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Ehre, Freiheit, Vaterland – Die Franconia Burschenschaft und ihre Verbindungen ins rechte Milieu

Was steckt hinter Vorwürfen, die Burschenschaft hätte Verbindungen zur rechtsextremen Szene und insbesondere zur Identitären Bewegung? Joshua hat ermittelt.
| Joshua Sans |

Geschätzte Lesezeit: 11 Minuten

Kats Weil | Unsplash

Es ist ein warmer Sommertag, das Sonnenlicht strahlt durch die große, gläserne Tür in den holz-vertäfelten Lesesaal und eröffnet den Blick auf den riesigen Baum, der sich erhaben im Garten der Franconia Burschenschaft Münster Richtung Himmel streckt. Die geräumige und bis ins letzte Eck sauber geleckte Villa, das „Frankenhaus“, ist nicht annähernd so verstaubt, wie das Image, das Burschenschaften anhängt. Der Geruch von verbranntem Tabak verteilt sich im Raum und bricht die Idylle. „Bei uns darf man noch drinnen rauchen.“, merkt  Sven mit einem Hauch von Stolz in der Stimme an. Da ist es – das verstaubte Image. Doch was steckt dahinter und die viel wichtigere Frage, was steckt hinter den Vorwürfen, die Burschenschaft hätte Verbindungen zur rechtsextremen Szene und insbesondere zur Identitären Bewegung?

Um diese Fragen beantworten zu können, muss man erst einmal wissen, was eine Burschenschaft ist und was sie von anderen Studierendenverbindungen unterscheidet. Burschenschaften werden in die Kategorien pflichtschlagend und nichtschlagend eingeteilt. Pflichtschlagende Burschenschaften trainieren das Fechten und erproben es in Zweikämpfen, der sogenannten Mensur. Darüber hinaus sind Burschenschaften farbentragend. Darunter versteht man das Präsentieren der Zugehörigkeit zu einer Burschenschaft durch das Tragen von Band und Kopfbedeckung. Burschenschaften grenzen sich von anderen Verbindungsarten außerdem dadurch ab, so Sven, dass sie eine andere Tradition pflegen. In diesem Zuge berufen sich fast alle Burschenschaften auf die Werte der Urburschenschaft von 1815: Ehre, Freiheit, Vaterland. Wie Sven verrät, ist ein weiterer Unterschied zwischen Burschenschaften und anderen Verbindungsarten, dass Burschenschaften neben dem Fechten als Pflicht voraussetzen, dass neue Mitglieder „Abstammungsdeutsche“ sein müssten. Außerdem seien Burschenschafter im Gegensatz zu Mitgliedern anderer Verbindungsarten dazu verpflichtet, sich politisch zu interessieren. Das bedeute nicht, so Sven weiter, dass man parteipolitisch aktiv sein müsse.

Der zweite Akteur, der zur Beantwortung der eingangs gestellten Frage genauer betrachtet werden muss, ist die Identitäre Bewegung (IB), eine Bewegung, die innerhalb der Neuen Rechten zu verordnen ist. Vertreter der Neuen Rechten versuchen laut des aktuellen Verfassungsschutzberichts des Landes NRW, „eine Brücken-Funktion zwischen organisiertem Rechtsextremismus und gesellschaftlicher Mitte einzunehmen.“ Dabei verfolgten Gruppierungen der Neuen Rechten eine Strategie der Mimikry mit Hilfe derer sie sich sprachlich anpassen und die Beschreibung und Darstellung rechtsextremistischer Positionen modernisieren würden. Im Falle der IB bedeutet das beispielsweise, dass von „Remigration“ gesprochen wird anstatt von „Ausländer raus“. Der fremdenfeindliche Sinn bleibe aber bestehen, so das Landesamt für  Verfassungsschutz. Das Bundesamt für Verfassungsschutz gab im Juli dieses Jahres eine Erklärung heraus, in der es die Identitäre Bewegung als rechtsextremistische Bestrebung einstuft. Als Grund für diese Einstufung nennt der Verfassungsschutz vor allem die „auf ethnischen, völkisch-abstammungsmäßigen Kriterien fußende einwanderungskritische und islamfeindliche“ Haltung der Gruppierung. Darüber hinaus verletze die Fixierung auf ethnische Homogenität als zentralen Wert der Gesellschaft die Menschenwürde und das Demokratieprinzip. Diese Fixierung finde sich auch in der, von der Identitären Bewegung angeführten, Definition des Begriffs Staatsvolk. Dies fuße auf einer Kultur-, Abstammungs- und Solidargemeinschaft, so der Verfassungsschutz. Demnach könnten Migrant*innen mit „außereuropäischer ethnischer Herkunft“ nicht Teil der „deutschen Gemeinschaft“ sein.  Zum Zeitpunkt der Recherchen zu diesem Artikel und des Interviews mit dem Vertreter der Franconia Burschenschaft galt die Identitäre Bewegung lediglich als Verdachtsfall des Verfassungsschutzes und wurde dementsprechend noch nicht als rechtsextremistische Gruppierung eingestuft.

Im Jahr 2018 waren die Franconia Burschenschaft und die Identitäre Bewegung Mittelpunkt eines Antrags aus dem Studierendenparlament (StuPa) der Universität Münster. Mit diesem Antrag wurde seitens des StuPas der Beschluss gefasst, sich von der Identitären Bewegung und von allen mit ihr verbundenen Organisationen zu distanzieren. Weiterhin forderte das Studierendenparlament das Rektorat dazu auf, die Franconia aufgrund von Verbindungen zur Identitären Bewegung und zu anderen rechten Netzwerken von der offiziellen Liste der Hochschulgruppen zu streichen. Jan Seeman, der den Antrag im vergangenen Jahr im StuPa einbrachte, erinnert sich an die Entwicklungen, die den Anstoß für den Antrag gegeben haben: „Damals hatte die Franconia noch eine offizielle Facebookseite. Es war relativ offensichtlich, wie die Mitglieder der Franconia politisch ticken, als sie angefangen haben, Beiträge von prominenten österreichischen IB-Mitgliedern zu teilen.“ Mit einem Erfolg des Antrags habe Semann jedoch nicht gerechnet, da er wusste, wie groß die rechtlichen Hürden für eine Streichung der Franconia gewesen wären. 

Durch solch eine Streichung würde die Franconia einige Privilegien offizieller Hochschulgruppen verlieren, so etwa die Nutzung von Räumlichkeiten der Universität. Die Uni wandte sich nach Erhalt des Antrags an das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, um zu erfragen, wie das Landesamt für Verfassungsschutz das Verhältnis der Franconia zur Identitären Bewegung bewerte. Am 4. Juli des vergangenen Jahres teilte das Innenministerium mit, dass der Regionalverband der Identitären Bewegung zwar beobachtet werde, aber dass es bei den verbundenen Organisationen keine ausreichenden Hinweise für eine Beobachtung gebe und kein Verdacht aufgrund einer extremistischen Bestrebung vorliege. Des weiteren wurden zwei Professoren der juristischen Fakultät damit beauftragt, ein Gutachten über die rechtlichen Möglichkeiten einer Streichung der Franconia von der Liste der offiziellen Hochschulgruppen zu erstellen. Die Universität entschied sich nach der Einschätzung durch den Verfassungsschutz und der Evaluierung des Gutachtens dafür, die Franconia nicht von der Liste der Hochschulgruppen zu streichen.

Auf den Fall der Franconia angesprochen sagt Norbert Robers, der Sprecher der Uni Münster, dass die Universität in erster Linie ein Ort sei, an dem man studiere. „Wir sind nicht die Polizei“, so Robers. Daher sei es auch nicht die Aufgabe der Uni, gegen Studierendengruppen zu ermitteln. Immerhin würde man keine Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, wenn eine Gruppe extremistisch wäre und den Umsturz plane, räumt der Pressesprecher ein. Laut Robers gebe es keine Beweise für rechtsextremistische oder rechtsradikale Tendenzen bei den Mitgliedern der Franconia. In einem Interview, das er dem Campusradio der Universität Münster im Mai 2019 gab, hörte sich dies allerdings noch anders an. Dort erklärte Robers, dass es durchaus sein könne, dass einzelne Mitglieder der Franconia rechtsradikale Einstellungen aufweisen.

Der Politologe Stephan Peters sieht die Causa Franconia weniger diplomatisch. Zwar kenne er die Franconia Burschenschaft nicht, positioniert sie aber aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Dachverband Deutsche Burschenschaft eindeutig im rechten Spektrum: „Ich würde auch nicht diskutieren wollen, ob die [Franconia] rechtsextrem ist. Letztendlich ist da völkisches Gedankengut vertreten und damit ist sie rechts außen“, so der Politologe. Der Dachverband Deutsche Burschenschaft zählt sowohl deutsche als auch österreichische Burschenschaften zu seinen Mitgliedern und stand in der Vergangenheit des Öfteren in der Kritik. Diese bezieht sich vor allem auf die angeblich rechtsradikale politische Ausrichtung des Dachverbandes, die sowohl von anderen Studierendenverbindungen, als auch von Expert*innen angeprangert wird. All das wäre, so Peters, Grund genug für das Rektorat der Universität, die Franconia von der Liste der offiziellen Hochschulgruppen zu streichen. 

Die beiden Professoren der juristischen Fakultät bewerten die rechtliche Lage anders. Ihrem Gutachten aus 2018 zufolge gibt es keine rechtliche Grundlage für eine Streichung der Franconia von der offiziellen Liste der Hochschulgruppen. Jedenfalls nicht zum Zeitpunkt der Antragsstellung aus dem Studierendenparlament. Laut Gutachten wäre die erforderliche rechtliche Grundlage für eine Streichung erst gegeben, sollten sich rechtsradikale bzw. rechtsextreme Tendenzen bei der Franconia bemerkbar machen. Die bloße Mitgliedschaft in einem Dachverband bzw. rechtsextreme Tendenzen einzelner Mitglieder seien dafür nicht ausreichend, so die Juristen.

Neben den Juristen der Uni Münster und dem Landesamt für Verfassungsschutz haben sich auch unabhängige Gruppen der Hochschule mit der Franconia Burschenschaft beschäftigt. Eine dieser Gruppen ist der Arbeitskreis Verbindungswesen, der sich aus Studierenden der WWU zusammenssetzt. Dieser Arbeitskreis hat ein vierseitiges Dossier zur Franconia erarbeitet, das den Antrag letztes Jahr im Studierendenparlament begleitete. Dort wird der Franconia unter anderem vorgeworfen, sich bevorzugt vom Linksextremismus zu distanzieren, nicht aber im gleichen Maße vom Rechtsextremismus oder der Neuen Rechten. Außerdem finden sich in dem Dossier Beispiele für Posts, die über den offiziellen Facebook-Account der Franconia abgesetzt wurden. In einem der Posts wird behauptet, dass Nationalismus eine Antwort auf Problemlagen sein könne, in einem anderen Post aus dem Jahr 2017 hinterließ ein Aktivist der Identitären Bewegung Deutschland folgende Bewertung auf der Facebookseite der Franconia: „Steile Typen. Stets für ein Bier oder anspruchsvolle Gespräche zu haben. 9,5/10“. Den Beitrag selbst bewertete die Franconia mit einem „Gefällt mir“. Darüber hinaus wird der Burschenschaft im Dossier vorgeworfen, einen Studenten als Mitglied zu haben, der auch an Aktionen der Identitären Bewegung beteiligt gewesen und durch Mitgliedschaft in anderen, rechtsextremen Gruppierungen auffällig geworden sei.  Zu diesem Ergebnis kommt auch der Blog Münsterland rechtsaußen, der in einem Artikel auf diverse Beteiligungen an Aktionen rechtsradikaler und rechtsextremer Gruppierungen seitens des ehemaligen Franconia Mitglieds Robert M. verweist. Auch die Familie des Beschuldigten sei in der rechtsextremen Szene aktiv. Wie auch der Politologe Peters kritisiert der Münsterland rechtsaußen-Blog die Mitgliedschaft der Franconia im Dachverband der Deutschen Burschenschaft. Vor allem kritisiert der Blog einen Vorfall, in dessen Zuge einem Burschenschafter mit chinesischen Eltern die Mitgliedschaft in der Untergruppierung „Burschenschaftliche Gemeinschaft“ verweigert wurde, da seine „nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie“ auf die „Zugehörigkeit zu einer außereuropäischen populationsgenetischen Gruppierung und damit auf eine nicht-deutsche Abstammung“ verweise. 

Auch die Franconia bekennt sich offen dazu, nur „Abstammungsdeutsche“ als Mitglieder aufzunehmen, wie Sven im Interview verrät. Er gerät leicht ins Stocken bei diesem Thema. So einfach sei es nicht, das zu erklären, räumt Sven ein. Es sei nicht in Granit gemeißelt, dass man 60 Generationen deutschen Stammbaum nachweisen müsse. Auf die Frage, ob die Franconia jemanden mit arabisch klingendem Namen, dunkler Hautfarbe und schwarzen Haaren aufnehmen würde, hat der Burschenschafter jedoch eine klare Antwort: „Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo wir sagen, es ist auch nicht mehr mit unseren Prinzipien vereinbar, die […] seit 140 Jahren in unserer Satzung festgeschrieben sind.“ Dabei beziehe sich die Abstammung keineswegs auf den deutschen Staat, sondern auf die „deutsche Kulturnation“. Diese Kulturnation sieht Sven vor allem im deutschen Sprachraum. Dieser sei kein Staat, sondern vielmehr eine ideelle Einheit. Darum seien auch österreichische Burschenschaften im Dachverband Deutsche Burschenschaft organisiert. Der Burschenschafter könne zwar verstehen, warum Burschenschaften für diese Art von Aufnahmeerfordernissen im rechten politischen Spektrum verordnet würden, merkt aber im Gegenzug an, dass man es dann auch kritisch sehen müsse, wenn ein „Damen Yogaverein“ keine Männer aufnehmen würde. Auf die Identitäre Bewegung angesprochen, erklärt Sven mit genervtem Ton, dass diese ihm zu wenig intellektuell sei. Er habe sich zwar noch nicht intensiv mit ihr befasst, sehe aber auch kein Problem darin, dass einzelne Mitglieder der Franconia Kontakte zur IB pflegten oder gar Mitglieder seien. Bei jeder Frage, die die Franconia in Bedrängnis bringen könnte, beruft sich der Burschenschafter gekonnt auf das Prinzip der Freiheit. Demnach sei es weder Aufgabe, noch Ziel der Franconia, ihre Mitglieder für politische Aktivitäten oder Äußerungen zu sanktionieren. Man würde erst einschreiten, wenn das Verhalten eines Mitgliedes geltendes Recht verletzte.  Dazu sagt er: “Ich mein, was die Leute in ihrem Privatleben machen, wenn sich mal einer auf dem Schützenfest prügelt, […] dann ist er nicht Burschenschafter, sondern Privatperson. Aber wenn jemand von uns in Couleur (beim Tragen von Mütze und Band der Burschenschaft, Anm. d. Verf.) gegen gesellschaftliche Normen verstößt, wird das hart sanktioniert. Alkohol ist da keine Entschuldigung und wir erkennen ganz klar die Legitimität von Staat und Staatsmacht an und unterwerfen uns ihr vorbehaltlos.“ 

Dieses Verständnis von Distanzierungen zu extremen politischen Meinungen findet sich auch im Dachverband der Deutschen Burschenschaft wieder. Der Pressesprecher dieses Dachverbandes, Philip Stein, ist nicht nur in der Deutschen Burschenschaft aktiv, sondern übt außerdem eine leitende Funktion im Verein Ein Prozent für unser Land aus. Die Welt nennt Stein in einem Artikel aus dem Jahr 2018 einen völkischen Autor und zitiert ihn mit folgenden Worten: „‘so, wie ein Pferd kein Esel werden kann‘, so könnten aus Zuwanderern nicht so leicht Deutsche werden.“ Der Verein Ein Prozent für unser Land bezeichnet sich auf der eigenen Website als „Deutschlands größtes patriotisches Bürgernetzwerk“ , wehrt sich, laut eigenen Aussagen, gegen „die Auflösung unseres Staates“ und bezeichnet eine angebliche „Flüchtlingsinvasion“ als „eine Katastrophe für Deutschland und Europa“. Durch verschiedene Aktionen, wie etwa eine „Mahnwache für die Opfer des Anschlags“ (gemeint ist jener Terroranschlag, der im Jahr 2018 elf Besucher des Weihnachtsmarkts auf dem Berliner Breitscheidplatz das Leben kostete) zu der auch die beiden AfD-Politker Alexander Gauland und Björn Höcke ihre Teilnahme zusagten, vernetzt der Verein verschiedene rechte Gruppierungen. Auf die Verbindung seiner Tätigkeiten in der Deutschen Burschenschaft und dem Verein, Ein Prozent für unser Land, angesprochen, schreibt Stein in einer Mail, dass sich beide Funktionen nicht gleichen würden und dass er diese auch nicht miteinander verbinden würde. Jedoch räumt er ein, dass es durchaus Burschenschaftler gebe, die auch in der Identitären Bewegung aktiv seien. Die Bezeichnung der Deutschen Burschenschaft als rechtsextrem lehnt er ab. Politische Etikettierungen interessieren ihn nicht, so Steiner.  

Auch Patrick hat sich über das Leben in einer Verbindung informiert. – Lies hier das Interview!

Durch all diese Verknüpfungen wird deutlich, dass die Franconia Burschenschaft nur ein kleiner Teil einer gut vernetzen Szene ist, die von rechtskonservativen bis rechtsextremen Gruppierungen viele Strömungen vereint. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie es in anderen Bundesländern mit der Beobachtung von Burschenschaften durch den Verfassungsschutz aussieht. Auf die Einschätzung von Burschenschaften als rechtsextreme Gruppierungen angesprochen halten sich die Ämter für Verfassungsschutz der einzelnen Bundesländer bedeckt. So räumt lediglich der Pressesprecher des Sächsischen Verfassungsschutzes ein, dass es Erkenntnisse über rechtsextreme Burschenschaften gebe. In der Mail dazu heißt es: „Im Zuständigkeitsbereich des LfV Sachsen liegt keine sächsische Burschenschaft, die die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung erfüllt. Gleichwohl ist hier natürlich bekannt, dass es rechtsextremistische oder rechtsextrem beeinflusste Burschenschaften gibt.

Alles in allem zeichnet die Verbindung der einzelnen Akteure ein erschreckendes Bild. Bevor das Bundesamt für Verfassungsschutz die Identitäre Bewegung als rechtsextremistisch einstufte, konnte sowohl die Uni Münster, als auch die Franconia selbst etwaige Verbindungen zu der rechtsextremistischen Identitären Bewegung sowie ideelle Überschneidungen relativieren. Die neue Situation erfordert allerdings eine neue Diskussion. Die ideellen Überschneidungen lassen sich nicht von der Hand weisen. Das, was die Identitäre Bewegung auf gesellschaftlicher Ebene zu implementieren versucht, ist für die Franconia im Mikrokosmos ihrer Verbindung bereits gelebter Alltag. Beide Gruppen legen einen starken Fokus auf die „ethnokulturelle“ Herkunft, die jenseits von Staatszugehörigkeit versucht, Menschen anhand von schwammigen, kulturellen Merkmalen zu kategorisieren. Dieses Verständnis und das gemeinsame Weltbild finden sich auch in der Definition des Begriffs Kulturnation, die von beiden Akteuren propagiert wird. Die Auslegung des deutschen Sprachraums als überstaatliche „ideelle Einheit“  ist ein Grund, warum die Identitäre Bewegung als rechtsextremistisch eingestuft wird. Warum also werden solche Äußerungen nicht auch bei der Franconia bzw. der Deutschen Burschenschaft als rechtsextremistisch bewertet? Auch wenn es nicht so scheint, als sei die Franconia Burschenschaft, anders als die Identitäre Bewegung, an einer radikalen Neuordnung der Gesellschaft interessiert, so sind die Aussagen des Vertreters der Franconia nicht minder erschreckend.

Mit einem erhabenen Lächeln drückt Sven die letzte seiner unzähligen Zigaretten aus, bedankt sich für das Interview und beginnt eine kleine Tour durch das Frankenhaus. Die Landkarte mit den „Gebieten des Deutschen Reiches“ und die letzten eineinhalb Stunden des Interviews hinterlassen trotz aller Gastfreundlichkeit der Franconia einen faden Beigeschmack.

Ein Artikel von Joshua Sans. An der Recherche waren außerdem beteiligt:
Leonie Heims
Luzie Unewisse
Lisa Kittner
Julian Thamm

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Joshua Sans

Während meines Politik- und Islamwissenschaftsstudium arbeite ich nebenbei daran, aus dem Interesse am Schreiben Kapital zu schlagen, um so die Leiden der Lohnabhängigkeit etwas erträglicher zu machen. Neben pseudointellektueller Kapitalismuskritik interessiere ich mich vor allem für Sprachen, politische Theorie und Musik in (fast) all ihren Erscheinungsformen.

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