Kultur und Medien

Buch-Tipp: Don’t Sleep, There Are Snakes

Am besten, ihr vergesst alles, was ihr über Sachbücher zu wissen glaubt. Langweilig? Trocken? Nur für Fachidioten? Heute möchte ich euch ein, zugegebenermaßen schon älteres Sachbuch vorstellen, das eher einem Indiana-Jones-Abenteuer gleicht.
| Robin Thier |

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Dont's sleep, there are snakes | Profile Books

Am besten, ihr vergesst alles, was ihr über Sachbücher zu wissen glaubt. Langweilig? Trocken? Nur für Fachidioten? Heute möchte ich euch ein, zugegebenermaßen schon älteres Sachbuch vorstellen, das eher einem Indiana-Jones-Abenteuer gleicht.

Der deutsche Titel des Buches ist eher ungünstig gewählt: „Das glücklichste Volk: Sieben Jahre bei den Pirahã-Indianern am Amazonas“ klingt wirklich wie ein Buch, was man höchstens in der hintersten Reihe im Regal eines Anthropologen entdecken würde. Der Originaltitel jedoch „Don’t sleep, there are Snakes“ [Schlafe nicht, es gibt Schlangen], impliziert schon, dass wir es hier mit einem durchaus interessanten Thema zu tun haben. Der Titel hat jedoch eine besondere Eigenschaft, denn dieser Satz wird bei den Pirahã-Indianern vor dem Schlafengehen gebraucht, ähnlich dem deutschen „Gute Nacht“.

Das Buch fasst die Erlebnisse des Autors Daniel Everett, autobiografisch zusammen, einem Amerikaner, der Mitte der 80er Jahre als Missionar zu dem Urwaldvolk geschickt wurde, deren Kultur, Denkweise und vor allem Sprache mit nichts auf der Welt vergleichbar wäre. Im Laufe von über 30 Jahren entschlüsselte er ihre Sprache, lebte und arbeitete er im Dschungel und wurde Teil einer Welt, wie sie andersartiger nicht sein könnte. Soviel zum Inhalt. Aber lohnt es sich ein Buch zu lesen, das eigentlich kein richtiges Ende besitzt und von dem man auf Wikipedia über das Schicksal der Protagonisten nachlesen kann? Unbedingt!

Anstatt mit langen Thesen und Erklärungen der Sprache beginnt das Buch mit der Ankunft des jungen und motivierten Missionars bei einem Volk, mit dem er sich nicht verständigen kann und die er nicht versteht und geht gleich zu einer heftigen Schilderung über: Was, wenn man mitten im Dschungel, Hunderte Kilometer von jeder Stadt entfernt, an Malaria erkrankt? Was, wenn ein Händler die Männer des Dorfes, deren Organismus ganz extrem auf Alkohol reagiert, betrunken macht und sie beschließen dich und deine Familie zu töten?

Mit diesen extremen Ereignissen befasst sich das Buch ebenso, wie mit den Schilderungen über den Alltag im Dorf, die Jagd und Dorffeste.

Auf diese Weise, durch das Wiedergeben von prägenden Ereignissen führt Everett den Leser langsam in die unbekannte Welt ein. Zwar sind die Theorien und Hypothesen, die Everett zur Entwicklung menschlicher Sprache aufstellt unter Sprachwissenschaftlern umstritten, doch er zeigt zum Beispiel sehr gut, wie man sich eine Sprache lernen kann, ohne Handbuch, Hilfe oder Ableitungen von anderen Sprachen. Das ganze Buch schafft es dabei durchgehend eine gewisse Spannung zu halten, die unter anderem von der Faszination des Andersartigen herrührt. Es scheint an einigen Stellen fast, als beschreibe Everett eine außerirdische Zivilisation und man wagt es kaum sich vorzustellen, dass diese Menschen irgendwo im Amazonas-Regenwald tatsächlich leben.

Spoken Pirahã with subtitles

Beispiel der ungewöhnlichen Sprache des Indianervolkes

 Fazit

Das 416 Seiten umfassende Sachbuch mag für den einen- oder anderen langweilig aussehen, aber ein Blick lohnt sich auf jeden Fall, allein schon wegen des Schreibstiles, der an vielen Stellen an einen Abenteuerroman erinnert. Ich jedenfalls habe es nicht bereut mir das Buch auf Empfehlung angesehen zu haben und hoffe ein paar Eindrücke des Werkes gegeben zu haben.
Das glücklichste Volk: Sieben Jahre bei den Pirahã-Indianern am Amazonas

 

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Quellen:
http://daneverettbooks.com/background/about-the-pirahas/
http://de.wikipedia.org/wiki/Pirah%C3%A3
http://daneverettbooks.com/?attachment_id=451

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Robin Thier

Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.

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