Kino & Serie / Kultur und Medien
Die zwei Seiten der Menschlichkeit – David Mitchells Wolkenatlas
Ein Anwalt in Ozeanien um 1850, ein Komponist aus dem Jahre 1931, eine Journalistin, die 1975 auf den Spuren eines […]
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Ein Anwalt in Ozeanien um 1850, ein Komponist aus dem Jahre 1931, eine Journalistin, die 1975 auf den Spuren eines Atomskandals forscht, ein Verleger, der 2004 Probleme mit dem Altwerden hat, ein koreanischer Klon in der Zukunft und ein Ziegenhirte in einer postapokalyptischen Welt. Die Geschichten dieser Personen, mit denen man leicht sechs Romane füllen könnte, beschreibt David Mitchell in seinem Roman „Der Wolkenatlas“ und leistet dabei Großes.
Bedeutet Glück jedoch, das Schicksal zu besiegen, sich geschätzt zu fühlen und seine Erfüllung zu finden, sind wir von allen Sklaven mit Sicherheit die unglücklichsten.
Freiheit ist das große Thema des Romanepos, in dem der britische Schriftsteller David Mitchell die, auf den ersten Blick völlig verschiedenen Geschichten um sechs Protagonisten erzählt. Die sechs Geschichten, die nicht linear erzählt werden und auch schon mal mittendrin aufhören, sind nicht nur von unterschiedlichen Zeiten und Personen geprägt, sondern auch stilistisch verschieden.
Buch-Tipp:
Die Handlung des 2004 veröffentlichten Buches ist nicht einfach zu beschreiben, dennoch lässt sie sich in sechs Einzelhandlungen Gliedern. Zunächst ist da die, in Form eines Reisetagebuches geschriebene Geschichte eines jungen Anwaltes, der in Ozeanien einer seltsamen Krankheit erliegt. Die zweite Geschichte präsentiert sich als Briefwechsel zwischen einem Komponisten, der bei seinem Idol in die Lehre geht und seinem Geliebten. Als dritte Geschichte, im Stil eines Filmes geschrieben, begibt man sich an der Seite der Journalistin Louisa Rey auf Spurensuche nach einem Atomskandal in immer dunklere Verstrickungen der Macht großer Konzerne. Die nächste Geschichte wird von einem Verleger erzählt, der aus Versehen große Schulden macht und sich aus Furcht vor dem Konsequenzen in ein Altenheim begibt. Dort sitzt er fest, fasst jedoch schnell Fluchtpläne. Einen Zeitsprung von über 100 Jahren später wird ein Interview eines Klons aufgenommen, der gegen das oberste Gebot verstieß: Er wollte Menschlich sein. Weitere Jahrhunderte später erzählt ein Ziegenhirte in einer stark verkürzten Sprache, wie ein Ereignis sein Leben für immer veränderte.
All das macht den Reiz der Geschichten aus. Zum einen ist da die große Bandbreite der Erzählungen. Man muss sich immer wieder in die Denkweisen und den Stil der Figuren einfinden und ist immer gespannt, wie diese verschiedenen Geschichten denn nun weitergehen, allerdings ohne jemals den Faden zu verlieren. Es scheint fast, als habe nicht ein Autor das Werk verfasst, sondern viele zusammen, so unterschiedlich sind die Teile des „Wolkenatlas“ und doch wieder so ähnlich, denn alle Charaktere wollen nur eines: Frei sein.
Film-Tipp:
Nur selten kann die Verfilmung eines Buches an die Vorlage heranreichen. Beispiele dafür sind „Eragon“ oder „Tintenherz.“ Dass das bei Cloud Atlas anders ist, bei dem sich die Verfilmung in großen Teilen wortgetreu an das Original hält, liegt vermutlich auch an der Entstehung des Filmes. Nicht einer, sondern gleich drei Regisseure waren an der Produktion beteiligt, sodass jeder zwei der Geschichten inszenierte. Die Ähnlichkeit der Figuren der Geschichte wird dadurch demonstriert, dass sie hier auch von denselben Schauspielern gespielt werden, die jedoch teilweise durch die Maske so stark verändert wurden, dass man sie nicht wiedererkennt. Der Abspann, in dem die wahren Schauspieler hinter den Figuren gezeigt werden sorgt daher für einige Überraschung. Die deutsch-amerikanische Produktion von den Wachoswski-Geschwistern (Matrix) und Tom Tykwer (Das Parfum) dauert aufgrund ihrer Buchtreue auch sehr lang. Ca. 170 Minuten dauert das Epos, das ebenso wie die Buchvorlage keine leichte Kost ist, aber durch und durch Sehenswert. Die Altersfreigabe von 12 Jahren sollte hierbei jedoch mit Vorsicht zu genießen sein, da der Film an vielen Stellen drastisch und brutal ist. Eine Freigabe ab 16 Jahren, wie in Amerika, wäre sicher besser gewesen.
http://www.youtube.com/watch?v=VRrGmoGR08k
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Quellen: Titelbild: Wolkenatlas Titelbild
David Mitchell: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7f/David_Mitchell_by_Kubik.JPG
Verfilmung: http://www.entertainmentwallpaper.com/images/desktops/movie/cloud-atlas02.jpg
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Robin Thier
Gründer von seitenwaelzer, lebt in Münster und beschäftigt sich in seiner freien Zeit mit Bildbearbeitung, Webseitengestaltung, Filmdrehs oder dem Schreiben von Artikeln. Kurz: Pixelschubser.
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Tags: BuchkritikDavid MitchellFilmkritikMenschlichkeitVerfilmungWolkenatlas