Ernährung / Meinung

Vegetarisch oder nicht? Das ist hier die Frage!

Über Umweltbewusstsein und Bauchgefühl
| Amelie Haupt |

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Stephanie Wollweber

Wohngemeinschaften haben viele Vorteile: Man teilt sich die Miete, muss nicht vor die Tür gehen, wenn man menschlichen Kontakt sucht und kann sich Lebensmittel schnorren, anstatt selbst einkaufen zu gehen. Außerdem bekommt man Einblicke in den Lebensstil seiner geliebten Mitbewohner. Wie oft sie ihr Zimmer aufräumen, was für Sport sie treiben oder wie sie sich ernähren.

Letztes Jahr habe ich für ca. 6 Monate mit drei Studenten in einer WG in Köln gelebt. Eine Veganerin, ein Veganer und ein Vegetarier. Keine Pointe.
Wir haben ab und zu gemeinsam gekocht und viel über Ernährung geredet. In dieser Zeit lernte ich zwei sehr wichtige Lektionen: Erstens, fange nie ein Techtelmechtel mit einem Mitbewohner an. Zweitens, umweltbewusste Ernährung ist gesund, lecker und gar nicht mal so schwierig.
In diesem Artikel teile ich mit euch die zweite Lektion, weil Essen ein viel besseres Thema ist, als Liebeskummer.

Mit meinem umweltbewussten Konsumverhalten möchte ich nichts geringeres als die Welt retten – ein ziemlich großer Plan, dessen bin ich mir bewusst. Aber ich bin 21 Jahre alt und schätze, in diesem Alter darf man idealistisch sein und große Pläne haben. Und eigentlich ist mein Plan gar nicht so groß. Ich kette mich nicht an Atomkraftwerke oder trete öffentlich in den Hungerstreik. Mein Schlachtplan ist recht überschaubar und dennoch nicht immer leicht umzusetzen. Ich möchte einen Lebensstil führen, mit dem ich der Umwelt möglichst wenig schade, aber dennoch auf keinen Spaß verzichten muss. Statt Gyrosdöner esse ich Falafeldöner, statt in Plastik eingeschweißte Bio-Gurken kaufe ich regionale Lebensmittel auf dem Markt und transportiere sie in meinem supercoolen Jutebeutel.

 

Kartoffeln
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Umweltbewusste Ernährung ist gesund, lecker und gar nicht mal so schwierig. (Foto: Stefanie Wollweber)

 

Es sind nur Kleinigkeiten, die ich bewusst verändert habe, und ich werde damit vermutlich nicht die Welt retten. Dennoch gibt es einen ganz großen Vorteil: Ich fühle mich besser. Ich genieße es, den Gemüsehändler stolz über seine Hühnerhaltung reden zu hören, weil er seinen Hühnern mehr Auslauf gibt, als gesetzlich vorgeschrieben. Man hält ein nettes Pläuschchen miteinander und ich verstaue die Eier in dem Karton, den ich selbst mitgebracht habe. Er ist glücklich, ich bin glücklich und die Hühner sind es auch. Jedenfalls glücklicher als Tiere in einer Legebatterie mit Gittern unter den Krallen auf weniger Platz als ein DIN A4 Blatt.

Doch leider ist es nicht immer einfach zu wissen, was gut ist. Und überhaupt gut für wen? Für mich, für die Tiere, für die Umwelt, für die regionalen Bauern oder für die Kinder auf den Bananenplantagen in Südamerika? Und schon sieht man sich in ständigen Dilemmata gefangen. Soll ich lieber die Kuhmilch in der Glasflasche auf dem Markt kaufen oder die Hafersojamilch vom Bio-Markt im Tetrapack? Soll ich mir die Currywurst gönnen, weil ich richtig Bock drauf habe, obwohl ich weiß, dass die Tiere schlecht behandelt wurden und es schlecht für meinen Körper ist? Fragen über Fragen und nur selten eine klare Antwort. Häufig stehe ich mir damit selbst im Weg und vergesse, dass Ernährung nichts Kompliziertes sein sollte, sondern etwas Alltägliches und Natürliches. Deswegen befolge ich eine altbewährte Redewendung und verlasse mich auf mein Bauchgefühl. Im wahrsten Sinne des Wortes: Ich esse, was mir schmeckt und was verfügbar ist.

Jetzt noch mal Tacheles und übersichtlich, was umweltbewusster Konsum für mich bedeutet und wie ich dadurch meinen Alltag gestalte:

Regional einkaufen – Eier, Erdbeeren, Äpfel, Honig, Fleisch. Viele Produkte werden in Deutschland produziert mit weniger Pestiziden als in anderen Ländern und mit kürzeren Fahrtwegen für die Lastwagen. Alle Produkte müssen ein Etikett mit dem Herkunftsland tragen, und auf dem Markt kann man den Händler direkt fragen.

Saisonal einkaufen – Wer es noch nicht wusste: Erdbeeren wachsen nicht im Januar. Jedenfalls nicht natürlich und erst recht nicht in Deutschland. Schmecken euch Erdbeeren mit einem ökologischen Fußabdrucks von der Größe eines Yeti-Fußes, die in Israel das kostbare Wasser verbrauchen und dann quer durch Europa transportiert werden müssen, wirklich so gut? Oder wäre es nicht viel schöner, wenn man bis Mai/Juni wartet und sich die ersten saftigen Erdbeeren des Jahres selbst pflückt?
Wer, wie ich, gewisse Unkenntnisse über die verschiedenen Erntezeiten hat, kann sich auf dem Markt informieren oder natürlich im Internet.

Plastikfrei einkaufen – Kauft in einem Supermarkt ein, der nicht alles in Plastik verschweißt oder wieder auf dem Markt. Nehmt einen Jutebeutel mit und überlasst der Natur die Verpackung. Die dünnen Tütchen für Obst und Gemüse sind absolut überflüssig. Aber falls ihr sie doch mal genutzt, könnt ihr sie als Müllbeutel für den Badezimmermülleimer verwenden.
Brot vom Bäcker ist frischer und wird meist im Papierbeutel überreicht. Auf dem Markt findet ihr vielleicht Milch in der Glasflasche.

Vegetarisch leben oder zumindest Fleischkonsum reduzieren – Der einfachste und erste Schritt war für mich, einfach kein Fleisch mehr einzukaufen, denn dann kann ich es auch nicht essen. Simpel, nicht wahr? Außerdem hat mir der Austausch über vegetarische Rezepte sehr geholfen. Tatsächlich habe ich mittlerweile absolut kein Bedürfnis mehr, Fleischprodukte für meinen Speiseplan zu kaufen. Dafür gibt es viel zu viele supergeile Rezepte ohne Fleisch.

 

Obststand
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Es müssen ja nicht immer Plastikverpackungen sein. (Foto: Stefanie Wollweber)

 

Foodsaving – Meine Mitbewohner sind Teil dieser Organisation und haben hin und wieder mal die weggeworfenen Lebensmittel von Supermärkten mit nach Hause gebracht. Ein Traum, ich sag es euch. Dabei waren zum Bespiel 2 Kilo 1. Klasse Spargel, 3 Kilo Erdbeeren, 5 Kilo Kartoffeln, zahlreiche Joghurt und Milchgetränke und so weiter und so fort. Ach, nicht zu vergessen, die 7 Paletten Schoko-Nikoläuse von Lindt nach Weihnachten. Die Welt zu einem besseren Ort machen kann manchmal so angenehm sein.

Secondhand – Egal ob Bücher, Kleidung oder Haushaltswaren. Wir kaufen so viel Zeug, das wir gar nicht alles verwenden können. Läden wie Oxfam sind dankbar für jegliche Spenden intakter Gegenstände und verkaufen diese zu günstigen Preisen. Das eine oder andere T-Shirt habe ich dort gefunden, jedoch ist die Kleidung meist eher von älteren Generationen. Einen regelmäßigen Besuch waren mir die Bücher wert. Ich war überrascht, wie viele aktuelle und bekannte Bücher man dort für unter 4€ kaufen konnte.

 

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