Bildung und Karriere / Interview

Employability – Wie wir unsere Chancen auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft stärken

Employability, Selbstoptimierung und Lebenslanges Lernen sind Buzzwords, die vor allem im Munde der Generation Y liegen. Denn wir leben in einer Welt, die sich in schnellem Wandel befindet. Aber was kann man machen, um sich in Zukunft interessant für Arbeitgeber zu machen?
| Amelie Haupt |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

EmployabilityJan Vašek

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Employability, Selbstoptimierung und Lebenslanges Lernen sind Buzzwords, die vor allem im Munde der Generation Y liegen. Denn wir leben in einer Welt, die sich in schnellem Wandel befindet. Es herrscht das älteste Gesetz der Evolution: „Survival of the fittest“. Wer am besten an seine Umwelt angepasst ist, hat die besten Überlebenschancen. Zwar müssen wir in den Industrieländern nicht mehr um unser tägliches Überleben kämpfen, doch steckt offensichtlich noch immer der Drang zur Optimierung in uns, um auf der sicheren Seite zu sein. Für unser Überleben und Wohlbefinden ist es vor allem wichtig, finanziell abgesichert zu sein. Daher spielt sich der Wettbewerb der perfekten Anpassung für uns in der Arbeitswelt ab.
Ich habe mit Prof. Dr. Ernestine Schafmann, Dozentin für strategische Personalentwicklung an der International School of Management, über das Thema Employability gesprochen.

Die Welt im Wandel

Employability heißt… Du bist auf dem Arbeitsmarkt durch relevante Skills und Fähigkeiten attraktiv für Arbeitgeber – auch wenn sich die Arbeitswelt wandelt. Employability zeichnet sich vor allem durch Anpassungsfähigkeit aus.

Doch bevor wir darüber reden, wie wir unsere Employability verbessern können, gehen wir erst darauf ein, warum gerade in der heutigen Arbeitswelt die ständige Adaption in Form des lebenslangen Lernens so wichtig ist. Das ist schließlich kein Begriff, den ihr jemals von euren Eltern gehört habt. Unternehmen nutzen das Konzept VUCA, um in vier Worten die Merkmale der modernen Welt zusammenzufassen: Volatility (Wandel), Uncertainty (Unsicherheit), Complexity (Komplexität) und Ambiguity (Mehrdeutigkeit)

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Abbildung 1: in Anlehnung an Roland Berger Unternehmermagazin think:act 2013

Die Unternehmen richten ihre Strategien nach der VUCA-Welt aus. Daher werden zum Beispiel Verträge immer stärker befristet, um keine langfristigen Zahlungspflichten zu haben und Personal nach Bedarf flexibel auszutauschen. Je attraktiver wir jedoch in unseren Kompetenzen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir unseren Job behalten können oder zumindest gute Chancen haben, eine neue Anstellung zu finden.

„Frau Schafmann, was können Studierende für ihre Employability tun?“

„Employability oder auch lebenslange Arbeitsmarktfitness ist tatsächlich ein Schlüsselbegriff für die Zukunft. Dazu gehören: die Pflege eines attraktiven Bündels von Fähigkeiten und Kompetenzen, die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen und flexibles Reagieren auf die veränderte Arbeitsmarktsituation. So kann man seine Beschäftigungsoptionen mittelfristig maximieren.
Bildung ist zweifellos wichtig, aber aufgrund der verkürzten Halbwertszeit von Wissen lässt sich Employability nicht mehr allein durch fachliche Weiterbildung erhalten. Das Pflegen sozialer beruflicher Netzwerke, persönliche Anpassungsfähigkeit und Lernbereitschaft sowie die Fähigkeit, die eigene berufliche Entwicklung eigenverantwortlich zu „managen“, d.h. Veränderungen in den Anforderungen zu erkennen und mutig die richtigen Entscheidungen zu treffen, tragen wesentlich zur individuellen Employability bei.“

Die VUCA-Welt verändert ebenfalls Anforderungen im Bewerbungsprozess. Studienabschluss und Noten werden unwichtiger, dafür treten andere Qualifikationen in den Vordergrund.

Schon gelesen? Patrick hat einen Artikel zum Thema „Programmieren lernen“ geschrieben. Definitiv empfehlenswert, wenn man auf dem neuesten Stand bleiben will.

„Frau Schafmann, welche Kompetenzen werden in den kommenden Jahren von den Unternehmen gefragt werden?“

„Die reine Fachkompetenz wird zunehmend an Bedeutung verlieren. Viel wichtiger als erlernte fachliche Qualifikationen werden Schlüsselkompetenzen sein. Hierzu zählen beispielsweise die situationsübergreifende Entwicklung von Selbstmanagement- und Selbstorganisationsfähigkeit sowie die Fähigkeit, neue Kompetenzen zu erwerben, zu lernen und zu verlernen. Weiterhin von besonderer Relevanz sind aus Unternehmenssicht soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, kommunikative und kooperative Verhaltensweisen sowie methodische Kompetenzen wie Analyse- und Entscheidungsfähigkeit.“

Rosige Zukunft oder Angst vor Robotern?

Schaut man sich die Prognosen für den zukünftigen Arbeitsmarkt an, findet man zwei gegensätzliche Aussagen. Zum einen heißt es, dass durch den Generation-Gap eine Lücke im Arbeitsmarkt entsteht. Laut einer Studie der Bertelsmannstiftung haben wir 1,2 Millionen Menschen in den Jahren 2005 bis 2015 wirtschaftlich „verloren“ z.B. durch den Renteneintritt. Bis 2025 sollen es noch einmal 2,8 Millionen Menschen sein, die den Arbeitsmarkt verlassen. Aufgrund der demografischen Struktur Deutschlands haben wir jedoch nicht genügend Nachwuchs, um diese Lücke zu füllen. Für die jungen Menschen bedeutet dies: Wir müssen uns keine Sorgen um Arbeitslosigkeit machen, denn Arbeit gibt es mehr als genug.

Doch die andere Zukunftsprognose sieht weniger rosig aus: Roboter klauen unsere Jobs. Die Oxford Universität fand in einer Studie heraus, dass etwa die Hälfte der Arbeitskräfte innerhalb der nächsten 20 Jahren in den USA dem Risiko entgegen sehen muss, durch die Automatisierung den Job zu verlieren. Insbesondere die Branchen Logistik, Transport und Verwaltung werden durch den technologischen Wandel von dem Arbeitsplatzverlust betroffen sein.

Dennoch werden Maschinen nicht jeden Job übernehmen können. Anthony Goldbloom erklärt in seinem TedTalk, dass alle Berufe, in denen neuartige Situationen auftreten, die durch kreatives Denkvermögen gelöst werden, (noch) nicht durch Roboter übernommen werden können. Eine Künstliche Intelligenz kann bisher nur bei repetitiven Aufgaben eingesetzt werden, wenn bereits eine große Datenmenge vorliegt, auf deren Basis ein Algorithmus entwickelt wird.

Frau Schafmann: „Beide Entwicklungen sind zu erwarten. Auf der einen Seite gibt es weiterhin einen Fachkräftemangel, der sich zunächst auch noch verstärken wird. Auf der anderen Seite werden viele Arbeitsprozesse digitalisiert und automatisiert und Kollege Roboter wird zunehmend – vermutlich viel schneller als wir uns das heute vorstellen können – in den Berufsalltag einziehen. Dies führt infolge gesteigerter Arbeitsproduktivität zwangsläufig zu dem Verlust vieler Arbeitsplätze, insbesondere mit Blick auf einfache, hoch-standardisierte Routinetätigkeiten. Es werden aber auch ganz neue Berufsfelder entstehen und Tätigkeiten, die durch Unvorhersehbarkeit, Kreativität und sozialer Interaktion gekennzeichnet sind, werden weiterhin nachgefragt. Ob man von Arbeitslosigkeit bedroht wird oder ein heißbegehrtes Talent ist, hängt letztlich davon ab, für welches berufliche Umfeld man sich entscheidet und wie flexibel man auf veränderte Anforderungen reagieren kann.“

And the winner is…

Auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick so ausschaut, als ob wir uns sofort für den nächsten Selbstoptimierungskurs anmelden müssten, um in fünf Jahren noch einen Job zu haben, soll dieser Artikel keine Hiobsbotschaft sein. Im Gegenteil – er zeigt, dass die Generation Y ohnehin schon perfekt für diese Welt gerüstet ist. In unserem Artikel „Was will die Gen Y“ wurde mehrfach der Wunsch nach Entwicklung und Flexibilität im Berufsleben genannt. Einen Abschluss erwerben und für die nächsten 40 Jahre den gleichen Job machen? Eine Horrorvorstellung für unsere Altersgruppe. Wir wurden in der VUCA-Welt geboren und haben das lebenslange Lernen ohnehin schon verinnertlicht. Die Arbeitswelt kann kommen!

Lies auch: Patricks Selbstexperiment zum „Miracle Morning“: „Tag 1, 6 Uhr – der Wecker klingelt“

Prof. Dr. Ernestine Schafmann hat sich als „Arbeiterkind“ aus dem Ruhrgebiet von der Ausbildung zur Promotion hochgearbeitet. Sie arbeitete einige Jahre bei der  Unternehmer-Beratung Droege & Comp. (heute Droege Group) als Consultant, bis sie beschloss, mit Quid.melius eine eigene Unternehmensberatung zu gründen. Zusätzlich ist sie festangestellte Professorin an der International School of Management und hält Vorlesungen zu strategischem Human Ressource Management sowie Leadership & Motivation.


Quellen:
https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/zuwanderungsbedarf-aus-drittstaaten-in-deutschland-bis-2050/
http
://www.oxfordmartin.ox.ac.uk/downloads/academic/The_Future_of_Employment.pdf

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