Kultur und Medien / Rezension

Rezension: Die Gärtnerinnen von Kew Gardens (Posy Lovell)

1915 melden sich immer mehr Männer zum Kriegsdienst, weshalb in Kew Gardens beschlossen wird, auf Gärtnerinnen zurückzugreifen.
| Lisanne Droste |

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

BuchtitelLisanne Droste | seitenwaelzer.de

Ein historischer Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht, sowie Freundschaft und Pflanzen thematisiert. Das klang genau richtig für mich, als ich Die Gärtnerinnen von Kew Gardens von Posy Lovell im Buchhandel sah. Somit hat es direkt einen Platz weit oben auf meiner Leseliste ergattert.

Der Roman spielt in London zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Da sich 1915 immer mehr Männer zum Kriegsdienst melden, verlieren die Kew Gardens – eine der ältesten botanischen Gartenanlagen der Welt – einen Großteil ihrer Gärtner. Daraufhin wird beschlossen, auf Gärtnerinnen zurückzugreifen. So fangen auch Louisa und Ivy an, in Kew Gardens zu arbeiten. Schnell entsteht zwischen den beiden eine enge Freundschaft. Im Gegensatz zu ihnen hat Bernie keine Erfahrungen mit Pflanzen oder dem Gärtnern, wird aber ebenfalls eingestellt. Da ihm die Frauen mit ihrem Wissen unter die Arme greifen, verbringen sie viel Zeit miteinander, bis Geheimnisse ans Licht kommen, die ihre Beziehung belasten.

Wahre Begebenheiten

Tatsächlich wurde sowohl während des Ersten als auch während des Zweiten Weltkriegs für die Gartenarbeit in den Londoner Kew Gardens auf Frauen zurückgegriffen. Die Gärtnerinnen waren allerdings nur eine Art „Notstopfen“ in Krisenzeiten, da sie nach der Rückkehr der Männer zum Kriegsende nicht länger in den Gärten beschäftigt wurden. Dabei leisteten die Frauen während des Kriegs wichtige Arbeit: Zuerst dienten die Gärten der Verbindung mit der Natur und sollten Trost spenden. Im Verlauf des Kriegs wurde allerdings auch entschieden, dort Lebensmittel anzubauen, wodurch die Arbeit der Gärtnerinnen an Tragweite gewann. Darüber hinaus kämpften sie dafür, die gleiche Bezahlung zu erhalten, wie die wenigen noch verbliebenen Gärtner. Somit hat auch die Suffragettenbewegung ihren Weg in den Roman gefunden. Auch wenn diese zu jener Zeit ihre Bemühungen um das Wahlrecht für Frauen weitestgehend pausierten, trafen sie sich weiterhin regelmäßig und unterstützten einander und ihr Land.

Historischer Roman – zeitlose Themen

Der Roman ist in einem angenehm leichten Stil geschrieben und enthält einige überraschende Wendungen. Zudem behandelt er wichtige und auch heute noch relevante Themen, wie beispielsweise den Kampf um gleiche Gehälter. Da es mehrere Protagonist*innen gibt, wechselt die Erzählperspektive zwischen den Kapiteln. Dadurch kann man sich gut in die unterschiedlichen Schicksale hineinversetzen. Obwohl die Charaktere hinsichtlich ihres Alters und ihrer gesellschaftlichen Stellung sehr verschieden sind, verbindet sie eine innige Freundschaft und sie geben einander Halt. Passend dazu fand ich zwei Dinge bewundernswert: Zum einen, wie die Charaktere trotz starker Meinungsverschiedenheiten Verständnis für die Absichten Anderer aufbringen. Und zum anderen, wie leicht es ihnen fällt, ihrem Gegenüber einen Sinneswandel zu verzeihen, obwohl folgenschwere Ereignisse vorgefallen sind. Darüber hinaus führt einem die Geschichte vor Augen, dass das Wissen, dass etwas nicht von Dauer sein wird (in diesem Fall die Arbeit der Frauen in den Gärten), nicht davon abhalten sollte, es zu tun. Stattdessen sollte man es umso mehr genießen.

Ich empfehle Die Gärtnerinnen von Kew Gardens all denjenigen, die sich gerne in eine andere Zeit versetzen und eine Ahnung davon bekommen wollen, wie das Leben zu dieser Zeit war. Auch aus diesem Roman konnte ich wieder einiges lernen, weshalb ich auf meinen letzten Artikel verweisen möchte. Mir gefällt an historischen Romanen besonders, im Nachhinein die thematisierten Ereignisse zu recherchieren und festzustellen, in welchen Aspekten der Geschichte Wahrheit steckt. Das kann recht offensichtlich sein, zum Beispiel mit Namen, die übernommen wurden, oder auch ein kleines Detail, wie eine Eichel, die aus dem Krieg mitgebracht und in Kew Gardens eingepflanzt wurde. Deshalb bin ich jetzt schon ganz gespannt auf den Nachfolger Die Töchter von Kew Gardens, der nächstes Frühjahr erscheint.

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Lisanne Droste

…studiert Angewandte Sprachwissenschaften und hat generell großes Interesse an Sprache. In ihrer Freizeit findet man sie in selbst gestrickten Pullis mit einer Tasse Tee und einem Buch, durch die Natur des Sauerlands spazierend oder bei Spieleabenden mit Freund*innen.

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