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Wollen wir nicht mal einen Moment anhalten?

Eine Diskussion rund um Raketenstarts und große Probleme
| Robin Thier |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Robin Thier

Vor wenigen Tagen wurde ein Test der Rakete „Falcon Heavy“ von SpaceX erfolgreich durchgeführt. Elon Musks Griff nach den Sternen ist auf der einen Seite ein mächtiges Zeichen für den Fortschritt. Das nächste Ziel ist eine bemannte Mission zum Mars. Auf der anderen Seite werden Stimmen laut, die von Größenwahn und verschobenen Ansprüchen sprechen. Man könnte sich fragen, ob unser Ziel wirklich im Weltraum liegen sollte? Haben wir nicht größere Probleme, hier auf der Erde? Das folgende Gespräch könnte so (oder ähnlich) stattgefunden haben.

Maria
Schon cool, das mit der Rakete. Aber ich denke mir bei solchen Nachrichten immer: Wollen wir nicht erst mal unsere heutigen Probleme lösen, bevor wir den nächsten Turm von Babylon bauen? Sollten wir nicht unsere jetzigen Emissionen durch Transportmittel regulieren, als ein neues Transportmittel gängig zu machen, das unfassbar viele Emissionen produziert? Oder einfach direkt eine emissionslose Rakete entwickeln. Wir dürfen doch nicht die gleichen Fehler machen, die wir schon seit Jahrzehnten begehen.

Caro
Die Besiedlung fremder Planeten könnte die Lösung für die Menschheit sein, falls wir unseren Planeten weiter so bearbeiten, wie wir es jetzt tun!

Hannes
Entwicklung läuft nun mal immer parallel zu anderen Dingen. Klar haben wir andere Probleme. Aber wir können nicht einfach die Raumfahrt pausieren, damit wir uns in Ruhe darum kümmern können. Wir werden immer irgendwelche Probleme haben und manche Sachen erscheinen immer wichtiger als andere. Scheuklappen sind auf Dauer aber nicht das richtige Vorgehen. Die Entwicklungen in den verschiedenen Bereichen beeinflussen sich gegenseitig und führen am Ende in ganz anderen Bereichen zu Verbesserungen. Große Bereiche heutiger Technik kommen ursprünglich aus der Weltraumforschung. Du kannst sehr wahrscheinlich noch keine Rakete bauen, die gar keine Emissionen ausstößt. Außerdem ist das ja ein so kleiner Prozentsatz von der Gesamtsumme, dass es wohl zu vernachlässigen ist. Da sollte man mal lieber Kreuzfahrtschiffe verbieten…

Thomas
Die Frage ist halt nicht eindeutig zu beantworten. Egal was passiert, wenn wir als Spezies überleben wollen, müssen wir irgendwann auf andere Planeten expandieren. Die Erde gibt nicht unendlich viel her. Es weiß zwar niemand ganz genau, wann die Erde unbewohnbar wird, das hängt von tausenden Faktoren ab, aber eines Tages ist es soweit. Außerdem habe ich großes Verständnis für die Faszination an der Sache: Wenn man mich vor die Wahl stellen würde, Dinge in den Weltraum zu schießen oder stattdessen flächendeckend Emissionswerte zu senken, würde mir die Entscheidung nicht schwerfallen.

Maria
Genau das ist es doch! Hat jemand, als die ersten Dampfschiffe gebaut wurden, gedacht: „Ach herrje, was passiert nur, wenn eines Tages ganz viele von diesen Dampfern fahren? Ich mache ja nur ein wenig Schmutz, aber was, wenn es immer mehr gibt?“ Mit den Raketen genauso: Wenn wir in die Entwicklung investieren, dann wird es irgendwann Touristen-Raketenfahrten geben. Ich sage ja nicht, dass Raumfahrt nicht wichtig ist, aber zum Beispiel Emissionen und Ressourcenverbrauch sind Gründe, warum unsere Erde bald nicht mehr bewohnbar ist. Und wenn Raketen, die uns auf andere Planeten bringen können, unsere Lösung sein sollen, dann sollten sie doch nicht genau das machen, warum wir überhaupt in diesem Schlammassel stecken. Außerdem: Wenn wir von heute auf morgen alles umstellen würden (hypothetisch natürlich), würde die Erde dann immer noch ab einem gewissen Punkt unbewohnbar sein oder könnten wir durch eine bestimmte Lebensweise die Ressourcen so nutzen, dass die Menschheit hier ewig leben kann?

Thomas
Selbst dann verbleiben unzählige andere Risiken. Atomkrisen, Meteoriteneinschläge oder Vulkanausbrüche ungeahnten Ausmaßes. Darüber hinaus „verbrauchen“ wir ja regelmäßig Ressourcen in einem Lebenszyklus, in dem wir nicht 100% der eingesetzten Materialien zurückgewinnen können. Wir haben immer Verluste, die wir nicht nutzen können, egal ob Erdöl, Plastik, Metall oder Ähnliches. Außerdem lässt du ein paar wesentliche Faktoren wie internationale Regulation außer Acht.

Maria
Ja, theoretisch ist mir das klar. Aber praktisch haben wir Regulationen und trotzdem zu viele Emissionen und fortschreitenden Ressourcenabbau. Es würde mich wundern, wenn das bei den Raketen anders wird.

Hannes
Man sagt, dass die Erde etwa die Hälfte ihrer natürlichen Lebenszeit hinter sich hat. Und es ist zum aktuellen Zeitpunkt wohl noch nicht möglich, Raketen zu bauen, die gar keine Emissionen produzieren. Wenn wir warten möchten, bis wir das können, bröckelt uns die Erde unterm Arsch weg. Das Problem ist, dass viele Menschen nicht weit genug denken. Beispiel Elektroauto: Das Auto stößt keine bis sehr wenig Emissionen während der Fahrt aus. Was wird aber bei der Herstellung der Batterien an Emissionen erzeugt und was bei der Erzeugung des Stroms? Es ist alleine daher sinnvoll, andere Planeten/Monde erreichbar zu machen. Man denke auch an die Endlagerproblematik für Atommüll.

Caro
Bitte schnall keinen Atommüll vorne auf Raketen, von denen auch nur eine von hundert innerhalb der Atmosphäre explodiert!!

Thomas
Die Problematik ist nicht schwarz oder weiß. Es ist technisch leider nicht möglich, von heute auf morgen die Welt zu retten. Deswegen gibt es gesetzte Ziele, die Schritt für Schritt versucht werden, zu erreichen. Oh und seit wann ist der Wasserstoff-Raketenantrieb in irgendeiner Weise umweltschädlich? Ich weiß, die Falcon-Raketen laufen zurzeit noch auf RP1. Aber es bringt ja nichts, den Fortschritt ganz zu bremsen.

Maria
Raketen sind nicht umweltschädlich? Krass! Ich stelle ja nur Fragen und Überlegungen an und weiß von dem ganzen Wissenschaftskram dahinter wenig. Ich habe allerdings Bilder aus Zentralamerika oder aus anderen Ländern vor Augen, wie viel Müll und Emissionen dort völlig unreflektiert produziert werden. Ich bin der Meinung, zukünftige Fortschrittstechnik sollte direkt bei der Entwicklung die Umwelt und auch soziale Ungleichgewichte direkt berücksichtigen. Es gibt da so ein Theaterstück, „Nach Babel“, das spielt in einer postapokalyptischen Welt, in der der letzte „Turm von Babel“, also quasi der Hochmut der Menschen über Gott (oder die Natur), in sich zusammengestürzt ist. Das bezieht sich natürlich darauf, dass wir immer mehr wollen und immer höher hinaus, aber dass wir daran zugrunde gehen werden, wenn wir nicht auf unsere Umwelt und unsere Menschlichkeit achtgeben.

Caro
Sicher ein wichtiger Gedanke. Das Problem ist nur, dass man die Folgen der Entwicklung nicht absehen kann.

Maria
Also ich habe einfach keinen Bezug zu Raketen und Weltuntergängen. Ich denke dann immer „ja kann man mal für 5 Minuten drüber spinnen und sich dann wieder den „realen“ Problemen im Alltag zuwenden“.

Thomas
Deine Grundgedanken sind ja durchaus richtig, wie die Reduktion von Emissionen. Aber wenn das alles so einfach wäre, würde man es wahrscheinlich tun. Leider gibt es neben verschiedenen technischen Schwierigkeiten auch unterschiedliche Interessensgruppen. Und da wird das Thema schnell sehr unübersichtlich. Ich würde mir auch niemals anmessen wollen, da auch nur einigermaßen einen guten Überblick zu haben.

Und wie stehst du zu dem Thema? Steige auch du in die Diskussion mit ein und lasse uns einen Kommentar da.

Dieser Artikel stellt nur die Meinung der AutorInnen dar und spiegelt nicht unbedingt die Ansichten der Redaktion von seitenwaelzer wider.

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Robin Thier

Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.

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