Kultur und Medien / Musik

Ein kleiner Tanzkurs

Moshpit und Co: Wie man sich auf einem Metal-Konzert zur Musik bewegt - ein kleiner Tanzkurs.
| Michael Cremann |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Pixabay | Pexels

Neulich berichtete mir eine Freundin von einem Hip-Hop-Konzert, auf dem sie zugegen war. Dabei sei es zu dem Versuch gekommen, einen Moshpit à la Metalkonzert zu starten. Scheinbar sind solche Moshpits, oder Pogos, mittlerweile auf jeder Gattung von Konzert bekannt und werden mitunter zu Liedern durchgeführt, bei denen einem das Wort “brutal” nicht einmal ansatzweise in den Sinn kommen möchte. Dennoch kam es bei jenem Konzert, wie mir erzählt wurde, zu Verletzungen und Attacken auf einzelne “Tänzer” im Pit.
– Ein absolutes No Go! –

Unter Tanz lässt sich ja bekanntlich recht viel fassen… Zum einen gibt es diejenigen, die selbst bei härtestem Metal ihre Hüften schwingen: wenn Du zu dieser Gruppe gehörst, pass‘ einfach auf, dass Du nicht andauernd jemanden anrempelst. Es gibt – das kann ich aus eigener Erfahrung sagen – wirklich nichts Nervigeres, als mit nach oben gestreckten Armen und ausgefahrenen Pommesgabeln lauthals sein Lieblingslied mitzusingen, während einem die Hüfte einer anderen Person mit Schwung immer wieder gegen den Körper geschlagen wird.
Es gibt natürlich immer noch Menschen, die da noch einen draufsetzen müssen: Ich wurde auf diversen Konzerten von Frauen “angetanzt” – meint: diese rieben sich einfach an mir – da wo sie mein Gemächt vermuteten -, die meine Mutter hätten sein können. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie das gewesen wäre, wenn die Geschlechter vertauscht gewesen wären… Seid einfach nicht solche Idioten!

Was die Fans der harten Musik, ja sogar die aufmerksamen Leser dieses Textes, nach meiner Einleitung erwarten werden, ist natürlich das, was Nichteingeweihte “Metal-Tanz” nennen mögen. Ob Moshen, Violent Dancing, eine Wall of Death oder ein Circle Pit. All dies wird gerne als “super gewalttätig” und “gefährlich” abgetan. Wenn man aber einige zentrale Regeln beachtet, ist es nicht sonderlich gefährlich und macht einfach Spaß.

Tanz(ex)kurs:

Für alle, die bei den ganzen Pits nicht genau wissen, wovon ich überhaupt geschrieben habe, hier die Erklärung:

Moshpit: Die Metalheads springen in einem wilden Haufen gegeneinander. Die Hände bleiben unten, sodass niemand Ellbogen ins Gesicht bekommt. Schubsen ist aber erlaubt.

Wall of Death: Die Metalheads teilen sich in zwei Gruppen, es werden zwei Fronten gebildet, die dann auf ein Signal in der Musik hin aufeinander zu rennen. Danach wird gemosht.

Circle Pit: Man rennt im Kreis. Manchmal wird ein bisschen geschubst.

Violent Dancing: Wildestes Schattenboxen. Mit Tritten und Schlägen sowie Drehungen im Takt der Musik wird ihrer Brutalität Rechnung getragen. Tun dies mehrere Leute, so entwickelt sich auch hier ein Pit, der allerdings nur wirklich Eingeweihten zu empfehlen ist.

Tanzregeln:

Regel Nummer 1: Wenn Du nicht mitmachen willst, geh weg. Versuche nicht, Deinen angestammten Platz mitten in einem Pit zu halten, dabei wirst Du Dir wahrscheinlich nur wehtun. Niemand wird versuchen, Dich aufzuhalten, wenn Du den Rückzug antrittst und niemand wird versuchen, Dich in den Pit zu zerren.

Das heißt im Umkehrschluss natürlich auch – Regel Nummer 2: Zwinge niemanden! So eine Gruppe von gegeneinander springenden, schwitzenden Metalfans kann schonmal recht einschüchternd wirken. Wenn jemand sich körperlich dazu nicht in der Lage fühlt, nicht genau weiß, was ihn oder sie da eigentlich erwartet, oder dieser Jemand schlicht keine Lust hat zu moshen, dann muss er oder sie nicht. Es gibt keinen Grund, eine Person in den Pit zu schieben, zu drängen oder zu werfen. Auch nicht, wenn man selbst mit Vollgas in die Mitte des Geschehens möchte und dieser jemand im Weg steht. Auch hier gilt: antippen, Absicht mitteilen, warten bis die Person Platz gemacht hat, Anlauf nehmen und ab dafür.

Lies auch: Warum malen die sich alle an? – Der Metaller als Randgruppe

Gerade bei so einem Manöver kann es schnell passieren, dass sich jemand auf den Bart legt. Daher gilt Regel Nummer 3: Wer fällt, wird aufgehoben. Meist stolpern die Leute über die Füße der anderen oder springen ins Leere. Manche werden auch unglücklich geschubst. Egal wie: Wer droht hinzufallen, wird abgefangen, wer liegt, dem wird aufgeholfen. Nichts ist gefährlicher, als am Boden zu liegen. Besonders wenn die Metalheads im Kreis rennen wie bei einem Circle Pit.

Was für Menschen gilt, gilt auch für deren Habseligkeiten. Schnell verliert man im wilden Tanz das Portemonnaie, das Handy oder gar die Brille. Hier gilt Regel Nummer 4: Suchen helfen! Falls jemand etwas verloren hat, hol Dein Handy raus, bilde mit den anderen einen großen Kreis, leuchte in die Mitte und hilf demjenigen beim Suchen. Gemosht wird zu dem Zeitpunkt nur außerhalb des Kreises.

Ganz wichtig auch noch Regel Nummer 5: Hilf den Verwundeten! Es kann schon mal sein, dass man einen Ellbogen in den Solarplexus bekommt, dass eine Schulter zu hoch oder ein Kinn zu niedrig waren. Menschen, die ausnehmend fertig aussehen oder gar bluten, muss aus dem Pit geholfen werden. Am besten begleitest Du sie direkt zum örtlichen Sani.

In der Beobachtung der ausgefalleneren Formen des Metal-Tanzes, gerade von oben, sollte sich Folgendes geradezu aufdrängen: Regel Nummer 6: Geh’ nicht dorthin, wo gerade Platz gemacht wird! Sowohl beim Violent Dancing als auch bei der Wall of Death kann dies für einen Unvorbereiteten sehr schnell bei Regel 5 enden. Ich selbst durfte Zeuge werden, wie eine junge Dame sich unbedarft in die frei werdende Lücke hinter einem Violent Dancer stellte, ohne zu wissen, dass dieser gerade im Begriff war auszuteilen. (Dies wird meist durch ein recht lockeres Boxen in Richtung Boden, bei gleichzeitigem lockeren auf und ab Hüpfen angezeigt.) Besagte Situation endete mit einem völlig unbeabsichtigten Kinnhaken für die junge Dame, da sie sich erst in seinen Tanzbereich gestellt hatte, nachdem er sich versichert hatte, dass genug Platz um ihn war.

Wenn Du diese Regeln befolgst, kann dir auf einem guten Metal Konzert eigentlich nichts passieren. Wie du dich außerhalb der Tanzflächen verhalten solltest, was zum guten Ton gehört und was gar nicht gern gesehen ist, kannst du im nächsten Artikel nachlesen.

Viel Spaß beim Testen deiner ersten Tanzschritte auf dem nächsten Konzert!

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Michael Cremann

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