Ernährung

Q&A – Viktorias Vegan Talk

Was ihr schon immer über Veganismus wissen wolltet
| Viktoria Raeder |

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Fotos: Stephanie Wollweber

Hallo und herzlich willkommen, ihr Lieben, zu einer weiteren Folge von Viktorias Vegan Talk.
Heute beginne ich mit ein paar grundlegenden Fragen zum Thema Veganismus, die sich bestimmt jeder mal gestellt hat.

Q: Warum lebst du 100% vegan?
A: Es gibt für mich drei Aspekte die für den veganen Lebensstil sprechen.
Den Aspekt der Gesundheit, den der Ethik und auch den der Umwelt.
Für mich persönlich hat es mit der Gesundheit begonnen. Ich habe herausgefunden, welch einen Schaden Milch in unserem Körper anrichtet und habe dann auch die Konsequenzen des Fleischkonsums kennen gelernt. Der ethische Teil kam dann ganz schnell dazu. Ich möchte einfach nicht, dass für meinen Lebensstil Lebewesen leiden und sterben.

Ich gebe mein Bestes, ein Leben zu führen, mit dem ich möglichst wenigen Lebewesen Leid zufüge.

Die Umwelt ist ein riesiger Teil des Veganismus, was Vielen gar nicht so bewusst ist. Beispielsweise werden für die Produktion von einem Kilogramm Fleisch fast 16.000 Liter Wasser benötigt. Damit könnte man ein Jahr lang nett und ausgiebig lange duschen, täglich. Von der Luftverschmutzung und dem Klimawandel möchte ich gar nicht erst anfangen.

Q: Gab es einen Auslöser oder war es ein Prozess? Hast du dich zuerst vegetarisch und dann vegan ernährt?
A: Für mich persönlich war es ein Prozess des Lernens und Informierens. Ich sage immer: „Man kann irgendwann nicht mehr nicht-wissen.“ Ich habe mich viel mit meiner Mutter unterhalten und mich im Internet weiter über die Themen Veganismus, Milchindustrie, Fleischindustrie, Eierindustrie und so weiter informiert. Dadurch häufte sich in meinem Kopf ein Berg von Wissen an, woraus ich dann die Konsequenz gezogen habe, diese Dinge nicht mehr unterstützen zu wollen.

Ich persönlich habe mich von einem Tag auf den anderen zu 100% vegan ernährt. Aber ich denke, es ist eine super Möglichkeit, sich zunächst vegetarisch zu ernähren, um sich zu akklimatisieren, und dann nach und nach die Umstellung zu einem veganen Ernährungsstil und dann auch Lebensstil zu machen.

Q: Hast du kein Verlangen mehr nach Fleisch oder Tierprodukten?
A: Nein. Ich persönlich habe kein Verlangen mehr nach solchen Produkten.

Ich lebe mittlerweile seit ungefähr 1,5 Jahren vegan, und was mir am Anfang in der Übergangsphase sehr geholfen hat, waren die unzähligen Informationen, die es zu diesem Thema im Internet, zum Beispiel auf YouTube von Emily von bite size vegan oder die Rede von Gary Yourofsky, zu finden gibt. Sich zu informieren und ein klares Bild von der Realität zu haben, die man dann nicht mehr unterstützt, hilft enorm, sich zu erinnern, warum man sich so ernährt und nicht anders.

Q: Was wäre so schlimm daran ab und zu den Lieblingskäse zu essen?
A: Tja, Käse. Käse ist ein Milchprodukt und für mich kommt es aufgrund der Informationen, die ich habe, überhaupt nicht mehr in Frage diesen zu konsumieren, außerdem schmeckt es mir tatsächlich gar nicht mehr. Der ethische Teil: Die Milch, die wir trinken, kommt von einer Kuh, die künstlich schwanger gehalten wird, damit sie Milch gibt. Das ist bei Kühen genauso wie bei den Menschen, es gibt nur Milch, wenn man ein Kind erwartet. Die Milch ist von der Natur eigentlich für das Kälbchen gedacht, mit welchem die Kuh schwanger ist. Da wir aber die Kuhmilch benötigen für Milch und allerlei Milchprodukte, werden die Mutterkuh und das Kälbchen nach der Geburt getrennt. Das Kälbchen wird entweder zu einer Milchkuh heranwachsen, oder geschlachtet und als Kalbsfleisch verkauft. Außer, dass das Schlachten von Tieren für mich nicht human und ethisch nicht vertretbar ist, sind auch die Umstände unter denen die Kühe und Kälbchen gehalten werden und die Trauer und emotionalen Missstände der Tiere für mich einfach nicht unwichtig genug, darüber hinwegzusehen und Käse zu essen.

Gesundheit: Körperlich ist der Mensch eigentlich nicht dazu in der Lage, Muttermilch von der Kuh richtig zu verwerten, deswegen gibt es auch so viele Fälle von Laktoseintoleranz. Der Mensch sollte eigentlich, wie jedes andere Säugetier auch, (seine eigene) Muttermilch nur in den ersten paar Lebensjahren zu sich nehmen. Danach trinkt kein anderes Lebewesen noch Muttermilch und schon gar nicht die eines anderen Säugetieres, denn Muttermilch ist mit bestimmten Nährstoffen angereichert, die das Wachstum anregen und die das Kind oder Kälbchen zum Weitertrinken anregen. Dem Gehirn wird also eine Art Abhängigkeit suggeriert, was für das Kind/Kälbchen wichtig ist, für den erwachsenen Menschen allerdings schlichtweg unnötig.

Außerdem trägt Milch zum Klimawandel bei, denn die verursachten Treibhausgas-Emissionen von Milch und Milchprodukten haben einen Anteil von 20%. Insgesamt verursacht der Konsum von tierischen Produkten mehr als zwei Drittel der ernährungsbedingten Treibhausgas-Emissionen in Deutschland.

Q: Wie weit geht Veganismus für dich?
A: Veganismus geht für mich auch über die Ernährung hinaus. Ich bin dabei, nach und nach meinen Lebensstil mehr und mehr zu veganisieren. Ich trage meine Schuhe aus Leder und Kleidung, zum Beispiel Mützen aus Wolle noch auf, werde mir aber keine Dinge tierischer Herkunft mehr nachkaufen. Auch bei Kosmetik oder Shampoo achte ich darauf wo die Sachen herkommen, was drin ist und ob die Firma Tierversuche macht.

Q: Achtest du auch bei der Kleidung darauf (z.B. fair trade)?
A: Ich wünschte mir, ich könnte mehr tun, aber ich muss da auf meinen beschränkten Studentengeldbeutel Rücksicht nehmen und kann mir nicht alle Kleidung in fair-trade-Qualität leisten. Dennoch versuche ich, sooft es mir möglich ist, zu solchen Produkten zu greifen. In Münster gibt es dafür einen tollen Laden, der nennt sich „Grüne Wiese„.

Q: Wie weit ist der vegane Lebensstil gesellschaftlich akzeptiert? Und ist man einem ständigen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt?
A: Es ist schon schwer genug, sich für sich persönlich für Veganismus zu entscheiden und dann kommt auch noch die kritische Gesellschaft dazu.

Ja, die kann es einem oft unnötig schwer machen. Ich erlebe es immer noch sehr häufig, dass ich mich rechtfertigen soll für meine Entscheidung, vegan zu leben. Doch nicht immer bin ich bereit dazu. Ich unterhalte mich gerne mit jemandem über meine Entscheidung für den Veganismus, doch gehört eine Art Grundrespekt dazu. Solange man sich normal unterhält und einfach nur interessiert ist, bin ich gerne bereit meine Meinung zu teilen. Leider kommt es auch vor, dass ich für meine Entscheidung angegriffen werde, oder dass man meine Aussagen missversteht und sich angegriffen fühlt. Dann ist mir meine Energie einfach zu schade für solch eine respektlose Diskussion.

Es gibt aber auch genügend andere Beispiele. Ich habe beispielsweise viele vegetarische Freunde, die mich in meinen Grundzügen verstehen oder auch viele Omnis (Omnivore = Allesesser, also Menschen (und Tiere), die sich von Fleisch und Pflanzen ernähren), die einfach interessiert sind und dann Fragen stellen.

Q: Wie praktikabel ist dieser Lebensstil? Wo kannst du auf vegane Produkte zurückgreifen?
A: Nach einer Umgewöhnungszeit ist Veganismus nicht schwerer als irgendwelche anderen Lebens- oder Ernährungsumstellungen. Ich richte mich immer darauf ein, dass ich nichts zu essen bekomme, wo ich hingehe und habe deswegen fast immer etwas für mich dabei, habe vorher gegessen oder weiß, wo ich etwas für mich bekomme. Münster ist in dem Zusammenhang ein Paradies für VeganerInnen. Ich gehe gerne zur Stadtbäckerei, dort kann man auf der Website nachschauen, welche Produkte vegan sind. Viele Cafés bieten Sojamilch an, zum Beispiel das Coffee Fellows. Außerdem gibt es einige Produkte aus dem Supermarkt, die aus Versehen vegan sind. Dafür bietet peta2 einen guten Einkaufsguide im Netz an.

Q: Wie machst du das bei einem Besuch im Restaurant? Fragst du jedes Mal nach?
A: Ich informiere mich vorher auf der Website, schaue mir dort die Speisekarte an und die Kundenrezensionen. Außerdem google ich den Namen des Restaurantes mit dem Zusatz vegan. Oft werde ich dort schon fündig. Ansonsten bleibt mir nichts anderes übrig, als den Kellner um Hilfe zu bitten. Das funktioniert allerdings auch nicht immer. Was man eigentlich immer bekommt ist ein Salat mit Essig und Öl. Ich weiß, das ist jetzt nicht der Traum, vor allem bei den kleinen Salatportionen, aber das passiert mir auch nicht wirklich oft. Nach einiger Zeit hat man seine Restaurants gefunden. In die anderen gehe ich nicht mehr oder ich esse mich vorher satt und bestelle mir doch einen Salat.

Q: Wie machst du das auf Reisen? Hattest du da schon mal Probleme?
A: Ich habe bis jetzt seit meiner Umstellung nur einen Urlaub nach Griechenland gemacht. Dort habe ich in einem Hotel mit Vollpension gewohnt und es gab zu den Mahlzeiten ein Buffet. Ich habe per Augemaß geschätzt, was vegan ist und was nicht. Sich zu erkundigen kann in anderen Ländern und Kulturen von Erfolg gekrönt sein, muss aber nicht, und man sollte damit rechnen, dass man vielleicht etwas mit Ei oder Milch drin erwischt hat. Fleisch kann man mittlerweile sehr gut aus dem Weg gehen, da die Gerichte oft als vegetarisch gekennzeichnet werden und da man es gut erkennen kann. Doch ich finde, es reicht, sein Bestes zu gegeben, denn keiner ist perfekt. Fehler passieren eben, und man braucht sich deswegen im Nachhinein auch nicht mehr verrückt machen. Wenn es passiert, dass man etwas Nicht-veganes isst, dann abhaken und gut ist. Wenn man daraus lernt, passiert einem das nicht mehr so schnell.

 

Weitere Lektüre:

Ich empfehle unter anderem das Buch China Study von T. Colin Campbell und Thomas M. Campbell.

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Viktoria Raeder

liebt Kunst, Kultur und leckeres Essen, studiert Kunstgeschichte und Archäologie an der WWU, kommt aus den Sieben Bergen und vermisst in Münster eigentlich nichts, außer ab und an den Rhein und ein paar Berge.

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