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Die Jungs sind zurück – Kinoreview „Bad Boys For Life“

17 Jahre hat es gedauert, aber das Warten hat sich gelohnt! Diese Fortsetzung überzeugt mit der tollen Chemie seiner Protagonisten, einer mutigen Geschichte und jeder Menge Humor.
| Daniel Rublack |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

©Bad Boys for Life | 2019 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH

1995. Der als Prinz von Bel Air aufstrebende TV-Star Will Smith arbeitet mit dem Schauspieler Martin Lawrence – heutzutage wohl besser als Big Mama bekannt – und dem Werberegisseur Michael Bay zusammen. Unter der Leitung von Jerry Bruckheimer und Don Simpsons starten mit dem Action-Thriller Bad Boys drei weltweite Karrieren.

2003. Acht Jahre nach dem Vorgänger geht es an eine neue Runde. Der Konsens der Kritiker auf Rotten Tomatoes lautet kurz und knackig: „Two and a half hours of explosions and witless banter.“ Übersetzt also etwa 2 ½ Stunden Bum-Bum und witzloser Scherz. Was viele Menschen als stumpfen Krawall-Unsinn und totale Verdummung ansehen, gewinnt bei Fans Kultstatus als Abriss-Kino der Extraklasse.

2020. Nach 17 Jahren (!) kommt eine weitere Fortsetzung, die ewig angekündigt und noch länger verschoben wurde. Für jemanden wie mich, der Bad Boys II auswendig mitsprechen kann, natürlich eine absolute Freude. Und ich muss sagen: Es hat sich wenig geändert! Marcus muss fast kotzen, Mike ballert rum und Captain Howard rastet nach wie vor aus.

Ende 2019 wurde auch der neue Action-Kracher 6 Underground von Michael Bay auf Netflix veröffentlich. Das Trio ist also wieder vereint, irgendwie. Dabei hat der umstrittene Regisseur eindeutig die Vorteile in den Bereichen Action sowie Adrenalin zu verzeichnen und überlässt den Jungs dafür die Charakterzeichnung sowie den Humor. Lorne Balfe hat übrigens die Musik für beide Filme komponiert. Schon interessante Zufälle hier.

©Bad Boys for Life | 2019 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH Das Regie-Duo am Set: Adil el Arbi & Bilall Fallah.

Das Projekt Bad Boys For Life wurde dem bisher unbekannten Regie-Duo Adil El Arbi (Jahrgang 1988) und Bilall Fallah (Jahrgang 1986) anvertraut. Beide bezeichnen sich selbst als riesige Fans des Bad Boys und so muss es am Set zu sehr amüsanten Szenen gekommen sein, als die Regisseure ihre Idole trafen… und herumkommandieren durften. Jene Passion hinter dem Projekt merkt man allen Beteiligten auf jeden Fall an. Die Darsteller leben ihre Rollen, welche sie zu Stars gemacht haben. Die Fan-Regisseure verbauen liebevoll Hommagen an die Vorgänger, bieten wohl einen der besten Cameo-Auftritte aller Zeiten und integrieren mutig ihre eigenen Visionen in den Film.

Auf diesen Straßen habe ich niemals jemandem vertraut, außer dir!

Mike Lowrey (Will Smith, 2020)

Die Jahre sind nicht spurlos an den Bad Boys vorbeigegangen: Aus Papa wurde Opapa, schwarzes Haar wurde grau und auch manches Wettrennen sah schon wesentlich agiler aus. Bad Boys For Life erzählt die Geschichte von Marcus und Mike weiter, vor allem aber ihre private Geschichte. So überzeugt und ergreift der Film besonders, wenn die beiden Freunde ein wenig wehmütig an die alten Zeiten zurückdenken. Doch eine neue „alte“ Bedrohung taucht auf und… Mehr sollte man gar nicht wissen. Selten bietet eine Action-Komödie solch unerwartete Twists und mich hat es 2x richtig kräftig überrascht! Zu sagen ist, dass diese Wendungen eine ausgezeichnete Motivation für das Handeln der Figuren darstellen und ich selbst zwischendurch richtig wütend auf gewisse Leute war. Auch die Gegenspieler sind nicht einfach nur als Gegner da, sondern werden mit ihren eigenen Motiven aufgebaut. Respekt, so eine gute und funktionierende Geschichte – besonders auf emotionaler Ebene – hätte ich hier niemals erwartet.

©Bad Boys for Life | 2019 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH Cool and the Big Mama: Will Smith & Martin Lawrence.

Ich werde die Seele dieses Mannes mit meinem Herzen penetrieren!

Marcus Burnett (Martin Lawrence, 2020)

Eindeutiges Highlight des Films sind aber Will Smith und Martin Lawrence! Diese Chemie zwischen den beiden, diese Vertrautheit: Sie stehen zusammen, sie fallen zusammen. So funktionieren tiefgründige Gespräche, die teilweise ungeahnte Ergebnisse erzielen, ebenso wie die grenzdebil-dämlichen Dialoge. Heilige Makrele, was gibt es hier an kräftigen Lachern zu erleben. Dabei wirkt der Humor immer ehrlich und nie gestellt.

Ihnen zur Seite steht eine neue Einheit namens AMMO. Oh je, nach den Trailern war ich arg skeptisch, sind solche „Verjüngungsversuche“ doch meistens grandios zum Scheitern verurteilt. Was meinst du, The Expendables 3? Umso begeisterter bin ich, dass diese Neulinge sich mit viel Selbstironie und Sympathie nahtlos zu den beiden Bad Boys gesellen. Einige doofe Sprüche bezüglich ihres Alters müssen sich letztere aber natürlich doch gefallen lassen – herrlich!

©Bad Boys for Life | 2019 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH Captain Howard ist einfach eine Legende: Joe Pantoliano.

Das Beste kommt bekanntlich immer zum Schluss und Joe Pantoliano muss man einfach gesondert hervorheben. Ich LIEBE seinen Captain Howard, der für mich stets eine der besten Nebenfiguren aller Zeiten bleibt! Wie er selbst sagt, die Jungs sind für ihn wie seine eigenen Söhne. So müssen Männerfreundschaften aussehen. Besonders oder gerade weil Mike und Marcus ihn immer wieder in den Wahnsinn treiben. Wusa Captain, wusa.

Was für ein Chaos, das reinste Blutbad!

Captain Howard (Joe Pantoliano, 2020)

Am Vorgehen der Bad Boys hat sich in all den Jahren wenig geändert, an dessen Inszenierung leider schon. Bad Boys II ist ein Paradebeispiel für die – von mir gerne so genannte – Abriss-Action: Vollkommen überzogen, eine Szene jagt die nächste und der Sound brettert einem nur so ins Gesicht. Von dem coolen Opening über die Verfolgungsjagden bis zur Schießerei im Karussell-Stil – es gibt einfach Momente, die dauerhaft im Kopf bleiben.

Bad Boys For Life ist ohne Frage kompetent inszeniert, aber die Action hebt sich nicht von der breiten Masse ab. Vereinzelt blitzt etwas Genie auf, etwa Mike auf seinem Rollbrett in der Schießerei, aber das war es dann auch schon wieder. Es fehlen jene Kreativität und Besonderheit, die manche Filme bzw. einzelne Szenen zu etwas Einzigartigem machen. Dass dies auch heutzutage noch geht, beweisen Werke wie Operation: Overlord (Luftschlacht), Mission: Impossible – Fallout (alle Stunts) oder Upgrade (Roboter-Kampftechnik). Vielleicht sind meine Ansprüche für den Nachfolger eines DER Action-Streifen überhaupt aber auch einfach schlicht zu hoch.

©Bad Boys for Life | 2019 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH Knarre im Anschlag: Will Smith.

Besonders gegen Ende des Films fallen zudem einige miese Computereffekte auf, welche den Showdown weniger dramatisch und stellenweise eher lächerlich machen. Dahingegen ist der Gewaltgrad ordentlich ausgefallen. Wie bereits in den Vorgängern geht es ruppig zu und man gönnt sich hier die ein oder andere Spitze (und dies im wahrsten Sinne des Wortes). Ansonsten gibt es einige schöne Bilder von Miami, manche Slow-Motion und als Hommage an die Vorgänger ein paar identische Shots – Stichwort: Low-Angel-Turn. Das berühmte Theme („Bad Boys“) funktioniert nach wie vor und musikalisch ist der Streifen insgesamt passend unterlegt. Das Sound Design in den Action-Szenen ist solide, reißt allerdings keine Bäume aus.

Ein letztes Mal? – Ein letztes Mal!

Mike & Marcus (2020)

Bad Boys For Life ist eine gelungene Fortsetzung. Zwar erreicht der Film bei der Action nie neue Höhen und hat das Kreuz von zu viel Computertechnik zu tragen, macht aber insgesamt richtig Laune. Will Smith und Martin Lawrence tragen den Streifen mit ihrer Chemie und es ist einfach schön, Marcus Burnett und Mike Lowrey wieder zusammen auf der Leinwand zu sehen. Das neue Team passt sich gut ein und Captain Howard ist schlicht eine Legende. Besonders zu loben ist der Mut des Regie-Duos, mit ihrer Geschichte die ausgetretenen Pfade zu verlassen und einige überraschende Wendungen einzubauen. Viele spielen lieber auf Nummer Sicher.

Für Fans der Reihe geht es gefühlt nahtlos da weiter, wo 2003 aufgehört wurde. Das Wiedersehen mit den Jungs wird ihnen mächtig Freude bereiten. Aber auch für alle anderen lohnen sich die 123 Minuten. Sie bleiben nicht lange im Kopf, sorgen mit ihrem Humor und Charme aber für gelungene Unterhaltung.

7,5 von 10 Punkten sowie 22 Autos. Und ein Boot.

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Daniel Rublack

… schreibt vor allem über Filme. Arbeitet in der „Presse und Kommunikation“ und unterstützt daher mit entsprechendem Know-how.

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