Gesellschaft und Lifestyle / Studium

Gibt es Kuhfänger eigentlich auch für’s Fahrrad?

Riskante Manöver, Quatschtanten und genervte Biker. Wie du mit dem Fahrrad ganz entspannt durch den Verkehr kommst, erklärt dir Daniel in diesem Artikel.
| Daniel Rublack |

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Verkehrserziehung. Unterrichtsstunde Nr. 2. Heute: Fahrradfahren.

Nachdem der vorherige Artikel das Thema „kooperatives Busfahren“ hoffentlich allen Beteiligten ein wenig ans Herz legen konnte – emotional trigger, check ;) – folgt hier nun der Blick auf die 2-Rad-Mobilität. Denn auch das Treten in die Pedale ist nicht so einfach, wie es zunächst scheint. Jetzt geht es ums Fahrrad.

„Fahrradfahren verlernt man nicht“, sagt zumindest der Volksmund. Die dazugehörigen Regeln aber offensichtlich schon. Anders ist kaum zu erklären, warum Einigen der Begriff Ampel, oder korrekterweise Wechsellichtzeichen, wohl nur vom Ampel-Saufen bekannt ist, 4-Mann-Kolonnen ganze Wege blockieren oder Licht im Dunkeln wohl nur etwas für Risikoscheue ist. Als Drahteseldomteur in der Fahrradhauptstadt Münster erlebt man wirklich einiges! Und bevor hier Einwände kommen: Ich bin der perfekte Verkehrsteilnehmer, unfehlbar und allmächtig ;)

§1 Grundregeln

  1. Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
  2. Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder, mehr als nach den Umständen vermeidbar, behindert oder belästigt wird.

In Deutschland herrscht Rechtsverkehr.

Zur Überraschung einiger schreibt die Straßenverkehrsordnung (StVO) tatsächlich vor, dass von zwei Fahrbahnen die rechte zu benutzen ist. Dies gilt nicht nur für Autos, sondern auch für Fahrräder. Spannender ist jedoch der Paragraph, welcher vorgibt, möglichst weit rechts zu fahren und dies nicht nur beim Überholtwerden, sondern dauerhaft. Eine ungeschriebene Regel auf Radwegen lautet deshalb: Rechts die Langsamen, links die Schnellen. Würde sich nur die Hälfte der Radfahrer an diese Faustregel halten, hätte ich mir manch knappes Manöver erspart und Unmengen meiner Zeit. So simulieren einige Mitbürger freie Fahrt, um dann während des Überholvorganges gefährlich weit nach links abzudriften. Andere bevorzugen Schlangenlinien als Fahrweise, wundern sich dann allerdings, wenn sie relativ unsanft zur Seite geklingelt werden. Besonders speziell ist die Gruppe stoischer Schleicher, welche sich an der roten Ampel nach vorne schlängelt, um dann erneut den gesamten Verkehr aufzuhalten. Bravo!

Ein anderes Phänomen sind Geisterradler. Grundsätzlich habe ich nichts dagegen, sollten kurze Stücke zum Einbiegen auf der falschen Seite gefahren werden. Nur sollte dann auch der Sünder aufmerksam sein und eventuellen Problemen vorausschauend begegnen. Kommt mir der nächste Radler entgegen, der panisch überlegt, wie er denn mit dem vollkommen unerwarteten Gegenverkehr umgehen soll… Entscheide dich frühzeitig für eine Lösung:

Von Kaffeekränzchen auf der Trasse.

Ach ja, die Quatschtanten. Seelenruhig vertieft in ein intellektuelles Gespräch, welches alle drei Gehirnzellen voll auslastet, blockieren sie den kompletten Weg. Da helfen weder Stoßgebete noch rabiates Klingeln. Maximalste Reaktion ist ein minimaler Schlenker nach rechts, der nicht einmal genug Platz für eine Packung Knäckebrot bietet. Warum halten sich einige Personen für so wichtig, den gesamten Verkehr aufzuhalten? Option 1: Respektlosigkeit. Option 2: Pure Dummheit.

Bei manchen wandelnden Verkehrshindernissen stelle ich mir hingegen die Frage, ob man so langsam fahren kann, dass man einfach umkippt. Wenn man mit einer alten Möhre, die kaum Luft in den Reifen, aber ein Sixpack auf dem Träger hat, schneller ist als manch modernes Bike – oh weh oh weh! Hier von Stützrädern zu sprechen wäre allerdings schon arg böse.

Übersicht, wer heißt denn so?

In Münster gibt es einige trickreiche Kreuzungen, in denen linksabbiegenden Radfahrern spezielle Flächen auf der Fahrbahn geboten werden. So blockieren sie weder die passierenden Geradeausradler noch die Autos auf der Straße. So ein Konstrukt passt natürlich nicht in jede Kreuzung. Daher ist es zum Überqueren der Straße teilweise nötig, anzuhalten und die Fußgängerampel zu benutzen. Nun kommt es allerdings oft vor, dass auf der vollbesetzten Radspur einzelne Ganoven auf kreative Ideen kommen. Ohne Handzeichen zu geben oder sonst irgendeine Form von Intelligenz abrupt eine Vollbremsung hinzulegen ist gefährlich! Einen ganzen Radweg lahmzulegen, um die Fußgängerampel, welche rotes Licht zeigt, benutzen zu können, erfreut andere Radler ebenfalls kaum. Wie oft es da Zusammenstöße gibt, wenn ein Anderer mit 25 bis 30 Sachen – schafft man mit ordentlich Stoff problemlos – in ein stehendes Ziel reinballert… Hallo Werkstatt, Grüße aus dem Krankenhaus!

Lies auch: Busfahren scheint schwierig zu sein. Daniel hat ein paar Tipps, wie ihr am elegantesten von A nach B kommt

Allerdings stellen unaufmerksame Fußgänger ebenfalls ein Problem dar. So tippte ein besonders dämliches Exemplar mit der einen Hand auf seinem Smartphone herum, brav den Kopf gen Boden gerichtet, um mit der anderen Pranke sein Fahrrad rückwärts aus einer Einfahrt zu schieben. Der Fußweg an der Stelle ist gelinde gesagt kaum existent und der Radweg schmal, demnach blieben mir zwei Optionen: Frontal rein in den Deppen, was vermutlich zu einem Salto geführt hätte. Das war mir zu riskant, meine Entscheidung führte also zu einem harten Ausweichmanöver nach links, was zu einem Tanz auf der Bordsteinkante führte. Hätte ich mir nur einen winzigen Zentimeter mehr gegönnt, dann hätte der gerade ankommende Bus mich mindestens auf die Intensivstation befördert. Bei solch einer Nummer hilft keine Voraussicht, denn da gab es nichts zu Planen. Anders bei dem Fall einer jungen Mutter, deren Überqueren der Straße mit einem Kleinkind auf dem Arm keinerlei Blicke vorausgingen. Nein, das Kind musste ja liebkost werden. Das Hupen der Autos und mein entgeistertes Kopfschütteln hat sie gar nicht mitbekommen.

Ein grobes Meinungsbild ergibt, dass die Wahl generell gegen den Sünder fällt. Eigene Fehler werden selbst ausgebadet, die von anderen Radlern dagegen nicht. So endete eine falsche Einschätzung meines Bremsweges bei Glatteis für mich mit einem Kuss kalten Betons, schließlich wollte ich den Fußgänger am Zebrastreifen nicht umnieten. Der hat sich direkt entschuldigt, hatte aber keine Schuld. Mein Kommentar: „Mein Fehler, dann leg ich mich auch hin.“ Kurzer Handshake, gegenseitig einen guten Abend gewünscht und weiter ging die Fahrt. Aber für die Dummheit anderer Deppen zu Bluten? Ne, dazu bin ich nicht bereit! Damit die Autofahrer ihr Fett auch noch wegbekommen: Beim Ausparken lohnt der Blick in die Spiegel. Und direkt Wenden will auch gelernt sein! Nächstes Mal haue ich nicht bloß verärgert und zum Abstützen auf die Motorhaube.

Licht ist mir einfach zu hell.

Der Mythos des, sagen wir, nicht vollkommen funktionstüchtigen Fahrrads von Studenten stimmt. Punkt. Da gibt es nichts zu beschönigen. Gefühlt Jedes hat kleinere technische Mängel, aber viele Objekte sind in Zuständen fern von Gut und Böse. Ist deine Bremse lauter als das Signalhorn eines heranrauschenden Güterzuges, mach dir besser Gedanken. Nein, das Schutzblech sollte den Reifen nicht umarmen und ja, Licht ist eine clevere Idee. Unbeleuchtete Radler auf der Landstraße sind wirklich nur als lebensmüde zu bezeichnen! Fragt mal einen LKW-Fahrer, der wird euch das was erzählen.

Wir fassen zusammen (ganz im Stile von Kesslers Knigge):

Fahre vorausschauend, rechne mit Fehlern anderer Verkehrsteilnehmer. Du musst keinen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellen, fahre einfach rechts, damit schnellere Biker links vorbeikönnen. Wer quatschen will, sollte sich ein nettes Café suchen, der Radweg ist dafür ungeeignet. Handzeichen helfen ebenso wie Licht oder die regelmäßige Kontrolle des eigenen Drahtesels. Und bedenke immer, ob das riskante Manöver es wirklich wert ist. So, genug des Geredes. Ab auf’s Bike, Hals- und Beinbruch. Ach warte – falsch. Sichere Fahrt natürlich ;)

Noch mehr Fahrradwahnsinn? In unserem Podcast „Spontan Spontan“ sprechen Lena, Michael und Robin über den Überlebenskampf auf den Straßen

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Daniel Rublack

… schreibt vor allem über Filme. Arbeitet in der „Presse und Kommunikation“ und unterstützt daher mit entsprechendem Know-how.

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