Gesellschaft und Lifestyle / Meinung

Don’t be my valentine!

Es ist mal wieder soweit: Der Valentinstag steht vor der Tür. Hardy erklärt, warum wir diesen getrost ignorieren können.
| Hardy Monse |

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Eine Schachtel Pralinenjil111 | pixabay.com

Eine Partnerschaft kann anstrengend sein. Erst recht, wenn man sich ständig wegen irgendwelcher Anlässe Geschenke machen muss. Da gäbe es den Jahrestag, den Geburtstag der besseren Hälfte, Weihnachten, vielleicht auch noch Ostern oder Nikolaus und den Valentinstag. Alles Tage, an denen viele Paare meinen, ihre Liebe durch materielle Dinge unter Beweis stellen zu müssen. Aber warum eigentlich? Und wer profitiert davon?

Wirklich viel wissen wir nicht über den Ursprung des Valentinstages – nur, dass dieser wohl auf einen Märtyrer namens Valentin zurückgeht, der Ursprung also religiös ist. Obwohl der Valentinstag auch teilweise in den Kirchen gefeiert wird, ist der religiöse Bezug nicht im Ansatz so stark wie an Weihnachten. Das ist zwar mittlerweile auch in erster Linie ein Fest des Konsums, doch es ist immer noch für viele ein Anlass, im Gegensatz zu den restlichen 364 Tagen im Jahr, zumindest einmal eine Kirche aufzusuchen. Und der Grund, warum zweieinhalb Tage lang nicht eingekauft werden kann – der religiöse Ursprung ist da also nicht zu übersehen. Der Valentinstag ist allerdings anders – er bringt nicht-religiöse Leute wohl kaum dazu, mal wieder eine Kirche zu besuchen. Vielmehr mobilisiert die Werbeindustrie im frühen Februar die Leute.

Überall werden wir damit konfrontiert, dass am 14. Februar Valentinstag ist, mit der subtilen Botschaft, der*dem Liebsten doch ein Geschenk schuldig zu sein: In Geschäften, in der Werbung und durch Freunde, die fragen, was wir eigentlich am Valentinstag schenken wollen.

Da wären einerseits die Floristen, die allen Paaren klarmachen möchten, es sei eine gute Idee, sich zu diesem Tag abgetrennte, sterbende Geschlechtsorgane von Pflanzen zu schenken. Ist ja auch sehr romantisch, da die Nase reinzustecken und damit Räume zu dekorieren. Die Pflanzenblüte mutiert also zum Symbol der Liebe – nur schade, dass diese nach wenigen Tagen im Wasser langsam dahinwelkt und irgendwann anfängt, zu schimmeln, wenn sie nicht rechtzeitig im Müll gelandet ist. Was könnte bitte romantischer sein? Vielleicht Schokolade! 100 Gramm voller Zucker und Kinderarbeit für ein paar Minuten Genuss sind ebenfalls sehr romantisch, zumindest, solange die Verpackung schick aussieht. Schließlich landet beim Valentinstag ausnahmsweise nicht die 55-Cent-ja!-Schokolade im Einkaufskorb, sondern eine möglichst edel aussehende. Dass die teurere Schokolade nicht immer besser schmeckt und etwa die Lindt-Schokolade im Gegensatz zum Billigpendant nicht einmal das UTZ-Zertifikat trägt, spielt natürlich keine Rolle – Hauptsache, romantisch! Ebenfalls ein Klassiker: Ein überteuertes Gemisch aus Wasser, Alkohol und Duftaromen, damit die Person der Begierde so riecht wie der Duty-Free-Bereich im Flughafen. Als wäre die Intention, die große Liebe endlich mal gut riechen zu lassen. Aber ist das wirklich romantisch? Ein Philosoph namens Yung Hurn sagte einmal: „Das schönste Kompliment, was ich je bekommen habe, ist: ‚Ich liebe, wie dein Achselschweiß riecht‘. […] Aber da geht’s dann auch um Liebe“. Und er hat Recht: Den Schweißgeruch einer anderen Person zu lieben, ist absolut romantisch. Zumindest romantischer, als einen künstlichen Duft an dieser zu lieben.
Die Wohlhabenderen unter uns machen vielleicht einen romantischen Urlaub. Was könnte es auch Schöneres geben, als für einen der nachgefragtesten Tage Urlaub bei der Arbeit zu organisieren, bezahlbare Flüge, Bahnfahrten und Hotels zu finden und den Valentinstag zusammen weit weg zu verbringen? Ich hätte da ja eine Idee: Sowas in irgendeinem anderen Zeitraum zu machen und sich von dem gesparten Geld etwas Romantisches vor Ort zu gönnen. Immerhin hat ein sozial engagiertes Unternehmen die Not erkannt und bietet Hilfe an: Die Billigairline Wow Air schenkt den Partner*innen von Menschen, die Valentin oder Valentina heißen, in der Valentinszeit einen Hin- und Rückflug nach New York. Dann müssen nur noch ein Flugticket, Hotels und die Tage vor Ort bezahlt werden – Costa fast gar nix!

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Ist also mein einziges Problem mit dem Valentinstag, dass die typischen Geschenke bei näherer Betrachtung gar nicht so romantisch sind? Nein, es ist vielmehr der Grundgedanke. Der Gedanke, dass die Beziehung am 14. Februar romantischer sei als an allen anderen Tagen und dies gefeiert werden muss. In einer Beziehung ist jeder Tag romantisch, aber kaum einer perfekt. Und das ist auch gut so! Wenn wir unsere Partner wirklich lieben, tun wir das täglich. Auch an den Tagen, an denen wir streiten, nicht miteinander reden oder den*die Partner*in vielleicht sogar mit einer Salatschüssel bewerfen. Denn solche Tage gehören genauso zu jeder Beziehung wie jene, an denen einfach alles perfekt ist. Die romantischten Tage sind aber oft die, an denen nicht alles perfekt ist und normalerweise nicht vorhersehbar. Deshalb bringt es auch nichts, die Beziehung an einem einzelnen Tag zu glorifizieren, schließlich ändert auch der Valentinstag nichts daran, ob der Tag wirklich romantisch wird. Wird dieser romantisch, dann vielleicht dadurch, dass sich beide viel Mühe geben, lieb zueinander zu sein, was aber auch an anderen Tagen genauso funktioniert. Gibt es aber Spannungen, dann werden diese nur unter den Tisch gekehrt, was aber nicht aufrichtig ist – der Tag muss schließlich perfekt werden!

Sollten wir also keinen Valentinstag feiern? Nein. Wir müssen es aber nicht. Manche mögen es romantisch finden, sich für diesen Tag gemeinsam zur Marionette der Werbeindustrie zu machen, andere finden es vielleicht einfach schön, sich an bestimmten Tagen im Jahr in der Beziehung besonders viel Mühe zu geben. Das geht aber auch ohne Standardgeschenke und mit geringen bis keinen Kosten. Warum nicht einfach mal zusammen an einen Ort fahren, an dem ihr immer schon mal sein wolltet? Das Semesterticket bezahlen wir als Studierende ohnehin, wir könnten es aber öfters nutzen – damit wäre die Fahrt schonmal geregelt!

Noch immer vom Valentinstag überzeugt? Gute Argumente gibt es auch hier ;)

Feiert ihr den Valentinstag und wenn ja, wie? Schreibt es in die Kommentare!

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Hardy Monse

...studiert Kommunikationswissenschaft und interessiert sich für Medien, nicht aber für Vorlesungen. Liebt elektronische Musik, Kichererbsenburger, Lamas und Couponing. Sollte niemals zu ernst genommen werden, da er zu Zynismus tendiert und ernst meint, was er sagt. Versucht aber, ein ganz Lieber zu sein.

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