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Das Studium der Klassischen Archäologie – Eulen nach Athen tragen?
Klassische Archäologie leitet sich ab vom Griechischen ἀρχαῖος ("alt") und λόγος ("Lehre"), bezeichnet also die Lehre von den Altertümern. Man lernt geographisch den Raum Griechenland, Kleinasien, Italien und die römischen Provinzen zwischen der mykenischen Zeit (ca. 1500 v. Chr.) bis in die Spätantike (5. Jahrhundert n. Chr.) kennen.
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„Ich studiere Klassische Archäologie.“ Stille. Zwinkern. Ungläubiges Hüsteln. „Archäologie? Wie bei Indiana Jones?“, „Gräbst du die Pharaonen aus?“, „Dann musst du bestimmt auch all die alten Sprachen lernen, oder?“ und nicht zuletzt die eine Frage, die immer kommt: „Was machst du denn später damit?„
All dies sind die ersten Reaktionen, wenn ich auf Partys, Familienfeiern und Co. plötzlich nach meinem Studiengang gefragt werde. Klassische Archäologie gilt immerhin als eines der Orchideen-Fächer schlechthin… Ich ernte von Stirnrunzeln, über hinter vorgehaltenen Händen gestellten Fragen, wie irgendjemand überhaupt so verrückt sein kann und bemitleidenden Gesichtsausdrücken bis hin zur letztendlichen Neugier, die sich dann doch bei jedem einstellt, alles an Reaktionen. Denn seien wir mal ehrlich: Dem Wort „Archäologie“ haftet selbst für sachlich-nüchternen Menschen die kindhafte Neugier nach Abenteuer regelrecht an.
Hier also mein kleiner Liebesbrief an die Archäologie und ein Aufräumen mit den Klischees, die dem Fach anhaften. Zunächst einmal: Was lernt man denn da und für wen ist ein Studium der Archäologie geeignet? Gerade die letzte Frage ist einfach zu beantworten: Für alle, die immer schon mal wissen wollten, wie es ist, Tage und Stunden in der Bibliothek über herrlich staubigen Büchern mit schwülstigen Sätzen aus vorherigen Jahrhunderten (die immer noch als der letzte Stand der Dinge gelten) in den verschiedensten Sprachen zu verbringen. Nein, kein Spaß. Aber nicht erschrecken: Natürlich heißt Klassische Archäologie nicht „nur“ lesen, Exzerpte schreiben – kurzum: Tonnen Fachliteratur wälzen -, aber eben zum Großteil. Allerdings kann man auch die Welt entdecken und das nicht nur sprichwörtlich. Denn man erhält unter anderen durch die Ausgrabungen der Universität die Möglichkeit, ferne Länder und (antike) Kulturen hautnah zu erleben, die die allermeisten Menschen nie zu Gesicht bekommen.
Ausgrabungen hautnah erleben
Natürlich sollte man sich bewusst machen, dass eine Grabung in der Wüste oder in anderen Mittelmeerregionen temperaturmäßig kein Zuckerschlecken ist. Wo andere am Pool liegend ihren verdienten Sommer-Urlaub genießen, arbeitet man als Student*in täglich viele Stunden mit Spitzhacke, Schaufel und Pinsel. Und das meist die gesamten „Ferien“. Aber: Man bekommt auch die Möglichkeit, Menschen aus Ländern wie Italien, Israel, dem Irak, der Türkei, Armenien oder Griechenland kennenzulernen – um mal nur die Länder zu nennen, in denen die Universität Münster gräbt.
Und ja, so eine Ausgrabung kann sich – zumindest nach meinen Erlebnissen – wie ein Action-Film anfühlen. Man stelle sich vor: Antike Siedlung aus biblischer Zeit (1. Jahrtausend vor unserer Zeitenwende), wildes Kurdistan, umgeben von vermintem Gebiet – all das bei 48 Grad unter der Sonne. Schreit das nicht nach Abenteuer?! Nun mal wieder sachlich: Mal abgesehen von der Begeisterung, die man wirklich braucht, um lange auf dem Feld zu arbeiten, um sich richtig dreckig machen zu wollen, nur um die beste Schnittkante und die schönste Profil-Zeichnung zu erstellen, sollte man auch genügend Lust an Mythologie, Kultur und allen voran Liebe zur Kunst(-Geschichte) mitbringen.
Was viele nicht wissen: Archäologie ist ein Allrounder – nach dem Studium wird man vor allem jeden in Allgemeinwissen schlagen und im Idealfall ergänzend mit praktischem Grabungsbezug argumentieren können, denn die Antike und ihre Einflüsse überdauern bis in heutige Zeit. Wenn man einmal eingetaucht ist, erklärt sich einem vieles von selbst und man versteht die Zusammenhänge. Klassische Archäologie leitet sich ab vom Griechischen ἀρχαῖος („alt“) und λόγος („Lehre“), bezeichnet also die Lehre von den Altertümern. Es ist eine Wissenschaft der materiellen Hinterlassenschaften der griechischen und römischen Kultur sowie angrenzender Völker. Man lernt geographisch den Raum Griechenland, Kleinasien, Italien und die römischen Provinzen zwischen der mykenischen Zeit (ca. 1500 v. Chr.) bis in die Spätantike (5. Jahrhundert n. Chr.) kennen. Pyramiden gehören dagegen zum Studium der Ägyptologie…
Studienalltag – Lernen für’s Leben?
Thematisch behandelt man von griechischer Keramik, Vasenmalerei, Säulenordnungen, pompejanischen Wandgemälden, Plastiken bis hin zum Aufbau der Akropolis alles. Wer als Teenager Percy Jackson verschlungen hat und sich immer schon gefragt hat, wie Medusa wirklich aussah, warum man keine Eulen nach Athen tragen soll und wo Caesar umgebracht wurde, wird hier auf seine Kosten kommen. Darüber hinaus lernt man, sich im Selbststudium Grundkenntnisse anzulesen, Fragen zu stellen (auch das will geübt werden), ein kritisches Auge zu entwickeln und wie in jedem Studium wissenschaftlich zu arbeiten. In diesem Fall: Literatur sichern, sie durchwälzen, eigene Theorien und Ansätze verschriftlichen und versierte Vorträge halten. Wer schon in der Schule lieber schreiend davon laufen wollte, wenn er die Worte „Referat“ oder „Aufsatz“ gehört hat, der sollte lieber einen großen Bogen um dieses Studium machen – denn letztlich sind das die Dinge, die den größten Teil der Studienzeit ausmachen: Hausarbeiten verfassen und 45- bis 60-minütige Vorträge planen und halten.
Wo studieren? – Studienorte und Zugangsvoraussetzungen
Das Fach wird in Deutschland an 16 Standorten angeboten, unter anderem in den meisten größeren Städten wie Berlin, Heidelberg oder Göttingen. Für die Einschreibung ist ein Abitur beziehungsweise die Allgemeine Hochschulreife vorzuweisen. Ein Latinum oder Graecum gilt nicht als Zulassungsvoraussetzung, jedoch muss vor allem das Latinum an den meisten Universitäten spätestens bis zum Ende des Studiums nachgeholt werden.
Studium und dann?
Damit wären wir auch schon bei den Job-Perspektiven. Hier schließe ich mich Michaels Ausführungen zum Studium der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie an: Mit Archäologie kannst du alles und nichts werden – ein dazwischen existiert nicht. Meiner bisherigen Erfahrung nach muss man, wenn man diesen Zweig einschlägt, einfach ein optimistisches Gemüt haben, wirklich dahinterstehen und sich knallhart durchbeißen. Heißt: Jede Menge Praktika in Museen absolvieren und Grabungserfahrung sammeln. Da die Institute und die Welt der Archäologie aber so klein ist, knüpft man eigentlich recht schnell Kontakte. Wichtig ist hier, insbesondere für den späteren Job, sich zu fokussieren: Was will ich machen und wie komme ich dahin? Nichtsdestotrotz landet man in den Geisteswissenschaften dann oft da, wo man nie gedacht hätte zu sein.
Als Schlusswort kann ich also nur sagen: Klassische Archäologie zu studieren ist wie ein Klippensprung ins Meer. Unerwartet, abenteuerlich, nie ganz leicht – aber macht unglaublich Spaß!
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Sandra Hein
Liebt und lebt ihr Studium der Kunstgeschichte und Klassischen Archäologie samt all seinen Klischees. Dazu gehört selbstverständlich Frida Kahlo und Vincent van Gogh als seine besten Freunde zu betrachten und sich in Pompeji ohne Stadtplan problemlos zurechtzufinden ;) Als kleiner Bücherdrache ernährt sie sich hauptsächlich von Abenteuern aus den Jules-Verne-Romanen oder alten schwarz-Weiß-Krimis und möchte als neue olympischen Sportart einen Besuchs-Marathon durch alle europäischen Museen vorschlagen. Sollte der Traumjob Kuratorin nicht in Erfüllung gehen, sieht sie sich als Geist in einem schottischen Castle. Freund*innen munkeln, dass sie wahrscheinlich mehr schwarzen Ostfriesentee als Blut im Körper besitzt…
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Tags: antikeantikes griechenlandArchäologieAusgrabungBildungGeschichteKlassische ArchäologieStudiumUniversität
„Eulen nach Athen tragen?“ Es heißt, dass es sich nicht lohnt, Eulen nach Athen zu tragen. In der Antike soll Athen sehr reich gewesen sein. Die Eule gehört übrigens zu den Hauptattributen der Athene / Athena. Athene ist der Super-Star der griechischen Mythologie und darüber hinaus eine Nachteule. Der Steinkauz wird Athene noctua bezeichnet, was „nächtliche Athene“ bedeutet -> https://www.mythologie-antike.com/t104-athene-auch-athena-gottin-der-weisheit-und-strategie-schutzherrin-von-athen
Geschichte über Finnland,
Herzlichen Dank für die Zusammenfassung der finnischen Geschichte. Mir hat sie gefallen ich werde Euch in Finnland weiter empfehlen.
Toll!!
Weiter so.
Mfg
Arja Mannikainen