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Film-Tipp: Im Puppenhaus des Wes Anderson
An der University of Texas lernten sich, Anfang der 90er zwei Studenten kennen, deren Namen heute in aller Ohren sind: Wes Anderson, der damals Philosophie studierte, und Owen Wilson, der wenige Jahre zuvor wegen seiner Streiche von der Schule geflogen war.
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An der University of Texas lernten sich, Anfang der 90er zwei Studenten kennen, deren Namen heute in aller Ohren sind: Wes Anderson, der damals Philosophie studierte, und Owen Wilson, der wenige Jahre zuvor wegen seiner Streiche von der Schule geflogen war.
Über 20 Jahre später wurde aus Letzterem ein bekannter Hollywood-Schauspieler, der bereits in über 40 Produktionen mitspielte. Wes Anderson, um den es in diesem Artikel gehen soll, wandte sich der Regie zu und brachte vor wenigen Wochen seinen neunten Film ins Kino. Was im Vergleich mit anderen bekannten Regisseuren, wie zum Beispiel wie Woody Allen (56 Filme) oder Steven Spielberg (37 Filme) fast wenig aussieht, stellt sich als detailverliebter Schatz skurriler Geschichten heraus, den wir euch hier gerne vorstellen möchten.
1994 erschien der Film „Bottle Rocket“ mit Owen Wilson in der Hauptrolle und vier Jahre später folgte „Rushmore“. Der Film aus der Feder des Filmeduos handelt von einem Schüler, der die Schulumgebung als perfektes Biotop für sich entdeckte und auch alle Energie in diverse AGs, Vereine und Mannschaften steckt – nur leider nicht in den Unterricht. Als er sich in eine neue Lehrerin verliebt und kurz davor ist wegen schlechter Leistungen von der Schule zu fliegen, fasst er einen Plan.
Dieser Film ist nicht nur die erste große Zusammenarbeit von Owen Wilson und Wes Anderson, ihrem Team gesellten sich auch noch Jason Schwarzman, mit ihm drehte Anderson 5 Filme, Bill Murray, den wir in 7 Filmen bestaunen können, sowie Owen Wilsons Brüder Luke und Andrew Wilson, beide in jeweils drei Filmen von Wes Anderson vertreten. Man bemerkt schon daran, dass der Regisseur sich immer wieder derselben Schauspielerriege bedient, dass es sich um eine andere Art des Filmemachens handelt, als sonst in Hollywood. Außerdem ist jeder der Filme bis in kleine Nebenrollen hinein mit unzähligen Stars der A-Klasse besetzt sind (George Clooney, Adrien Brody, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, Anjelica Houson, Edward Norton, Tilda Swinton, Ben Stiller, Gwyneth Paltrow, Danny Glover, Cate Blanchett, Bruce Willis, Frances McDormand, Ralph Fiennes, Jude Law), die sich die meisten millionenschweren Blockbuster Produktionen nicht alle leisten könnten.
Wie kommt es also, dass die großen Stars Schlange stehen und auch für wenig Geld in den Filmen mitmachen?
Dass sich der Stil Wes Andersons grundlegend vom Mainstream unterscheidet, ließ sich an seinem dritten Film „The Royal Tenenbaums“ bereits sehr gut ablesen. In der, 2001 erschienenen Tragik-Komödie um eine Familie, die den Kontakt weitgehend verloren hat und nach Jahren zum ersten Mal wieder unter einem Dach lebt, widersprachen Stil und Art des Erzählens dem gängigen Filmklischee. Der Film ist aufgebaut wie ein Buch, also gegliedert in Prolog, Kapitel und Epilog, und beinhaltet viele der Stilmittel, für die Anderson heute berühmt ist, zum Beispiel seine Versessenheit auf Symmetrie:
Owen Wilson und Wes Anderson erhielten für den Film eine Oscarnominierung für das beste Drehbuch. 2005, also erneut vier Jahre später, erschien mit „Die Tiefseetaucher“ ein surreales Märchen um eine Crew von Dokumentarfilmern, die sich, angeführt von Bill Murray, mit Monstern, Piraten und der Presse herumschlagen müssen. Die Filme von Wes Anderson scheinen in einem eigenen kleinen Universum zu spielen. Das bemerkt man vor allem daran, dass er zunehmend auf Kulissen setzt, zum Beispiel das Boot, oder das U-Boot, und seine Welten mit dem Gebrauch verschiedener Farbschemata von der Realität abhebt. Noch weiter zugenommen hat diese Wirkung in „Darjeeling Limited“, einem Roadmovie über drei Brüder, die eine Indienreise antreten, und findet ihren Höhepunkt in „der fantastische Mr. Fox“. Der Stop-Motion-Film, der mit seinem schwarzen Humor alles andere als ein Kinderfilm ist, war der erste Film von Wes Anderson, der nicht nur so aussah, als spiele er in einer Kulisse, oder einem Puppenhaus, sondern tatsächlich ein Trickfilm war.
2012 besann er sich jedoch wieder seiner Wurzeln und schuf mit „Moonrise Kingdom“ eine weitere Tragik-Komödie im Mikrokosmos einer Insel vor Neuengland.
Der aktuelle Kinofilm „Grand Budapest Hotel“ spielt noch mehr mit diesen Stilmitteln, die Wes Andersons Werk so von den Filmen anderer Regisseure abhebt. Der Concierge M. Gustave und der junge Lobby Boy Zero Moustafa arbeiten in einem Nobelhotel, das als eines der berühmtesten Hotels in Europa gilt. Während der restliche Kontinent langsam aber sicher auf den Zweiten Weltkrieg zusteuert, wird die Ruhe im Grand Budapest Hotel durch etwas ganz anderes erschüttert.
Wir können ohne Einschränkung jeden der oben genannten Filme empfehlen und hoffen, dass ihr genauso viel Spaß an der Puppenstube des Wes Anderson haben werdet, wie wir.
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Robin Thier
Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.
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Tags: AndersonDarjeeling LimitedEmpfehlungFilmFilmkritikGrand Budapest HotelKritikMoonrise KingdomMoviePuppenhausTiefseetaucherTippWes Anderson