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Kommunikation studieren?
Was studiert man eigentlich, wenn man "Kommunikationswissenschaft" studiert? Warum ist es mehr als "irgendwas mit Medien"? Hier gibt es Antworten.
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„Ach, du studierst Kommunikationswissenschaft, also erforscht ihr, wie Leute reden?“ Es ist gar nicht so einfach, Freunden oder Verwandten das eigene Studienfach zu erklären, wenn es sich um etwas Abstrakteres als Medizin, Geschichte oder Biologie handelt. An dieser Stelle möchte ich auch das Fach vorstellen, damit ihr in Zukunft Bescheid wisst. Also: Womit beschäftigt man sich, wenn man Kommunikationswissenschaft studiert? Die langweilige Antwort darauf ist, „Die Kommunikationswissenschaft untersucht die Bedingungen, Funktionen und Folgen medienvermittelter Kommunikation in der Gesellschaft“, aber jetzt seid ihr genauso schlau wie vorher.
Mehr als „Irgendwas mit Medien“
Wenn man „irgendwas mit Medien“ studieren möchte, wie es bei vielen Abiturienten seit ein paar Jahren der Wunsch ist, und ich schließe mich da nicht aus, dann stolpert man früher oder später über Fächer wie Kommunikationswissenschaft, Medienwissenschaften, Kommunikationsdesign oder Mediengestaltung. Obwohl alle irgendwie „Medien“ oder „Kommunikation“ im Titel haben, handelt es sich um völlig unterschiedliche Fächer mit verschiedenen Schwerpunkten. Bei der Mediengestaltung handelt es sich um einen Ausbildungsberuf. Kommunikationsdesign ist ein spezieller Designstudiengang, der an Fachhochschulen angeboten wird und in dem die Studierenden lernen, wie man zum Beispiel Plakate, Magazine oder die Oberfläche von Apps gestaltet. Die Medienwissenschaften gehen schon eher in die Richtung der Kommunikationswissenschaft – aber man hat einen anderen Schwerpunkt: Bei Medienwissenschaften handelt es sich um einen geisteswissenschaftlichen Studiengang, bei dem es vor allem um Medieninhalte geht und weniger um die Wirkung der Medien (was sind eigentlich Medien? Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten wie anfangs gedacht) auf die Gesellschaft geht. Das Fach Kommunikationswissenschaft ist eine Sozialwissenschaft und arbeitet auch so – nämlich mit Befragungen, Inhaltsanalysen und Beobachtungen. Ganz so trennscharf, wie ich es hier vorgestellt habe, ist es in der Realität nicht. Jedes Institut hat seine eigenen Schwerpunkte und oft überschneiden sich auch Themenbereiche der beiden Fächer. An der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster liegen Schwerpunkte unter anderem auf Journalismus, Neuen Medien, politischer Kommunikation, Public Relations, Werbung sowie Rezeptions- und Wirkungsforschung.
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Wirkung, Werbung, World Wide Web
Habt ihr euch mal gefragt, welchen Einfluss Massenmedien auf das politische Meinungsbild der Gesellschaft nehmen, wie Smartphones die Wahrnehmung von Katastrophen verändert haben, ob Fernsehwerbung wirklich funktioniert, ob Ballerspiele aggressiv machen, wie man eine Marke etabliert oder wie und warum sich Hassbotschaften in sozialen Netzwerken so schnell verbreiten? Dann seid ihr hier genau richtig, denn das alles sind typische Fragestellungen der Kommunikationswissenschaft.
Entschließt man sich, dem relativ hohen Numerus clausus zu trotzen und beginnt ein Studium der Kowi, gliedert sich der Bachelor in sechs Semester. Zu Beginn stehen eine zweiteilige Einführungsveranstaltung mit Grundlagen des Fachs sowie ein Modul mit dem Schwerpunkt Datenerhebung und -auswertung. Ja, hier braucht man wieder „Statistik“. Aber alle Mathemuffel können beruhigt aufatmen, man muss dafür kein Zahlengenie sein. Wer das Fach, so wie ich, allein – also im Ein-Fach-Bachelor – studiert, belegt außerdem Kurse zu Medienstrukturen und Medienrecht. Im weiteren Verlauf werden Seminare und Vorlesungen zu den vier Schwerpunkten „Gesellschaft, Öffentlichkeit, Kultur“, „PR und Werbeforschung“, „Journalismusforschung“ und „Media- und Rezeptionsforschung“ angeboten.
Die anderen Bereiche des Studiums sind vielfältig und machen deutlich, wie sehr die Kommunikationswissenschaft ein Fach ist, das sich über viele unterschiedliche Disziplinen erstreckt. Unter anderem muss man ein sogenanntes „Fremdmodul“ belegen, also eine Vorlesung oder ein Seminar aus einem anderen Fach, beispielsweise Erziehungswissenschaft, Politikwissenschaft, Psychologie oder BWL. Außerdem gibt es forschungs- und medienpraktische Seminare, in denen man der grauen Theorienwelt der Uni entkommen und sein Wissen praktisch umsetzen kann. Hier werden beispielsweise PR-Kampagnen unter Anleitung von Dozierenden aus der Praxis durchgeführt, Filme gedreht oder Radioreportagen produziert. Ein kleiner Teil des Studiums besteht aus „Allgemeinen Studien“, die völlig frei belegt werden können – hier gibt es ein vielfältiges Angebot von Wissenschaftstheorie über Rhetorik bis zur Unternehmensgründung. Ein Praktikum während des Studiums ist Pflicht.
Medien und Kommunikation als Wissenschaft
Egal, welche neuen Internet- oder Fernsehphänomene auftauchen, ob eine Partei eine neue Form der viralen Werbung testet oder ob die Zeitungen sich auf einen Skandal stürzen. Man kann davon ausgehen, dass irgendjemand dazu gerade forscht. Genau das reizt mich persönlich so an der Kommunikationswissenschaft: In kaum einem Fach werden Themen behandelt, die so aktuell sind und uns im Alltag so oft umgeben. Da wundert es nicht, dass oft über Themen wie das Social Web oder Streaming von Filmen und Serien gesprochen wird, über Werbung und Nachrichtenjournalismus, und das oft anhand aktueller Beispiele.
Was man aber nicht falsch verstehen sollte: Es handelt sich um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den oben genannten Themen. In der Kommunikationswissenschaft werden also keine Journalisten ausgebildet und Fernsehsendungen moderieren kann man hinterher genauso wenig wie Plakate gestalten. Wobei das vermutlich eine zu strenge Sichtweise darstellt: Das Studium legt die theoretische Grundlage, das Praxiswissen, mit dem man am Ende vielleicht doch als Journalist, Moderator oder PR-Fachmann arbeiten kann, wird zum einen in den Praxisseminaren gelegt und kann zum anderen auch in freiwilligen Schulungen angeeignet werden. Der Schwerpunkt des Instituts in Münster liegt allerdings auf der sozialwissenschaftlichen Arbeit und es ist damit, wie fast alles, was an der Uni gelehrt wird, eine Wissenschaft. Wer sich also für das Fach interessiert, weil er oder sie „gerne Filme schaut“ oder „viel im Internet unterwegs ist“, der ist nicht zwingend für das Studium geeignet. Wer aber schon Interesse für diese Felder mitbringt und auch Lust hat, die sozialwissenschaftlichen Hintergründe zu erfahren, dem lege ich ein Studium der Kommunikationswissenschaft ans Herz.
Und was wird man damit?
Diese Frage bekomme ich ebenfalls oft zu hören. Wie bereits erwähnt ist die Kommunikationswissenschaft ein Fach, das zu vielen Fächern Schnittstellen aufweist: Psychologie, Politikwissenschaft, Soziologie, BWL, Philosophie, Erziehungswissenschaft, um nur einige zu nennen. Ebenso vielfältig sind die Tätigkeitsfelder nach dem Studium. In Frage kommen zum Beispiel Berufe rund um Marketing und PR, Journalismus, Unternehmens- oder Personalkommunikation, Verlagswesen, Öffentlichkeitsarbeit oder Marktforschung. Sogar als ModeratorIn oder YouTube-Star kann man später arbeiten, wie Borja Schwember mit seinem Kanal „Doktor Allwissend“ unter Beweis stellte. Die Frage ist also nicht, was man mit einem Studium der Kommunikationswissenschaft später einmal wird, sondern was man daraus macht.
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Robin Thier
Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.
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«Entschließt man sich, dem relativ hohen Numerus clausus zu trotzen und beginnt ein Studium der Kowi, gliedert sich der Bachelor in sechs Semester.»
Was für ein irreführender Satz! Man bekommt keinen Studienplatz, weil man „dem nc trotzt“. Was für ein Blödsinn.
Entweder man bekommt einen Platz aufgrund seines Abiturschnitts oder der angesparten Wartezeit, aber nicht weil man es sich so sehr vornimmt
Geht gar nicht. Man brauch hier keinem mit Abischnitt unter 1,3 ernsthafte Hoffnungen auf einen Platz machen.
Nicht an der Uni!
Vielen Dank für deinen Kommentar. Schade, dass du mein leicht sarkastisches literarisches Stilmittel irreführend findest. Mir ist bewusst, dass man einem Numerus Clausus nicht trotzen kann – und er hier sehr hoch ist und für viele unerreichbar. Daher habe ich diese Formulierung gewählt.