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Filme 2024 – Perlen, Zeitverschwendung und Co.
Von rassistischen Alligatoren, röhrenden Motoren und knuffigen Hunden: Ob Action, Thriller, Western oder Musical – 24 Filme für 2024 im Überblick.
Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten
„2023 war insgesamt ein mäßiges Jahr – filmisch gesehen. […] Ob 2024 angesichts der Nachwirkungen von Streiks in der Filmbranche besser wird, ist zweifelhaft.“ – meine Wenigkeit im Januar 2024
Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Eine sich auflösende Lichtsignalanlage im deutschen Bundestag wird zum Wort des Jahres gekürt. Vizekusen endet, denn die Werkself begeistert bei ihrer ersten Meisterschaft. Und sowohl im Kino als auch bei der ganzen Armada an Streaming-Diensten war die filmische Qualität überraschend hoch.
Folgend eine kleine Auswahl an Werken, welche eure kostbare Zeit wert sein könnten – oder wovon ihr getrost die Finger lassen könnt. Vorweg sei gesagt, dass sich nicht alle Starttermine eindeutig 2024 zuordnen lassen. Manche Filme waren auch erst dann in Deutschland verfügbar.
Achtung, spannend
Rebel Ridge
Rambo, bist du’s? Ein Fremder gerät in einer kleinen Stadt mit der Polizei aneinander. Dabei sucht er eine friedliche Lösung, weiß sich aber auch selbst zu helfen. Aaron Pierre strahlt im Werk von Jeremy Saulnier (Green Room) neben starker Physis eine beeindruckende Ruhe aus. Sein Nahkampfexperte geht konsequent seinen Weg der Deeskalation. Gerade die scharfen Wortwechsel mit dem Polizei-Chief – perfekt besetzt mit Don Johnson – sind deswegen absolute Highlights. Kommt es zu physischen Konfrontationen, sind diese dynamisch und wuchtig inszeniert. Die kleine Stadt sowie Tag und Nacht werden als Umgebung ideal eingesetzt. Allgemein sind die Bilder sehr wertig. Tiefes, drohendes Bassgrollen untermauert dann noch eine vor Spannung knisternde Atmosphäre.
Trap: No Way Out
Regisseur M. Night Shyamalan ist berühmt-berüchtigt für seine Twists: von genial (The Sixth Sense) bis lachhaft (The Happening) war bisher alles dabei. Dieses Katz-und-Maus-Spiel ist ein angenehm gradlinig erzählter und packender Thriller. Josh Hartnett überzeugt als gespaltene Persönlichkeit, liebevoller Familienvater und Serienmörder, dem auf einem Konzert eine Falle gestellt wird. Sein methodisches Vorgehen auf der Suche nach einem Ausweg sorgt – trotz mancher Logiklücke – durchgehend für Spannung.
Civil War
Zwei Fronten stürzen die USA in einen Bürgerkrieg. Beinahe im Stil einer Dokumentation folgt Regisseur Alex Garland (Ex Machina, Auslöschung) dabei einer Gruppe von Journalisten mitten ins Kampfgeschehen. Die Zuschauer sind – wie die Reporter – nur nüchterne Beobachter auf dieser Reise. Weder Gut noch Böse werden vorgegeben. Die Aufnahmen sind beeindruckend und bedrückend zugleich. Manche Spannungsspitzen – Jesse Plemons – sind extrem intensiv. Dieses Szenario bleibt nachhaltig im Kopf.
Land of Bad
Russell Crowe wacht mit seiner Kampfdrohne über Liam Hemsworth. Der kämpft sich quer durch den philippinischen Dschungel – ganz alleine. Vor allem die Action fetzt bei idealem Erzähl-Tempo: Präzise Fernschüsse und wuchtige Nahkämpfe – passende Härte inklusive – werden immer wieder mit coolen Slow-Motions eingefangen. Das kracht schon satt von allen Seiten, wird aber noch getoppt, wenn die Drohe zum Einsatz kommt. Dann breiten sich spektakulär und geräuschvoll ganze Flammensäulen über den Schirm aus.
Aller guten Dinge sind 4+
Bad Boys: Ride or Die
Stifte gezückt, Entertainment-Checkliste abhaken. Mike und Marcus führen absurde komische Gespräche? Check. Miami? Sowas von check. Sabbern nach Süßigkeiten? Leckeres check. Krachende Action mit echt innovativen Aufnahmen? Oh yeah, check. Bester Mann Reggie am Start? Bro-Fist und check. Bekannter Soundtrack? Ein rassistischer Alligator? Warum auch immer, check. Unterhaltung vom Feinsten? Definitiv check.
Planet der Affen: New Kingdom
Diese neue Ära starte mit faszinierendem World Building. Die Charaktere werden liebevoll und langsam vorgestellt, sodass eine enge Bindung entstehen kann. Gemeinsam wird dann in der optisch atemberaubenden Welt einer untergangenen Zivilisation viel entdeckt. Die Affen selbst sind herausragend lebensecht animiert. Einige packende Action-Szenen runden eine ansonsten sehr ruhig erzählte Geschichte ab. Der mittlerweile 10. Teil macht als Auftakt richtig Lust auf folgende – gerne etwas rasantere – Fortsetzungen.
Godzilla x Kong: The New Empire
Kognitive Leistung runter, Subwoofer rauf: Monster kloppen sich quer auf und im Planeten, der Bass donnert und alles ist sehr farbenfroh. Von der Geschichte um Kongs Heimat bleibt nicht viel hängen. Vertreter der menschlichen Spezies nerven zum Glück dieses Mal nicht. Dan Stevens sorgt sogar als schräger Tierarzt für frischen Wind und einige Lacher. Regisseur Adam Wingard hat das stumpfe, aber unterhaltsame Hauerei-Kino mittlerweile echt drauf.
Voll auf die (asiatische) 12
Officer Black Belt
In Südkorea überwacht eine Einheit von Bewährungshelfern verurteilte Straftäter – oft von Sexualdelikten. Stimmt etwas nicht, werden kampferprobte Martial Arts-Officer geschickt. Aufgrund seiner Zivilcourage wird der junge Lee einer von ihnen. Kim Woo-bin begeistert dabei mit coolen Kampftechniken, ist aber vor allem mit seinem Chef ein unfassbar sympathisches Duo. Der Streifen schafft einen – mehr als beeindruckenden – Spagat zwischen ernster Thematik und unterhaltsamer Leichtigkeit. Spätestens als das Team einen entlassenen Kinderschänder übernimmt, ist die von Humor eingerahmte Botschaft eindeutig.
The Roundup: Punishment
Cloud, Cyber-Crime & Co sind eigentlich kein Fachgebiet von Detective Ma. Aber auch hinter digitalen Verbrechen stecken echte Kriminelle – und denen verpasst er eine kräftige Tracht Prügel. Dabei wird das Rad nicht neu erfunden, sondern gekonnt weitergedreht. Die beliebte Reihe mit Don Lee geht mittlerweile in die vierte Runde: neuer Fall, alte Bekannte und der gewohnte Humor. Und wenn die menschliche Dampfwalze Bösewichte mit den Fäusten quer durch Möbelstücke oder die nächste Wand donnert, macht das einfach verdammt viel Spaß.
Codename 13
Schon was hier in der ersten Viertelstunde an Gemetzel abgeht, ist absolute Eskalation. Regisseur Timo Tjahjanto (Headshot, The Night Comes For Us) kann nur Vollgas: blutrotes, exzessiv brutales Vollgas. Die Geschichte um eine abtrünnige Super-Söldnerin gerät dabei leider unnötig konfus und langatmig. Das gut inszenierte, hyper-gewalttätige Schlachtfest wird jedoch Action-Fans manch begeistertes Staunen entlocken.
Mehr brutale Asia-Action? Zur Review „The Raid 2“
Kill
Weder Tanz noch Gesang, keine 3-stündige Laufzeit und selbst die Liebesgeschichte ist nicht übermäßig schmalzig: So wenig indisch war schon länger kein indischer Film. Dafür zerstückelt Laksh Lalwani seine Gegner auf brutalste Art und Weise. Das beengte Setting in einem Zug wird für exzellent choreographierte Kämpfe verwendet. Überall spritzt das Blut und türmen sich die Leichen, handgemachte Effekte inklusive. Trotz der simplen Prämisse – Elitesoldat rettet seine große Liebe – genügt die Charaktertiefe, um vor allem die Motivation hinter dem Gemetzel mitzufühlen. Ein absolutes Schmankerl für Action-Fans.
Golden Kamuy
Basiert auf einem bekannten Manga, ist vollkommen wild und wechselt tonal alle paar Minuten. Auf Krieg folgt familiäres Drama, von Witzen über das Essen geht es zu brutaler Folter. Viele interessante Charaktere beleben eine aufregende Schatzjagd. Diese bietet kräftige Lacher, herzliche Momente und echte Bedrohungen. Gerade bei der stark inszenierten Action – etwa im Kampf gegen Bären – entstehen viele kreative Aufnahmen. Weil die Kamera dabei immer voll draufhält, bietet der hohe Gewaltgrad auch einigen Gore.
Uprising
Zur Joseon-Dynastie läuft die japanische Invasion in Korea. Ein Sklave führt den Widerstand an, sein Herr aus Kindertagen dient dem König als Leibgarde. Beide bezichtigen sich gegenseitig eines schweren Verrats – und schwören Rache. So entsteht, ergänzt um einen japanischen Kommandanten, ein interessantes Dreieck des Todes. Der Start ist – inklusive zunächst verwirrender Flashbacks – etwas holprig. Danach entfaltet sich aber eine packende Geschichte samt interessanter Charaktere. In wundervollen Settings folgen zudem zahlreiche, fein inszenierte Schwertkämpfe.
Große Leinwand – k(l)eine Einnahmen
Furiosa: A Mad Max Saga
Nur Wenige wollten die Vorgeschichte zu Mad Max: Fury Road im Kino sehen. Dabei gehört diese – zumindest für mich – zu einem der bis dato besten Erlebnisse für die große Leinwand: Das Adrenalin donnert nur so durch die Adern. Trotz mehr Computereffekten fetzt die Action und optisch überzeugt das Ödland von George Miller nach wie vor. Selbst die zugrundeliegende Geschichte funktioniert. Das vollkommen entfesselte Sound Design samt frenetischer Bass-Spur wird zudem über Jahre hinweg absoluten Referenzwert haben.
Joker: Folie à Deux
Das zweite Kapitel von Arthur Fleck wird – aufgrund anderer Erwartungen – mehr als zerrissen. Dabei geht die intensive Charakterstudie hier weiter: Auf Taten folgen eben Konsequenzen. Joaquin Phoenix brilliert dabei erneut als gespaltene Persönlichkeit. Mit Lady Gaga kommt jedoch wenig Chemie auf. Auch die Musical-Nummern hätte es nicht zwingend gebraucht. Neben diesem gewagten Ansatz liefert Todd Phillips aber wieder starke, vereinnahmende Bilder. Und wiederholt begeistert das kraftvolle und dynamische Sound Design.
Horizon (Kapitel 1)
Yellowstone, Der mit dem Wolf tanzt oder Open Range: Western und Kevin Costner – das passt einfach. Sein Herzensprojekt ging an den Kinokassen leider gnadenlos baden. Dabei haben diese drei Stunden alles Notwendige: Das Prärie-Feeling lebt, packende Kampfszenen lassen den Atem stocken und zur Musik lässt sich im Takt der Pferde mitwippen. Die einzelnen Geschichten werden noch nicht zusammengeführt, sind aber interessant und mit Sienna Miller, Sam Worthington oder Luke Wilson gut besetzt.
Twisters
Fliegende Kühe gibt’s zwar nicht, aber diese Neuauflage ähnelt dem Original von 1996 in mehr als nur der Geschichte. Als sympathische Draufgänger lassen Daisy Edgar-Jones und Glen Powell ihren Charme spielen. Feuertornados, luftige Verfolgungsjagden sowie brausender Sound und lässige Sprüche: Das unterhaltsame Desaster-Kino macht Spaß – ohne nachhaltig im Kopf zu bleiben. Dazu fehlen die herausragenden Wow-Momente, die in den 90ern so begeistern konnten.
Are you not entertained?
Gladiator 2
24 Jahre später hinkt diese Fortsetzung dem beliebten Original einfach in allen Belangen hinterher. Die Schlachten sind uninspirierter, insbesondere im gefluteten Kolosseum wird enormes Potenzial verschenkt. Ridley Scott scheitert aber vor allem daran, eine packende Geschichte aufzubauen. Nach einem phänomenalen Russell Crowe als Maximus sind viele Charaktere einfach uninteressant oder belanglos. Die Hauptfigur (Paul Mescal) wirkt nie wie ein geborener Anführer. Trotz großer Namen – Denzel Washington, Pedro Pascal – fehlen besondere Momente. Sowohl im Kampf als auch bei großen Reden mangelt es an Ehre und Stärke.
The Beekeeper
Von einem B-Movie wird echt kein großer Wurf erwartet. Mit diesem Imker-Streifen unterschreitet David Ayer (End of Watch, Fury) aber eine auf dem Boden liegende Hürde. Die politische Verschwörung ist erwartbar lachhaft. Jason Statham – nie bekannt für viel Charaktertiefe – tötet grummelnd nun komplett wahllos Leute: Böse und Gute einerlei. Ärgerlich daran ist, dass die uninspirierte und mau gefilmte Action sich auch noch mit miesen Computereffekten paart. Schaut besser nochmal Cash Truck, Death Race oder Safe.
The Bikeriders
Die 1960er-Jahre, die Blütezeit der Motorrad-Clubs. So heißt es hier zumindest. Das röhrende Zweirad wird geliebt und gelebt. Wenn die Biker wie eine Einheit über die Straßen brausen, sieht das cool aus und klingt noch beeindruckender. Tom Hardy, Austin Butler und Jodie Comer sind namenhafte Charaktermimen. Leider ist der Film neben gekonntem Handwerk samt schönen Bilden mit starken Schauspielern vor allem eins: langweilig. In den zwei Stunden passiert einfach viel zu wenig: Rauchen, Saufen, Reden – Wiederholen. Zu mehr kommt’s nie.
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Monkey Man
Diese Action-Offenbarung wurde mit Vorschuss-Lorbeeren nur so überschüttet. Am Ende bleiben vielfach nur gute Ideen übrig: Dev Patel kann sich nie entscheiden, ob sein Regiedebüt jetzt kritisches Sozialdrama oder stumpfer Rachefilm sein soll. Unausgegoren entstehen so viele Längen. Die angepriesene Action ist unfassbar wackelig und recht schnell geschnitten – klare Kopfschmerzgefahr. Sie hat durchaus ihre Momente, vor allem richtig blutige. Insgesamt sind öde Geschichte und anstrengende Action aber keine gute Kombination.
Leichte Kost
Deadpool & Wolverine
Ryan Reynolds und Hugh Jackman bringen ihre Bromance auf die große Leinwand. Derbe Sprüche paaren sich mit knisternder Leidenschaft und blutiger Action. Viele tosen dafür vor Begeisterung – ich hatte mir irgendwie mehr erhofft. Seitenhiebe auf Marvel sind einfach keine ausreichende Geschichte. Gerade bei der Charakterentwicklung – Logan und seine Tochter – wird enormes Potenzial verschenkt. Cameos verkommen zum reinen Selbstzweck. Zumindest eint alle Deadpool-Filme der künstliche, weltfremde Look.
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Arthur der Große
Wie könnte man hier nicht zufrieden sein? Mann und Hund freunden sich an und bestehen gemeinsam ein Abenteuer. Zugegeben, Mark Wahlberg (Shooter, Deepwater Horizon) hat in den vergangenen Jahren etwas nachgelassen. Aber als alternder Extremsportler bei seinem letzten großen Wettkampf passt er ideal. Schöne Landschaftsaufnahmen – samt echt spannender Seilrutsche – und ein starkes Gemeinschaftsgefühl ergänzen sich so zu einem klassischen Feel-Good-Movie.
Road House
Das Original (1989) mit Patrick Swayze ist ein echter Kultfilm. Nun ist Jake Gyllenhaal auf den sonnigen Florida Keys am Zug. Die Geschichte ist weiterhin simpel, das frische Setting bietet aber schöne Bilder. Die lockere Art mit vielen Sprüchen ist deswegen eine gute Wahl. Sauber gefilmt gibt es – oberkörperfrei – derbe auf die Fresse. Höhepunkt ist dabei wohl der vollkommen enthemmte, bestens gelaunte Conor McGregor als Bösewicht.
Eine vielversprechende Aussicht
2025 sieht für Filmfans nach einem schmackhaften Jahr aus. Neue Werke von Legenden (Juror #2, Clint Eastwood), Oscar-Gewinnern (Mickey 17, Bong Joon-ho) oder Entertainment Spezialisten (F1, Joseph Kosinski & Mission: Impossible – The Final Reckoning, Christopher McQuarrie) stehen in den Startlöchern.
Sequels (Captain America: Brave New World), Prequels (The Overlook Hotel) und Spin-Offs (Ballerina) warten. Auch Familien (Paddington in Peru) und Musik-Begeisterte (A Complete Unknown) sollten auf ihre Kosten kommen.
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Daniel Rublack
… schreibt vor allem über Filme. Arbeitet in der „Presse und Kommunikation“ und unterstützt daher mit entsprechendem Know-how.
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