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Nur noch kurz die Welt retten – Review „Mission: Impossible – Dead Reckoning Teil Eins“

Spektakuläre Stunts, humorvolle Dialoge und die Welt in Gefahr: Im mittlerweile 7. Teil der erfolgreichen Reihe liefert Tom Cruise – mal wieder – ein wahres Action-Feuerwerk ab.
| Daniel Rublack |

Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

Tom Cruise mit Motorrad an Klippe© Paramount Pictures

Merke: Eine Atombombe ist etwas, mit dem Ethan Hunt jederzeit belastet werden möchte. Benji wollte das gerne vermeiden. Schließlich hat Ethan gerade genug zu tun: Im Flughafen von Abu Dhabi gleichzeitig eine Zielperson verfolgend und von Agenten verfolgt. 20 Sekunden – übrig – auf dem Timer überzeugen Benji dann aber doch, seinen Freund über das „kleine“ Problem zu informieren. Knapp wie immer also – eben typische Mission: Impossible.

Ein eingespieltes Team

Mission: Impossible – Dead Reckoning Teil Eins (einfach MI:7 genannt) folgt genau jener Erfolgsformel, die Tom Cruise seit Jahren so erfolgreich macht: Einfache Geschichten, sympathische Charaktere und sehr gute Action. Diese pure Form von ehrlicher Unterhaltung dankt ihm das Publikum weltweit mit starken Besucherzahlen.

Das Team ist erkennbar eingespielt: Regisseur Christopher McQuarrie drehte schon die beiden Vorgänger Fallout und Rogue Nation. 2012 inszenierte er Tom Cruise bereits als Jack Reacher, der sogar eine Fortsetzung erhielt. Bei Operation Walküre, Edge of Tomorrow, Die Mumie und Cruise Mega-Hit Top Gun: Maverick arbeite McQuarrie am Drehbuch.

Gegner aus dem Cyberspace

Mit Philip Seymour Hoffman wurde 2006 in Mission: Impossible III wohl der beste Bösewicht des Franchise erreicht. Sein gerissener Waffenhändler Owen Davian war zwar keine weltweite Bedrohung, aber ein definitiv ernstzunehmender Gegner. Die intensive Verhörszene – gleich zu Beginn – ist einer der besten Momente der Reihe, trotz oder abseits aller spektakulären Action-Sequenzen.

Im Nachfolger Phantom Protokoll spielte Mikael Nyqvist zwar stark auf, seine Figur erreichte jedoch nicht jene Tiefe eines Davian. Zuletzt sorgte Sean Harris als abtrünniger Agent für Chaos. Sein Solomon Lane passte ideal als Anführer des Syndikats: Ohne Gewissen, berechnend und trotzdem mit einer gehörigen Portion Jähzorn ausgestattet. Insbesondere seine in Rogue Nation aufgebaute persönliche Fehde mit Ethan Hunt ergänzte Fallout um eine schöne Schärfe.

© Paramount Pictures

In MI:7 bleibt der Bösewicht leider blass – denn eigentlich ist er nur ein Scherge. Die hinter ihm operierende böse KI – Entität – bleibt ungreifbar, unpersönlich und damit leider uninteressant. Trotz ihrer angeblichen Allmacht wirkt sie nie ernsthaft bedrohlich. Warum startet sie nicht einfach alle Atomraketen und vernichtet die Welt, wenn sie es kann? Ihr Ursprung ist mangelhaft und ihre Motivation bleibt vollkommen ungeklärt. Besser wäre es gewesen, die Geschichte umzukehren: Der Bösewicht nutzt eine KI, um beispielsweise das weltweite Bankensystem lahmzulegen oder besagte Atomraketen einzusetzen.

Esai Morales gerät so jedoch zum Schurken zweiter Klasse. Seine Verbindung zu Ethan wird wohl erst im Nachfolger geklärt – was MI:7 als alleinstehendem Werk wenig hilft. Dem Charakter mit nur einem Namen – Gabriel – etwas Ominöses zu geben, ist ein plumper Versuch ihm Stärke zu verleihen. Wie er fast schon in einer Art God-Mode agiert, wirkt schon sehr konstruiert. Selbst für die einfachen Ansprüche an seine Gegenspieler ist das für Mission: Impossible dürftig.

Die Geschichte selbst braucht dann auch leider zu viele Erklärungen: „Show, don´t tell“ ist stets besser als Exposition mit dem Holzhammer. Konferenzräumen sind in vielen Werken ein Tiefpunkt, eine schlicht unnötige Bremse. Wenn wichtige Leute ernst in die Kamera schauen und dramatische Sätze sagen, kannibalisiert sich die Wirkung davon recht schnell. Generische Dialoge retten dann erst recht nichts.

© Paramount Pictures

Das Team

MI:7 hat (zu) viele Gesichter zu bieten – alte wie neue. Letztere sind teilweise, wie die Agenten auf der Jagd nach Hunt, eher überflüssig. Sie dienen lediglich als dritte Partei bei Verfolgungsjagden. Der machtbesessene CIA-Chef ist einfach nur furchtbar (und) stereotypisch. Pom Klementieff – bekannt aus Guardians of the Galaxy – hat als Assassine zwar ganz offensichtlich Spaß, ist aber auch nicht mehr als standardisiertes Beiwerk. Kein Vergleich also zu Henry Cavill, der in Fallout als Agent Walker einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Wieder mit von der Partie ist Henry Czerny – der IMF-Chef aus dem ersten Teil. Der Grund dafür wird sich wohl erst im Nachfolger klären. Insbesondere als Erzähler bettete er sich jedoch gut in die Geschichte ein. Das lässt sich über Vanessa Kirby als weiße Witwe leider nicht sagen: Irgendwie in die Handlung gequetscht, spielt sie noch merkwürdiger auf als im Vorgänger. Gefühlt erhält sie dafür mehr Screen Time als Rebecca Ferguson. Obwohl ihre Ilsa Faust sowie deren Schicksal absolut elementar für die Handlung sind, ist sie kaum präsent. Das schadet Ethan Hunts Motivation, gerade da eine romantische Beziehung zwischen den beiden nur angedeutet wird.

© Paramount Pictures

Eine echte Bereicherung für das Team und Franchise ist Grace. Hayley Atwell – bekannt wohl als Marvels Peggy Carter – verkörpert eine der heutzutage so oft geforderten „starken“ Frauen-Rollen. Aber eben mit authentischer Finesse und nicht dem woken Holzhammer. Als Diebin gerät sie zwischen die Fronten und muss sich für eine Seite – die gute – entscheiden. Ihre Synergie mit Ethan Hunt ist herrlich: von unterhaltsamen Taschenspieler-Tricks über trockene Sprüche bis zu rasanter Action. Allen Täuschungen zum Trotz hat Grace stets eine ehrliche und vertrauenswürdige Aura um sich. Mit ihrem treuen Herzen ist sie sofort Sympathieträger – perfekt also für das Team.

Dem gehören nach wie vor Benji und Luther an. Ving Rhames mit seiner brummigen Art ist einfach ein Unikat. Zwar erhält er in MI:7 einige arg generische Dialogzeilen, aber Luther kann man das einfach nicht übel nehmen. Benji ist und bleibt eben Benji – witzig, clever und zutiefst loyal. Simon Pegg stellt für mich einen der besten Nebendarsteller überhaupt dar. Sogar mehrfach, denn Benji hat meine Sympathie ebenso wie Scotty aus Star Trek.

Als gewohnte Elemente kaschieren beide manche Schwächen des Drehbuchs. Viele Dialog in MI:7 sind austauschbar, aber wenn es um Freundschaft geht, dann geht es sofort unter die Haut. Dass das Leben seiner Freunde für ihn immer wichtiger sein wird als sein eigenes, nimmt man Ethan daher zu 100 Prozent ab. Und ebenfalls, dass seine Freunde – allem Risiko und den Entbehrungen zum Trotz – jedem noch so irrwitzigen Plan folgen. Dieses eingeschworene Team ist für jeden ein Rückhalt.

© Paramount Pictures

Zuletzt wäre der große Meister selbst zu nennen: Tom Cruise. Wandlungsfähig, unfassbar engagiert und vollkommen wahnsinnig. Ein Mann gemacht für das Kino und dabei einer seiner größten Förderer. Kaum ein anderer schafft es immer wieder, Filme so für das Publikum zu machen. Mit seiner harten Arbeit möchte er – glaubhaft – allen eine gute Zeit ermöglichen. Erfolgreich.

Sein Ethan Hunt selbst ist ein echtes Phänomen. Eigentlich mit gar nicht mal so viel Tiefe ausgestattet, funktioniert er aufgrund von Cruise vollster Hingabe und seinem einzigartigen Charisma. Einer der besten und eindeutigsten „Guten“ wird immer wieder zu Unrecht als Abtrünniger oder Verräter deklariert, und rettet trotzdem die Welt. Ethan ist jemand, den viele wohl selbst gerne als Freund bezeichnen würden. Er ist fit, aber ragt physisch nicht besonders hervor. Daher muss er clever vorgehen, behilft sich mit Tricks und seiner Menschenkenntnis. Wenn improvisiert werden muss, läuft er zur absoluten Hochform auf.

Technische Extraklasse

Was mir persönlich bei MI:7 mehrfach aufgefallen ist und mich regelrecht begeistert hat: die teilweise phänomenale Bildschärfe, insbesondere bei einigen Nahaufnahmen. Gerade Action-Filme haben sonst aufgrund der schnellen Schnittfolge öfter einen Hang, schwammig zu erscheinen. Ganz schlimm wird es, wenn Hintergrund (Green Screen) und Vordergrund (etwa Personen) nicht verschmelzen. Diese´Mission jedoch bietet eine bemerkenswerte Laufruhe mit scharfen Details. Auch bei schnellen Wechseln gibt es keine verschwommenen Momente. Wen solche handwerklichen Aspekte so faszinieren können wie mich, wird mit MI:7 seine helle Freude haben.

© Paramount Pictures

Die Inszenierung ist – gewohnt – sensationell. Auch bei den wildesten Verfolgungsjagden behält die Kamera den Überblick. Stilvolle Schattenbilder bei Kämpfen wechseln sich mit atemberaubenden Panoramaaufnahmen ab. Die Szenerie, beispielsweise Rom, wird sehr geschickt als eigener Charakter eingebaut – Stichwort: überall Roller. Immer wieder möchte man angesichts der immersiven On-Ride-Aufnahmen, Drohnen-Shots oder Slow-Motions mit der Zunge schnalzen. MI:7 bietet eben viel optischen Inhalt – Action, Action, Action – und präsentiert diesen mit gekonnter Eleganz.

Ebenso herausragend ist die bombastische Tonspur. Beim Soundtrack ist das MI-Thema in verschiedenen Variationen einfach Kult und bereitet echte Freude. Was der Streifen allerdings beim Surround und Bass abfeuert – schlicht verrückt. Allen sei wärmstens empfohlen, MI:7 im bestmöglichen Setup zu erleben. Der im Kinosaal (Atmos) tobende Sandsturm der Wüsten-Sequenz, begleitet von Schüssen aus verschiedenen Richtungen, ist eine Referenz für immersiven Surround-Sound. Bei Verfolgungsjagden donnern die Motoren, als ob sie gerade direkt neben einem stünden. In der Stadt heulen die Sirenen, durch die Alpen rast die Dampflok pfeifend über die Schiene. MI:7 hat Saft und Kraft auf der Anlage – so muss Spektakel klingen.

Action, Action und noch mehr Action

© Paramount Pictures

Trotz seiner beachtlichen 164 Minuten Laufzeit vollbringt MI:7 das Kunststück, niemals zäh oder gar langweilig zu werden. Das hohe, aber passende Tempo sorgt für einen dauerhaften Adrenalinspiegel, der einfach mitreißt. Das macht dann richtig Spaß. Etwas gekürzt hätte es selbstredend jedoch genauso geklappt.

Vom Rätselspaß mit Atombomben und Wer-bin-ich über Verfolgungsjagden quer durch Rom bis zu Zügen ohne Bremse: Hier wird gefühlt alles geboten. Dabei würzt MI:7 seine pulstreibende Action mit der gewohnten Note an feinem Humor. Vor allem chaotische Szenen werden mit Wortwitz und Situationskomik noch besser: Beispielsweise, wenn Benji extrem unter Stress steht, obwohl Ethan gerade von einem Berg springen muss. Schön ist zudem, dass ein 7. Teil noch Neues ausprobiert: Die kurze Slapstick-Einlage mit dem kleinen gelben Fiat ist einfach nur köstlich. Solche Feinheiten begeistern und beweisen, warum sich das Franchise nach wie vor so großer Beliebtheit erfreut.

© Paramount Pictures

Anzumerken ist, dass MI:7 zwar bei der Geschichte ein neues Level an Größe erreichen will, bei der Action jedoch seine eigenen wahnwitzigen Maßstäbe nicht mehr toppt. Verhältnismäßig waren das Klettern an der Fassade des Burj Khalifa, das Hängen am Transportflugzeug sowie zuletzt am Helikopter einfach noch etwas krasser. Viele andere Action-Streifen packt MI:7 mit einem x-fachen Adrenalin-Faktor aber dennoch ganz locker in die Tasche. 

Tom Cruise riskiert zur Freude des Publikums erneut Kopf und Kragen. Der vielfach angeteaserte Motorrad-Fallschirmsprung ist atemberaubend. Auf – spektakulär – und im Zug geht beim Finale so richtig die Post ab. Gerannt wird wieder ohne Ende und ohne Schnitte – das ist einfach ein absolutes Markenzeichen. Die Verfolgungsjagd in Rom stellt für mich das Highlight dar und einen der besten Momente in der Reihe: so viele Fahrzeugwechsel, Beteiligte, enge Straßen, Sprüche, Slapstick, kleine Details sowie Bild und Ton vom Allerfeinsten.

© Paramount Pictures

Das Fazit

Die maue Geschichte um eine ungreifbare Entität samt schwachem Bösewicht ist schon ein Downer. Unnötige Expositionen, zu viele Charaktere und stellenweise arg generische Dialoge sind eine Folge. Als Setup für geniale Action wäre da einfach mehr drin gewesen.

In seinen Kern-Kompetenzen überzeugt MI:7 jedoch eindrucksvoll. Das macht Schwächen verzeihlicher. Trotz seiner langen Laufzeit ist diese Mission angenehm kurzweilig und packt einen einfach. Grace ergänzt das Team großartig. Dieses improvisiert sich humorvoll von einer waghalsigen Nummer in die nächste. Die Action ist spektakulär und inszenatorisch wird – mal wieder – die Extraklasse geboten.

Wer bestes Popcorn-Kino möchte, ist hier also perfekt aufgehoben. MI:7 ist eindeutig für die Fans – pure Unterhaltung, wie seine Vorgänger oder zuletzt Top Gun: Maverick. Tom Cruise begeistert erneut und bietet eine sehr gute Zeit.

© Paramount Pictures

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