank mangelnder rechtlicher Rahmenbedingungen durch Bund und Land, nicht existent, es besteht eine freiwillige „Pflicht“. Die weitere Eindämmung der Ausbreitung des Virus erscheint bei reduzierten Lüftungsmöglichkeiten, um Energie zu sparen, wie eine Utopie.

Krisenplan anderer deutscher Hochschulen

Im Gegensatz zur Uni Münster und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, die das gleiche System anwendet, greift die Fachhochschule Südwestfalen zumindest zum Teil auf digitale Lehre zurück. Für die fünf verschiedenen Standorte gibt es zwei unterschiedliche Konzepte: In Iserlohn, Meschede und Soest soll montags die Lehre online und die Arbeit im Homeoffice stattfinden. Dadurch kann die Heizungs- und Lüftungsanlage weiterhin im Nacht- bzw. Wochenendabsenkungsbetrieb arbeiten. Auf die Standorte Hagen und Lüdenscheid trifft dies nicht zu. Dort soll ab Januar 2023 der Hochschulbetrieb komplett digital stattfinden, wodurch dann die Heiztemperatur abgesenkt und Energie/Gas gespart werden kann. Warum sich nicht auf ein Konzept geeinigt wurde, ist nicht ersichtlich. Zudem bleibt die Fachhochschule in der 51. Kalenderwoche (Weihnachten) geschlossen. 

Die Freie Universität Berlin informiert auf ihrer Website über die getroffenen Maßnahmen für das Wintersemester. Diese belaufen sich lediglich auf das Absenken der Raumtemperatur auf 19 °C und das Versetzen der Telefone und WLAN-Zugänge in einen Stromsparmodus über Nacht. Ansonsten setzt auch sie auf ein Präsenzsemester. Die verschiedenen Hochschulen Deutschlands gehen also unterschiedlich an die Energiekrise heran, verfolgen aber alle das gleiche Ziel.

Weitere Preissteigerungen für die Studierenden

Doch nicht nur in den Hochschulen werden Studierende mit der Energiekrise konfrontiert. In ganz Deutschland steigen die Strom- und Gaspreise – neben der einsetzenden allgemeinen Inflation – in astronomische Höhen. So stieg allein in Münster der Strompreis der Gasgrundversorgung um ca. 25 % pro kWh, der Strompreis um 20 %. Unberücksichtigt von der Gasumlage kommt es bei einer 2er-WG durchaus zu einer Preissteigerung von 600 € im Jahr. Gleichzeitig verknappt sich der Wohnungsmarkt massiv. So existieren nach dem MLP Studentenwohnreport 2022 nur drei Wohnungen oder WGs (unter 40 m2) pro 100 Studierende und nur zehn Angebote generell. Im Vergleich zum Vorjahr standen ca. 10 % weniger Wohnungen zur Verfügung. Außerdem lagen die mittleren Monatsmieten bei 12-18 €/m2, was zu Mieten um die 480 €, zuzüglich der Nebenkosten, führt. Angesichts des geltenden BAföG-Höchstsatzes (inklusive Wohnungszuschlag und Krankenkassenzuschuss) von 934 € im Semester und der monatlichen Kosten für Wohnen und Energie, wird schnell ersichtlich, dass Studieren perspektivisch ein Luxusvergnügen wird, da es nicht für alle erschwinglich ist.

Das Bestreben der Hochschulen, den Alltag der Studierenden möglichst wenig durch Krisenmaßnahmen zu beeinträchtigen, wird deutlich. Trotzdem treffen die steigenden Energie-, Gas-, Lebensmittel- und Mietpreise sowie sonstige Ausgaben die Studierenden aufgrund meist nur geringer finanzieller Mittel grundsätzlich stark, sie sind immer häufiger armutsbedroht. Sehr wahrscheinlich stellt diese Situation einen weiteren Grund dar, wegen dem Studierende nicht nur in diesem Semester beunruhigt in die Zukunft blicken.

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Moritz Flottmann

Lebt als Student der Germanistik und Geographie in Münster. Ist meistens im AStA oder reisend irgendwo in der Welt zu finden – und wenn das nicht reicht wird auch noch gekocht.

Lisanne Droste

…studiert Angewandte Sprachwissenschaften und hat generell großes Interesse an Sprache. In ihrer Freizeit findet man sie in selbst gestrickten Pullis mit einer Tasse Tee und einem Buch, durch die Natur des Sauerlands spazierend oder bei Spieleabenden mit Freund*innen.

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