Games / Kultur und Medien / Rezension
5 Pen & Paper-Rollenspiele für Einsteiger, die du dir leisten kannst
Das Pen & Paper-Rollenspiel (engl. pen „Stift“ und paper „Papier“) ist ein Spiel, bei dem die Mitwirkenden fiktive Rollen einnehmen […]
Das Pen & Paper-Rollenspiel (engl. pen „Stift“ und paper „Papier“) ist ein Spiel, bei dem die Mitwirkenden fiktive Rollen einnehmen und gemeinsam durch Erzählen ein Abenteuer erleben.
Wikipedia: Pen-&-Paper-Rollenspiel
Der Rollenspieldschungel ist in den letzten Jahren noch unübersichtlicher geworden. Kleine Teams von Indieautor*innen heben mit viel Herzblut hunderte Systeme aus der Taufe. Verlage legen jedes erdenkliche System neu auf und leiern Kickstarter für neue Genres an. Es gibt Streams, Podcasts und Videos ohne Ende… All das trägt dazu bei, dass neue wie alte Rollenspieler*innen nicht wissen, zu welchem System sie als nächstes greifen sollen.
Auch das Hobby des Pen-and-Paper-Rollenspiels an sich hat sich verändert. Die Zeiten, in denen sich die Gruppen wöchentlich um einen Tisch versammelt haben, liegen lange zurück. Alteingesessene Systeme mit starkem Kanon sind – in unserer Wahrnehmung – auf dem Rückzug. Das könnte unter anderem daran liegen, dass sie in der Vorbereitung zeitraubend sind und oft einen tiefen Geldbeutel bei den Spielenden fordern. Grund genug für uns, fünf Vorschläge zu machen, die sich gut für den Einstieg ins Hobby eignen:
Wir haben diese drei Kriterien zusammengestellt, an denen wir alle uns bekannten Systeme gemessen haben, um für euch die besten zu finden:
- Nicht zu viel Kanon. Niemand möchte stundenlang diskutieren, wenn es nur darum geht, ob DIESER spezielle Dieb in DIESEM speziellen Landesteil DIESEN speziellen Dolch besitzen kann. Oder hat Spaß daran, sich durch 600 Seiten Weltenentwurf zu arbeiten, bevor das Abenteuer beginnen kann. Ein großer, dichter Kanon führt oft zu verhärteten Diskussionen am Tisch, wenn Erwartungshaltungen aufeinanderprallen. So können neue Gruppen schnell wieder auseinandergehen, und das soll ja vermieden werden.
- Nicht zu viel Rechnen. Ein einfaches, aber nicht zu abstraktes Würfelsystem. Nach der Schule/Uni/Arbeit noch eine mathematisch haarklein ausdifferenzierte Weltsimulation zu spielen, kann für manche Menschen reizvoll sein. Viele wird es aber ermüden oder ihnen das Gefühl geben, dass der Fokus nicht auf der Geschichte, sondern auf einem Zahlenwettrüsten liegt. Also wenige Würfel, weniger Proben und dennoch nachvollziehbar. So soll ein Würfelsystem aussehen.
- Nicht unendlich viele Regelbücher. Gerade etablierte Spiele haben oft eine Unmenge an Supplementbänden und suggerieren auch deren Notwendigkeit: „Du willst eine Zwergin spielen? – Kauf den Zwergenband! Kostet nur ⅔ des Preises des Grundregelwerks.“ In Verbindung mit einem großen Kanon enthalten erst die Zusatzbücher wichtige Informationen zu Tech oder Magie, ohne die sich das Spiel nicht wirklich komplett anfühlt. Wer einfach spielen möchte, sollte dafür nicht hunderte von Euros aufwenden müssen.
1. Vampire – The Masquerade
Das System:
Vom Verlag White Wolf kommt ein echter Klassiker der Erzählrollenspiele: Vampire ist das Flaggschiff der sogenannten World of Darkness, zu der noch einige weitere Systeme zählen. Früher ein wahres Monstrum an System mit zahllosen Supplementbänden wurde es zu seinem zwanzigjährigen Jubiläum im Jahre 2011 in einer neuen Edition aufgelegt. Das Hauptbuch enthält alles, was man braucht, um loslegen zu können. Erweiterungsbücher gibt es zwar ebenso, doch auch hier sind sie nicht zwingend erforderlich für ein gewinnendes Spiel. Auch die beiden anderen größeren Systeme Werewolf und Mage sind einen Blick wert. Mit den kleineren Abkömmlingen der World of Darkness wie Wraith, Hunter oder Changeling haben wir keine Erfahrung, aber auch hier gibt es Jubiläumsausgaben.
Die Welt:
Die Welt der Dunkelheit ist ein finsteres Spiegelbild unserer Realität. Alles ist ein wenig düsterer, trauriger, der Regen kälter und die Menschen korrupter. Unbemerkt treiben sich Monster mitten unter ihnen herum. In Vampire schlüpfen die Spielenden – wie der Name sagt – in die Rolle von Vampiren, die, gemeinsam mit anderen, versuchen, ihre ganz eigenen Ziele zu verwirklichen. Welches Ziel das ist, können alle Spieler*innen sehr frei entscheiden. Doch Vorsicht: Ihr werdet unweigerlich die Kreise anderer Vampire stören, die älter und mächtiger sind und in ihrem jahrhundertelangen Dasein nichts lieber tun, als eine Art Schachspiel mit anderen ihrer Art zu spielen.
Die Welt hat einen großen okkulten Überbau: Der Vampirismus geht auf den biblischen ersten Mörder Kain zurück, Vampire teilen sich in 13 Clans sowie zahllose Blutlinien auf, die sich wiederum in drei Fraktionen organisiert haben. Dies sind streng genommen aber nur Richtlinien und sollten nicht daran hindern, Individuen auch in anderen Fraktionen auftauchen zu lassen. Jeder Vampir hat gewisse okkulte Kräfte, Disziplinen genannt, aber auch eine Schwäche, je nachdem, welchem Clan er angehört. Und dann gibt es da noch den Hunger nach Blut, der eines Tages überhandnehmen könnte.
Besonders reizvoll an Vampire ist, dass man es quasi in jeder Epoche der Geschichte ansetzen kann. Eine Chronik kann sich über Jahrhunderte oder Jahrtausende erstrecken und doch können die Figuren dieselben bleiben. Zusätzlich ist Vampire, wie Shadows of Esteren, in seinem Kanon relativ locker und lässt viele Arten von Erzählungen zu, egal ob klein oder weltumspannend.
Die Würfel:
Um Vampire zu spielen, benötigen die Spieler pro Wurf einen Pool aus 1-10 zehnseitigen Würfeln. Es werden stets ein Attribut und eine Eigenschaft kombiniert, um den Umfang dieses Pools zu bestimmen. Jeder Würfel, der den Mindestwurf (meist 6) erreicht, gilt als Erfolg, jede 1 hebt einen Erfolg auf. Besonders angenehm: Der Charakterbogen arbeitet mit schwarzen Punkten statt mit Zahlen, sodass dieses System gut bei Kerzenlicht gespielt werden kann.
Die Regeln sind sowohl für Spielende als auch Spielleitung schnell und unkompliziert. Jedoch sollte die SL (Spielleitung) sich anfangs beim Festlegen von Mindestwürfen an den Vorschlägen im Buch orientieren. Vampire bietet auch abseits der Würfel genug Möglichkeiten, die erzählerischen Schrauben anzuziehen, was für spannende Abende inmitten eines alptraumhaften Intrigennetzes sorgen dürfte.
Relevante Links:
Vampire: The Masquerade 20th Anniversary Edition
2. Shadows of Esteren
Das System:
Von einem kleinen französischen Verlag kommt dieses Fantasy-Horrorspiel. Shadows of Esteren hat in der Vergangenheit nicht nur durch sein äußerst liebevoll gestaltetes Artwork von sich reden gemacht, sondern auch durch die mit viel Liebe zum Detail geschriebenen Regelwerke. Auf dieser Liste ist es das „jüngste“ System (Baujahr 2012), doch kann es unserer Meinung nach problemlos mit den etablierten Systemen aufnehmen. Packende Welt, einfaches Würfelsystem, wenige Bücher und schneller Einstieg: alles dabei.
Da es sich nur um einen kleinen Verlag handelt, erscheinen Bücher nur in größeren Abständen, das Buch mit ergänzenden Tipps für die Spielleitung steht noch aus. Die zwei großen Hauptbücher „Universe” und „Travel” bieten reichlich Stoff für Abenteuer. Kleinere Supplementbände ergänzen die Welt, sind jedoch nicht zwingend notwendig. Preislich liegen die Bücher auch völlig im Rahmen, bedenkt man, wie viel Arbeit in dem handgemalten Artwork steckt.
Die Welt:
Handlungsort der Abenteuer in der Welt Esteren ist die Halbinsel Tri-Kazel, die durch unüberwindliche Berge und stürmische Seen vom Kontinent abgeschnitten ist. Aufgeteilt ist sie in drei Königreiche: das traditionsverbundene Taol-Kaer, das tiefgläubige Gwidre und das dem Fortschrittsgedanken verschriebene Reisz. Unter diesen Königreichen gab und gibt es immer wieder Spannungen. Obendrein lauert in den Schatten der Wälder und Berge ein übernatürlicher Feind: Seltsame Wesen, Feondr genannt, überfallen immer wieder Dörfer und Städte der Menschen. Düstere Monolithen mit seltsamen Symbolen stehen am Wegesrand und der Spuk soll in verlassenen Gebäuden umgehen.
Anders als viele andere Fantasysysteme bleibt Esteren auf Menschen beschränkt, jedoch fällt dies nicht stark ins Gewicht. Wir haben Orks, Elfen und Zwerge bislang nie vermisst. Die Welt ist stark gälisch/schottisch geprägt, in etwa auf dem Stand des 11. Jahrhunderts. Magie gibt es in Form der Demorthen (druidenartige Mystiker, deren Kräfte von Naturgeistern gespeist werden), Priester des Tempels (die Gebete an den einen Gott richten) und die Magientists (sammeln und destillieren Flux [eine Art „Steampunk-Brennstoff”], um seltsame Erfindungen damit anzutreiben). Vieles lässt sich über die Welt sagen, doch angenehm an Esteren ist: Nichts davon ist in Stein gemeißelt. Der Weltanteil der Regelbücher besteht aus Reiseberichten verschiedener Personen und manche davon widersprechen einander, sodass Spielende und Spielleitung stets ihre eigene Fantasie bemühen können, ohne dass sich etwas „falsch” anfühlt.
Die Würfel:
Um sich in die düsteren Abenteuer von Esteren zu stürzen, benötigen die Spielenden nichts weiter als einen zehnseitigen Würfel. Das System ist in der Mechanik schlank und im Kampf tödlich. Das hält die Kämpfe kurz und spannend. Gleichzeitig ist es sehr belastbar und vielleicht das – bei uns – beliebteste Würfelsystem auf dieser Liste. Selbst absolute Anfänger*innen werden es innerhalb von wenigen Minuten verinnerlicht haben und es so flüssig würfeln, dass mehr Zeit für die Geschichte bleibt. Regeldebatten und gegenseitiges Aufrüsten (á la Spieler*in: ‚Ha, mit dieser Rüstung können mir Skelette nicht mehr schaden!‘ SL: ‚Gut, dann gibt’s halt Skelettoger!‚) werden ebenfalls minimiert und gerade für die Spielleitung ist es angenehm, nur wenige, dafür präzise und nachvollziehbare Regeln im Kopf haben zu müssen.
Relevante Links:
Offizielle Seite des Spiels (englisch)
Shadows of Esteren – Book 0 Prologue als PDF zum kostenlosen Download
Systemtest zu Shadows of Esteren, ein Hörspiel unter der Leitung unseres Mitautors Dominik
3. 7te See
Das System:
Beim Pegasus Verlag und mittlerweile in der zweiten Auflage erscheint dieses rasante, filmhafte Rollenspiel. Ziel dieses Systems ist es, einen Mantel-und-Degen-Film ins Pen and Paper zu übersetzen. Egal, ob Piratenabenteuer, Drei Musketiere oder Grusel; in einer Welt des 30-Jährigen Krieges – all das lässt sich mit 7. See in Szenen eines Kinofilms mit den Spieler*innen in den Hauptrollen verwandeln.
Diese Idee hat so einige Fans, wie unter anderem die damals größte RPG-Kickstartersumme aller Zeiten von über 1 Mio. Euro bei einem Zielbetrag von ~25.000 Euro beweist. Dieser riesige Kickstarter führt übrigens auch dazu, dass man aktuell die Grundregelwerke – und damit alles, was man zum Spielen braucht – sehr günstig (teilweise für unter 10 €) erwerben kann.
Die Welt:
In 7te See bereisen die Spielenden den Kontinent Thea und seit der zweiten Edition auch die „Neue Welt”. Beide Kontinente haben starke Anleihen von unserer Welt. So entsprechen die Eisenlande Deutschland, Montaigne Frankreich, Ussura Russland etc. Angesiedelt in einem Mantel-und-Degen-Szenario können die Spielenden hier in die Rolle von Musketieren, Piraten, Adeligen, Höflingen, Handwerkern und noch vielen anderen schlüpfen. Eine Besonderheit bietet das Magiesystem des Spiels: Verschiedene magische Schulen werden seit Jahrhunderten innerhalb gewisser Familien vererbt, was auf die Zeit des Remasischen Reichs zurückgeht. So können gewisse Magiewirkende sich beispielsweise in Tiere verwandeln, andere Zauberrunen nutzen oder das Schicksal beeinflussen.
Thea ist durchzogen von einem Netzwerk aus Adelsintrigen und gleichzeitig auf See gebeutelt von ruchlosen Piraten oder Freibeutern mit Kaperbrief. Neben den weltlichen Fehden versuchen auch die Geistlichen der Welt, ihren Einfluss zu vermehren, aber auch ihnen droht Gefahr aus dem Inneren, eine Art Reformation. Und dann gibt es da noch die Ruinen der Syrneth, merkwürdige Wesenheiten, die vor langer Zeit die Welt verlassen zu haben scheinen.
Deutlich weniger finster als die meisten Systeme auf dieser Liste bietet 7te See die Möglichkeit, flamboyanten Heldenspaß zu erleben und ein bisschen Abenteuerluft zu schnuppern.
Die Würfel
7te See wird mit einem Pool von 10-seitigen Würfeln gewürfelt. Das Ziel ist es, immer auf 10 zu kommen. (Hat man also eine 3 und eine 7 gewürfelt, hat man eine 10.) Würfel, die nicht zur 10 zusammengefasst werden können, verfallen. Bei einer 10 auf einem Würfel darf man einen weiteren dazu würfeln, der Würfel „explodiert“. Das ergibt eine ziemliche Würfelschlacht, ist aber als System schnell zu erlernen. Wie viele Würfel man werfen darf, hängt von den Fähigkeiten des jeweiligen Charakters ab. Weitere Würfel können durch die von der Spielleitung beschriebenen Umstände hinzugefügt oder auch wieder abgezogen werden.
Relevante Links:
Das Grundregelwerk von 7te See
4. Call of Cthulhu
Das System:
Noch einmal Horror und nebenbei eines der ältesten RPGs überhaupt. Bei Chaosium erscheint Call of Cthulhu seit 1981 und ist seitdem in sechs weiteren Editionen beinahe unverändert fortgesetzt worden. Auch hier reicht das Grundregelwerk aus, um einige Zeit das Grauen des Cthulhu-Mythos zu ergründen. Es schadet jedoch nicht, sich die ein oder andere Geschichtenanthologie zu Gemüte zu führen, denn dieses Rollenspiel ist buchstäblich literarisch, basiert es doch auf den Geschichten von H. P. Lovecraft. Darum dürfte das Thema klar sein: kosmischer, unerklärbarer Horror aus dem All oder völlig fremden Dimensionen. Die Zusatzbücher enthalten, neben Informationen zu okkulten Orten, Kreaturen oder Büchern, vor allem Tipps, wie man seine Techniken als Spielleitung verfeinert, sodass man auch Spieler*innen, die den ganzen Mythos runterbeten können, noch Überraschungen bereiten kann.
Die Welt:
Call of Cthulhu kann an vielen Schauplätzen angesiedelt werden, doch werden die 1920er Jahre besonders gern gewählt. Man spielt normale Menschen der jeweiligen Zeit, die, auf welche Art auch immer, feststellen müssen, dass es auf ihrer Welt finsterste Kulte und den Verstand sprengende Geheimnisse gibt. Ihre ganze Welt wird nach und nach auf den Kopf gestellt, bis ihr Leben nicht mehr dasselbe ist. Und sie können sich nur einander anvertrauen, denn für Außenstehende klingt das alles einfach zu abwegig.
Die Welt Lovecrafts ist finster und sicher nicht für alle Spieler*innen geeignet. Der fast aussichtslose Kampf gegen das kosmische Grauen und seine wahnsinnigen Diener auf Erden wird mehr als einmal einen Charakter oder sogar eine gesamte Gruppe fordern. Es mag ein gewisses Maß an Masochismus – oder Lust auf Horror – dazugehören, dieses System zu wählen, aber es belohnt mit einer einmaligen Atmosphäre. Call of Cthulhu ist vielleicht kein System für jede Woche, aber für eine kleine Kampagne in der dunklen Jahreszeit eignet es sich perfekt.
Die Würfel:
In Call of Cthulhu wird mit zwei zehnseitigen Würfeln – auch bekannt als W100 – gewürfelt. Die Fähigkeiten auf dem Charakterbogen werden also in Prozent angegeben. Sie müssen bei einer „Probe“ unterwürfelt werden. Neben einer sehr überschaubaren Anzahl an Lebenspunkten erhält jeder Charakter auch eine bestimmte Anzahl an Stabilitätspunkten. Sinken diese, driftet die Figur nach und nach in den Wahnsinn ab. Fällt der Charakter aber auf 0 Stabilitätspunkte, wird er unspielbar. Größere Verluste auf einen Schlag ziehen Geisteskrankheiten nach sich. Dies mag nicht für jeden Spieler geeignet sein, aber es erzeugt auch eine einzigartige Beziehung zwischen einem Spieler und seiner Figur.
Relevante Links:
Artikel auf Pen-and-Paper.info
Grundregelwerk zum Kauf
5. Dungeons and Dragons
Das System:
Dieses System ist so bekannt, dass es oft synonym für alle Arten von Pen-and-Paper-Rollenspielen verwendet wird. Es ist wahrscheinlich das erste (1974!) und meistgespielte System dieser Art. Heute liegt es bereits in seiner fünften Edition vor und hat zahllose Abkömmlinge hervorgebracht. Doch nicht nur wegen seiner Mannigfaltigkeit führen wir es hier auf: Aufgrund der Größe seiner Community ist es – wenn auch nicht das einfachste – das für völlig neu einsteigende Gruppen am besten unterstützende Spiel. Wer sich in das Hobby einfinden will und wirklich bei Null anfängt: hier entlang zum YouTube-Kanal von Petelektro!
Die Welt:
Noch so ein Aspekt von „DnD“: Spielende können aus einer großen Zahl von vorgefertigten Welten wählen – ob nun vom Verlag oder von anderen Spieler*innen zur Verfügung gestellt. Egal, ob High-Fantasy oder Horror-Fantasy, solange es Fantasy sein soll, ist für alle etwas dabei. Auch an Monstern und eher „weltlichen“ Feinden gibt es einen ständig wachsenden Kanon, der sowohl von offizieller Stelle wie auch durch die Fanbase erweitert wird. Das Gleiche gilt für eine Menge magischer Gegenstände.
Diese „Alles kann, nichts muss“-Wundertüte lädt zum eigenen Erfinden und Verändern der Spielwelt(en) ein und bietet gleichzeitig einen soliden Rahmen für das Spiel.
Die Würfel:
Dieser Rahmen ist auch dringend nötig. Denn beim Würfeln wirds kompliziert. Man braucht sie alle: Vierseiter, Sechsseiter, Achtseiter, Zehnseiter, Zwölfseiter und Zwanzigseiter, um Proben abhängig von den eigenen Fähigkeiten und dem Zustand der Waffe würfeln zu können. Das ist eine der Schwierigkeiten am System: Es ist nicht so schnell gelernt wie ein W10- oder ein Poolsystem.
Relevante Links:
DnD Beyond – Hier kannst du direkt losspielen.
Das DnD Basisset kaufen
Erwähnenswerte Systeme, die es nicht in unsere Top 5 geschafft haben:
Ratten!: Ein recht skurriles Gratis-Rollenspiel für zwischendurch. In Ratten!, einem kleinen deutschen Rollenspiel vom Prometheus-Verlag, schlüpft man in die Rolle von pelzigen Nagetieren, die in einem verlassenen Kaufhaus leben und dort Abenteuer aus Rattenperspektive erleben können. Gewürfelt wird mit einigen wenigen W6. Charaktere sind schnell gebaut und die Würfelei geht leicht von der Hand. Für eine spontane, lockere Runde zwischendurch absolut empfehlenswert, sofern man die richtigen Leute dafür kennt.
Traveller: Eines der ältesten Rollenspiele und wahrscheinlich das erste SciFi-Pen-and-Paper (1977), das je erschienen ist. Leider ist es, weil die Vermarktungsrechte weit verstreut liegen, heute sehr unübersichtlich. Noch gibt es bei Prometheus Games ein handliches Grundregelwerk für ca. 13 €, bald aber wird dies von „Classic Traveller”, einem Kickstarter von Ulisses Spiele, abgelöst. Egal welche Version, man schlüpft in die Rolle von Weltraumreisenden der fernen Zukunft und versucht in einer feindlichen, feudalen Galaxis zu überleben. (Denkt eher an Firefly und Dune als an Star Trek.) Wie feindlich? Sagen wir es so: Traveller ist berühmt dafür, schon im Charakterbau potenziell tödlich zu sein. Gewürfelt wird immer mit 2 sechsseitigen Würfeln, was das Rechnen denkbar einfach macht. Interessant ist auch noch, dass es keine Lebenspunkte gibt, sondern etwaiger Schaden gleich von den Attributen (also den Werten, auf die man würfelt) abgezogen wird. Auch das macht die Welt gefährlicher…
Ein Seitenhieb auf die etablierten Systeme
Das schwarze Auge:
Warum wird „Das Schwarze Auge“, das zweitälteste (MIDGARD ist älter! Hört oder lest beim Steamtinkerer vorbei, wenn ihr mehr erfahren wollt.) Rollenspiel Deutschlands nicht erwähnt? Immerhin spielt ihr es doch in eurem Heldenpicknick!
Richtig. Richtig ist auch, dass wir damit eingestiegen sind. Es mag sogar sein, dass es für manche Menschen ein guter Einstieg ist, weil es einen sehr straffen Charakter bietet, bei dem Neulinge immer auf den Charakterbogen schauen können, wenn sie sich die übliche „Kann ich das machen?”-Frage stellen.
Andererseits erfüllt DSA wichtige Kriterien nicht: Es hat
1. zu viel Kanon
2. ein verstöpseltes Würfelsystem und gerade beim aktuellen DSA 5 und seinen beiden Vorgängern wird man
3. mit Regelbüchern erschlagen.
Falls ihr also – gerade als Gruppe – ganz neu anfangen wollt, ist es für alle Beteiligten leichter und günstiger, sich aus der Liste oben zu bedienen.
Shadowrun:
Was ist mit Shadowrun? Ja, damals war es die einzige echte Alternative zu Fantasy-Rollenspielen und beim Setting wollen wir auch gar nicht meckern. Aber auch Shadowrun krankt an seinen dringend nötigen Zusatzbänden. Sicher enthält das Hauptbuch einige Teaser, aber wer einen Decker, Rigger, Magier etc. spielen möchte, der sich auch so anfühlt, der braucht das jeweilige Buch. Der Kanon hingegen ist kein großes Problem, aber die Charaktererschaffung ist seit der dritten Edition (1998) explodiert. Shadowrunfiguren zu bauen hat schon immer lange gedauert, aber mit mehr Metatypen, mehr Mutationen, mehr Bioware, Nanoware, Cyberware, mit KIs, freien Geistern etc. ist es inzwischen heillos überfrachtet.
Wer einfach nur spielen möchte, ist hier leider falsch. Das heißt nicht, dass SR keinen Spaß macht und gerade die letzten Editionen haben das Würfelsystem sehr angenehm modernisiert. Aber zum Einstieg gibt es einfach bessere Systeme. Ein Blick auf Cyberpunk Red wäre beispielsweise nicht falsch. Es fehlt in der Liste oben, da keiner von uns beiden mehr als nur Rezensionen darüber gelesen hat.
Noch ein paar Tipps am Ende
Ehe ihr euer System auswählt, solltet ihr euch dringend über folgende Fragen Gedanken machen:
- Wie oft könnt ihr euch treffen? Je seltener, desto einfacher sollte das Würfelsystem sein.
- Welche Art von Spiel? Wer privat gerade eine schwierige Phase durchmacht, möchte vielleicht nicht auch noch in seiner Freizeit ein düsteres System spielen.
- Spielt ihr immer in derselben Besetzung? Wollt ihr ein System lange spielen oder nur hin und wieder kleine Abenteuer erleben?
Diese Fragen sollten in eure Überlegungen einfließen. Unsere Vorschläge entstammen der Erfahrung zahlreicher Gruppen und Systeme, aber sie sind nicht in Stein gemeißelt. Wir haben über die Jahre gemerkt, dass uns gewisse Systeme eher liegen oder für unsere aktuelle Lebenssituation besser geeignet sind als andere. Darum empfehlen wir, die äußeren Faktoren gleich vorher mitzubedenken.
Wir möchten euch ermutigen, Systeme komplett abseits einer etwaigen Marke anzuschauen. Recherchiert ruhig ein wenig! Sowohl etablierte Systeme als auch kleine Vertreter aus dem Indie-Genre haben viel Gutes zu bieten. Je besser ihr euch klarmacht, was ihr wollt, desto eher werdet ihr das System finden, das zu euch passt. Wir hoffen, diese Liste hat euch einige Anregungen gegeben.
Ihr habt noch weitere Tipps und Systeme, die wir hier vergessen oder übersehen haben? Ihr habt Storys aus einem der Systeme zu erzählen? Dann immer her mit euren Kommentaren!
Unterstützen
Wenn dir der Beitrag gefallen hat, würden wir uns über eine kleine Spende freuen.
Noch mehr Stories? Folge seitenwaelzer:
Michael Cremann
Ist meist dort zu finden wo die laute Musik für andere klingt wie ein Autounfall. Wirbt Geld für den Guten Zweck ein oder gibt Führungen durch Münsters Ruine Nummer eins. Dazu wird noch getanzt und wenn dann noch Zeit ist, Geschichte und Archäologie studiert.
Dominik Schiffer
Hat Geschichte und Skandinavistik studiert und ist dennoch weiterhin wahnsinnig neugierig auf Texte aus allen Jahrhunderten. Verbringt außerdem bedenklich viel Zeit in der Küche, vor Filmen/Serien, auf der Yogamatte und mit allerlei „Nerdstuff“.
Im Wandel (Teil 2): Wie die Literatur Frauenbilder widerspiegelt
Im Wandel (Teil 1): Frauenbilder der westlichen Welt
Tatsächlich gelesen: Fünf Freunde oder das Phänomen der Nostalgie (Enid Blyton)
Tatsächlich gelesen: Naokos Lächeln (Haruki Murakami)
Tags: 7teSeeaventurienD&DDas schwarze AugeDegenesisdndDSAdungeons and dragonsFantasyKritikP&PPegasuspen and paperpenandpaperPostapokalypsePrometheusRollenspielrpgscifitischrollenspielttrpg
Vielen Dank für die tolle Zusammenfassung. Ich würde noch ein weiteres System unbedingt erwähnen: Savage World’s
Es bietet ein super leichtes, schnell zu erlernendes System. Sehr einsteigerfreundlich mit einem kleinen aber feinen Regelbuch. Von Fantasy, über Horror bis Sci-Fi und Steampunk kann man alles spielen. Es gibt auch schon einige Adaptionen für altherrgebrachte Kampagnen (z.B. Pathfinder Rise of the Runelords).
Viele Grüße
Christoph